Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungspflicht

Selbständige

Rentenversicherungspflicht der Selbständigen

Leitsatz
  1. Welche selbständig tätigen Personen kraft Gesetzes rentenversiche­rungspflichtig sind, ist in den §§ 2, 229 und 229a SGB VI geregelt.

Anknüpfungspunkt für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die soziale Schutzbedürftigkeit, der unabhängig von der Höhe des Einkommens und dem bestehenden Risiko des Einzelnen zu begegnen ist. Im Gegensatz zu den abhängig Beschäftigten sind die meisten selbständig Tätigen nicht renten­ver­sicherungspflichtig, weil sie nicht als schutzbedürftig angesehen werden. Ins­be­sondere bei den klassischen Unternehmern ist davon auszugehen, dass diese eigene Vorkehrungen für ihren sozialen Schutz treffen können.

Auch wenn die allge­meine gesetzliche Rentenversicherung in erster Linie eine Versicherung für ab­hän­gig beschäftigte Ar­beit­nehmer ist, so gehörten doch auch bestimmte Selbständige von Anfang an mit zum Personenkreis der kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherungen pflichtversicherten Erwerbstätigen. Welche selbständig tätigen Personen kraft Gesetzes ver­sicherungspflichtig sind, ist in den §§ 2, 229 und 229a SGB VI geregelt.

Aufgrund der seit Anfang der 1990er Jahre eingetretenen erheblichen Veränderungen der Erwerbs­tätigenstruktur in Deutschland wird immer wieder darüber diskutiert, den Kreis der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten auf die Gruppe der Selbständigen auszuweiten, die bislang über keines der obligatorischen Systeme der Alterssicherung abgesichert sind.

Gesetzliche Rentenversicherung → Fundamentaler Schwachpunkt im System

Abgrenzung zu anderen Versicherungspflichttatbeständen

Das Eintreten der Versicherungspflicht ist abhängig von der Statusbewertung der Vertrags­beziehung. Die Versicherungspflicht im Rahmen einer in § 2 SGB VI genannten selbständigen Tätigkeit oder nach dem KSVG kann nur dann eintreten, wenn für das zu beurteilende Vertragsverhältnis eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV auszuschließen ist.

Das Verhältnis zwischen den im § 2 SGB VI genannten Tätigkeiten soll nach dem Willen des Gesetz­gebers durch den allgemeinen Grundsatz des ›Günstigkeitsprinzips‹ bestimmt werden. Der Versiche­rungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI als ›lex specialis‹ verdrängt deshalb aufgrund der hieran anknüpfenden günstigeren Beitragsregelungen die nach dem § 2 Nr. 1 und Nr. 9 SGB VI für ›arbeitnehmerähnliche Selbständige‹ und für selbständige Lehrer allgemein angeordnete Versiche­rungs­pflicht.

Da es sich bei dem § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI um eine ›nachrangige‹ gesetzliche Regelung handelt, wer­den die Tätigkeiten nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 8 SGB VI nicht als ›Arbeitnehmerähnliche Selbständige‹ erfasst.

Schutzbedürftigkeit → Reihenfolge der Prüfung der Versicherungspflicht

☆ ☆ ☆
Gemeinsame Voraussetzung für die Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI

Gemeinsame Voraussetzung
kumulativ

↙ ↓ ↘

Selbständige
Erwerbstätigkeit

Natürliche Person
auch selbständige Gesellschafter

Mehr als geringfügige
Erwerbstätigkeit

SVMWIndex k2s7a1

Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers

Leitsatz
  1. Die nach § 2 Satz 1 Nr. 1, 2, oder 9 SGB VI selbständig Erwerbstätigen sind nur dann renten­ver­sicherungspflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Er­werbs­tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

SVMWIndex k2s7a2

Selbständige Lehrer und Erzieher

Leitsatz
  1. Nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind selbständig tätige Lehrer und Erzieher versicherungs­pflichtig, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versiche­rungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

SVMWIndex k2s7a3

Selbständig tätige Pflegepersonen

Leitsatz
  1. Von der Rentenversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung werden nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI selbständig tätige Pflegepersonen erfasst, sofern diese in der Kran­ken‑, Wochen‑, Säuglings‑ oder Kinderpflege tätig sind. Zugleich darf im Zusam­menhang mit der selbständigen Tätigkeit regelmäßig kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer be­schäftigt werden.

SVMWIndex k2s7a4

Hebammen und Entbindungspfleger

Leitsatz
  1. Von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI werden Hebammen und Entbindungspfleger erfasst.

SVMWIndex k2s7a5

Seelotsen

Leitsatz
  1. Freiberuflich tätige Seelotsen sind nach § 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung.

SVMWIndex k2s7a6

Selbständige Künstler und Publizisten

Leitsätze
  1. Selbständige Künstler und Publizisten unterliegen nach § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI und nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes der Rentenversicherungs­pflicht.

  2. Zudem unterliegen selbständige Künstler und Publizisten nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V und nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes der Kranken‑, Pflege­versicherungspflicht.

Versicherungspflicht nach dem KSVG → Versicherungsschutz für Künstler und Publizisten

SVMWIndex k2s7a7

Hausgewerbetreibende

Leitsatz
  1. Hausgewerbetreibende unterliegen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 6 SGB VI auch dann, wenn sie Arbeitnehmer beschäftigen.

SVMWIndex k2s7a8

Küstenschiffer und Küstenfischer

Leitsatz
  1. Selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer unterliegen nach § 2 Satz 1 Nr. 7 SGB VI der Rentenversicherungspflicht, wenn sie regelmäßig nicht mehr als 4 versiche­rungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen.

SVMWIndex k2s7a9

Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben

Leitsatz
  1. Selbständige Handwerker, die der Handwerkskammer zur Eintragung in die Handwerks­rolle gemeldet sind, unterliegen nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI der Rentenversicherungs­pflicht.

SVMWIndex k2s7a10

Selbständige mit nur einem Auftraggeber

Leitsatz
  1. Sogenannte ›Arbeitnehmerähnliche Selbständige‹, die im Zusammenhang mit ihrer selb­ständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäfti­gen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, unter­liegen nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI der Rentenversicherungspflicht.

SVMWIndex k2s7a11

Rentenversicherungspflicht auf Antrag

Leitsatz
  1. Alle selbständig Erwerbstätigen, die nicht kraft Gesetzes versicherungspflichtig sind, können auf Antrag in die Rentenversicherungspflicht aufgenommen werden.

SVMWIndex k2s7a12

Beitragspflichtige Einnahmen

Leitsatz
  1. Die beitragspflichtige Einnahme ist für Selbständige grund­sätzlich ein Arbeitseinkommen in Höhe der ›Bezugsgröße‹.

Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung

Seit dem 1. Januar 1999 dürfen die beitragspflichtigen Einnahmen einen bestimmten monatlichen Betrag (Mindestbeitrag) nicht unterschreiten. Die Mindestbeitragsbemessungs­grundlage in Höhe von derzeit 520,00 Euro monatlich gilt einheitlich für alle Selbständigen im gesamten Bundesgebiet.

Entwicklung der Höhe des RV‐Mindestbeitrags
2023 ab 10/2022 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016
96,72 € 96,72 € 83,70 € 83,70 € 83,70 € 83,70 € 83,70 € 84,15 € 84,15 €

SVMWIndex k2s7a13