Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungspflicht

Systematik der Sozialversicherungspflicht

Die gesetzliche Sozialversicherung

Leitsatz
  1. Die gesetzliche Sozialversicherung in Deutschland bildet eine staatlich eng geregelte Fürsor­ge für wichtige Risiken des Daseins, die von selbstverwalteten Versicherungsträgern orga­nisiert wird.

Die soziale Stellung der Menschen wird seit etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts in westlichen Gesellschaften durch ihre Stellung im Erwerbsleben bestimmt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann als abhängige Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit erfolgen. Hieraus ergeben sich unter­schiedliche steuerrechtliche, sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Auswirkungen. Die im Sozialrecht geregelte obligatorische Einbeziehung in die sozialen Sicherungssysteme dient dem Schutz vor gewis­sen Wechselfällen des Lebens.

Die sozialen Sicherungssysteme für die elementaren sozialen Lebensrisiken Krankheit, Unfall, Erwerbs­minderung und Altersvorsorge entstanden in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts. Zwar gab es auch schon vorher berufsspezifische Zünfte und Gilden, die Absicherungen aber nur für die dort zu­sam­mengeschlossenen Handwerker oder Kaufleute boten.

Ende des 19. Jahr­hundert verfügten die meisten Arbeiter nur über ein sehr geringes Einkommen und konnten sich deshalb gegen die sozialen Risiken nur unzureichend absichern. Zudem waren sie durch die rasend schnell voranschreitende technische und wirtschaftliche Entwicklung zunehmend von Aus­beutung und Armut bedroht. In diesem Umstand und in der wachsenden Einflussnahme der Sozial­demokratie erkannte der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck einen enormen ›sozialen Spreng­stoff‹, was ihn veranlasste, dem deutschen Kaiser als Präventivmaßnahme gegen soziale Unruhen Gesetze zur finanziellen Absicherung der Arbeiter gegen Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter zu empfehlen. Die sogenannte ›Kaiserliche Botschaft‹ vom 17. November 1881 gilt als die ›Wiege‹ der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland. Der Reichstag verabschiedete daraufhin in den folgen­den Sitzungsperioden mehrere Gesetze zur sozialen Sicherung.

Die gesetzliche deutsche Sozialversicherung ist ein Erfolgsmodell. Dies haben die globalen Finanz­krisen in den letzten Jahren sehr deutlich gezeigt. Ein rein privates Vorsorgesystem wäre gesamtwirt­schaftlich nicht ausreichend sicher, um die diversen, zum Teil unkalkulierbaren Risiken des freien Marktes abzu­federn. Gerade einkommensschwache Bevölkerungskreise, die eine Absicherung im Alter besonders nötig haben, hätten ohne sie keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Die Sozialgesetz­gebung als kodifiziertes Rechtsgebiet war eine Reaktion auf die im Zuge der Industrialisierung ent­standene soziale Not der Arbeiterschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert (›Bismarcksche Sozial­gesetze‹). Sie fußt auf der historisch begründeten Einsicht, dass eine allein auf der Maxime der Privat­autonomie basierende Ordnung der abhängig Beschäftigten zur Verelendung breiter Bevölkerungs­schichten führt.

Das Sozialstaatsprinzip

Das Sozialstaatsgebot ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland direkt aus dem in Art. 20 und Art. 28 GG manifestierten Auftrag. Das Sozialstaatsprinzip verfolgt das Ziel, dem Menschen in (ins­be­sondere unverschuldeten) Notlagen, denen er aus eigener Kraft nicht mehr gewachsen ist, zur Seite zu stehen und diesen durch langfristig angelegte Maßnahmen vorzubeugen.

Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber, die Rechtsprechung und die Verwaltung dazu, nach sozialen Gesichtspunkten zu handeln und die Rechtsordnung dementsprechend zu gestalten. Das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland wird daher als ›Soziale Marktwirtschaft‹ bezeich­net, da der Staat der Wirtschaft einen Ordnungsrahmen vorgibt, der für einen sozialen Ausgleich sor­gen soll, während sich die Wirtschaft am Markt orientiert.

Das Sozialstaatsprinzip steht damit zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis zu einem anderen Prin­zip des Grundgesetzes, der Rechtsstaatlichkeit. Der Grund liegt darin, dass der Rechtsstaat vor allem der Freiheit des Einzelnen und seiner Rechte dient, während der Sozialstaat in das Leben der Bürger ein­greift. In der Anwendung der beiden Prinzipien hat keines der beiden einen Vorrang, son­dern es muss zum Ausgleich zwischen ihnen kommen.

Kodifikation des Sozialrechts

Bereits im Jahre 1911 wurden die gesetzliche Renten‑, Kranken‑ und Unfall­versicherung in der Reichs­versicherungsordnung zusammengefasst. Im Jahre 1969 hat der Gesetzgeber mit der Konzep­tion einer systematischen Zusammenfassung der Sozialgesetze zu einem zusammenhängenden Gesetzeswerk begonnen, die inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. Das deutsche Sozialgesetzbuch ist die Kodi­fikation des Sozialrechts im formellen Sinn.

Das Sozialgesetzbuch dient der Regelung der Ansprüche und Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf Sozialleistungen. Es gliedert sich in mehrere ›Bücher‹, die teilweise übergreifende Fragen des Sozial­rechts regeln (SGB I, SGB IV und SGB X) und weitere Bücher, die jeweils einen Zweig der Sozialver­sicherungen zum Gegenstand haben. Das Recht der Arbeitsförderung ist Gegenstand des Dritten Buches (SGB III). Das Fünfte Buch (SGB V) regelt die gesetzliche Krankenversicherung. Die gesetz­liche Rentenversicherung ist Gegenstand des Sechsten Buches (SGB VI) und das Siebte Buch (SGB VII) regelt die gesetzliche Unfallversicherung. Im Jahre 1995 wurde der gesetzlichen Sozialver­sicherung mit dem SGB XI die Pflegeversicherung als weiterer Zweig hinzugefügt. Das Zweite, Achte, Neunte und Zwölfte Buch haben weitere Fragen der sozialen Sicherung zum Gegen­stand.

Neben der bereits vorhandenen Rentenversicherungspflicht für einige als schutz­bedürftig angesehene selbständige Tätigkeiten trat als Konsequenz aus dem im sogenannten ›Künstlerbericht‹ der Bundes­regierung vom 13. Januar 1975 monierten Versicherungsschutzdefizits mit Wirkung zum 1. Januar 1983 das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in Kraft. Seitdem unterliegen auch selbständige Künstler und Publizisten der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten‑ und Krankenver­sicherung.

›Äquivalenzprinzip‹ und ›Solidaritätsprinzip‹

Die Sozialversicherung wird durch das Beitrags‑ oder Versicherungsprinzip, also dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung (›Äquivalenzprinzip‹), aber auch durch das Prinzip des sozialen Ausgleichs (›Solidaritätsprinzip‹) bestimmt. Solidaritätsprinzip bedeutet, dass ein Bürger nicht allein für sich verantwortlich ist, sondern sich die Mitglieder einer definierten Solidargemeinschaft gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren. Wie das Bundesverfassungsgericht betonte, sind die verschiedenen Regelungen in der gesetzlichen Sozialversicherung einmal mehr durch das ›Äquivalenz­prinzip‹, ein anderes Mal mehr als durch das ›Solidaritätsprinzip‹ geprägt.

Das ›Äquivalenzprinzip‹ tritt vor allem in der gesetzlichen Rentenversicherung hervor, weil sich die Höhe einer Rente vorrangig nach der Höhe des während des Versicherungslebens mit Beiträgen be­legten Arbeitsentgelts richtet. Auch die Leistungen der Arbeitslosenversicherung sind an die zuvor eingezahlten Beträge gekoppelt.

Während die gesetzliche Renten‑ und Arbeitslosenversicherung grundsätzlich durch das ›Äquivalenz­prinzip‹ gekennzeichnet sind, werden die gesetzliche Kranken‑ und Pflegeversicherung wesentlich durch das ›Solidaritätsprinzip‹ geprägt, welches in den zahlreichen Komponenten des sozialen Aus­gleichs, wie etwa in der beitragsfreien Mitversicherung von Familienmitgliedern, der Umlagefinanzie­rung und der Bemessung der Beiträge nach dem Entgelt zum Ausdruck kommt. Allerdings wird das Solidaritätsprinzip durch die Beitragsbemessungsgrenze eingeschränkt. Diese bewirkt das Begrenzen des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, sodass ›Besserverdiener‹ einen prozentual geringeren Anteil ihres Einkommens abzuführen haben als weniger gut Verdienende.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Beitragsbemessungsgrenze in der KV und PV

Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung hat das ›Äquivalenzprinzip‹ in den Fällen Bedeutung, in denen sich die Leistung des Versicherten nach der Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts richtet. In diesem Fall ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten nicht nur Maßstab für die Heranziehung zu Beiträgen, sondern auch die durch den Versicherungsfall verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Maßstab für die Berechnung von Lohnersatzleistungen (z. B. Kran­kengeld).

Die gesetzliche Unfallversicherung bildet eine Ausnahme dadurch, dass kraft Gesetzes die dem Grunde nach vorliegende Haftungspflicht der Unternehmer (Arbeitgeber) gegenüber ihren Arbeitnehmern bei Arbeitsunfällen auf die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung übergeht. In der Unfallversicherung wird der Risikoausgleich in die Berechnung des Beitrages mit eingeschlossen.

UV‐Prüfung → Berechnungsgrundlage des zu zahlenden UV‐Beitrags

☆ ☆ ☆
Das ›duale‹ Krankenversicherungssystem

Zur Absicherung im Krankheitsfall kam es im Rahmen der sozialpolitischen Reformen am 1. Dezember 1884 zur Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeiter. Mit der Einführung der Ver­sicherungspflicht für Arbeiter wurde die Trennung zwischen privater Krankenversicherung und ge­setzlicher Krankenversicherung vollzogen und damit das duale Krankenversicherungssystem einge­führt.

Pflichtversicherung (Primärkassen)

Die eingeführte Pflichtversicherung machte die Schaffung von Krankenkassen zur Durchführung der Versicherung unabdingbar. Die versicherungspflichtigen Personen wurden einer der gegründeten Pri­märkassen (AOK oder IKK) zugeordnet. Als Alternative zur Pflichtzuweisung konnte aber auch eine der in Deutschland zu dieser Zeit bestehenden 1500 Hilfskassen gewählt werden, sofern eine solche Kasse für den Versicherten berufsständisch zuständig war. Im Jahre 1911 wurde die Mitgliederbasis der Kran­kenkassen ausgeweitet, indem auch Angestellte in die Versicherungspflicht aufgenommen wurden.

Die Zuständigkeit der Krankenkasse war noch bis 1995 durch ein ›Zuweisungssystem‹ geprägt. Das Gesetz enthielt in den §§ 173 bis 182 SGB V (alte Fassung) Zuständigkeitsregelungen, aus denen sich ergab, welcher Krankenkasse ein Versicherungspflichtiger angehörte. Als gesetzliche Ausnahme aus­gestaltet war die Möglichkeit zur Wahl einer Ersatzkasse, sofern der Versicherungspflichtige zu deren Mitgliederkreis gehörte.

Mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahre 1996 entfielen die besonderen Kassenzuweisungen. Das geltende Recht sieht keine Primär­kassen mehr vor. Es verzichtet grundsätzlich auf eine Zuweisung bestimmter Versicherter zu bestimmten Kranken­kassen.

Freiwillige Krankenversicherung (Versicherungsberechtigte)

Die freiwillige Krankenversicherung ermöglicht es auch den Erwerbstätigen, die nicht der Ver­siche­rungs­pflicht in der gesetzlichen Kranken­ver­sicherung unterliegen, Mitglied in der gesetzlichen Kranken­ver­sicherung zu werden. Die freiwillige Krankenversicherung greift vor allem dann, wenn entweder eine vorher bestehende Versicherung in der Krankenkasse endet oder für Personen, denen der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht werden soll, weil sie durch eine Versicherungspflicht oder durch eine andere Versicherung nicht erfasst werden.

Während eine Pflichtversicherung unabhängig vom Willen des Betroffenen zustande kommt, ist für die freiwillige Versicherung der Wille von entscheidender Bedeutung. Nur dann, wenn der Betreffende die Absicht schriftlich erklärt, kann eine Versicherung zustande kommen. Ausnahme bildet die Regelung zu den Arbeitnehmern, welche wegen Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wer­den. Wenn die betreffenden Arbeitnehmer nach Mitteilung seitens der Krankenkasse nicht ihren Austritt innerhalb von zwei Wochen erklären, setzt sich die zuvor bestandene Versicherung als freiwillige Krankenversicherung fort (sogenannte ›obligatorische Anschlussversicherung‹).

Seit 1. Januar 2009 werden freiwillig Versicherte – unabhängig davon, in welcher gesetzlichen Krankenkasse sie versichert sind – nach einheitlichen Maßstäben zur Beitragspflicht herangezogen.

Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder ist wird durch den GKV‐Spitzenverband einheitlich durch die Beitragsverfahrensgrundsätze‐Selbstzahler (BVSzGs) in der jeweils gültigen Fassung gere­gelt. Die Beitragsverfahrensgrundsätze haben entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sicher­zustellen, dass bei der Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt wird. Damit ist die grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen gemeint.

Die Beiträge der freiwillig Versicherten werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Für die Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder ist nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V bzw. § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen. Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen.

In der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ist für Selbstständige und Freiberufler eine monat­liche Mindestbeitragsbemessungsgrenze zu beachten. Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Entwicklung der Bezugsgröße

Wie bei den Pflichtmitgliedern werden auch bei den freiwillig Versicherten die Einkünfte insgesamt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Entwicklung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenzen

Auch freiwillig versicherte Selbstständige haben die Möglichkeiten einen Einkommensverlust wegen Krankheit abzusichern. Am einfachsten ist es, eine Erklärung gegenüber seiner Krankenkasse abzugeben, das gesetzlich geregelte Krankengeld der Krankenkasse in Anspruch zu nehmen. Der Krankengeldanspruch besteht ab Beginn der Versicherung, wenn die Wahlerklärung innerhalb von 2 Wochen abgegeben wird (z. B. nach einem Kassenwechsel). Wird die Wahlerklärung während einer Arbeitsunfähigkeit abgegeben, wird sie erst nach deren Ende wirksam. Der Versicherte ist 3 Jahre an seine Erklärung gebunden. Wie bei den Pflichtversicherten wird das Krankengeld frühestens von der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt.

Monatliche KV‐Beiträge für freiwillig Versicherte in der GKV
Personenkreis BBG 2023 BBG 2024 Krankengeld Beitrag 20231)
Höchstbeitrag
für über der Versiche­rungs­pflicht­grenze verdienende Arbeitnehmer
4.987,50 € 5.175,00 € Anspruch 728,18 €
Höchstbeitrag
für Selbstständige/
sonstige freiwillig Versicherte
4.987,50 € 5.175,00 € kein Anspruch 698,25 €
Höchstbeitrag
für Selbstständige
4.987,50 € 5.175,00 € Anspruch 728,18 €
Mindestbeitrag
allgemein
1.131,67 € 1.178,33 € kein Anspruch 158,43 €
Mindestbeitrag
für Selbstständige
1.131,67 € 1.178,33 € kein Anspruch 158,43 €
Mindestbeitrag
für Selbstständige
1.131,67 € 1.178,33 € gewählter Anspruch 165,22 €

1) Daneben erheben Krankenkassen einen Zusatzbeitrag.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Zusatzbeitrag zur gesetzlichen KV

Private Krankenversicherung

Mit der Zusammenfassung der Sozialgesetze in der Reichsversicherungsordnung wurde den Hilfs­kassen mit mindestens 1000 Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet, bis 1914 eine Zulassung als Ersatzkasse zu beantragen. Aufgrund einer gesetzlichen Änderung im Jahre 1936 mussten sich die Ersatzkassen ent­weder auf Angestellte oder auf Arbeiter beschränken und durften keine nicht ver­sicherungspflichtigen Mitglieder mehr aufnehmen. Dies führte zur Gründung privater Krankenver­sicherungsvereine, um die versicherungsberechtigten Mitglieder aufnehmen zu können. Zulauf erhielten die privaten Krankenver­sicherer vor allem von Seiten der Beamten, Geistlichen und Lehrer.

Anders als in der durch das ›Solidaritätsprinzip‹ geprägten gesetzlichen Krankenversicherung, in der die Beitragsbemessung nur abhängig von dem persönlichen Arbeitseinkommen und einem maßgeb­lichen festen Beitragssatz ist, richtet sich die Beitragsbemessung in der privaten Krankenversicherung nach dem persönlichen Krankheitsrisiko (z. B. Alter, Geschlecht, Gesundheitsstatus).

Im Laufe der Jahre bildeten sich immer mehr Versicherungsgesellschaften heraus, bei denen die Mit­glieder aus unterschiedlichen Tarifen wählen konnten. Im deutschen Gesundheitswesen ist eine private Krankenversicherung sowohl ergänzend als auch anstelle der gesetzlichen Krankenversicherung mög­lich (zweigliedriges oder duales Krankenversicherungssystem).

Das historisch gewachsene duale Krankenversicherungssystem ist der wesentliche Grund dafür, dass es auch heute noch eine den Markt zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung abgren­zende ›Jahresarbeitsentgeltgrenze‹ (Versicherungspflichtgrenze) gibt.

Jahresarbeitsentgeltgrenze → Historische Entwicklung der Jahresarbeitsentgeltgrenze

Die Finanzierung der Krankenversicherungssysteme

Unterschiede in der Finanzierung der Krankenversicherungssysteme

↓ ↓

Gesetzliche Krankenversicherung
einkommensabhängige Beiträge

Unabhängigkeit

  • vom Geschlecht
  • vom Alter
  • von Erkrankungen
  • von Mitversicherten

Private Krankenversicherung
risikobezogene Beiträge

Abhängigkeit

  • vom Geschlecht
  • vom Alter
  • von Vorerkrankungen
  • von Mitversicherten
Allgemeine Krankenversicherungspflicht (Seit 1. Januar 2009)

Die gesetzliche Krankenversicherung dient der Absicherung der als sozial schutzbedürftig angesehenen Versicherten vor den finanziellen Risiken einer Erkrankung. Dabei findet ein umfassender sozialer Aus­gleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigen Ein­nahmen und solchen mit höheren Einnahmen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unter­halts­berechtigten Familienangehörigen statt. Um dies zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber den Kreis der Versicherungspflichtigen einerseits danach abgegrenzt, welcher Personenkreis für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist, und andererseits danach, welche Personen deren Schutz benötigen.

Seit dem 1. Januar 2009 besteht die ›Allgemeine Krankenversicherungspflicht‹. Sofern eine Person mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland nicht bei einer gesetzlich Krankenkasse freiwillig oder pflichtversichert ist oder einen Anspruch auf Heilfürsorge, Beihilfe oder vergleichbare Ansprüche hat, ist sie verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungs­unter­nehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen und aufrechtzuer­halten. Jeder private Krankenversicherer ist verpflichtet, Menschen ohne Versicherungs­schutz in den sogenannten Basistarif aufzunehmen. Der Basistarif muss eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfassen, die dem jeweiligen aktuellen Umfang der gesetzlichen Kran­ken­versicherung entspricht.

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Gesetzliche Unfallversicherung

Im Zuge der Sozialgesetzgebung wurde im Jahre 1884 als zweiter Zweig der deutschen Sozialversi­che­rung die gesetzliche Unfallversicherung eingeführt. Das Unfallversicherungsgesetz verpflichtete die betroffenen Unternehmer, zur Gründung von Berufsgenossenschaften.

Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein Zweig der Sozialversicherung, deren rechtliche Grundlage seit dem 1. Januar 1997 das SGB VII ist. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die nach Branchen gegliederten gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie die Un­fallkassen und Gemeindeunfallversiche­rungverbände als Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) ist der der gemeinsame Spitzenverband für die neun gewerblichen Berufsgenossenschaften und die 27 Unfallkassen. Er entstand am 1. Juni 2007 durch Zusammenlegung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V. (HVBG) und des Bundesverbandes der Unfallkassen e. V. (BUK).

Versicherter Personenkreis

Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung sind in erster Linie die abhängig Beschäftigten. Neben den abhängig Beschäftigten sind vom Gesetzgeber eine Reihe weiterer Personengruppen in die gesetzliche Unfallversicherung mit einbezogen worden, da sie als schutzbedürftig betrachtet oder im Interesse der Allgemeinheit tätig werden (z. B. Unternehmer von landwirtschaftlichen Betrieben, Haus­gewerbetreibende, Kindergartenkinder, Schüler, Studenten, bestimmte Gruppen ehrenamtlich Tätiger, Organspender, Pflegepersonen und Nothelfer).

Leistungen und Beiträge

Die gesetzliche Unfallversicherung soll im Rahmen einer Pflichtversicherung Arbeitsunfälle und Berufs­krankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren verhindern (Prävention) und Gesundheits­schäden, die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden, ausgleichen (Rehabilitation und Geldleistungen). Die Leistungen der Berufsgenossenschaften umfassen insbesondere Heilbehandlungs­maßnahmen, medizinische Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Um­schulung), Geldleistungen an Versicherte (z. B. Lohnersatzleistungen und Rentenleistungen) und – im Todesfalle – Hinterbliebenenleistungen (z. B. Witwen‑/Witwer‑ und Waisenrenten).

Der Unfallversicherungsschutz ist für die versicherten Beschäftigten beitragsfrei. Die Leistungen der Berufs­genossenschaften werden ausschließlich aus den Beiträgen der Unternehmer finanziert. Im Ge­genzug werden die Unternehmer von der Haftung bei Betriebsunfällen freigestellt.

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Gesetzliche Rentenversicherung

Am 1. Januar 1891 tritt das Gesetz betreffend der Invaliditäts‑ und Altersversicherung in Kraft. Pflicht­versichert waren Personen ab dem vollendeten sechszehnten Lebensjahr, welche als Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt sind, in der Verwaltung eines privaten Gewerbebetriebes tätige sogenannte ›Betriebsbeamte‹ sowie Handlungs­gehilfen und Lehrlinge (ausschließlich der in Apotheken beschäftigten Gehilfen und Lehrlinge), welche Lohn oder Gehalt beziehen, deren regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt aber zwei­tausend Mark nicht übersteigt sowie die gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen der Schiffs­besatzung deutscher Seefahrzeuge und von Fahrzeugen der Binnenschifffahrt. Neben den abhängig Beschäftigten unter­liegen nur bestimmte, als schutzbedüftig angesehene selbständig Tätige der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten­ver­sicherung.

Versicherungspflicht → Rentenversicherungspflicht der Selbständigen

Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherung

Mit der umfassenden Reform der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Oktober 2005 wurden die bis dahin bestehenden Organisationsstrukturen in der Rentenversicherung grundlegend verändert. Das zentrale Ziel der Reform war, durch Aufgabe der historischen Trennung in Arbeiterrenten‑ und Ange­stelltenversicherung stabile Rahmenbedingungen für alle Rentenversicherungsträger zu schaffen und die Wirtschaftlichkeit und Effektivität der gesetzlichen Rentenversicherung durch Straffung der Ver­waltungsstrukturen und durch Fusionen einzelner Rentenversicherungsträger zu verbessern.

Nach der Organisationsreform wird in der gesetzlichen Rentenversicherung nur noch zwischen allge­meiner Rentenversicherung und der knappschaftlicher Rentenversicherung unterschieden. Seit dem 1. Oktober 2005 wurde aus der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Deutsche Rentenver­sicherung Bund.

Neue Versicherte werden seit dem 1. Oktober 2005 entsprechend den gesetzlich vorgesehenen Quo­ten den Regionalträgern zu 55 Prozent, der Deutschen Rentenversicherung Bund zu 40 Prozent und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft‐Bahn‐See – unabhängig von ihrem beruflichen Status – zu 5 Prozent zugeordnet.

Umlageverfahren

Das ursprüngliche System der gesetzlichen Rentenversicherung baute auf dem Kapitaldeckungs­verfahren auf, nach dem eine Ansparung der Rentenbeiträge erfolgte. In der Aufbauphase wurden die noch geringen Mittel im Kapitalstock durch einen Finanzierungsbeitrag aus Steuermitteln aufgestockt. Gegenstand der Versicherung war der Anspruch auf Gewährung einer Invaliden‑ bzw. Altersrente. Das Gesetz sah eine Rente ab 70 Jahren vor, wenn zuvor 30 Jahre lang Beiträge eingezahlt wurden.

Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung wurden durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber je zur Hälfte finanziert. Zusätzlich gab es für die Berechnung der Renten einen festen Zu­schuss des Reichs. Träger der gesetzlichen Rentenversicherung waren die regionalen Versicherungs­anstalten für Arbeiter (Landesversicherungsanstalten).

Mit dem am 1. Januar 1913 in Kraft getretenen Versicherungsgesetz für Angestellte (VGfA) wurden alle Angestellten mit einem Jahresgehalt bis zu 5.000 Reichsmark der gesetzlichen Rentenversicherungs­pflicht unterworfen. Damit war auch für die Angestellten eine Altersversorgung geschaffen worden. Mit dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) vom 28. Mai 1924 wurden dann auch die Angestellten höherer Gehaltgruppen erfasst.

Zunächst war die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte für die Durchführung der Versicherung zuständig. Nach dem Krieg wurde die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte stillgelegt und die Durch­führung der Versicherung der Angestellten übergangsweise von den Landesversicherungsanstal­ten wahrgenommen. Am 7. August 1953 wurde die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte errich­tet, welche die Durchführung der Versicherung der Angestellten übernahm.

Die Entwertung der bei der Rentenversicherung akkumulierten Kapitalreserven infolge zweier Wäh­rungsreformen nach der Weltwirtschaftskrise 1923 und nach dem II. Weltkrieg führten zu politischen Diskussionen darüber, ob es nicht besser wäre, das Kapitaldeckungsverfahren auf ein Umlagever­fahren umzustellen.

Das System der Kapitaldeckung wurde dann 1957 unter Konrad Adenauer zu einem Umlageverfahren mit dynamischer Rente umgebaut und im Jahre 1969 endgültig auf ein reines Umlageverfahren um­ge­stellt.

Beitragstragung

Bei einer abhängigen Beschäftigung sind die Sozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer paritätisch gemeinsam zu tragen, während bei einer versicherungspflichtigen selb­stän­digen Tätigkeit die Beitragszahlung in der Regel in voller Höhe von der erwerbstätigen Person selbst zu tragen ist.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Ausnahmen von der paritätischen Beitragsfinanzierung

Selbständige → ›RV‐Regelbeitrag‹

Nach dem KSVG versicherte selbständige Künstler und Publizisten haben - wie Arbeitnehmer - nur den halben Beitrag (50 Prozent) zu zahlen. Die andere Hälfte wird durch die von den Vermarktern zu zahlende Künstlersozialabgabe (20 Prozent) und einen Bundeszuschuss (30 Prozent) finanziert.

Künstlersozialversicherung → Finanzierung der Künstlersozialversicherung

Ob eine Erwerbstätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird, hat somit Folgen für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe von wem Beiträge zur Sozial-versicherung zu zahlen sind.

Fundamentaler Schwachpunkt im System

Die Bismarcksche Sozialversicherung ist ein Erfolgsmodell des Industriezeitalters, das viele Nachahmer gefunden hat und auch heute noch die Eckpfeiler des Sozialstaates bildet. Das gegliederte System sozialer Absicherung knüpft auch heute noch im Wesentlichen an den Begriff der ›Beschäftigung‹ im Sinne der nichtselbständigen Erwerbsarbeit an.

Schon seit Anfang der 1980er‑Jahre ist die Tendenz erkennbar, dass zunehmend Firmen neu gegrün­det werden, die als sogenannte ›Ein‐Personen‐Unternehmen‹ für Auftraggeber tätig werden, ohne selbst Mitarbeiter zu beschäftigen. Aufgrund des gewählten Vertragstyps als sogenannte ›freie Mitar­beiter‹ oder ›Freelancer‹ werden sie vom Auftraggeber als Selbständige behandelt. Diese Entwick­lung hat durchaus unterschiedliche Facetten und wird demzufolge auch kontrovers diskutiert. Die einen be­schreiben sie als Folge eines fortschreitenden Deregulierungs‑ und Zerfaserungsprozesses der Er­werbs­arbeit und erkennen darin ein bewusstes Unterlaufen der arbeits‑ und sozialversicherungs­recht­lichen Schutz­bestimmungen zulasten des betroffenen Erwerbstätigen und der Solidargemein­schaft. Die ande­ren sehen sie als Folge eines wirtschaftlich notwendigen Flexibilisierungs­prozesses, in dem der Wunsch der Erwerbstätigen nach mehr persönlicher Unabhängigkeit in den Arbeitsbedin­gungen und die Hoff­nung auf ein höheres Einkommen im Vordergrund stehen.

Die ›Ein‐Personen‐Selbständigen‹ stellen ein sozialpolitisches Problem dar. Oftmals ist es so, dass sie für eine vergleichbare Leistung kaum mehr Entgelt erhalten als ein Arbeitnehmer. Damit entsprechen sie nicht dem Bild des ›klassischen Selbständigen‹, welcher höhere Einkünfte als ein Arbeitnehmer er­zielt und damit selbst für seine soziale Sicherung sorgen kann. Zudem ist in den Erwerbsbiographien der ›Ein‐Personen‐Selbständigen‹ häufig ein Hin‐und‐her‐Wandern zwischen Selbständigkeit und ab­hän­giger Beschäftigung festzustellen, was zwangsläufig zu Lücken im Versicherungsverlauf führt.

Im politischen Raum werden eine Reihe von Vorschlägen zur Einführung einer Vorsorge‑ oder Ver­sicherungspflicht für (Solo‑)Selbständige diskutiert. Sie reichen von kleinen Lösungen wie der schlich­ten Einbeziehung von Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung, die bislang keiner obligato­rischen Pflichtversicherung unterliegen, bis hin zu großen Lösungen wie dem Umbau des bisherigen gegliederten Alterssicherungssystems zu einer generellen Erwerbstätigenversicherung.

Eine im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erstellte Studie kommt im Juni 2016 zum Ergebnis, bisher nicht obligatorisch abgesicherte Selbständige in die gesetzliche Rentenver­siche­rung einzubeziehen, ihnen aber eine als Opt‐out bezeichnete Möglichkeit der Befreiung bei ent­sprechender privater Vorsorge, etwa der Basis‐Rente nach dem Altersvorsorgeverträge‐Zerti­fi­zie­rungsgesetz, zu geben. Damit würde die Struktur der Alterssicherung respektiert, ohne dass es eines besonderen Versorgungswerkes für Solo‐Selbständige bedürfe.

Unabhängig davon, ob es aus­reicht, primär die abhängig arbeitende Bevölkerung als schutzbedürftig anzusehen, liegt hier bereits ein fundamentaler Schwachpunkt im System, weil die Feststellung der Versicherungspflicht zunächst einmal eine Abgren­zung der nichtselbständigen von der selbständigen Erwerbsarbeit erfordert. War diese Abgrenzung in der Industriegesellschaft des 19. Jahrhunderts noch ohne größere Probleme möglich, so ist dies in einer modernen digitalen Dienst­leis­tungsgesellschaft ungleich schwieriger, weil die Grenzen nicht mehr so starr, sondern oftmals fließend sind. In der Ar­beitswelt von heute lässt sich im Übergang von abhängiger Beschäftigung im ›Normalarbeits­verhältnis‹ zu selbständigen Erwerbs­formen eine große Bandbreite von Formen mehr oder minder selbständiger Erwerbsarbeit aufzeigen. Dabei erweisen sich die Übergänge zwischen abhängiger und selbständiger Erwerbsarbeit oftmals in mehrfacher Hinsicht als nicht eindeutig bestimmt. Die Ein­ordnung einer Vertragsbeziehung wird zudem dadurch erschwert, dass die Vertragsparteien nicht selten den wahren Ver­tragstypus durch zielgerichtete Vertragsgestaltungen verschleiern wollen.

Vertragsbeziehung → Versicherungspflicht versus Vertragsfreiheit

Der Arbeitsmarkt befindet sich weiter im Umbruch. Die ständige Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten und der in den letzten Jahrzehnten vor­anschreitende Übergang zur digitalen Dienst­leis­tungsgesellschaft, der auch mit grundlegenden Verän­derungen der Erwerbs‑ und Lebensformen einhergeht, hat den Systemmangel zunehmend in den Fokus gerückt. War früher grundsätzlich eine professionelle Infra­struktur nötig, lösen sich die Grenzen der Unternehmen langsam immer mehr auf. Schon heute wer­den viele einfache Tätigkeiten, aber auch große Programmierprojekte an Auftrag­nehmer im Rah­men des ›Crowdworking‹ vergeben. Crowdworking bezeichnet ein System, bei dem Unternehmen anfal­lende Tätigkeiten auf der eigenen Webseite oder einer fremden Onlineplattform anbieten, die Auf­träge dort dann von Interessierten angeklickt und erledigt werden können.

Die Unternehmer lagern beim Crowdworking Tätigkeiten in die Anonymität des Internets aus und ver­lassen dabei an vielen Stellen die eingetretenen Pfade des Arbeitsrechts. In einem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht nun erste Hinweise gegeben, unter welchen Umständen bei ›einfachen Arbeiten‹ auch bei einem ›Crowdworker‹ ein Arbeitsverhältnis vorliegen kann: »Die kontinuierliche Durchfüh­rung einer Vielzahl von Kleinstaufträgen (›Mikrojobs‹) durch Nutzer einer Online‐Plattform (›Crowd­worker‹) auf der Grundlage einer mit dem Betreiber (›Crowdsourcer‹) getroffenen Rahmenverein­barung kann im Rahmen der nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB gebotenen Gesamtbetrachtung zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen, wenn der Crowdworker zur persönlichen Leistungser­bringung verpflichtet ist, die geschuldete Tätigkeit ihrer Eigenart nach einfach gelagert und ihre Durchführungen inhaltlich vorgegeben sind sowie die Auftragsvergabe und die konkrete Nutzung der Online‐Plattform im Sinne eines Fremdbestimmens durch den Crowdsourcer gelenkt wird«

Behandelt der Unternehmer die Crowdworker nicht wie sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, dürfte der Nachweis der persönlichen Abhängigkeit im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung häu­fig jedoch schon dadurch schwierig werden, dass der Crowdworker über eine Zeitsouveränität verfügt, die für ein Arbeitsverhältnis untypisch ist. Es besteht damit die nicht zu unterschätzende Gefahr, dass sich das Crowdworking via Internet zu einer unkontrollierten rechts­freien Zone entwickelt, in welcher die ›digitalen Nomaden‹ keinerlei arbeits‑ und sozialrechtlichen Schutz genießen.

Aufgrund der Abgrenzungsproblematik wurde immer wieder der Ruf nach einem einheitlichen System sozialer Sicherung für alle Erwerbstätigen laut. Eine solche Forderung klingt zwar zunächst sehr ver­lockend, denn würden Selbständige wie abhängig Beschäftigte zu gleichen Bedingungen in die Sozial­versicherung einbezogen, wären die Bedingungen des sozialen Schutzes nicht mehr ein bestim­mender Parameter dafür, einen bestimmten Vertragstyp zu wählen. Allerdings wäre eine vollständige Gleich­stellung aller Erwerbstätigen schon im Hinblick auf die paritätische Finanzierung der Sozialver­sicherung nur schwerlich zu realisieren.

Anmerkung des Verfassers

Sofern der sozialversicherungsrechtliche Schutz auch weiterhin an den Vertragstypus anknüp­fen soll, muss nach Meinung des Verfassers gewährleistet werden, dass der sozialversiche­rungs­recht­liche Sta­tus voraussehbarer und damit rechtssicherer zu bestimmen ist. Hierfür wäre es erforderlich, dass der Gesetzgeber die im § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verankerten Hauptkriterien unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung entwickelten Abgren­zungs­kriterien analytisch aufbereitet und gewichtet.

Tätigkeitsstatus → Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit

Finanzierungsprobleme

Das Rentenversicherungssystem des Industriezeitalters ist mit dem heutigen System nicht vergleich­bar. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag seinerzeit bei 60 Jahren und die dama­lige Rente war lediglich eine finanzielle Ergänzung und nicht dazu gedacht, dem Rentenbezieher einen hohen Lebens­standard zu ermöglichen.

Die aufgrund von Beschäftigungsverhältnissen geleisteten Beitragszahlungen allein reichen schon lange nicht mehr aus, um die Rentenzahlungen zu gewährleisten. Der § 213 Abs. 1 SGB VI verpflichtet des­halb den Bund zu den Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung Zuschüsse zu leisten. Die Zuschüsse des Bundes decken mittlerweile rund 30 Prozent der Gesamtausgaben und beliefen sich im Jahre 2020 auf ca. 75,3 Milliarden Euro (Tendenz steigend). Die voranschreitende Digitalisierung wird die Finanzierungsgrundlage weiter verschlechtern, weil zukünftig viele Arbeitsplätze nicht mehr von Men­schen, sondern von Maschinen besetzt werden.

Aber es gibt noch ein weiteres grundsätzliches Problem. Die sinkende Zahl der Menschen im jüngeren Alter und die gleich­zeitig steigende Zahl älterer Menschen verschieben den demografischen Rahmen in bisher nicht gekannter Art und Weise. Schon heute ist jede fünfte Person älter als 66 Jahre und die Zahl der Menschen im hohen Alter ab 80 Jahre steigt beständig. Die Relation der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter zur Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren wird gemäß Projektionen von gegenwärtig 36 Prozent auf 53 Prozent im Jahr 2045 steigen, so dass im Jahr 2045 nicht mehr 36, sondern 53 Personen im Rentenalter 100 Personen im erwerbsfähigen Alter gegenüberstehen.

Durch diese Entwicklungen gerät das Rentenversicherungs­system, das sich im Wesentlichen über die Beiträge der aktiv Beschäftigten finan­ziert, zunehmend unter Druck und reagierte u. a. mit einer Anhebung der Altersgrenzen.

Anmerkung des Verfassers

Das einseitig auf Beiträgen aus Lohneinkommen basierende soziales Sicherungssystem ist ein Ana­chronismus aus der Zeit der Industrialisierung; es kann auf Dauer den zukünftigen Herausforderungen nicht standhalten.

Aus dieser Erkenntnis entstand schon vor geraumer Zeit die Idee einer Wert­schöp­fungsabgabe. Unter der sogenannten Wertschöpfungsabgabe, die umgangssprachlich auch oft als Maschinen­steuer bezeichnet wird, versteht man im Allgemeinen eine Abgabe oder eine Steuer, welche die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens (Zuwachs an Werten des Endproduktes über denen des Ausgangsproduktes) und nicht nur die Lohnsumme für die Arbeit als Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge heranzieht.

