Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungspflicht

Leiharbeit

Arbeitnehmerüberlassung

Leitsätze
  1. Für die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern bedarf es einer Erlaubnis der Bun­desanstalt für Arbeit.

  2. Der Leiharbeitnehmer ist in den Betrieb des Entleihers eingegliedert, ohne dass zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis begründet wird.

Der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung liegt ein Dreipersonenverhältnis zu Grunde. Arbeit­nehmerüberlassung liegt immer dann vor, wenn ein Unternehmer (Verleiher) die Arbeitsleistung eines bei ihm angestellten Arbeitnehmers einem Dritten (Entleiher) zeitlich begrenzt überlässt. Die Beschäftigungsform der Arbeitnehmerüberlassung wird in der Praxis auch als Zeitarbeit, Tem­po­rär‑ oder Leiharbeit bezeichnet.

Zwischen Verleiher und Entleiher besteht ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, wonach der Verleiher dem Entleiher Arbeits­kräfte gegen Entgelt überlässt. Der Verleiher überträgt dabei dem Ent­leiher das Weisungsrecht aus dem Arbeitsvertrag für die vertraglich vereinbarte Zeit der Überlassung. Der Arbeitnehmer wird während der vereinbarten Zeit der Überlassung in den Betrieb des Entleiher ein­gegliedert und erbringt seine Arbeitsleistung nach dessen Weisungen. Vor, während und nach der Überlassung an einen Dritten bleibt der Leiharbeitnehmer Mitarbeiter des Verleihers.

Der Verleiher schuldet nicht den Erfolg durch die geleistete Arbeit sondern lediglich die Zurver­fügungstellung einer geeigneten Arbeitskraft. Ob der Verleiher den einmal überlassenen Arbeitnehmer für die Dauer der vereinbarten Über­lassungszeit beim Entleiher lassen muss oder ob er ihn zwischenzeitlich abberufen und durch einen Arbeitnehmer mit vergleichbaren Qualifikationen ersetzen darf, hängt ohne vertragliche Regelung von den Umständen im Einzelfall ab. Ist der Arbeitnehmer nicht namentlich bestimmt sondern werden im Vertrag lediglich die Qualifikationsmerkmale festgehalten die er aufweisen muss, ist es dem Verleiher grundsätzlich erlaubt, diesen gegen eine andere, ebenso geeignete Arbeitskraft auszuwechseln. Eine Auswechselung der Arbeitskraft kann ggf. dann unzulässig sein und zur Schadenersatzpflicht des Verleihers führen, wenn es sich bei der Tätigkeit um eine unternehmensspezifische Beschäftigung mit langer Ein­arbeitungszeit handelt.

Überlassung ausländischer Arbeitnehmer

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit sind Grundprinzipien des Binnenmarktes, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert sind. EU‐Bürger haben das Recht, sich fast ohne Beschränkungen und ohne besondere Erlaubnis in den anderen Staaten aufzuhalten und dort erwerbstätig zu sein. Die Arbeit­nehmerfreizügigkeit ist in der EU‐Verordnung 1612/68 näher ausgestaltet. Leiharbeitnehmer aus den EU‐Mit­glied­staaten benötigen keine Arbeitserlaubnis und unterliegen grund­sätzlich den gleichen Ar­beits­bedin­gungen, insbesondere der Entlohnung wie vergleichbare Arbeit­nehmer des Entleihers.

Die reformierte EU‐Entsenderichtlinie 2018/957/EU sieht veränderte Regelungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern vor. Leiharbeitsunternehmen, die ihre Arbeitnehmer einem Unternehmen in einem anderen EU‐Mitgliedstaat überlassen, müssen gewährleisten, dass für die Leiharbeitnehmer im Über­las­sungszeitraum dieselben Arbeits‑ und Beschäftigungsbedingungen gelten wie für die Arbeitnehmer von inländischen Leiharbeitsunternehmen.

Unterrichtungspflicht

Zum 30. Juli 2020 hat der Gesetzgeber für Deutschland die reformierte EU‐Entsenderichtlinie durch eine Novellierung des AEntG in nationales Recht umgesetzt. Bevor ein Entleiher mit Sitz im In‑ oder Ausland einen Leiharbeitnehmer oder eine Leiharbeitnehmerin eines im Ausland ansässigen Verleihers im Inland beschäftigt, unterrichtet der Entleiher den Verleiher in Textform nach § 126b BGB über die wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer oder eine vergleichbare Arbeitnehmerin des Entleihers gelten, einschließlich der Entlohnung.

Der Leiharbeitnehmer kann im Falle der Überlassung von seinem Entleiher Auskunft über die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeits­be­dingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen.