Wie genau diese Netto‐Wertschöpfung gemessen werden soll, variiert unter den Vertretern dieser Idee. Eine sinnvolle Variante wäre wohl eine Abgabe auf ›Umsatz minus Kosten‹. Um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft zu vermeiden, sollte hier nach Meinung des Verfassers eine Lösung auf europäischer‑ oder zumindest auf EU‐Ebene angestrebt werden.

☆ ☆ ☆
Gesetzliche Arbeitslosenversicherung

Mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 7. Juli 1927 wurde die Reichs­anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geschaffen, die der Vorläufer der heutigen Bundesagentur für Arbeit war.

Zum 1. Oktober 1927 wurde dem System sozialer Absicherung die Arbeitslosenversiche­rung als vierte Säule hinzugefügt. Das Gesetz löste die bis dahin vorhandene provisorische Regelung der Erwerbs­losenfürsorgeverordnung im Rahmen der Kriegsfürsorge ab und schuf erstmals einen echten Rechts­anspruch auf Arbeitslosen­unterstützung.

☆ ☆ ☆
Gesetzliche Pflegeversicherung

Die gesetzliche Pflegeversicherung wurde am 1. Januar 1995 als eigenständiger Zweig der Sozialver­sicherung eingeführt. Seitdem ist jede Person mit Wohnsitz in Deutschland verpflichtet, neben dem Krankheits­risiko auch das Pflegerisiko mit einer eigenen Versicherung abzusichern. Auch jede private Krankenversicherung muss seitdem eine Pflege­versicherung anbieten. In der Pflegeversicherung gilt der Grundsatz ›Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung‹. Wer in der gesetzlichen Kranken­ver­sicherung versichert ist, wird automatisch in die soziale Pflegeversicherung einbezogen. Wer privat krankenversichert ist, unterliegt der Versicherungspflicht in der privaten Pflegeversicherung.

Die Träger der gesetzlichen Pflegeversicherungen sind die Pflegekassen. Die Pflegekassen sind Körper­schaften des öffentlichen Rechts, die in eigener Verantwortung und Selbstverwaltung arbeiten, aber an die gesetzlichen Krankenkassen angeschlossen sind.

Der Beitrag in der sozialen Pflegeversicherung ist abhängig vom Einkommen. Der Beitragssatz wird jeweils auf die beitragspflichtigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben. Bei Kinder­losen wird ein Kinderlosenzuschlag erhoben, der vom versicherten allein zu tragen ist.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Beitragszuschlag für Kinderlose in der gesetzlichen PV

Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wurde zum 1. Januar 2022 ein Bundeszuschuss in Höhe von 1 Milliarde Euro pro Jahr eingeführt.

Seit 2015 werden die Einnahmen aus 0,1 Beitragssatzpunkten, im Jahr 2022 rund 1,6 Milliarden Euro, an das Sondervermögen Versorgungsfonds der sozialen Pflegeversicherung (Pflegeversicherungsfonds) abgeführt, das die Bundesbank verwaltet. Der Fonds soll zu einer verlässlichen Finanzierung der Pflegeversicherung in der Zukunft beitragen und ab dem Jahr 2035 dabei helfen, den Beitragssatz zu stabilisieren. Damit bleibt die Pflege auch dann finanzierbar, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in ein Alter kommen, in dem sie möglicherweise pflegebedürftig werden.

Private Pflege‐Pflichtversicherung

Der privaten Pflege‐Pflichtversicherung gehören diejenigen an, die für den Krankheitsfall bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind. Über die Pflege‐Pflichtversicherung wird ein privater Versicherungsvertrag abgeschlossen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einer privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind, erhalten einen Beitragszuschuss ihres Arbeitgebers in der Höhe ihres hälftigen Versicherungsbeitrages, maximal bis zum möglichen Höchstbetrag des Arbeitgeberanteils in der sozialen Pflegeversicherung.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Höhe des PV‐Beitragszuschusses

☆ ☆ ☆
Aufklärungspflicht der Leistungsträger

Die Versicherten und Betroffenen sollen über die Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch auf­geklärt werden. Die Leistungsträger und deren Verbände sind nach dem SGB I dazu verpflichtet, Auf­klärung im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu betreiben. Als Leistungsträger gelten im Sinne der §§ 18 bis 29 SGB I u. a. die Ämter für Ausbildungsförderung, die Kranken‑ und Pflegekassen, die Unfallver­sicherungsträger, die Rentenversicherungsträger und die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Sozial‑, Kinder‑ und Jugendhilfe.

Dem Einzelnen erwächst aus der allgemeinen Aufklärungspflicht der Sozialverwaltung nach § 13 SGB I grundsätzlich jedoch kein im Klagewege verfolgbares subjektiv öffentliches Recht auf persönliche Auf­klärung. Ausnahmen können möglicherweise dann bestehen, wenn sich ein Versicherter oder Arbeit­geber konkret an einen Versicherungsträger wendet oder wenn der Versicherungsträger zuvor un­richtige oder missverständliche Auskünfte erteilt hat. Fehlende oder unvollständige Gesetzeskenntnis eines Versicherten oder Arbeitgebers stellt jedoch keinen derartigen Ausnahmefall dar, weil das Prinzip der formellen Publizität auch im Bereich des Sozialrechts Geltung besitzt und damit kein individueller Anspruch auf allgemeine Aufklärung über die Gesetzeslage besteht.

SVMWIndex k2s1a1

Schutzbedürftigkeit

Leitsätze
  1. Primäres Ziel im Sozialversicherungsrechtrecht ist der Schutz der abhängig arbeitenden Be­völkerung.

  2. Der Gesetzgeber hat seit jeher auch einige selbständige Tätigkeiten als schutzbedürftig an­gesehen.

Sowohl die Versicherungspflicht als auch die Versicherungsfreiheit werden in der gesetzlichen Sozial­versicherung durch den Gesetzgeber angeordnet. Bei der Versicherungspflicht handelt es sich um eine öffentlich‐rechtliche Zwangsversicherung, die beim Vorliegen der im Gesetz genannten Vorausset­zungen – ohne Rücksicht auf den Willen der Beteiligten – eintritt.

Ob im Einzelfall tatsächlich Versicherungspflicht/‑freiheit im Rahmen einer ›Beschäftigtenversicherung‹ oder aufgrund einer selbständigen Tätigkeit besteht, ergibt sich jeweils erst in der Zusammenschau der Normen über die Versicherungspflicht in den einzelnen Versicherungszweigen und der spezialgesetz­lichen Regelungen über die Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherung.

Es ist nicht nur im Interesse des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, sondern auch für die Leistungs­pflicht der Versicherungsträger – insbesondere der Krankenkasse – von entscheidender Bedeutung, die Frage der Versicherungspflicht oder –freiheit schon bei Beginn des Beschäftigungs­verhältnisses und bei Eintritt späterer Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu klären.

Versicherungspflicht nur für ›natürliche Personen‹

Nur natürliche Personen werden von der Sozialversicherung umfasst und können Versicherte im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung sein. Dies schließt jedoch nicht aus, dass neben ihnen auch juristische Personen Träger von Rechten und Pflichten in der Sozialversicherung sein können.

Da das Beschäftigungsverhältnis ein Rechtsverhältnis ist, das auf faktischer und nicht ausschließlich auf vertraglicher Grundlage beruht, kann die Versicherungspflicht nicht durch eine von der Erwerbs­person gewählte Rechtsform umgangen werden. Spricht das Gesamtbild der für den Auftraggeber tatsächlich erbrach­ten Arbeitsleistung für eine abhängige Beschäftigung, so ändert auch die vom Auf­tragnehmer gewählte Rechtsform (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG, Partnerschaftsgesellschaft, GbR oder Ein‐Personen‐GmbH bzw. Ein‐Personen‐Limited) daran nichts.

Statusbewertung des Vertragsverhältnisses → Das ›faktische‹ Beschäftigungsverhältnis

Grundsätzlich versicherungspflichtige Personenkreise

Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, in geschützten Ein­richtungen beschäftigte Behinderte sowie Landwirte sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IV grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialver­sicherung pflicht­versichert.

Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt

☆ ☆ ☆
Versicherungspflicht der abhängig Beschäftigten

Primäres Ziel nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch im Sozialversicherungsrecht ist der Schutz der ab­hängig arbeitenden Bevölkerung. Über den Begriff der ›Beschäftigung‹ im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV definiert sich noch heute der ›klassische‹ soziale Schutzbereich der Sozialversicherung.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Versicherungspflicht in der Sozialversicherung erwachsen Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit als gesetzliche Rechtsfolgen allein aus den Merkmalen des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses und haben allein darin ihren Entstehungsgrund und finden demgemäß darin auch ihre Begrenzung. Ein Übergreifen über die Grenzen des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses oder Versicherungspflichttatbestandes hinaus kann deshalb nur dann eintreten, wenn das Gesetz eine solche Rechtsfolge ausdrücklich vorsieht oder wenn Sinn und Zweck des Gesetzes dies zweifelsfrei gebieten.

Sowohl die Versicherungs‑ als auch die Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑, Ren­ten‑ und Arbeitslosenversicherung knüpfen grundsätzlich an den Begriff der ›Beschäftigung‹ im Sinne nicht­selbständiger Arbeit an. Das Vorliegen einer Beschäftigung ist neben der Zahlung eines Arbeits­entgelts die Grundvorausset­zung für das Eintreten der Versicherungspflicht.

Sozialversicherungsrecht → Sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis

Bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland gelten die gleichen Regeln wie für inländische Arbeitnehmer. Kommen sie aus einem Nicht‐EU‐Staat, ist in der Regel ein Aufenthaltstitel für die Ausbildung oder die Beschäftigung notwendig. Wer Ausländer ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel zu Arbeitsbedingungen beschäftigt, die deutlich schlechter sind als die deutscher Arbeitnehmer, muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.

Ein ausländischer Arbeitnehmer, der in Deutsch­land eine Beschäftigung ohne die erforderliche Arbeits­er­laubnis ausübt, unterliegt dennoch der Ver­siche­rungs­pflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozial­ver­sicherung.

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung → Arbeitserlaubnis (Aufenthaltstitel)

Versicherungspflicht der Beschäftigten

Pflichtversicherung
grundsätzlich in allen Zweigen der SV

↙ ↓ ↘

Beschäftigte
Beschäftigung
gegen Arbeitsentgelt

Auszubildende
Beschäftigung
zur Berufsausbildung

Behinderte
Beschäftigung
in geschützten Einrichtungen

Beschäftigte Personen

Grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung pflichtversichert sind:

  1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.

  2. Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.

    Besondere Beschäftigungsformen → Beschäftigung zur Berufsausbildung

  3. Behinderte Menschen, die in geschützten Einrichtungen beschäftigt werden.
    AV: Keine Versicherungspflicht

    Besondere Beschäftigungsformen → Behinderte in anerkannten Werkstätten

Versicherungspflicht der zur Berufsausbildung Beschäftigten

Eine Beschäftigung zur Berufsaus­bildung kann niemals eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV sein. Aus­zubildende unterliegen – unabhängig von der Höhe des monatlichen Arbeitsentgeltes – regelmäßig der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversi­cherung. Der Arbeitgeber trägt den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn der zu seiner Be­rufsausbildung beschäftigte ein Arbeitsentgelt erzielt, das auf den Monat bezogen 325 Euro nicht über­steigt.

Besondere Beschäftigungsformen → Geringverdienergrenze

In der Renten‑ und Arbeitslosenversicherung unterliegen auch die Auszubilden­den der Versicherungs­pflicht, die keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt haben. Hier sind Beiträge von einer fiktiven monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 1 Prozent der monat­lichen Bezugsgröße zu zahlen. Wird keine Ausbildungsvergütung gezahlt, tritt in der Kranken‑ und Pflegeversicherung keine Versi­cherungspflicht ein.

Besondere Beschäftigungsformen → Auszubildende ohne Entgeltanspruch

Die knappschaftliche Rentenversicherung

Arbeitnehmer im Bergbau sind über die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft‐Bahn‐See sozial­versichert. Wie andere Arbeitnehmer sind auch Beschäftigte in knappschaftlichen Betrieben sowie Beschäftigte, die knappschaftlichen Arbeiten verrichten gesetzlich rentenversichert. Wegen der dort vorhandenen besonderen Belastungen und Risiken gelten für Beschäftigte im Bergbau Sonderrege­lungen.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Die knappschaftlichen Rentenversicherung

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Beitragsbemessungsgrenzen in der knappschaftlichen RV

☆ ☆ ☆
RV‐Pflicht von weiteren selbständigen Personen

Neben den abhängig Beschäftigten unterliegen nur bestimmte, vom Gestzgeber als besonders schutz­bedürftig angesehene selbständig Tätige, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenver­sicherung.

Selbständige (§ 2 SGB VI) → Rentenversicherungspflicht der Selbständigen

Versicherungspflicht von Kulturschaffenden

Der Gesetzgeber hat der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kulturschaffenden dadurch Rechnung ge­tragen, dass er auch selbständige Künstler und Publizisten in den Schutz der gesetzlichen Sozialversi­cherung mit einbezogen hat. Die Grundkonstruktion des Künstlersozialversicherungs­gesetzes beruht darauf, den Personenkreis der selbständigen Künstler und Publizisten ›wie Arbeitnehmer‹ über die extra hierfür geschaffene Künstlersozialkasse gegen die Risiken von Krankheit und Alter und seit 1995 auch der Pflegebedürftigkeit im Rahmen einer Pflichtversicherung abzusichern.

Künstlersozialversicherungsgesetz → Grundkonstruktion des KSVG

☆ ☆ ☆
Versicherungspflicht der Behinderten

Für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in geschützten Einrichtungen (Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 SGB IX, Anstalten und Heimen sowie Heimarbeit für diese Einrichtungen) gelten besondere versicherungs‑ und beitragsrechtliche Rege­lungen. Diese finden keine Anwendung auf Arbeitnehmer in Beschäftigungen außerhalb dieser geschützten Einrichtungen, die aufgrund des Grades einer festgestellten Behinderung als schwerbe­hindert gelten.

Besondere Beschäftigungsformen → Behinderte in geschützten Einrichtungen

Beschäftigte Behinderte in einer anerkannten Werkstätte

Die in einer anerkannten Werkstätte für Behinderte oder Blindenwerkstätte beschäftigten behinderten Menschen unterliegen – unabhängig davon, ob und in welcher Höhe sie für ihre Tätigkeit Entgelt erhal­ten – der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherung Auf Art und Dauer der Beschäftigung sowie auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Arbeitsleistung kommt es nicht an. Versicherungspflicht besteht auch während der Dauer des ›Eingangsverfahrens‹ bzw. der ›Stabilisierungsphase‹, die dem Arbeitstraining vorgeschaltet ist.

Beschäftigte Behinderte in Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen

Darüber hinaus unterliegen auch die in Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen beschäf­tigten Menschen mit Behinderung dann der Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherungspflicht, wenn eine Behinderung nicht nur vorübergehend (länger als 6 Monate) vorliegt und sie in gewisser Regel­mäßigkeit eine Leistung erbringen, die mindestens ein Fünftel der Leistung eines voll erwerbstätigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht.

Aufgrund fehlender Vermittelbarkeit und einer nicht vorhandenen dauerhaften Verfügbarkeit sind die in anerkannten Werkstätten, Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen beschäftigten Behinder­ten in der Regel ver­sicherungsfrei in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.

☆ ☆ ☆
Heimarbeiter

Heimarbeiter gehören gemäß § 12 Abs. 2 SGB IV kraft gesetzlicher Fiktion zu den abhängig Beschäf­tigten. Sie sind versicherungspflichtig in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung.

Heimarbeit → Beschäftigte kraft gesetzlicher Fiktion

☆ ☆ ☆
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ist seit dem 1. Januar 2013 als Verbundträger Nachfolgerin der ehemals eigenständigen regionalen landwirtschaftlichen Sozialver­sicherungen. Die SVLFG ist Träger der Sozialversicherung für Beschäftigte in landwirtschaftlichen, gar­tenbaulichen und forstwissenschaftlichen Berufen und damit zuständig für die Unfallversicherung, Alterssicherung sowie Kranken‑ und Pflegeversicherung dieser Personen.

Krankenversicherungspflicht der Landwirte

Die Bestimmungen zur gesetzlichen Krankenversicherung der Landwirte, mithelfenden Familienange­hörigen, und Altenteiler sind mit Wirkung zum 1. Januar 1989 im ›Zweiten Gesetz über die Kranken­versicherung der Landwirte‹ zusammengefasst worden. Das Gesetz gilt nach § 68 Nr. 6 SGB I als besonderer Bestandteil des Sozialgesetzbuches und soll dort als Teil der gesetzlichen Krankenver­sicherung eingeordnet werden.

Landwirtschaftliche Unternehmer (Unternehmer der Land‑ und Forstwirtschaft einschließlich des Wein‑ und Gartenbaus sowie der Teich­wirtschaft und der Fischzucht) und ihre Familienangehörigen sind grund­sätzlich in der landwirtschaft­lichen Krankenversicherung pflichtversichert. Nach dem KVLG wird aber nur diejenige ver­sichert, der nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften versiche­rungs­pflichtig oder nach § 192 SGB V Mitglied bei einer anderen Krankenkasse ist. Wesentliche Beson­derheiten im Vergleich zu der im SGB V geregelten allgemeinen Krankenversicherung liegen in der Versicherungs­pflicht für selbständig Tätige sowie der Gewährung von Betriebshilfe für den Unternehmer anstelle von Krankengeld.

Rentenversicherungspflicht der Landwirte

Das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte regelt als Teil der Landwirtschaftlichen Sozialver­sicherung die Alterssicherung der Landwirte. Das Gesetz gilt nach § 68 Nr. 4 SGB I als besonderer Bestandteil des Sozialgesetzbuches und soll dort als Teil der gesetzlichen Rentenversicherung einge­ordnet werden. Versicherungspflichtig sind nach § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ALG Landwirte und mitarbei­tende Familienangehörige. Die Alterssicherung der Landwirte zielt seit ihrer Einführung im Jahr 1957 auf eine Teilsicherung ab. Dies schlägt sich sowohl in der Höhe der zu zahlenden Beiträge als auch im Niveau der Renten nieder.

☆ ☆ ☆

SVMWIndex k2s1a2

Statusbewertung der Vertragsbeziehung

Leitsatz
  1. Das Eintreten der Versicherungspflicht steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Statusbewertung der jeweiligen Ver­tragsbeziehung.

Das Eintreten der Versicherungspflicht ist abhängig von der Statusbewertung der jeweiligen Vertrags­beziehung.

Primäres Ziel im Sozialversicherungsrecht ist der Schutz der abhängig arbeitenden Bevölkerung. Die Versicherungspflicht im Rahmen einer in § 2 SGB VI genannten selbständigen Tätigkeit oder nach dem KSVG kann nur dann eintreten, wenn für das zu beurteilende Vertragsverhältnis ein Beschäftigungs­verhältnis verneint wurde.

Verhältnis zwischen den im § 2 SGB VI genannten Tätigkeiten

Das Verhältnis zwischen den im § 2 SGB VI genannten Tätigkeiten soll nach dem Willen des Gesetz­gebers durch den allgemeinen Grundsatz des ›Günstigkeitsprinzips‹ bestimmt werden.

Selbständige (§ 2 SGB VI) → Rentenversicherungspflicht der Selbständigen

Der Versiche­rungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI als ›lex specialis‹ verdrängt aufgrund der hieran anknüpfenden günstigeren Beitragsregelungen für selbständige Künstler und Publizisten die nach dem § 2 Nr. 1 und Nr. 9 SGB VI für selbständige Lehrer und für ›Arbeitnehmerähnliche Selb­stän­dige‹ allgemein angeordnete Rentenver­sicherungspflicht.

Künstlersozialversicherungsgesetz → Finanzierung der Künstlersozialversicherung

Da es sich bei dem § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI generell um eine nachrangige gesetzliche Regelung handelt, werden die Tätigkeiten nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 8 SGB VI nicht als ›Arbeitnehmerähnliche Selbstän­dige‹ erfasst.

Reihenfolge der Prüfung der Versicherungspflicht

Beschäftigungsverhältnis

ja→

Grundsätzliche Versicherungspflicht
in gesetzlicher KV, PV, RV und AV

nein↓  

Heimarbeit
Beschäftigungsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion

ja→

Grundsätzliche Versicherungspflicht
in gesetzlicher KV, PV, RV und AV

nein↓  

Selbständiger Künstler/Publizist
§ 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI
§ 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V

ja→

Grundsätzliche Versicherungspflicht
in gesetzlicher KV, PV und RV

nein↓  

Selbständige Tätigkeit
§ 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 bis 8 SGB VI

ja→

Grundsätzliche Versicherungspflicht
in gesetzlicher RV

nein↓  

Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI

ja→

Grundsätzliche Versicherungspflicht
in gesetzlicher RV

☆ ☆ ☆
Mehrere Versicherungsverhältnisse nebeneinander

Eine Mehrfachbeschäftigung kann nur bei verschiedenen Arbeitgebern vorliegen. Wenn Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen ausüben, ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Arbei­tet ein Beschäftigter z. B. sowohl im Betrieb als auch im Haushalt eines Arbeitgebers, so handelt es sich nicht um eine Mehrfachbeschäftigung, sondern um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis.

Vertragsbeziehung → Einheitliches Beschäftigungsverhältnis

☆ ☆ ☆
Geringfügige Beschäftigung neben anderen Beschäftigungsverhältnissen

Sofern neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung nur eine geringfügig ent­lohnte Beschäftigung ausgeübt wird, findet eine Zusammenrechnung nicht statt.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung (Minijobber) → Mehrere nebeneinander ausgeübte Beschäftigungen

☆ ☆ ☆
Mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander

Sofern ein Arbeitnehmer nebeneinander bei mehreren Arbeitgebern versicherungspflichtige Beschäf­tigungsverhältnisse ausübt, unterliegen diese Beschäftigungsverhältnisse grundsätzlich der Versiche­rungs‑ und Beitragspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander
Parallel ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigungen KV PV RV AV

Versicherungspflicht

ja
ja
ja
ja

Bei einer Mehrfachbeschäftigung sind versicherungs‑ und beitragsrechtliche Besonderheiten zu beachten.

Übergangsbereich (Gleitzone) → Mehrfachbeschäftigung (Zusammenrechnung)

Jahresarbeitsentgeltgrenze → Anzurechnende Bezüge aus weiteren Erwerbstätigkeiten

Berechnung der Beiträge → Mehrere Versicherungsverhältnisse

☆ ☆ ☆
Beschäftigung neben einer selbständigen Tätigkeit

Es gehört zum Berufsbild vieler in der Medienwirtschaft tätigen Auftragnehmer, teilweise sogar inner­halb eines Kalendermonats verschiedenartige Vertragsverhältnisse mit diversen Auftraggebern einzu­gehen, deren sozialversicherungsrechtliche Statuseinstufungen differieren. Während die eine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung zu werten ist (z. B. als Synchronsprecher) und damit im Regelfall Ver­sicherungs‑ und Beitragspflicht im Rahmen einer sogenannten ›unständigen Beschäftigung‹ be­gründet, ist die andere Tätigkeit als selbständig einzustufen (z. B. als Autor) und führt unter Um­ständen zur Versicherungs‑ und Beitragspflicht im Rahmen des KSVG.

Unständige Beschäftigung → Zeitliche Befristung

Versicherungspflicht nach dem KSVG → Versicherungsschutz für Künstler und Publizisten

Für die gesetzliche Sozialversicherung sind beide Arten der Erwerbstätigkeit – sowohl die Beschäfti­gung als auch die selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit – von Bedeutung.

Selbständige Erwerbstätigkeiten und Erwerbstätigkeiten, die in einer abhängigen Beschäftigung be­stehen, sind bei der Beurteilung der Rentenversicherungspflicht voneinander zu trennen. Gleiches gilt für die Beurteilung der Kranken‑ und Pflegeversicherungspflicht.

Versicherungspflicht in einer Beschäftigung neben einer selbständigen Tätigkeit
Versicherungspflicht KV PV RV AV

Beschäftigung

neben einer nicht hauptberuflich ausgeübten versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit

ja
ja
ja
ja

neben einer hauptberuflich ausgeübten versicherungs­pflichtigen selbständigen Tätigkeit

nein
nein
ja
ja

Beim Zusammentreffen mit der Versicherungspflicht nach dem KSVG sind versicherungs‑ und beitragsrechtliche Besonderheiten zu beachten.

Versicherungspflicht nach dem KSVG bei paralleler Beschäftigung

Versicherungspflicht nach dem KSVG bei paralleler sonstiger selbständiger Tätigkeit

Parallele Rentenversicherungspflicht

In der gesetzlichen Rentenversicherung besteht die Rentenversicherungspflicht aufgrund der Aus­übung einer versicherungspflichtigen Selbständigkeit auch neben der Rentenversicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung. Für beide Vertragsbeziehungen sind daher Rentenversicherungs­bei­träge zu entrichten, allerdings insgesamt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze des jeweiligen Ka­len­dermonats.

Mehrfachbeschäftigung → Die anteilige Beitragslast

Keine parallele Krankenversicherungspflicht

Obwohl grundsätzlich sowohl die Erwerbstätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäf­tigung als auch die selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit grundsätzlich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung begründen, greift nach dem Willen des Gesetz­gebers nur die Versicherungspflicht aufgrund der hauptberuflich ausge­übten Erwerbstätigkeit. Eine ›doppelte‹ Bei­tragserhebung findet aufgrund der Ausschlussregelung des § 5 Abs. 5 SGB V nicht statt.

Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes → KV‑ und PV‑Freiheit wegen hauptberuflicher Selbständigkeit

SVMWIndex k2s1a3

Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt

Leitsatz
  1. Wer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist unterliegt grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Die Versicherungspflicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses und die daran geknüpften Rechts­folgen verlangen grundsätzlich eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt.

Entgelt im Sinne des Sozialversicherungsrechts → Der Begriff des Arbeitsentgelts

Der sozialversicherungsrechtliche Begriff ›Beschäftigung‹

Der Begriff ›Beschäftigung‹ ist in § 7 Abs. 1 SGB IV für alle Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung ver­bindlich definiert. Eine Beschäftigung in sozialversicherungsrechtlichem Sinne definiert § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV typisierend als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. An­halts­punkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. ›Beschäftigter‹ im Sinne des Sozialver­sicherungsrechts kann ausschließlich eine natürliche Person sein.

Zur Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bedarf es nicht notwen­di­ger­weise eines Dienst‑ oder Arbeitsvertrages im Sinne des bürgerlichen Rechts, entscheidend ist vielmehr die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb und die damit gegebene Unterwerfung unter das Wei­sungsrecht des Arbeitgebers. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV entsteht be­reits allein aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben hinsichtlich der Anwendung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften kein Dispositionsrecht. Eine sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergebende Versicherungs‑ und Beitragspflicht in der Sozial­versicherung kann deshalb auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Aufgrund der Unbestimmtheit der Begriffsdefinitionen eines Arbeitnehmers bzw. Beschäftigten ist in den Fällen, in denen keine klaren und eindeutigen Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Er­werbsarbeit oder einer selbständigen Tätigkeit zu erkennen sind, stets das Gesamtbild der tatsäch­lichen Verhältnisse einer Vertragsbeziehung maßgebend.

Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit → Der Begriff ›Beschäftigungsverhältnis‹

Freier wirtschaftlicher Austausch von Arbeit und Arbeitsentgelt

Ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt setzt einen freien wirtschaftlichen Austausch von Arbeit und Arbeitsentgelt voraus. Eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss ist z. B. dann nicht mehr gegeben, wenn jemand zu einer (spezifischen) Arbeit gezwungen wurde.

Wird die Arbeit lediglich aufgrund familienrechtlicher Verpflichtung geleistet oder wird die Person zur Arbeitsleistung gezwungen, liegt weder ein Arbeits‑ noch ein sozialversicherungsrechtliches Beschäfti­gungsverhältnis vor.

Vertragsbeziehung → Arbeitsvertrag

Besondere Beschäftigungsformen → Mitarbeitende Familienangehörige

☆ ☆ ☆
Beginn der Beschäftigung

Eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV beginnt regelmäßig mit der Unterstellung des Be­schäf­tig­ten unter die Verfügungsmacht des Arbeitgebers. Im Regelfall wird dies die tatsächliche Auf­nah­me einer vereinbarten Arbeitsleistung sein.

Ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses an einem arbeitsfreien Tag (z. B. 1. Januar) geplant, ist für den Be­ginn der Versicherungspflicht an diesem Tag darauf abzustellen, ob für diesen Tag ein Ent­gelt­an­spruch besteht. Bei Arbeitnehmern mit einem festen Monatsentgelt beginnt die Versicherungs­pflicht mit dem arbeitsfreien Tag. Richtet sich die Vergütung nach tatsächlichen Arbeitsstunden, beginnt sie am nächstfolgenden, entgeltlichen Arbeitstag.

Bei Vorliegen eines rechtsgültigen Arbeitsvertrages kann die Beschäftigung und damit auch die Ver­si­che­rungs­pflicht bereits vor Aufnahme der tatsächlichen Arbeitsleistung beginnen, wenn bereits ein An­spruch auf Arbeitsentgelt entstanden ist und der Beschäftigte die vereinbarte Arbeit wegen einer auf dem Arbeitsweg einge­tretenen Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht aufnehmen kann. Auch wenn dem Ar­beitnehmer für den ersten Tag des Arbeitsverhältnisses unbezahlter Urlaub bewilligt wird (z. B. zur Er­ledigung von Behördengängen), beginnt die Versicherungspflicht bereits mit dem vertraglich vor­ge­sehenen Beginn des Beschäftigungsverhältnisses.

Tatsächliche Zahlung des Arbeitsentgelts

Nach dem Schutzzweck der Sozialversicherung kommt es für den Beginn der Versicherungspflicht nicht darauf an, ob und wann der Arbeitgeber das mit dem Arbeitnehmer vereinbarte (laufende) Arbeits­entgelt tatsächlich zahlt und dieses dem Arbeitnehmer zufließt. Anderenfalls wäre es im Belieben des Arbeitgebers, durch verzögerte oder verkürzte Zahlung des Arbeitsentgelts über den Versicherungs­schutz des Arbeitnehmers zu bestimmen. Aufgrund des ›Entstehungsprinzips‹ werden Beiträge für laufendes Arbeitsentgelt bereits dann fällig, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Arbeits­entgelt entsteht.

Fälligkeit der Beitragszahlung → Entstehen des Beitragsanspruchs

☆ ☆ ☆
Ende der Beschäftigung

Die entgeltliche Beschäftigung und die daraus ggf. resultierende Versicherungspflicht enden nicht bereits durch die Einstellung der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern erst mit der tatsächlichen Auf­gabe der Beschäftigung und des damit verbundenen Erlöschens der gegenseitigen Pflichten (Arbeits­bereitschaft des Arbeitnehmers und Weisungsrechts des Arbeitgebers).

☆ ☆ ☆
Tatsächliche Ausübung der Beschäftigung

Der für die Annahme einer Beschäftigung und deren Fortbestand erforderliche Vollzug der Arbeit be­steht idealtypisch in der realen Erbringung der Arbeitsleistung. Eine sozialversicherungsrechtlich re­le­van­te Beschäftigung setzt aber nicht zwingend eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt ein ausreichender Vollzug auf die Erbringung ei­nes auf abhängige Arbeit gerichteten Rechtsverhältnisses auch dann vor, wenn der Beschäftigte auf­grund gesetzlicher Anordnung oder durch eine besondere vertragliche Abrede von seiner Leistungs­pflicht befreit wird. Bei einer bezahlten und damit beitragspflichtigen Freistellung bleibt das versiche­rungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses bestehen.

Der Beschäftigte unterliegt auch über das Ende der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung der Versiche­rungspflicht, wenn das Vertragsverhältnis noch besteht und Arbeitsentgelt gezahlt wird. Der Voraus­setzung der Entgeltlichkeit kann auch dadurch genügt werden, dass sich ein Anspruch auf Arbeits­entgelt aus einer entsprechenden vertraglichen Regelung oder aufgrund spezialgesetzlicher Anordnung er­gibt. Die Sozialversicherungsträger folgen dieser Auffassung auch für Fälle der unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, z. B. durch einen Auf­he­bungs‑ bzw. Abwicklungsvertrag. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber (z. B. bei Kündigungs­schutzklagen) die vom Beschäftigten angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt.

Sogenannte ›Gleichwohlgewährung‹

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die Arbeitslose Arbeitsentgelt erhalten oder zu beanspruchen haben. Soweit Arbeitslose ihnen zustehendes Arbeitsentgelt nicht erhalten, wird Arbeitslosengeld gleichwohl gewährt. Diese sogenannte ›Gleichwohlgewährung‹ kommt zum Beispiel zur Anwendung, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses wegen eines Kündigungs­schutz­verfahrens streitig ist.

Wird der Anspruch auf Arbeitsentgelt/Urlaubsabgeltung vom Arbeitgeber später ganz oder teilweise erfüllt, richtet sich die Rückabwicklung nach § 115 SGB X (für die Leistung) und nach § 335 Abs. 3 SGB III (für die Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherungsbeiträge). Davon betroffen sind die Zeiträume bis zum rechtlich festgestellten Ende des Beschäftigungsverhältnisses aber auch in Insolvenzfällen die Zeiten vor und nach dem Insolvenzgeldzeitraum bis zum fiktiven rechtlichen Ende der Beschäftigung. Ebenso können Zeiten im Insolvenzgeldzeitraum betroffen sein, falls die Bundesagentur für Arbeit in dieser Zeit abweichend vom Regelfall neben den Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherungsbeiträgen aus dem Arbeitslosengeld keine Beiträge nach § 175 SGB III entrichtet hat.

Für die Fälle der Gleichwohlgewährung, in denen der Anspruch auf Arbeitsentgelt nachträglich erfüllt wird, soll die Beurteilung des Versicherungsverhältnisses in der Kranken‑, Pflege‑ und Renten­ver­sicherung sowie das damit im Zusammenhang stehende beitragsrechtliche Verfahren nach § 335 Abs. 3 SGB III für Zeiträume ab 1. Januar 2026 im Grundsatz auf das Verfahren umgestellt werden, welches bisher nur für Fälle der Gewährung von Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung nach einem Insolvenzgeldzeitraum angewendet wird. Der GKV‐Spitzenverband, die Deutsche Rentenver­siche­rung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben die für Zeiträume ab 1. Januar 2026 maßgebende Verfahrensweise im gemeinsamen Besprechungsergebnis vom 4. Mai 2023 (Punkt 3) eingehend beschrieben.

Nützliche Internet‐Direktverbindungen → Besprechungsergebnisse der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung

Abweichende Regelung in der Unfallversicherung

Da es sich bei der Unfallversicherung um eine Haftpflichtversicherung handelt, gilt im Unfallversi­che­rungs­recht im Vergleich zu der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung eine ab­wei­chen­de Regelung. Wenn ein Arbeitgeber endgültig und unwiderruflich bis zum Ende des Ar­beits­ver­hält­nis­ses auf die geschuldete Arbeitsleistung verzichtet, entfallen auch die Weisungsbefug­nisse des Ar­beit­ge­bers endgültig und es liegt damit kein zu versicherndes Risiko mehr vor.

SVMWIndex k2s1a4

Unterbrechung der Beschäftigung mit und ohne Arbeitsentgelt

Leitsätze
  1. Fälle der fehlenden Arbeitserbringung ohne Entgeltzahlung von relativ kurzer Dauer sind unschädlich für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses.

  2. Ein ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis kann durch andere sozialversicherungsrechtlich relevante Sachverhalte überlagert sein.

Wie das Bundessozialgericht feststellte, ist die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung nicht stets not­wendige Voraussetzung für das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis­ses. Der Beschäftigte bleibt auch dann schutzbedürftig, wenn er mit Einverständnis des Arbeit­gebers die Arbeitsleistung lediglich vorübergehend und nur für kurze Zeit unterbricht und dem Arbeitgeber des­wegen nicht zur Verfügung steht, dieser aber das Entgelt weiterzahlt.

Die vorübergehende Unterbrechung der Arbeit lässt das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnis­ses un­be­rührt, sofern der grundsätzliche Arbeits‑ und Fortsetzungswille auf beiden Seiten der Arbeits­ver­trags­parteien gegeben ist. In diesem Sinne werden Fälle fehlender Arbeitserbringung wie etwa bei Er­ho­lungs­ur­laub, Kurzarbeit, Lohnfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit oder einer Freistellung für Bil­dungs­maß­nah­men, in denen Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, als unschädlich für den Fort­bestand des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses erachtet.

Alle Arbeitsunterbrechungen mit Fortzahlung von Arbeitsentgelt, wie z. B. bezahlter Urlaub oder die Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall haben keine Auswirkungen auf die Versicherungs‑ und Bei­trags­pflicht in der Sozialversicherung.

☆ ☆ ☆
Unterbrechung der Arbeit ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt

Fälle der fehlenden Arbeitserbringung ohne Entgeltzahlung von relativ kurzer Dauer sind unschädlich für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses. Während der Zeiten einer Arbeitsunterbrechung ohne Arbeitsentgelt und ohne Entgeltersatzleistungen gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV für längstens bis zu einem Monat als fortbestehend. Aufgrund der Fiktions­regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV bleibt die an die entgeltliche Beschäftigung geknüpfte Ver­sicherungspflicht der Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung auch ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt für längstens einen (Zeit‐)Monat fortbestehen.

Für das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses wird nicht vorausgesetzt, dass die Dauer der Arbeitsunterbrechung von vornherein befristet ist. Auch eine Prüfung der Absicht der Wiederaufnahme der Arbeit ist nicht erforderlich. Die Versicherungspflicht bleibt mithin auch dann für einen Monat erhalten, wenn die Dauer der Arbeitsunterbrechung nicht absehbar ist bzw. der Arbeits‑ und Fortset­zungswille zunächst im Unklaren bleibt oder die Unterbrechung von vornherein auf einen Zeitraum von mehr als einem Monat angelegt ist. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet jedoch die Wirkung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Der Regelungscharakter des § 7 Abs. 3 SGB IV erstreckt sich auch auf geringfügig entlohnte Beschäftigungen.

Berechnung der Monatsfrist (Beispiele)
Letzter Tag des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses Beginn der Monatsfrist Ende der Monatsfrist
15.01. 16.01. 15.02.
31.01. 01.02. 28.02. oder 29.02.1)
28.02.    29.02.1) 28.03.
   29.02.1) 01.03. 31.03.
31.03. 01.04. 30.04.
30.04. 01.05. 31.05.

1) Schaltjahr

Die Monatsfrist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunterbrechung. Sie endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Fehlt dem nächsten Monat der für den Ablauf der Frist maßgebende Tag, dann endet die Frist mit Ablauf desletzten Tages dieses Monats.