Arbeitnehmer‑Entsendegesetz (AEntG) → Gleiche Arbeits‑ und Lohnbedingungen

Höhe des Entgeltanspruchs → Arbeitnehmer‑Entsendegesetz

Die Unterrichtungspflicht gilt nicht, wenn die Voraussetzungen für ein Abweichen vom Gleich­stel­lungsgrundsatz nach § 8 Abs. 2 und 4 Satz 2 AÜG vorliegen.

Abweichung durch Tarifvertrag

☆ ☆ ☆
Keine Beschäftigung Drittstaatenangehöriger

Eine Beschäftigung Drittstaatenangehöriger als Leiharbeitnehmer im Rahmen der Arbeitnehmer­über­lassung ist ausgeschlossen. Hat der Verleiher einem Dritten ausländische Arbeitnehmer überlassen, die nicht zur Ausübung einer Beschäftigung in der BRD berechtigt sind, macht er sich strafbar und muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren, in schweren Fällen sogar bis zu 5 Jahren rechnen.

Eine Straftat begeht auch der Entleiher dann, wenn er – trotz einer vorhandenen Arbeitnehmer­über­lassungs­erlaubnis des Verleihers – mehr als fünf ausländische Arbeitnehmer beschäftigt, die die Tätigkeit nicht hätten erbringen dürfen.

Grundlegende Gesetzesmodifikation

Das Recht der Arbeitnehmerüberlassung wurde zum 1. April 2017 grundlegend geändert. Ziel der Gesetzesmodifikation war in erster Linie, den festgestellten negativen Entwicklungen in der Leihar­beitsbranche entgegenwirken.

Vor der Gesetzesmodifikation wurde im Rahmen von Zeitarbeit auch die sogenannte ›Fallschirm­lösung‹ praktiziert. In diesen Fällen beantragte der Verleiher eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüber­lassung, statt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages wurde zwischen Verleiher und Entleiher aber ein als Werk­vertrag bezeichneter Vertrag vereinbart. Die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung sollte nur für den Fall vorsorgen, dass sich der sogenannte Werkvertrag in Wahrheit als verdeckte Arbeitnehmer­über­lassung herausstellte. Da der Gesetzgeber nun entsprechende Kennzeichnungs­pflichten eingeführt hat, ist eine derartige Vorgehensweise nicht mehr möglich.

Der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag dient der mit dem Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze neu eingefügte § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und ohne Änderung der bestehenden Rechtslage wurde nunmehr gesetzlich bestimmt, dass Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen werden, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen.

Bedingungen der Arbeitnehmerüberlassung
  • Erlaubnis

    Der Personaldienstleister (Verleiher) muss über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüber­lassung verfügen. Verfügt der Verleiher über eine unbefristete Erlaubnis, so ist dies als ein Indiz für seine Seriosität anzusehen.

  • Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

    Der Vertrag zwischen Entleih‑ und Verleihunternehmen wird als Arbeitnehmerüberlassungs­vertrag bezeichnet. Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag regelt alle Rahmenbe­dingungen der Arbeitnehmerüberlassung und muss dem Arbeitnehmer­überlassungsgesetz entsprechen.

  • Kennzeichnungspflicht

    Der schriftliche Vertrag zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Entleiher muss vor Beginn der Überlassung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gekennzeichnet werden.

  • Konkretisierungspflicht

    Konkretisierungspflicht bedeutet, dass der Zeitarbeitnehmer vor der Überlassung nament­lich genannt werden muss.

  • Grundsatz der Gleichstellung

    Es muss sichergestellt sein, dass die gemäß Gesetz vorgesehene Gleichstellung von Leih­arbeitskräften und Stammbelegschaft gewahrt ist.

  • Mindestarbeitsbedingungen

    Die Leiharbeitnehmer müssen korrekt eingruppiert sein.

  • Weitere wichtige Aspekte

    Gewährung von Mindestlohn, Entgeltleistungen (auch für Nichtbeschäftigungszeiten), Ur­laub, die Beachtung der Lohnuntergrenzen sowie die Abführung von Beiträgen zur Sozialver­sicherung.

☆ ☆ ☆

Von der Arbeitnehmerüber­lassung abzugrenzen ist das Tätigwerden von Erfüllungsgehilfen ins­be­son­dere im Rahmen von Werk‑, Dienst‑, Dienstverschaf­fungs‑ und Geschäftsbesorgungsverträgen.

Vertragsbeziehung → Werkvertrag

Vertragsbeziehung → Dienstvertrag

Dienstverschaffungsvertrag

Ein von der Arbeitnehmerüberlassung abzugrenzender Dienstverschaffungsvertrag kann nur dann in Betracht kommen, wenn ein Vertragspartner die Verpflichtung übernimmt, dem anderen Vertrags­part­ner nicht die Arbeitsleistung, sondern die selbständige Dienstleistung eines Dritten zu verschaffen.