Fiktion des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV

Typische Sachverhalte:

  • Unbezahlter Urlaub
  • Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit (Arbeitsbummelei).
  • Unrechtmäßiger Streik.
  • Rechtmäßiger Streik.
☆ ☆ ☆
Streik

Die Versicherungspflicht in der Renten‑ und Arbeitslosenversicherung bleibt bei Arbeitskampfmaßnah­men – ungeachtet der Tatsache, ob die Maßnahmen rechtmäßig oder rechtswidrig sind – längstens für einen Monat fortbestehen.

KV und PV:
Die Mitgliedschaft in der Kranken‑ und Pflege­versicherung bleibt im Falle eines länger als einen Monat andauernden rechtmäßigen Arbeitskampfs bis zu dessen Beendigung erhalten.

UV:
Für Streikende besteht aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses kein Versicherungsschutz bei der Berufs­genossenschaft des Beschäftigungsbetriebs , weil in dieser Zeit kein zu versicherndes Arbeitsrisiko mehr vorliegt. Streikhelfer können unter Umständen einen Versicherungsschutz bei der für die Gewerk­schaft zuständigen Berufsgenossenschaft erhalten, sofern sie im Streik Tätigkeiten ausüben, die üblicher­weise auch von den Beschäftigten der Gewerkschaft geleistet werden.

Eng auszulegende Ausnahmeregelung

Die Fiktionsregelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV stellt sich als eng auszulegende Ausnahmeregelung dar. Sie geht für den Regelfall davon aus, dass sich die Zeit der Arbeitsunterbrechung an eine tat­säch­lich vollzogene Beschäftigung anschließt. Zwar stellt auch die Zeit des bezahlten Urlaubs – unab­hängig von seiner Dauer – ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis dar. Die Inanspruchnahme eines be­zahl­ten Urlaubstags ist jedoch nicht geeignet, die Monatsfrist des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV nach einer vorangegangenen Phase des fiktiven Fortbestands des Beschäftigungsverhältnisses erneut aus­zulösen. Eine andere Auslegung würde eine nahezu beliebige Aneinanderreihung von bezahltem und unbezahl­tem Urlaub ermöglichen und damit zu einer unzulässigen Ausweitung der dem Grunde nach auf einen Monat beschränkten Fiktionsregelung führen.

Treffen Unterbrechungstatbestände im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV im zeitlichen Ablauf auf­ein­an­der (z. B. unbezahlter Urlaub im Anschluss an einen Streik), kommt ein Fortbestand des Be­schäf­ti­gungs­verhältnisses für insgesamt längstens einen Monat in Betracht.

Bezug von Kurzarbeitergeld

Kurzarbeit stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeits­aus­falles zu tragen hat. Kurzarbeit mit der Folge des Wegfalls des Vergütungsanspruchs darf der Ar­beit­geber deshalb nicht einseitig anordnen, sondern nur, wenn dies in einem Tarifvertrag oder in einer Individualvereinbarung (Arbeitsvertrag) vereinbart worden ist. Damit eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit die normative Wirkung für die betroffenen Arbeitsverhältnisse entfalten kann, ist es er­forderlich, dass in dieser »Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder die Abteilung sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt werden, um dem für Rechtsnormen geltenden Be­stimmtheitsgrundsatz zu genügen.«

Das Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ›Kurzarbeitergeld‹, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus wirtschaftlichen Gründen oder auf Grund eines unabwendbaren Ereignisses nicht über die volle tarifvertragliche oder vereinbarte Arbeitszeit beschäftigen kann.

Entgeltkatalog → Kurzarbeitergeld

Der Bezug von Kurzarbeitergeld nach dem SGB III wird in § 7 Abs. 3 SGB IV nicht erwähnt. Im Fall des Bezugs von Kurzarbeitergeld ist das Fortbestehen der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung durch § 19 Abs. 1 Nr. 4 SGB V und in der Pflegeversicherung durch § 49 Abs. 2 SGB XI i. V. m. § 192 Abs. 1 Nr. 4 SGB V vorgesehen. In der Rentenversicherung besteht die Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz SGB VI fort. In der Arbeitslosenversicherung bleibt das Versicherungspflicht­verhältnis wäh­rend eines erheblichen Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall im Sinne der Vorschriften über das Kurz­arbeitergeld nach § 24 Abs. 3 SGB III unberührt.

☆ ☆ ☆
Unterbrechung der Beschäftigung mit und ohne Arbeitsentgelt (Schema)

Fortbestand der Versicherungspflicht

     

Mit Entgeltzahlung

Ohne Entgeltzahlung

   
   

Kurzarbeit

↘

Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozial­versicherung bleibt bestehen.

↙

Kurzarbeit

   

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit

→  
  ↗

Bezahlter Urlaub

 
 
 

Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozial­versicherung bleibt für längstens einen Monat bestehen.

↙

Arbeitsbummelei

 
←

Unbezahlter Urlaub

↖  

Rechtswidriger Arbeitskampf


 
 

Die Mitgliedschaft in der Kranken‑ und Pflegever­sicherung bleibt auch länger als einen Monat bestehen.

↙

Rechtmäßiger Arbeitskampf

 
←

Elternzeit

↖  

Freiwilliger Wehrdienst

☆ ☆ ☆
Bezug von Entgeltersatzleistungen

Ein ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis kann durch andere so­zi­al­ver­sicherungsrechtlich relevante Sachverhalte überlagert sein. § 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 SGB IV be­nen­nen die Sachverhalte, bei deren Vorliegen die nur auf einen Monat befristete Fiktion nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV nicht greift.

Grundsätzlich besteht für die Dauer einer versicherungspflichtigen Beschäftigung Beitragspflicht. Davon aus­genommen sind Zeiten, in denen der Beschäftigte Entgeltersatzleistungen erhält. Zahlt der Ar­beit­ge­ber jedoch während grundsätzlich beitragsfreien Zeit das Arbeitsentgelt weiter, so fallen dafür auch die Beiträge für die Sozialversicherung an. Allerdings unterliegen Zuschüsse des Arbeitgebers, die zu­sam­men mit den (Netto‐)Sozialleistungen das Nettoarbeitsentgelt um nicht mehr als 50 Euro monat­lich überschreiten, unterliegen nicht der Beitragspflicht.

Wird eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch Wegfall des Anspruchs auf Entgelt für mindes­tens einen Kalendermonat unterbrochen und wird eine der in § 7 Abs. 3 Satz 2 SGB IV genannten Ent­gelt­ersatzleistungen bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen, hat der Arbeitgeber für den Zeit­raum bis zum Wegfall des Entgeltanspruchs eine Unterbrechungsmeldung zu erstatten.

Sachverhalte
  • Bezug von Krankengeld.
  • Bezug von Krankengeld aufgrund einer Organspende.
  • Bezug von Krankentagegeld (von einem Unternehmen der privaten Krankenver­sicherung).
  • Bezug von Versorgungskrankengeld.
  • Bezug von Verletztengeld.
  • Bezug von Übergangsgeld.
  • Bezug von Mutterschaftsgeld.
  • Die Ableistung von Wehrdienst oder Zivildienst (siehe nunmehr freiwilligen Wehrdienst).
  • Die Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld‑ und Elternzeitgesetz.
  • Bezug von Erziehungsgeld oder Elterngeld nach gesetzlichen Vorschriften.
  • Bezug von Pflegeunterstützungsgeld.
  • Zeiten der (vollständigen) Pflege‐Freistellung.
☆ ☆ ☆
Bezieher von Krankengeld

Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der Kranken‑ und Pflegeversicherung bleibt während Wehrübung erhalten, so­lan­ge Anspruch auf Krankengeld besteht. Jeder, der vor seiner Arbeitsunfähigkeit in der Pflege‑, Renten‑ oder Arbeitslosenversicherung pflichtversichert war, muss die Beiträge für diese Sozialver­si­che­rungszweige auch dann zahlen, wenn er Krankengeld erhält. Die Beiträge werden aus dem Kran­ken­geld berechnet und vom Versicherten und seiner Krankenkasse getragen.

Grundsätzlich haben Arbeitgeber für die Zeit des Anspruchs auf Krankengeld keine Beiträge zu ent­rich­ten. Während des Krankengeldbezugs gezahltes Entgelt kann ggf. dann beitragspflichtig sein, wenn es sich um Einmalzahlungen oder Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld handelt.

Entgeltkatalog → Krankengeldzuschuss

Bezug von Krankengeld aufgrund einer Organspende

Mit dem § 44a SGB V wird ein Anspruch auf Krankengeld für Spender von Organen, Geweben oder Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen geregelt, wenn durch die Spende an Versicherte Arbeitsunfähigkeit eintritt. Bei diesem Krankengeldanspruch spricht man in der Praxis auch vom sogenannten ›Transplantationskrankengeld‹ bzw. ›Transfusionskrankengeld‹.

Bezieher von Krankentagegeld

Seit dem 1. Januar 2008 ist ein Fortbestehen der Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt in der Renten‑ und Arbeitslosenversicherung im Anschluss an das Ende der Entgeltfortzahlung im Krank­heitsfall bei pri­vat krankenversicherten Arbeitnehmern ausgeschlossen, die Krankentagegeld von einem Unter­neh­men der privaten Krankenversicherung beziehen.

Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern endet damit – anders als bei den meisten gesetzlich versicherten Arbeitnehmern – die Rentenversicherungspflicht (und damit auch die Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung) mit dem Tag, an dem die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ausläuft. Allerdings können privat krankenversicherte Arbeitnehmer im Falle einer längeren Arbeits­unfähigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung stellen. Die Versicherungspflicht auf Antrag besteht dann für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, längstens aber für 18 Monate. Die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag besteht jedoch nur für die Arbeitnehmer, die im letzten Jahr vor Beginn der Arbeitsun­fähigkeit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung waren. Der Versicherte hat den gesamten Beitrag selbst zu tragen.

In der Arbeitslosenversicherung führt der Bezug von Krankentagegeld zur Versicherungspflicht, wenn unmittelbar vor Beginn der Leistung Versicherungspflicht gegeben war (z. B. aufgrund eines Beschäf­tigungsverhältnisses oder einer laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III). Die Beitragspflicht hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung obliegt in diesem Fall nicht dem Privatversicherten, sondern den Unternehmen der privaten Krankenversicherung.

Umfasst die Absicherung in der privaten Krankenversicherung keinen Anspruch auf Kranken­tagegeld, wird das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis – bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit – nach Ablauf der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsprechend der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV für längstens einen Monat fortgeführt.

Bezieher von Versorgungskrankengeld

Beim Versorgungskrankengeld handelt es sich um eine dem Krankengeld vergleichbare Leistung nach dem Bundesversorgungsgesetz. Das Versorgungskrankengeld beruht jedoch – anders als das Kran­ken­geld – nicht auf einer Beitragsleistung des Berechtigten. Es wird an Personen gezahlt, die aufgrund ei­ner Gesundheitsstörung, die auf einer anerkannten Schädigung oder Schädigungsfolge beruht, ar­beits­unfähig werden.

Die Verwaltungsbehörde entrichtet für Zeiten des Bezugs von Versorgungskrankengeld die Beiträge zur gesetzlichen Renten‑ und Arbeitslosenversicherung.

Bezieher von Verletztengeld

Ist ein Verletzter infolge eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig oder wird er stationär behandelt, hat er nach Ablauf der Entgeltfortzahlung einen Anspruch auf Verletztengeld. Ist der Verletzte Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, zahlt diese das Verletztengeld im Auftrag für den Unfallversicherungsträger aus.

Vom Verletztengeld werden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung trägt die Berufsgenossenschaft in der Regel in voller Höhe. Die Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und zur Rentenversicherung zahlen die Berufsgenossenschaft und der Empfänger von Verletztengeld im Regelfall je zur Hälfte.

Bezieher von Übergangsgeld

Übergangsgeld nach den §§ 64 bis 74 des SGB IX ist eine Entgeltersatzleistung der So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger. Wer Übergangsgeld erhält, ist in der Regel in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeits­lo­sen­versicherung pflichtversichert, wenn er dies bereits vorher war. Die Beiträge zahlt der Träger, der auch das Übergangsgeld zahlt.

Bezieherinnen von Mutterschaftsgeld

Der Mutterschutz nach dem Mutterschutzgesetz soll die im Arbeitsverhältnis ste­hende Mutter und das Kind vor arbeitsplatzbedingten Gefahren, Überforderungen und Gesundheitsschädigungen schützen. Das von den Krankenkassen gezahlte Mutterschaftsgeld ist eine Lohnersatzleistung während der Mut­ter­schutzfrist, die den vorübergehenden Verdienstausfall abfedern soll.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung → Entgeltfortzahlung bei Mutterschaft

Bei versicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen bleibt die Mitgliedschaft in der Kranken‑ und Pflege­versicherung während des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld bestehen.

Während des Bezugs von Mutterschaftsgeld besteht keine Versicherungs‑ und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Frauen, die wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht aus­geübt haben, werden Anrechnungszeiten berücksichtigt.

Während des Bezugs von Mutterschaftsgeld wird die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversiche­rung fortgesetzt. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden von der Krankenkasse übernom­men und an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt.

☆ ☆ ☆
Unterbrechung der Beschäftigung durch freiwilligen Wehrdienst

Die bis 30. Juni 2011 bestehende Wehrpflicht wurde mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 aufge­hoben. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 liefen auch die letzten Zivildienstverhältnisse aus, seit 2012 gibt es in Deutschland keinen Zivildienst mehr. Der im Jahr 2011 geschaffene Bundesfrei­willigendienst ersetzt seit 1. Juli 2011 einen Teil des wegfallenden Personals in sozialen Einrichtungen.

Besondere Beschäftigungsformen → Jugend‑ und Bundesfreiwilligendienstleistende

Seit dem 1. Juli 2011 besteht für Männer und Frauen für die Dauer von bis zu 23 Monaten die Mög­lich­keit eines freiwilligen Wehrdienstes. Stand der freiwillig Wehrdienstleistende in einem Beschäf­tigungs­verhältnis, bleibt dieses für die Dauer des freiwilligen Wehrdienstes weiter bestehen.

Wird ein bei einem privaten Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer zu einer Wehrübung einberufen, so ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Wehrübung. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten hat der Arbeitgeber den Beginn und das Ende der Wehrübung der für den Arbeitnehmer zuständigen Krankenkasse zu melden. War der Versicherte vor der Wehrübung arbeitslos, muss die Agentur für Arbeit die Meldungen an die Krankenkasse erstatten. Eine bestehende Mitgliedschaft in der Kranken‑ und Pflegeversicherung bleibt während der Wehrübung erhalten. Auch in der Renten‑ und Arbeits­losenversicherung besteht bei der Teilnahme an einer Wehrübung weiterhin Versicherungspflicht. Die Dauer der Wehrübung spielt hierbei keine Rolle. Die Renten‑ und Arbeitlosenversicherungsbeiträge werden vom Bund getragen.

Auswirkungen des freiwilligen Wehrdienstes auf die Versicherungspflicht
Versicherungszweige Auswirkungen auf die Versicherungspflicht
Kranken‑ und
Pflegeversicherung

Voraussetzung für das Weiterbestehen der Mitgliedschaft in der Kranken‑ und Pflegeversicherung ist, dass sich der freiwillige Wehr­dienst nahtlos an das Beschäftigungsverhältnis anschließt. Liegt zwi­schen dem Ende der Beschäftigung und dem Beginn des Wehr­dienstes ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Fei­ertag, ist dies für das Weiterbestehen der Mit­glied­schaft un­schädlich.

In der Kranken‑ und Pflegeversicherung ruht für den freiwillig Wehr­dienst­leistenden der Leistungsanspruch in diesen Sozial­ver­si­che­rungs­zweigen. Die Betroffenen haben während der Zeit des Wehr­dienstes einen An­spruch auf eine unentgeltliche trup­pen­ärztliche Ver­sor­gung. Allerdings ha­ben die nach § 10 SGB V fami­lien­ver­si­cher­ten Angehörigen einen un­ver­än­der­ten Leis­tungs­an­spruch ge­gen­über der Kranken‑ bzw. Pflegekasse.

Renten‑ und
Arbeitslosenversicherung

Für freiwillig Wehrdienstleistende bleibt die Versicherungspflicht in der ge­setz­li­chen Renten‑ und Arbeitslosenversicherung be­stehen. Die Beiträge, welche aufgrund der Versicherungs­pflicht entstehen, werden vom Bund ge­tra­gen.

Unfallversicherung

In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht während des frei­wil­li­gen Wehrdienstes kein Unfallversicherungs­schutz. Der Un­fall­ver­si­che­rungs­schutz ist außerhalb der gesetzlichen Unfall­ver­si­che­rung sichergestellt.

Unterbrechung der Beschäftigung durch freiwilligen Wehrdienst

Das Beschäftigungsverhältnis besteht auch während der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes weiter fort, es wird jedoch nach einem Kalendermonat ohne Entgeltbezug unterbrochen.

Nimmt ein Beschäftigter einen freiwilligen Wehrdienst auf und wird das Beschäftigungsverhältnis für min­destens einen Kalendermonat unterbrochen, ist vom Arbeitgeber eine Unterbrechungsmeldung zu erstellen.

☆ ☆ ☆
Unterbrechung der Beschäftigung durch Elternzeit

Unabhängig von der Form des Arbeitsverhältnisses und des Umfangs der Arbeit haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Elternzeit zur Betreuung und Erziehung ihres Kindes. Wer Elternzeit beantragt, muss ein familienrechtliches Verhältnis zum Kind haben und mit ihm in einer häuslichen Gemeinschaft leben. Beide Elternteile können gleichzeitig bis zu drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen.

Der Antrag auf Elternzeit muss vor Beginn schriftlich beim Arbeitgeber gestellt werden und spätestens sieben Wochen vor dem gewünschten Beginn der Elternzeit beim Arbeitgeber eingehen. Der Arbeit­geber kann den Antrag grundsätzlich nicht ablehnen. Der Arbeitnehmer muss sich für einen Zeitraum von zunächst zwei Jahren verbindlich festlegen, wie er die Elternzeit ausgestalten möchte. Die im Antrag festgelegte Elternzeit kann nur mit der Zustimmung des Arbeitgebers beendet oder verändert werden. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. In diesem Fall beträgt die Antragsfrist 13 Wochen.

Bei der Elternzeit handelt es sich grundsätzlich um eine befristete, vollständige und unbezahlte Frei­stellung von der Arbeit, um ein Kind zu betreuen. Während der Eltern­zeit ist allerdings auch eine Teilzeiterwerbstätigkeit möglich. Ab September 2021 ist während der Eltern­zeit eine Teilzeiterwerbs­tätig­keit von bis zu 32 Wochenstunden zulässig (vorher waren es 30 Wochenstunden). Bei gleich­zeitiger Eltern­zeit können die Eltern somit insgesamt 64 Wochenstunden (32 + 32) erwerbstätig sein.

Jahresarbeitsentgeltgrenze → Elternzeit

Versicherungsfreiheit auf Antrag → Aufnahme einer Erwerbstätigkeit während der Elternzeit

Elterngeld

Das Elterngeld ist ein Ausgleich für konkrete Nachteile in der Frühphase der Familien­gründung und stellt so­mit eine elternbezogene, zeitlich befristete Entgeltersatzleistung dar. Arbeitnehmende und Selbstständige erhalten Elterngeld, wenn sie nach der Geburt des Kindes erst einmal gar nicht oder nur noch in Teilzeit arbeiten wollen. Das Elterngeld löste 2007 das Erziehungs­geld ab. Den Anspruch auf Elterngeld regelt das Bundeselterngeld‑ und Elternzeitgesetz (BEEG).