Wird als Nebenleistung eines Kauf‑ oder Mietvertrages über Anlagen, Geräte, Systeme oder Pro­gramme Bedienungs‑, Wartungs‑, Montage‑ oder Einweisungspersonal überlassen (z. B. Computer und Program­me mit Einweisungspersonal, Spezialbaumaschinen mit Fahrer, Flugzeug mit Pilot), wird in aller Regel nicht von Arbeitnehmerüberlassung auszugehen sein. Maßgebend ist, »ob nach Sinn und Zweck des gemischten Vertrages die Gebrauchsüberlassung des Gerätes im Vordergrund steht und die Zurverfügungstellung des Personals nur dienende Funktion hat, indem sie den Einsatz des Gerätes erst ermöglichen soll, oder ob der Vertrag schwerpunktmäßig auf die Verschaffung der Arbeitsleistung des Personals gerichtet ist und die Überlassung des Gerätes demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung hat.« Wird schwerpunktmäßig die Beschaffung der Arbeitsleistung als Ziel verfolgt und hat die Über­lassung des Gerätes dabei nur untergeordnete Bedeutung oder ist sie selbständiger Hauptzweck, liegt Arbeitnehmerüberlassung vor.

Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB)

Vom Werkvertrag zu unterscheiden ist der Geschäftsbesorgungsvertrag, der auf eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art gerichtet ist und eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (z. B. Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Prozessführung, Auftrag an eine Werbefirma eine Werbeaktion mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln durchzuführen).

☆ ☆ ☆
Abgrenzung zur Arbeitsvermittlung

Eine Künstleragentur ist ein Personalvermittler, der passendes Personal an Arbeitgeber vermittelt. Die private Arbeitsvermittlung ist seit dem 27. März 2002 nicht mehr erlaubnispflichtig.

Im Bereich der Medienwirtschaft ist eine Vielzahl von Vermittlungsagenturen tätig, die mit den Auf­tragnehmern im Bereich der Medienwirtschaft verschiedenartige Vertragsverhältnisse eingehen.

Im Rahmen des Vertragsverhältnisses übernimmt die Agentur meist auch die Abrechnung mit dem Auftraggeber und nimmt das Honorar für den Auftragnehmer entgegen. Für die von ihr erbrachten Leis­tungen behält die Agentur regelmäßig einen vorher vereinbarten prozentualen Anteil vom Honorar als sogenannte ›Agentenprovision‹.

Vermittlung der Arbeitsleistung

Während der ›Leiharbeitnehmer‹ bei dem Verleihunternehmen beschäftigt ist, wird zwischen der Agen­tur und dem zu vermittelnden Künstler häufig kein Beschäftigungsverhältnis begründet.

Schließt ein Auftragnehmer (z. B. Fotomodelle, Schauspieler, Komparsen) mit einer Künstleragentur einen Agenturvertrag zur Vermittlung seiner Leistung, so nimmt die Künstleragentur in der Regel ledig­lich die Interessen des Auftragnehmers wahr und vertritt seine Rechte gegenüber dem Auftrag­geber (z. B. Veranstalter oder Filmproduktion). Wird der Auftragnehmer im Rahmen eines Beschäf­tigungs­verhältnisses beim Auftraggeber tätig, so ist dieser für die Erfüllung der Arbeitgeber­pflichten, wie z. B. Prüfung der Versicherungspflicht, Erstattung von Meldungen und Abführung von Beiträgen, verant­wortlich.

Konzertvertrag/Aufführungsvertrag

Ein Konzert‑ oder Aufführungsvertrag wird zwischen dem Veranstalter und den auftretenden Musikern oder Künstlern geschlossen. Im Konzert‑ oder Aufführungsvertrag sind die Rechte und Pflichten des Künstlers und des Veranstalters geregelt.

Handelt es sich um eine selbständige künstlerische oder publizistische Leistung, so ist die Künstler­sozialabgabe zu entrichten. Grundsätzlich muss derjenige die Künstlersozialabgabe zahlen, der mit dem Künstler/Publizisten direkt in vertraglicher Beziehung steht.

Schließt eine Agentur bzw. ein Vermittler Veranstaltungsverträge lediglich als Vertreter des Künst­lers bzw. Publizisten ab, kommt der Vertrag zwischen dem Künstler/Publizisten und dem anderen Vertrags­partner (z. B. dem örtlichen Veranstalter) zustande. Handelt es sich bei dem anderen Vertragspartner um ein abgabepflichtiges Unternehmen, so ist dieser zur Meldung der Entgelte an die Künstlersozial­kasse und hat die Künstlersozialabgabe zu entrichten. Betreibt der andere Vertragspart­ner hingegen kein abgabepflichtiges Unternehmen, ist die Agentur bzw. der Vermittler selbst zur Zahlung der Künst­lersozialabgabe verpflichtet.