Paare mit einem Spitzenverdienst von mehr als 300.000 Euro Jahres­ein­kommen haben keinen Anspruch auf Elterngeld. Für Allein­er­ziehende liegt die Grenze bei 250.000 Euro. Im Jahr 2024 kommt es zu einer Kappung des Anspruchs auf Elterngeld bei einer Jahreseinkommensobergrenze von 200.000 Euro (für Alleinerziehende auf 150.000 Euro). Die niedrigere Einkommensgrenze für den Bezug von Elterngeld soll aber erst für Geburten ab 1. April 2024 gelten. Wer vorher bereits Elterngeld bezogen hat, soll auch weiter Anspruch darauf haben. Ab 1. April 2025 soll die Einkommensgrenze für den Bezug von Elterngeld für gemeinsam Elterngeldberechtigte auf 175.000 Euro weiter abgesenkt werden. Für Alleinerziehende soll die Einkommensgrenze hingegen weiterhin bei 150.000 Euro liegen.

Das Eltern­geld ist eine vom Nettoeinkommen ab­hän­gi­ge Transferzahlung. Die Höhe des Elterngeldes beträgt 65 Prozent des vor der Geburt über 12 Monate erzielten Nettoeinkommens des jeweiligen Berechtigten. Der Mindestbetrag beträgt 300 Euro monatlich und ist nach oben auf maximal 1.800 Euro monatlich begrenzt.

Wenn sich beide Elternteile an der Betreuung des Kindes beteiligen wird Elterngeld maximal 14 Monate lang gezahlt. Mit dem Elterngeld‐Plus kann die Zahlungsdauer weiter gestreckt werden, dann sind allerdings die monat­lichen Zahlungen geringer. Das Elterngeld‐Plus ist nach der Höhe des erzielten Einkommens gestaffelt und kann bis zur Hälfte des Basis‐Elterngeldes betragen, wird doppelt so lange ausgezahlt (28 Monate) und kann als sogenannter ›Partnerschaftsbonus‹ unter bestimmten Voraus­setzungen um weitere 4 Monate verlängert werden. Auch Kombinationen von Basis‐Elterngeld und Elterngeld‐Plus sind möglich.

Fortbestehen der Beschäftigung

Während der unbezahlten Freistellung von der Arbeit ruhen die Hauptpflichten des Arbeits­ver­hält­nisses. Das Arbeits­verhältnis bleibt jedoch während der Elternzeit bestehen und nach Ablauf der Elternzeit besteht ein An­spruch auf Rückkehr zur früheren Arbeitszeit. Wird die Beschäftigung durch Inanspruchnahme der Elternzeit nach dem Zweiten Abschnitt des Bun­des­elterngeld‑ und Eltern­zeit­gesetzes (BEEG) unterbrochen, gilt die Beschäftigung gegen Arbeitsent­gelt als fortbestehend.

Auswirkungen der Elternzeit auf die Versicherungspflicht
Versicherungszweige Auswirkungen auf die Versicherungspflicht
Kranken‑ und
Pflegeversicherung

Bestand vor der Elternzeit Kranken‑ und Pflegever­siche­rungs­pflicht, bleibt die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse auch wäh­rend der Elternzeit erhalten. Für das Elterngeld sind keine Beiträge zu zahlen. Falls der Beschäftigte in der gesetzlichen Kranken­ver­sicherung pflicht­ver­si­chert ist und neben dem Eltern­geld keine anderen bei­trags­pflichtigen Einnahmen hat, bleibt er während des Bezugs von El­terngeld bei­trags­frei versichert.

Wird während des Bezugs von Elterngeld bzw. der Inanspruch­nahme von Elternzeit eine zulässige sozialversicherungspflichtige (Teilzeit‑)Beschäftigung ausgeübt, ist das hieraus erzielte Arbeits­entgelt beitragspflichtig.

Rentenversicherung

Da der Beschäftigte während der Elternzeit keine Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­träge zahlt, kann er sich die El­tern­zeit für sein Ren­ten­kon­to als Kin­der­er­zie­hungs­zeit anrechnen las­sen.

Arbeitslosenversicherung

Bestand vor der Elternzeit Arbeitslosenversicherungs­pflicht, sind Be­zie­her von Elterngeld auch wäh­rend der Elternzeit ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rungs­pflich­tig und haben nach dem Recht der Arbeits­förderung auch wei­terhin einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Während der Elternzeit muss der Beschäftigte keine Beiträge zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung zahlen, außer er arbeitet gleichzeitig ver­si­che­rungs­pflich­tig in Teil­zeit.

Wird eine Elternzeit von mehr als 3 Jahren genom­men, besteht zur Auf­recht­er­hal­tung der Arbeitslosen­versicherung die Möglichkeit, bei der Agen­tur für Arbeit einen Antrag auf freiwillige Wei­ter­ver­siche­rung zu stel­len und Beiträge zur Arbeitslosenver­sicherung zu zahlen.

Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt nur Tätig­keiten bzw. Auf­gaben, die in direktem Zusammen­hang mit einer Erwerbs­tätigkeit stehen.

Die Elternzeit gilt recht­lich als unbezahlte Freistellung von der Ar­beit. Beschäftigte, die in dieser Zeit für ihren Arbeitgeber trotzdem in Teilzeit oder aus­nahms­weise tätig werden – z. B. im Rahmen ei­ner Fort­bil­dung – stehen dabei weiter unter dem Schutz der ge­setz­lichen Unfallversicherung.

Ein Unfallversicherungsschutz besteht auch bei einer Teilnahme an ei­ner Weihnachtsfeier oder einem an­deren Betriebsfest. Private Be­suche im Büro, um Kollegen den Nachwuchs vorzustellen, sind hin­gegen nicht unfallversichert.

Unterbrechung der Beschäftigung durch Elternzeit

Das Beschäftigungsverhältnis besteht auch während der Elternzeit weiter fort, es wird jedoch nach einem Kalendermonat ohne Entgeltbezug unterbrochen.

Auch über den 1. Januar 2017 hinaus ist nur dann eine Unterbrechungsmeldung wegen der Inanspruch­nahme von Elternzeit von den Arbeitgebern zu erstatten ist, wenn das Beschäftigungs­verhältnis für mindestens einen Kalendermonat unterbrochen wurde.

☆ ☆ ☆
Freistellung wegen Pflege‑ bzw. Familienpflegezeit

Das Pflegezeitgesetz bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, pflegebedürftige nahe Angehörige in häus­licher Umgebung zu pflegen. Für die Pflege von nahen Angehörigen können sich Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitraum von der Arbeit ganz oder teilweise freistellen zu lassen.

Das Gesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen einer kurzfristigen Freistellung (sogenannter ›Pflege­urlaub‹) von bis zu zehn Arbeitstagen, der zur kurzfristigen Organisation einer notwendigen Pflege genutzt wird und der sogenannten Pflegezeit durch den Angehörigen, die bis zu sechs Monate betragen kann. Seit 1. Januar 2015 besteht während des maximal zehn Arbeitstage andauernden Pflegeurlaubs ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Pflegekasse.

Wer Pflegezeit beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Wenn nur teilweise Frei­stellung in Anspruch genommen wird, ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben.

Prüfung der Geschäftsunterlagen → Unterlagen mit Unterschriftserfordernis

Reduzierung der Arbeitszeit

Nach dem Familienpflegegesetz sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung für längstens 24 Monate (Höchstdauer) teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häus­licher Umgebung pflegen (Familienpflegezeit). Während der Familienpflegezeit muss die verringerte Arbeitszeit wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen. Bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeits­zeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit darf die wöchentliche Ar­beitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten (Mindestarbeitszeit).

Der Anspruch Freistellung besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten (ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten).

Jahresarbeitsentgeltgrenze → Pflege‑ bzw. Familienpflegezeit

Auswirkungen der Pflegezeit auf die Versicherungspflicht
Art der Unterbrechung Auswirkungen auf die Versicherungspflicht
Pflegeurlaub

Während der kurzfristigen Arbeitsbefreiung bleibt die Ver­siche­rungspflicht grundsätzlich unverändert bestehen, und zwar unabhängig davon, ob der Pflegeurlaub mit oder ohne Entgelt­zah­lung genommen wird.

Pflegezeit
ohne Entgeltzahlung

Die Versicherungspflicht endet, da eine Beschäfti­gung gegen Ent­gelt nicht mehr besteht.

Pflegezeit
mit Entgeltzahlung bis 520,00 Euro

Es liegt eine geringfügige Beschäftigung vor. In der Renten­ver­si­cherung besteht Versicherungspflicht, von der sich der Betroffene auf Antrag befreien lassen kann.

Pflegezeit
mit Entgeltzahlung über 520,00 Euro

Die Versicherungspflicht bleibt grundsätzlich unverän­dert beste­hen. Lag das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt des Beschäftigten bisher über der maßgebenden Versicherungspflichtgrenze, kann die Absenkung des Entgelts zur Krankenversicherungspflicht füh­ren. Besteht eine private Krankenversicherung, ist auf Antrag eine Befreiung von Krankenversicherungspflicht möglich.

Versicherungsfreiheit auf Antrag

Pflegeunterstützungsgeld

Für kurzzeitige Arbeitsverhinderungen erhalten Beschäftigte, die keine Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber und keine andere Sozialleistung erhalten, Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI. Dies führt zur Renten‑ und Arbeitslosenversicherungspflicht, in der Kranken‑ und Pflege­versicherung bleibt die Mitgliedschaft erhalten.

☆ ☆ ☆
Arbeitszeitmodelle

Verschiedene Arbeitszeitmodelle sehen vor, dass Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum keine Arbeitsleistungen zu erbringen haben, jedoch ein Arbeitsentgelt erhalten, das durch tatsächliche Arbeits­leistung vor oder nach der Freistellungsphase erzielt wird.

Der Fortbestand einer sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigung in Zeiten der vollstän­digen Freistellung von der Arbeitsleistung im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung für Zeiten von mehr als einem Monat war im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 nur auf der Grund­lage einer Wertguthaben­vereinbarung im Sinne des § 7b SGB IV möglich.

Seit 1. Januar 2012 bleibt das sozialver­sicherungsrechtliche Beschäftigungs­verhältnis in den Fällen ei­ner Freistellung mit Arbeitsentgelt auf Grundlage einer sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung (Ver­ein­ba­rung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich be­trieb­licher Produktions‑ und Arbeitszeitzyklen) für maximal 3 Monate erhalten.

Wertguthaben (Freistellungsphase)

Nimmt der Beschäftigte im Rahmen einer Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV die vereinbarte Freistellung von der Arbeits­leistung in Anspruch und erhält in dieser Zeit Arbeitsentgelt aus dem auf­grund der Vereinbarung angesparten Wertguthaben, wird während der Freistellungsphase über den § 7 Abs. 1a SGB IV unter bestimmten Voraussetzungen ein Beschäftigungsverhältnis fingiert und der Be­schäftigte damit sozialversicherungs­rechtlich abgesichert. Eine Beschäftigung gilt auch dann als fortbe­stehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wert­guthaben bezogen wird.

Wertguthaben → Freistellungsphase (Beschäftigungsfiktion)

Beschäftigungsfiktion für Zeiten der Freistellung

Die Beschäftigungsfiktion für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung aufgrund flexibler Arbeitszeitregelungen besteht seit 1. Januar 2009 für Zeiten von mehr als einem Monat, wenn

  1. während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben im Rahmen einer Wert­guthabenvereinbarung fällig ist und

  2. das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezo­gen wurde.

Eine Beschäftigung liegt in Zeiten der Freistellung auch dann vor, wenn die Arbeits­leistung, mit der das Wertguthaben aufgebaut werden soll, erst nach der Frei­stellung erbracht wird. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitsleistung wegen einer nicht vorher­sehbaren vorzeitigen Be­en­di­gung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann.

Verwendung von Wertguthaben → Wertguthaben mit Freistellung

Für den Fortbestand der Versicherungspflicht in der Freistellungsphase ist es nicht erfor­derlich, dass das Beschäftigungsverhältnis anschließend fortgesetzt wird.

UV: Keine Versicherungspflicht
Wird endgültig und unwiderruflich auf die Arbeitsleistung verzichtet, liegt in der gesetz­lichen Unfallversicherung kein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mehr vor.

Vorruheständler

Die staatliche Förderung durch das Vorruhestandsgesetz ist bereits zum 31. Dezember 1988 ausgelaufen. Das Vorruhestandsgesetz besteht – wie das Altersteilzeitgesetz – jedoch auch nach Auslaufen der vorgesehenen Forderung fort und bestimmt auch weiterhin die Auslegung des Vorruhestandsbegriffs.

Vorruhestand bezeichnet die Zeitspanne zwischen dem Beenden der Erwerbstätigkeit und dem Eintritt des gesetzlich festgelegten Rentenalters. Als Instrument zum Personalabbau werden immer wieder Vorruhestandsregelungen (auch in Tarifverträgen) getroffen, um den Arbeitnehmern den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern.

Beim Vorruhestand erbringt der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung mehr. Der Vorruheständler erhält jedoch weiterhin vom früheren Arbeitgeber, einer Ausgleichskasse der Arbeitgeber oder einer gemein­samen Einrichtung der Tarifvertragsparteien aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Einzelvereinbarung Geldleistungen (Vorruhestandsgeld).

Versicherungspflicht in der gestzlichen KV, PV und RV

Die Versicherungspflicht der Vorruhestandsgeldbezieher in der Kranken‑, Pflege‑ und Rentenver­siche­rung setzt voraus, dass unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgelds Versicherungspflicht bestanden hat.

Die Versicherungspflicht aufgrund des Bezuges von Vorruhestandsgeld endet ab dem Zeitpunkt, ab dem eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen oder abschlagsfrei oder eine vergleichbare Alterssicherungsleistung bezogen wird oder eine vorgezogene Altersrente ohne Abschläge beansprucht werden kann, spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze.

Besondere Beschäftigungsformen → Erreichen der Regelaltersgrenze

Kranken‑ und Pflegeversicherung

Die für die Krankenversicherung getroffenen Regelungen gelten für die Pflegeversicherung nach dem SGB XI entsprechend. Die Bezieher von Vorruhestandsgeld werden nach § 5 Abs. 3 SGB V und § 20 Abs. 2 SGB XI in der Kranken‑ und Pflegeversicherung den entgeltlichen Beschäftigten gleichgestellt. Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld dann, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vor­ruhe­standsgeld mindestens in Höhe von 65 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

Beschäftigte, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei waren, bleiben in der Krankenversicherung (und Pflegeversicherung) auch dann weiterhin ver­siche­rungsfrei, wenn das Vor­ruhe­standsgeld die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreitet.

Jahresarbeitsentgeltgrenze → Entwicklung der Jahresarbeitsentgeltgrenzen

Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über‑ oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken­versicherung entsteht somit nur dann, wenn der Vorruhestandsgeldbezieher seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. in einem dem EWR angeschlossenen Staat (Europäischer Wirtschaftsraum) oder in einem Staat hat, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen besteht, das Sachleistungsaushilfe im Bereich der Krankenversicherung vorsieht.

Das supranationale Recht der Europäischen Union

Sozialversicherungsabkommen

Da ein Vorruheständler bei Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Krankengeld hat, ist für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge der ermäßigte KV‐Beitragssatz heranzuziehen.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Der ermäßigte Beitragssatz in der gesetzlichen KV

Rentenversicherung

Die Versicherungspflicht als sonstige Versicherte in der Rentenversicherung ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI.

Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung

Da Vorruhestandsgeldbezieher sind aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, besteht in der Arbeitslosenversicherung keine Versicherungspflicht.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose wegen ihres oder seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben Vorruhestandsgeld oder eine vergleichbare Leistung des Arbeitgebers mindestens in Höhe von 65 Prozent des Bemessungsentgelts bezieht.

Keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen UV

Wird endgültig und unwiderruflich auf die Arbeitsleistung verzichtet, liegt in der gesetz­lichen Unfallversicherung kein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mehr vor.

SVMWIndex k2s1a5

Räumlicher Geltungsbereich des SGB

Leitsätze
  1. Grundsätzlich sind nur solche Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten zu beachten, die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt werden.

  2. Liegt der Beschäftigungsort im Inland, gelten die Vorschriften des SGB selbst bei einem Wohnort im Ausland.

  3. Selbständige Tätigkeiten, die im Ausland ausgeübt werden, fallen aufgrund des Territori­alitätsprinzips nicht unter die Versicherungspflicht.

›Territorialitätsprinzip‹

Das ›Territorialitätsprinzip‹ bestimmt, welches Recht auf welche Personen an welchem Ort an­wendbar ist. Der § 3 SGB IV regelt den räumlichen Geltungsbereich, in dem die Normen des SGB über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten. Er konkretisiert § 30 SGB I, der den Geltungsbereich des SGB ganz allgemein auf die Personen bezieht, die ihren Wohnsitz oder gewöhn­lichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben.

☆ ☆ ☆
Personen im Sinne von § 3 Nr. 1 SGB IV

Der § 3 Nr. 1 SGB IV erfasst Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten, sofern diese für die Ver­sicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung vorausgesetzt werden. Es sind grundsätzlich nur solche Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten zu beachten, die in der Bundesrepublik Deutsch­land ausgeübt werden.

Personen im Sinne von § 3 Nr. 1 SGB IV sind Deutsche, Ausländer und Staatenlose, wenn sie im Geltungsbereich des SGB beschäftigt oder selbständig tätig sind; die Staatsangehörigkeit der Person ist insoweit ohne Bedeutung.

☆ ☆ ☆
Beschäftigungsort

Für die grundsätzliche Frage, ob für einen Arbeitnehmer das deutsche Sozialversicherungsrecht über­haupt anwendbar ist, ist der Beschäftigungsort von Bedeutung. Der Beschäftigungsort ist darüber hinaus auch für die beitragsrechtliche Zuordnung des Versicherten zum ›Rechtskreis (West oder Ost)‹ maßgebend.

Beschäftigungsort ist nach § 9 Abs. 1 SGB IV der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Liegt der Beschäftigungsort im Inland, gelten die Vorschriften des SGB selbst bei einem Wohnort im Ausland.

☆ ☆ ☆
Beschäftigungsort
  1. Als Beschäftigungsort gilt der Ort, an dem eine feste Arbeitsstätte errichtet ist, wenn Per­sonen von ihr aus mit einzelnen Arbeiten außerhalb der festen Arbeitsstätte beschäf­tigt werden.

  2. Sind Personen bei einem Arbeitgeber an mehreren festen Arbeitsstätten beschäftigt, gilt als Beschäftigungsort die Arbeitsstätte, in der sie überwiegend beschäftigt sind.

  3. Erstreckt sich eine feste Arbeitsstätte über den Bezirk mehrerer Gemeinden, gilt als Be­schäftigungsort der Ort, an dem die Arbeitsstätte ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt hat.

  4. Ist eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden und wird die Beschäftigung an verschiedenen Orten ausgeübt, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Betrieb seinen Sitz hat. Leitet eine Außenstelle des Betriebs die Arbeiten unmittelbar, ist der Sitz der Außenstelle maßgebend.

  5. Ist ein Beschäftigungsort im Geltungsbereich des SGB nicht vorhanden, gilt als Beschäf­tigungsort der Ort, an dem die Beschäftigung erstmals im Geltungsbereich dieses Gesetz­buchs ausgeübt wird.

Telearbeitsplätze

Auch für Tele‐Arbeitnehmer ist bei der versicherungsrechtlichen (und beitragsrechtlichen) Beur­teilung auf den Beschäftigungsort abzustellen. Die Bewertung, welcher Ort bei Homeoffice‐Arbeits­plätzen als Beschäftigungsort gilt, ist – entsprechend der Vorgaben des § 9 SGB IV – grundsätzlich danach aus­zu­rich­ten, wo die Beschäftigung überwiegend ausgeübt wird.

Arbeitet der Tele‐Arbeitnehmer überwiegend oder ausschließlich von zu Hause aus, ist als Beschäfti­gungs­ort der Wohnort des Tele‐Arbeitnehmers anzusehen. In diesem Fall unterliegt ein Tele‐Arbeit­neh­mer, dessen Wohnort im Ausland liegt, den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Staates, in dem sich seine Arbeitsstätte befindet.

Diese Regelung gilt umgekehrt genauso. Wenn ein in Deutschland wohnhafter Mitarbeiter eines aus­ländischen Unternehmens nur von zuhause aus arbeitet, gelten die deutschen Vorschriften. Das be­deu­tet, dass der Tele‐Arbeitnehmer aufgrund seiner Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt der Sozial­ver­si­che­rungspflicht unterliegt. Kommt der im Ausland ansässige Arbeitgeber seinen Melde‑ und Beitrags­zahlungspflichten nicht nach, muss der Beschäftigte selbst diese Aufgabe übernehmen und sich bei der Einzugsstelle anmelden. Er muss dann auch die Beiträge entrichten und die Arbeitgeberanteile an­schlie­ßend von seinem Arbeitgeber zurückfordern.

Telearbeit → Formen der Telearbeit

☆ ☆ ☆
Tätigkeitsort

Die Vorschriften über den Beschäftigungsort gelten grundsätzlich nach § 11 Abs. 1 SGB IV für selb­stän­di­ge Tätigkeiten entsprechend. Ist eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden und wird die selb­stän­di­ge Tätigkeit an verschiedenen Orten ausgeübt, gilt als Tätigkeitsort der Ort des Wohnsitzes oder des ge­wöhn­li­chen Aufenthalts.

Wohnsitz

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Im Ausland ausgeübte selbständige Tätigkeiten

Selbständige Tätigkeiten, die im Ausland ausgeübt werden, fallen aufgrund des Territorialitätsprinzips selbst dann nicht unter die Versicherungspflicht, wenn der Ausübende seinen Wohnsitz oder gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland hat.

SVMWIndex k2s1a6

Ausstrahlung/Einstrahlung

Leitsatz
  1. Ein Arbeitnehmer unterliegt bei einer Beschäftigung im Ausland im Wege der ›Aus­strahlung‹ weiterhin den deutschen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.

Aufgrund der globalen Wirtschaftsverflechtungen ist es für viele Unternehmen gängige Arbeitspraxis ihre Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit ins Ausland zu ›entsenden‹. Ein ›entsandter Arbeitnehmer‹ ist ein Arbeitnehmer (Frau oder Mann), der von seinem Arbeitgeber in ein anderes Land geschickt wird, um dort während eines begrenzten Zeitraums eine Dienstleistung zu erbringen. Entsandte Arbeit­nehmer kehren nach Abschluss der Arbeiten, für die sie entsandt worden sind, in der Regel in den Mitgliedstaat, aus dem sie entsandt wurden, zurück.

Entsandte Arbeitnehmer unterscheiden sich insofern von mobilen EU‐Arbeitnehmern als sie sich zwar vorübergehend im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, jedoch nicht in dessen Arbeitsmarkt integriert werden.

Grenzgänger (Grenzpendler)

Ob die Voraussetzungen einer Entsendung vorliegen, hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner ihm ob­lie­genden Melde‑ und Beitragspflichten vor Aufnahme der Beschäftigung im Ausland zu prüfen. Er kann, insbesondere in Zweifelsfällen, von der zuständigen Einzugsstelle verlangen, dass diese eine Fest­stel­lung darüber trifft, ob im Einzelfall eine Versicherungspflicht im Rahmen einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung vorliegt oder nicht.

Nach § 3 Nr. 1 SGB IV gelten die Vorschriften über die Sozialversicherungspflicht, wenn eine Beschäf­tigung in Deutschland ausgeübt wird (Territorialprinzip). Bei einem ins Ausland entsendeten Arbeitnehmer stellt sich die Frage, ob er auch für die Zeit der Entsendung in Deutschland sozial­versicherungspflichtig bleibt.

Räumlicher Geltungsbereich des SGB

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung stellen mit der gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer Grundsätze und Beispiele zur Aus­strah­lung und zur Einstrahlung nach innerstaatlich deutschem Recht zur Verfügung, die der Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung dienen sollen.

Nützliche Internet‐Direktverbindungen → Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung

Der Begriff ›Ausstrahlung‹

Im deutschen Recht gibt es den Begriff der sogenannten ›Ausstrahlung‹. Eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung liegt vor, wenn sich ein Beschäftigter auf Weisung seines Arbeitgebers von Deutschland aus in das Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben. Typisches Merkmal einer Entsendung ist die fortbestehende Inlandsintegration bei im Voraus zeitlich begrenzter Beschäftigung im Ausland. Demzufolge dürfen keine Anhaltspunkte dagegen sprechen, dass der Arbeitnehmer nach dem Auslandseinsatz nach Deutschland zurückkehrt.

Wird ein Beschäftigter von seinem deutschen Arbeitgeber vorübergehend befristet ins Ausland ent­sandt um dort für ihn tätig zu werden, so gelten die deutschen Rechtsvorschriften unverändert weiter. Der Vorteil dieser gesetzlichen Regelung besteht darin, dass die deutsche Sozialversicherung nicht unterbrochen wird und durch­gängig Leistungsansprüche bestehen, bzw. anrechenbare Rentenversiche­rungs­beiträge gezahlt werden.

Die maßgeblichen Rechtsbegriffe (Entsendung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, zeitliche Begrenzung der Entsendung) sind bei Ausstrahlung und Einstrahlung gleich. Aufgrund der Kongruenz der gesetzlichen Vorschriften können die nachfolgenden Ausführungen zur Ausstrahlung ›spiegel­bild­lich‹ für etwaige Einstrahlungsfälle übernommen werden.

Ausstrahlung

Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV
(kumulative Voraussetzungen)

↙ ↓ ↘

Entsendung
ins Ausland

Bestehendes Beschäftigungsverhältnis
im Inland

Zeitliche Begrenzung
der Entsendung

Voraussetzungen (kumulativ):
  1. Es handelt sich um eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV und

  2. die Entsendung erfolgt im Rahmen eines im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses und

  3. die Dauer der Beschäftigung im Ausland ist im Voraus zeitlich begrenzt.

Ist eine der vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt keine Ausstrahlung im Sinne von § 4 SGB IV vor.

☆ ☆ ☆
Begriff der ›Entsendung‹ bei Aus‑ und Einstrahlung

Im Zuge der vermehrten Internationalisierung von mittelständischen Unternehmen entwickelt sich die Mitarbeiterentsendung ins Ausland immer stärker zu einem festen Bestandteil der Personalarbeit.

Eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung oder Einstrahlung liegt vor, wenn sich ein Beschäftigter auf Weisung seines Arbeitgebers zeitlich begrenzt vom Inland in das Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschäftigte eigens für eine Beschäftigung im Ausland eingestellt worden ist, also im Inland noch nicht für den entsendenden Arbeitgeber tätig gewesen ist.

Die Entsendung muss sich nicht nur auf einen Staat beschränken. Eine Ausstrahlung liegt vielmehr auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer nacheinander in mehrere Staaten ohne zeitliche Unterbrechung entsandt wird, vorausgesetzt, dass der Auslandseinsatz insgesamt im Voraus zeitlich begrenzt ist. Es dürfen damit keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer nach dem Auslandseinsatz nicht in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehrt, um dort seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (wieder) zu nehmen.

Unternehmenssitz in Deutschland

Eine Entsendung setzt voraus, dass die Beschäftigung durch ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland erfolgt und das entsendende Unternehmen in Deutschland eine ›nennenswerte‹ Tätigkeit ausübt. Eine Entsendung durch eine ›Briefkastenfirma‹ ist nicht möglich.

Ob eine ›nennenswerte‹ Geschäftstätigkeit im Entsendestaat besteht oder nicht, ist anhand einer Reihe objektiver Kriterien nachprüfbar. Beispielsweise könnte ein Umsatz in Höhe von 25 Prozent des Gesamt­umsatzes ein hinreichender Anhaltspunkt sein. Je nach den Besonderheiten eines jeden Arbeit­gebers und der Eigenart der im Staat seiner Niederlassung tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten können auch andere Kriterien zu berücksichtigen sein.

Die Regeln für die Entsendung von Arbeitnehmern können auch für eine Person gelten, die im Hinblick auf eine Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt wird. Die Verordnungen setzen jedoch voraus, dass der in einen anderen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer unmittelbar vor Beginn seiner Beschäftigung bereits dem Sozialversicherungssystem des Mitgliedstaats angeschlossen ist, in dem sein Arbeitgeber niedergelassen ist. Ein Zeitraum von einem Monat gilt dabei als ausreichend, um diese Voraussetzung zu erfüllen. Ist er kürzer, muss eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren stattfinden.

Um mögliche Fehlbeurteilungen zu vermeiden, sollte der Arbeitgeber im Zweifelsfall bei der zustän­digen Krankenkasse einen Antrag auf Feststellung des Vorliegens einer ›Entsendung‹ stellen.

Inländisches Beschäftigungsverhältnis

Beschäftigungsverhältnis im Inland

↙ ↓ ↘

Organisatorische Eingliederung

Weisungsgebundenheit

Anspruch auf Arbeitsentgelt

Inländisches Beschäftigungsverhältnis
  1. Organisatorische Eingliederung:
    Die Entsendung des Beschäftigten muss im Rahmen eines im Inland bestehenden Beschäftigungs­verhältnisses im Sinne der Sozialversicherung erfolgen. Dies bedeutet, dass der im Ausland Be­schäf­tigte organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers ein­gegliedert bleiben bzw. sein muss. Ein nur ›formelles‹ Fortbestehen des Arbeitsvertrages mit dem inländischen Arbeitgeber be­grün­det wegen der fehlenden Beschäftigungsmerkmale keine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV.

    Wie das Bundessozialgericht dargelegt hat, genügt für die Bejahung der Ausstrahlung eines in­län­dischen Beschäftigungsverhältnisses ein bloßes ›Rumpfarbeitsverhältnis‹ nicht. Abreden über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und die Zahlung von Arbeitsentgelt sowie das ›auto­matische‹ Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag bei Rück­kehr ins Inland sind Kriterien dafür, dass ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV nicht vorliegt.

  2. Weisungsgebundenheit:
    Außerdem muss der Beschäftigte auch weiterhin dem Weisungsrecht des inländischen Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit – unter Umständen in einer durch den Auslandseinsatz bedingten gelockerten Form – unterstehen.

  3. Arbeitsentgeltanspruch:
    Der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers muss sich gegen den inländischen Arbeitgeber richten. Wesentliches Indiz hierfür ist, wenn der inländische Arbeitgeber das Arbeitsentgelt des im Ausland Beschäftigten in der Lohnbuchhaltung wie für seine Beschäftigten im Inland ausweist. Der entsendende Arbeitgeber ist berechtigt, seine Zahlung von Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe steuerlich geltend zu machen.

Zeitliche Begrenzung der Entsendung

Eine Entsendung ist im Voraus zeitlich begrenzt, wenn bereits zu ihrem Beginn feststeht, dass sie sich bei vorausschauender Betrachtungsweise aus der Eigenart der Beschäftigung oder aus einem Vertrag ergibt. Ergibt sich die Begrenzung erst im Laufe der Entsendung, so liegt keine Ausstrahlung im Sinne von § 4 SGB IV vor.

Eine Begrenzung der Entsendung aufgrund der Eigenart der Beschäftigung ist z. B. bei projektbezo­ge­nen Arbeiten anzunehmen, insbesondere bei Montage‑ und Einweisungsarbeiten und Arbeiten im Zu­sam­men­hang mit der Errichtung von Bauwerken und Betriebsanlagen.

Eine im Voraus vertragliche Begrenzung der Entsendung ist dem Arbeitsvertrag zu entnehmen, wenn dieser ein Datum enthält, zu dem die Entsendung endet. Eine vertragliche Begrenzung ist dagegen zu verneinen, wenn ein befristeter Vertrag vorliegt, der – wenn er nicht gekündigt wird – sich auto­matisch fortsetzt.

Ob bei mehreren aufeinanderfolgenden Auslandseinsätzen jeder einzelne Einsatz eine befristete Ent­sendung darstellt oder ob es sich insgesamt um eine unbefristete Entsendung handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

Das supranationale Recht der Europäischen Union

Keine ›Entsendung‹

Wird eine Person von einem in Deutschland ansässigen Unternehmen in einem anderen Staat ein­gestellt und von dort in einen Drittstaat entsandt, so handelt es sich nicht um eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV. Die betreffende Person unterliegt damit auch nicht den deutschen Rechtsvor­schriften.

Eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV liegt auch dann nicht vor, wenn eine Person im Ausland lebt und dort eine Beschäftigung für einen inländischen Arbeitgeber aufnimmt.

Keine Entsendung liegt nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts auch dann vor, wenn die Einstellung des Mitarbeiters mit dem Ziel erfolgt, ihm ausschließlich im Ausland einzusetzen. Sind z. B. von Anfang an nur Auslandseinsätze geplant oder kommen wegen der Art der Tätigkeit nur solche infrage, liegt keine Entsendung vor.

☆ ☆ ☆
Sozialversicherungsabkommen

Grundsätzlich entscheidet jeder Staat individuell und in eigener Zuständigkeit über sein Sozial­ver­si­che­rungssystem. Die wirtschaftliche Verflechtung der hoch entwickelten Industriestaaten und der damit ver­bun­de­ne Austausch von Arbeitskräften, die Ausländerbeschäftigung in der Bundes­republik Deutsch­land, sowie der internationale Tourismus erfordern daher eine Koordination des Sozialver­si­che­rungs­rechts.

Diesem Ziel dienen Sozialversicherungsabkommen, die auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen abgeschlossen werden. Ein Sozialversiche­rungsabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei Staaten, durch den vermieden werden soll, dass auf ein und dieselbe Beschäftigung sowohl die deutschen als auch die ausländischen Rechts­vorschriften über die Versicherungspflicht anzuwenden sind, was zwangsläufig zu ungewollten Doppel­belastungen und ‑versicherungen führen würde.

Bei den Sozialversicherungsabkommen unterscheidet man grundsätzlich zwischen bilateralen Abkom­men, also Vereinbarungen zwischen zwei Staaten und multilateralen Abkommen, die für eine Gruppe von Staaten gleichermaßen gelten. Im Gegensatz zu bilateralen Vereinbarungen, die sich häufig auf ein­zelne Sozialversicherungszweige, insbesondere die Rentenversicherung beschränken, gilt die EU‐Verordnung für alle Zweige gleichermaßen und einheitlich.

DRV: Sozialversicherungsabkommen

Kollision mit über‑ und zwischenstaatlichen Recht

Abweichende Regelungen des über‑ und zwischenstaatlichen Rechts sind vorrangig vor den Rege­lun­gen zur Ausstrahlung und Einstrahlung zu beachten. Es handelt sich in erster Linie um die Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts zur Koordi­nierung der Systeme und die bilateralen Sozialversiche­rungs­abkommen, die Deutschland mit anderen Staaten getroffen hat. Besteht bei einer Auslandsent­sendung sowohl in Deutschland wie auch im Ausland eine Sozialversicherungspflicht, wird durch das Kollisions­recht bestimmt, welches Recht vorrangig ist.

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben mit der ge­meinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmern vom 18. November 2015 Grundsätze zur Ausstrahlung und zur Einstrahlung nach innerstaatlich deutschem Recht zur Verfügung gestellt, die der Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung dienen sollen.

Regelungen des über‑ und zwischenstaatlichen Rechts

Über‑ und zwischenstaatliches Recht
Vor‑ bzw. Nachrangigkeit

↓  

Es besteht ein Sozialversicherungsabkommen.

nein→

Es sind die deutschen Rechtsvorschriften zur Ein‑ und Ausstrahlung maßgebend.

ja↓  

Es handelt sich um eine Ein‑ bzw. Aus­strahlung in ein Land der Europäischen Union, in einem EWR‐Staat oder in der Schweiz.

ja→

Bei Ein‑ bzw. Ausstrahlung innerhalb der Europäischen Union gilt die VO Nr. 883/2004 vorrangig vor nationalem Recht und grund­sätzlich auch vor bestehenden bilateralen Sozialversicherungsabkommen.

nein↓  

Es handelt sich um eine Ein‑ bzw. Ausstrahlung in ein Land außerhalb der Europäischen Union, eines EWR‐Staates oder der Schweiz und es besteht mit dem betreffenden Staat ein bilaterales Sozial­versicherungsabkommen.

ja→

Es gelten die mit dem jeweiligen Land in dem Sozialversicherungsabkommen getrof­fenen Vereinbarungen.

☆ ☆ ☆
Das supranationale Recht der Europäischen Union

Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zustän­digkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten. Falls dem EU‐Recht gemäß Artikel 5 EUV der Anwen­dungsvorrang gegenüber innerstaatlichem Recht eingeräumt wird, müssen die Verwaltungen der Mitgliedsstaaten ihr Handeln am EU‐Recht ausrichten. Dementsprechend müssen auch die Urteile der Gerichte der Mitgliedstaaten dem EU‐Recht standhalten und bei Zweifeln den Europäischen Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens anrufen.

Innerhalb der Europäischen Union koordinieren besondere Verordnungen die einzelstaatlichen Rechts­vorschriften über soziale Sicherheit, um einerseits Doppelversicherungen zu vermeiden und anderer­seits die Sozialversicherungsansprüche der Personen zu schützen, die innerhalb der Euro­päischen Union zu‑ und abwandern. Für Entsendungen von Arbeitnehmern aus Deutschland in einen Staat der EU/EWR ist die Koordinierungsverordnung VO 883/2004 und die Durchführungsverordnung VO 987/2009 maßgebend, die gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbare Wirksamkeit entfalten.

Die Koordinierungsverordnung 883/2004 wird auf die Staatsangehörigen der EU‐Mitgliedsstaaten und deren Familienangehörige angewendet. Seit dem 1. Januar 2011 gilt die Verordnung auch für Drittstaatsangehörige mit einem rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU‐Staat im Verhältnis zu den einzelnen EU‐Staaten. Die VO Nr. 883/2004 enthält in den Artikeln 11 bis 16 Abgrenzungsnormen über die Versicherungspflicht kraft Gesetzes. Sie bezieht sich auf die gesetzliche Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung. Nach Art. 11 VO 883/2004 gilt der Grundsatz, dass die im Mitgliedstaat ausgeübte Beschäftigung nur den Rechtsvorschriften über Versicherungspflicht eines einzigen Mit­gliedstaates unterliegt.

Das Rangverhältnis der Kollisionsrechte bestimmt sich seit April 2004 nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VO 883/2004, der besagt, dass innerhalb der Europäischen Union die Verordnung vorrangig vor beste­henden Sozialversicherungsabkommen gilt, es sei denn, die Abkommen wurden bereits vor Inkraft­treten der Verordnung geschlossen und die einzelnen Bestimmungen sind für die Berechtigten gün­stiger. Nach den genannten Bestimmungen der Verordnung unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für diesen Arbeitgeber auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendestaates.

Für den Einsatz eines Arbeitnehmers in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, in einem EWR‐Staat oder in der Schweiz hat der Arbeitgeber seit 1. Januar 2019 einen Antrag auf Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung über die Fortgeltung der deutschen Rechtsvorschriften (A1‐Beschei­ni­gung) für diesen Beschäftigten an die zuständige Stelle durch Datenübertragung aus einem system­geprüften Programm oder mittels einer maschinell erstellten Ausfüllhilfe zu übermitteln.

Dauer der Entsendung

Mit der Anwendung der Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 wurde die Entsendung von Beginn an auf 24 Monate befristet. Die in der Vorgängerverordnung (EWG) über soziale Sicherheit Nr. 1408/1971 vorgesehene Verlängerung um 12 Monate ist lediglich im Verhältnis zum Vereinigten Königreich bei Drittstaatsangehörigen anzuwenden. Stellt sich hier während der Entsendung heraus, dass die Ausführung der Arbeit aus nicht vorhersehbaren Gründen länger als 12 Monate in Anspruch nehmen wird, kann der Arbeitgeber des entsandten Arbeitnehmers mit dem ›Vordruck E 102‹ die Verlängerung der Entsendung um maximal weitere 12 Monate beantragen.

Bei der Entsendung von Beschäftigten aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in das Gebiet von anderen Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz ist der Versiche­rungsschutz nach deutschem Recht nur gegeben, wenn die Dauer der Tätigkeit in dem Gebiet des anderen Staates 24 Monate nicht überschreiten soll. Ist eine längere Entsendung vorgesehen oder erfolgt sie, um einen Beschäftigten abzulösen, für den die Frist von 24 Monaten bereits abgelaufen ist, gilt von vornherein das Recht des anderen Staates. Zwischen den zuständigen Stellen der Mitglieds­staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes bzw. der Schweiz können im Einzelfall längere Fristen ver­einbart werden (Ausnahmegenehmigung). Der Antrag auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung ist beim GKV‐Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA), schriftlich zu stellen.

☆ ☆ ☆
A1‐Bescheinigung

Übt eine Person ihre Beschäftigung oder Tätigkeit vorübergehend (für maximal 24 Monate) in einem anderen EU‐Mitgliedstaat, in Island, Liechtenstein und Norwegen, in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland aus, wird die A1‐Bescheinigung benötigt um nachzuweisen, dass der Erwerbstätige über das Heimat­land sozialversichert ist. Die Dauer und die Art des grenz­überschreitenden Einsatzes spielen dabei keine Rolle. Eine A1‐Bescheinigung gilt nur für das Sozialversicherungsrecht.

Für die Beantragung der A1‐Bescheinigung regelt die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009, dass diese vor Antritt der Erwerbstätigkeit im Ausland zu beantragen ist, »wann immer dies möglich ist«. Die Regelung lässt damit eine nachträgliche Beantragung der A1‐Bescheinigung grundsätzlich zu. Die Entsendebescheinigung sollte aber auch für kurze und kurzfristige Entsendungen (Dienstreisen) vorher beantragt werden, um eine vorschnelle Beitragserhebung im Beschäftigungsstaat von vorn­herein zu vermeiden.

Die A1‑Bescheinigung gilt grundsätzlich für die Dauer des Einsatzes im Aus­land, maximal für den Zeitraum von 24 Monaten. Ohne diesen Nachweis unterliegt der Arbeit­nehmer grundsätzlich den im Ausland geltenden Rechtsvorschriften (Territorialprinzip). Die A1‐Beschei­nigung ist für die aus­län­dischen Behör­den verbindlich. Eine unrechtmäßig ausgestellte A1‐Beschei­ni­gung wirkt solange fort, bis sie formell von der ausstellenden Stelle aufgehoben wird.

›Territorialitätsprinzip‹

Elektronischer Antrag seit 2019 verpflichtend

Für Beschäftigte in der Privatwirtschaft, verbeamtete Personen und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und für gewöhnlich auf einem Hochseeschiff Beschäftigte mit Wohnsitz in Deutschland und einem Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland bei Einsatz auf einem Schiff unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaates wurde ein verpflichtendes elektronisches A1‐Antrags‑ und Bescheinigungsverfahren eingerichtet. Eine Antragstellung in Papierform ist für diese Personenkreise unzulässig.

Arbeitgeber bzw. Dienstherren beantragen die A1‐Bescheinigung entweder über eine vorhandene Lohn‑ oder Entgeltabrechnungssoftware oder mittels einer Ausfüllhilfe in ›sv.net‹. Seit dem 1. Januar 2022 ist das verpflichtende elektronische A1‐ Antrags‑ und Bescheinigungsverfahren um den Personenkreis der Selbständigen erweitert worden. Selbständige müssen die A1‐Bescheinigung seit dem 1. Januar 2022 ausschließlich mittels einer Ausfüllhilfe in ›sv.net‹ beantragen.

Der Antrag auf Ausstellung einer A1‐Bescheinigung kann zwar zunächst ohne die Versicherungs­nummer der Rentenversicherung gestellt werden, zur Bearbeitung des Antrages wird diese jedoch immer benötigt. Bei Eingang eines Antrages prüft die Datenstelle der Rentenversicherung, ob die angegebene Versicherungsnummer in Verbindung mit den Personendaten zutreffend ist bzw. bei einem Antrag ohne Versicherungsnummer, ob diese anhand der Personendaten ergänzt werden kann. Sollte eine Versicherungsnummer nicht vorhanden oder das Prüfergebnis nicht eindeutig sein, wird der Antrag mit entsprechendem Hinweis maschinell abgewiesen. In diesem Fall ist vom Antragstellenden zunächst eine Versicherungsnummer zu beantragen.

Die Angaben ›Beginn der Entsendung‹ und ›Ende der Entsendung‹ sind im Antrag als verpflichtende Angaben ausgestaltet. Auch die Angabe der Wohnanschrift des Arbeit­nehmers ist seit 1. Januar 2020 verpflichtend. Nach Absenden des Antrags wird vom Ent­gelt­abrechnungsprogramm ein Antrags­nach­weis erstellt. Dieser dient als Beleg dafür, dass der Arbeitgeber vor Beginn der Auslandsbe­schäftigung einen Antrag auf Ausstellung einer A1‐Bescheinigung gestellt hat.

Ab dem 1. Januar 2024 wird das elektronische A1‐Antrags‑ und Bescheinigungsverfahren um den Kreis der Personen, die in Deutschland erwerbstätig sind und den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen, aber außerhalb Deutschlands wohnen (sogenannte ›Grenzgänger‹) erweitert.

Grenzgänger (Grenzpendler)

Zuständiger SV‐Träger

Zuständig für das Ausstellen der Entsendebescheinigung ist die Krankenkasse, bei welcher der Arbeit­nehmer versichert ist. Für Mehrfachbeschäftigte und bei Ausnahmegenehmigungen übermittelt der GKV-Spitzenverband, DVKA, die A1‐Bescheinigungen. Für Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich kranken­versichert sind, stellt die Deutsche Rentenversicherung die Entsendebescheinigung aus.

Die zuständige Stelle übermittelt gemäß § 106 Abs. 1 SGB IV innerhalb von drei Arbeitstagen auf elektronischem Wege die Bescheinigung oder die Mitteilung, warum diese nicht aus­gestellt werden kann. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen für eine Entsendung liegt der elektronischen Rückmeldung als Anlage die A1‐Bescheinigung als PDF‐Dokument bei. Die A1‐Bescheinigung ist auszudrucken und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

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Arbeitnehmer‐Entsendegesetz (AEntG)

Das Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer‐Entsende­gesetz) ist ein Gesetz, auf dessen Grundlage in Deutschland in bestimmten Branchen Mindest­standards für Arbeits­bedingungen festgelegt werden können.

Ziel des Gesetzes ist die Festschreibung zwingender Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, die von im Ausland ansässigen Arbeitgebern zur grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen nach Deutschland entsandt werden. Daneben bietet das Gesetz aber auch eine rechtliche Möglichkeit, auch für alle im Inland tätigen Arbeitnehmer Mindestarbeitsbedingungen zur Geltung zu bringen.

Gleiche Arbeits‑ und Lohnbedingungen

Zum 30. Juli 2020 hat der Gesetzgeber für Deutschland die reformierte EU‐Entsenderichtlinie durch eine Novellierung des Arbeitnehmerentsendegesetz in nationales Recht umgesetzt. Bestehende Rege­lungen zur Entsendung von Arbeitnehmern, wie z. B. die A1‐Bescheinigung, sind von den Neuerungen nicht betroffen.

A1‐Bescheinigung

Ab 30. Juli 2020 müssen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland bestimmte tarifliche Arbeitsbedingungen einhalten, wenn die Entsendung in den Geltungsbereich eines bundesweit für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages fällt oder eine Rechtsverordnung nach § 7 AEntG vorliegt. Damit sind die allgemeinverbindlichen Tarifverträge in allen Branchen bereits ab dem ersten Tag der Entsendung auf die entsandten Arbeitnehmer anzuwenden. Liegt hingegen nur ein allgemeinverbindlicher regionaler Branchentarifvertrag vor, hat der ausländische Arbeitnehmer nur ein Mindestvergütungsanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

Entlohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AEntG sind alle Bestandteile der Vergütung, die der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vom Arbeitgeber in Geld oder als Sachleistung für die geleistete Arbeit erhält. Zur Entlohnung zählen insbesondere die Grundvergütung, einschließlich Entgelt­bestand­teilen, die an die Art der Tätigkeit, Qualifikation und Berufserfahrung der Arbeitnehmer und die Region anknüpfen, sowie Zulagen, Zuschläge und Gratifikationen, einschließlich Überstundensätzen. Die Ent­lohnung umfasst auch Regelungen zur Fälligkeit der Entlohnung einschließlich Ausnahmen und deren Voraussetzungen.

Mindestlohn → Arbeitnehmer‐Entsendegesetz

Zoll: Arbeitsbedingungen nach Tarifverträgen und Rechtsverordnungen

BMAS: Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer‑Entsendegesetzes

Ausländische Arbeitnehmer, die von ihren im Ausland ansässigen Arbeitgebern zur Dienstleis­tungs­erbringung nach Deutschland entsandt werden, können grundsätzlich spätestens nach 12 Monaten die gleichen Arbeitsbedingungen beanspruchen wie ihre deutschen Kollegen. Dies gilt auch für den Einsatz von Leiharbeitnehmern in Deutschland, selbst wenn der Verleiher und auch der Entleiher ihren Sitz im Ausland haben und sich nur der Einsatzort des Leiharbeitnehmers in Deutschland befindet.

Leiharbeit → Überlassung ausländischer Arbeitnehmer

Wird ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin von einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber mehr als zwölf Monate im Inland beschäftigt, so finden auf dieses Arbeitsverhältnis nach einer Beschäftigung von 12 Monaten im Inland alle Arbeitsbedingungen Anwendung, die am Beschäf­tigungsort in Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften und in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen vorgeschrieben sind. Bei einer Langzeitentsendung finden damit auch die Arbeitsbedingungen Anwendung, die sich aus einem für allgemeinverbindlich er­klär­ten regionalen Tarifvertrag ergeben. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen des § 24 AEntG vorgesehen. Explizit ausgenommen sind der Kündigungsschutz und die betriebliche Alters­ver­sor­gung.

Gibt der Arbeitgeber vor Ablauf einer Beschäftigungsdauer im Inland von zwölf Monaten eine Mitteilung gegenüber der zuständigen Behörde der Zollverwaltung in deutscher Sprache ab, in der er die Gründe für die Überschreitung der 12‐monatigen Beschäftigungsdauer im Inland darlegt, verlängert sich der Zeitraum auf 18 Monate.

Allgemeine Arbeitsbedingungen
  1. Entlohnung
    Bereits ab dem ersten Tag der Entsendung müssen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland be­stimmte im Gesetz oder in einem bundesweit für allgemeinverbindlich erklärten Tarif­ver­trag geregelte Entlohnung einhalten. Bei Langzeitentsendungen (nach einer Beschäftigung von 12 Monaten im Inland) gilt dies auch für eine in einem für allgemeinverbindlich erklärten regionalen Tarifvertrag gere­gelte Entlohnung.

  2. Arbeitszeit
    Die deutschen Arbeitszeit‑ und Ruhezeitvorschriften sind auch bei Arbeitnehmer­ent­sen­dungen und ‑über­lassungen aus anderen EU‐Mitgliedstaaten und aus Nicht‐EU‐Mitglied­staaten nach Deutschland einzuhalten.

  3. Mindestjahresurlaub
    Die deutschen Mindestjahresurlaubsvorschriften sind auch bei Arbeitnehmer­ent­sen­dungen und ‑überlassungen aus anderen EU‐Mitgliedstaaten und aus Nicht‐EU­Mitglied‐staaten nach Deutschland einzuhalten.

  4. Arbeitsschutz
    Die Richtlinie 96/71/EG (Entsenderichtlinie) verpflichtet jeden Mitgliedstaat dafür zu sorgen, dass seine Vorschriften zu Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz auch bei Arbeitnehmerentsendungen und ‑überlassungen aus anderen EU‐Mitgliedstaaten und aus Nicht‐EU‐Mit­glied­staaten nach Deutschland einzuhalten sind.

  5. Jugendarbeitsschutz
    Die deutschen Vorschriften zum Kinder‑ und Jugendarbeitsschutz sind auch bei Arbeit­nehmer­entsendungen und ‑überlassungen aus anderen EU‐Mitgliedstaaten und aus Nicht‐EU‐Mit­gliedstaaten nach Deutschland einzuhalten.

  6. Mutterschutz
    Die Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits‑ und Beschäftigungs­bedin­gun­gen von Schwangeren und Wöchnerinnen sind auch bei Arbeitnehmerentsendungen und ‑über­lassungen aus anderen EU‐Mitgliedstaaten und aus Nicht‐EU‐Mitgliedstaaten nach Deutschland einzuhalten.

  7. Schutz vor Diskriminierung
    Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist das zentrale deutsche Gesetz zum Schutz vor Diskriminierungen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern keinen einzelnen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen schlechter als andere, mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer behandeln darf.

  8. Zulagen und Kostenerstattung
    Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer Aufwendungen zu erstat­ten. Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Aufwendungen in Bezug auf die Arbeitsausführung getätigt hat, die Aufwendungen erforderlich waren oder der Arbeitnehmer sie für erforderlich halten durfte, und die Aufwendungen nicht bereits auf andere Weise (z. B. durch die Vergütung) abgegolten sind. Reise‑, Übernachtungskosten und Verpfle­gungs­mehr­aufwand sind danach zu erstatten, wenn sie erforderlich waren, weil der Arbeit­nehmer etwa angewiesen wurde, auswärts zu arbeiten, oder er die ihm übertragene Arbeit nicht ohne Dienstreise ausführen konnte. Es ist auch möglich, eine Pauschalierung etwa in Reisekostenrichtlinien vorzusehen. Gewährt der Arbeitgeber eine Zulage für Reise‑, Unter­brin­gungs‑ und Verpflegungskosten, darf er diesen Betrag nicht auf die Entlohnung anrech­nen.

    Entgeltkatalog → Reisekostenersatz

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Bilaterale Abkommen

Bei Entsendungen in Staaten, die nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören und mit denen bilaterale Abkommen bestehen, sind die in dem jeweiligen Abkommen getroffenen Regelungen maß­gebend. Die Abkommen gelten nicht generell für alle Sozialversicherungszweige. Insoweit finden dann wieder die nationalen Rechtsvorschriften Anwendung, also auch die Grundsätze der Aus‑ und Ein­strah­lung. Außerdem sehen die Abkommen unterschiedliche Zeiträume für die Weitergeltung der deut­schen Rechtsvorschriften vor.

Es gibt aber auch diverse Drittstaaten, mit denen Deutschland keine Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. In diesem Fall ist keine Koordination aufgrund eines bilateralen Abkommens möglich. Da in der Sozialversicherung das Beschäftigungslandprinzip gilt, hat das zur Folge, dass grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Landes Anwendung findet, in dem die Tätigkeit erbracht wird.

Grenzgänger (Grenzpendler)

Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz und ihren Arbeitsort in zwei verschiedenen Staaten haben und arbeitstäglich oder in anderen regelmäßig kurzen Abständen zwischen Wohn‑ und Arbeitsort pendeln.

Grundlage für die Grenzgängerbesteuerung sind die von Deutschland mit den einzelnen Ländern abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen, die Vorrang vor innerstaatlichem Recht haben. Liegen Wohnsitz und Arbeitsort in unterschiedlichen Staaten, obliegt die Besteuerung des Arbeits­lohns grundsätzlich dem jeweiligen Tätigkeitsstaat. Abweichend hiervon enthalten die Doppelbesteuerungs­abkommen mit Frankreich, Österreich und der Schweiz Sonderregelungen.

Im Sozialversicherungsrecht ist für Grenzgänger die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 und die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 anzuwenden. Nach Unionsrecht ist der Arbeitnehmer ein ›Grenzgänger‹, der im Gebiet eines Mitgliedstaats (Beschäftigungsstaat) beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats (Wohnsitzstaat) wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich, zurückkehrt (zeitliches Kriterium). Grenzgänger unterliegen grund­sätzlich den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates. Ein Grenzgänger, der in Deutschland beschäftigt ist und in einem anderen EU/EWR‐Staat wohnt, unterliegt damit den deutschen Rechts­vorschriften.

Homeoffice‐Abkommen ab 1. Juli 2023

Arbeiten Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Homeoffice im Ausland, stellt sich die Frage, in welchem Land sie der Sozialversicherung unterliegen.

Arbeitet eine Person regelmäßig von zu Hause aus für einen Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen EU‐Mitgliedstaat/EWR‐Staat oder der Schweiz und ansonsten vor Ort bei ihrem Arbeitgeber (z. B. in dessen Büro), gilt sie als Person, die ihre Beschäftigung gewöhnlich in zwei Mitgliedstaaten ausübt. Liegt der Anteil der mobilen Arbeit unter 25 Prozent, unterfällt die Tätigkeit insgesamt dem Recht der sozialen Sicherheit des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

Liegt der Anteil der Arbeit des mobilen Arbeitens im Wohnstaat über 25 Prozent, findet eine Gesamt­bewertung der Tätigkeit statt, in der Regel mit dem Ergebnis, dass die Tätigkeit insgesamt dem Recht des Wohnstaates unterfällt.

Corona‐Sonderregelung

Die EU‐Verwaltungskommission hat aufgrund der Auswirkungen der Corona‐Pandemie Aus­nahme­regelungen aufgestellt, um zu verhindern, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber plötzlich mit unterschiedlichen Regeln zur Sozialversicherung konfrontiert werden. Wird aufgrund der Corona Maßnahmen zu Hause gearbeitet, obwohl man normalerweise vor Ort im anderen Land gearbeitet hätte, fallen die Arbeitnehmer weiterhin unter das Sozialversicherungssystem, unter das sie fallen würden, wenn die Pandemie nicht eingetreten wäre. Diese Ausnahmeregelung endete am 30. Juni 2023.

Durch das Homeoffice‐Abkommen, das von Deutschland und weiteren 17 Staaten unterzeichnet wurde, wurde dieser Grenzwert ab 1. Juli 2023 dauerhaft auf 50 Prozent erhöht.

Das Übereinkommen wurde von sämtlichen Nachbarstaaten mit Ausnahme von Dänemark unter­zeichnet.

Einzelheiten zum Verfahren und den Zuständigkeiten speziell zur Rahmenvereinbarung sind bei der ›Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland‹ des GKV‐Spitzenverbandes abrufbar.

SVMWIndex k2s1a7