Sonstige Veranstalter → Vertretungsgeschäft

SVMWIndex k2s4a1

Verleiher im Sinne des AÜG

Leitsatz
  1. Verleiher im Sinne des AÜG ist derjenige Arbeitgeber, der Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) einem Drit­ten im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlässt, unabhängig davon, ob er Erwerbszwecke verfolgt oder nicht.

Verleiher kann jeder sein, der auch Arbeitgeber sein kann (z. B. natürliche und juristische Personen, Personengesellschaften).

Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers

Zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer besteht ein reguläres Arbeitsverhältnis aufgrund dessen der Verleiher als Hauptleistungspflicht die Lohnzahlung schuldet. Der Verleiher hat mit der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers die Arbeitgeberpflichten, insbe­sondere nach dem Arbeits‑, Steuer‑ und Sozialversicherungsrecht zu übernehmen. Als Arbeitgeber entscheidet der Verleiher über Urlaubs­gewäh­rung, Abmahnungen und Kündigungen.

Vertragsbeziehung → Arbeitsvertrag

Das Nachweisgesetz verpflichtet die Verleiher als Arbeitgeber den bei ihnen tätigen Leiharbeitnehmern einen schriftlichen Arbeitsnachweis auszuhändigen, der alle wesentlichen Arbeitsbedingungen festhält. Der § 11 AÜG enthält zusätzlichen Nachweispflichten. Ab 1. August 2022 muss auch ein Nachweis über die Identität der entleihenden Unternehmen vorhanden sein. Ferner wird der Entleiher nach § 13a Abs. 2 AÜG ab 1. August 2022 verpflichtet, Leiharbeitnehmern, die ihm mindestens sechs Monate überlassen sind und die in Textform ihren Wunsch nach Abschluss eines Arbeitsvertrages anzeigen, eine begründete Antwort in Textform innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige zu übermitteln.

Arbeitsvertrag → Nachweis der Vertragsbedingungen

Bei der Arbeitnehmerüber­lassung bleiben die Mitarbeiter auch während des Einsatzzeitraums bei dem jeweiligen Entleiher bei dem Verleiher angestellt. Der Verleiher ist als Beitragsschuldner verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für alle seine angestellten Mitarbeiter (auch für den Zeitraum, in dem er diese verleiht) an die zuständige Krankenkasse zu zahlen. Er haftet als Schuldner des Gesamt­sozialversicherungsbeitrags (Arbeitgeber und Arbeitnehmeranteile) für die Abführung der Sozialver­siche­rungs­beiträge. Nur der Verleiher hat die im DEÜV‐Meldeverfahren üblichen Meldungen zur Sozial­ver­sicherung zu erstatten. Den Entleiher trifft keine Meldeverpflichtung.

Eingliederung in den Betrieb des Entleihers

Der Leiharbeitnehmer ist für einen bestimmten Einsatzzeitraum für ein Kundenunternehmen (Ent­leiher) tätig. Der Verleiher regelt die Rahmenbedingungen dieses Einsatzes mit dem Kunden in einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.

Bei einem Leiharbeitsverhältnis erfolgt eine Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers, ohne dass zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis begrün­det wird. Auch wenn ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer nicht zustande kommt, hat der Entleiher – in den Grenzen des Überlassungsvertrages – das Direktionsrecht, das heißt, der Leiharbeitnehmer hat seine Weisungen zu befolgen. Bei Arbeitnehmerüberlassung fallen damit Arbeitsvertrag und Arbeitsleistung auseinander.

Das Leiharbeitsverhältnis

Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

↙ ↘

Der Verleiher

Der Entleiher

↓ ↓

muss eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis haben.

zahlt die vereinbarte Vergütung für das Über­lassen der Arbeitskräfte an der Verleiher.

↓ ↓

ist der Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer und hat alle Arbeitgeberpflichten.

wird bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung zum Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer.

↓ ↓

überlässt dem Entleiher die Leiharbeitnehmer auf der Grundlage des Überlassungsvertrages.

gliedert die Leiharbeitnehmer in die eigene Betriebsorganisation ein ohne selbst Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer zu werden.

↓ ↓

zahlt das Entgelt an den Leiharbeitnehmer und ist Schuldner des GSV‐Beitrags.

haftet als Gesamtschuldner mit für die Sozialversicherungsbeiträge.

Kein Ketten‑, Zwischen‑ oder Weiterverleih

Ketten‑, Zwischen‑ oder Weiterverleih sind nicht gestattet, da ein Leiharbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG nur verliehen und vom Entleiher eingesetzt werden darf, wenn ein Arbeitsvertragsver­hältnis mit dem Verleiher besteht.

Kein ›Selbstverleih‹

Beim sogenannten Selbstverleih besteht Personenidentität zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer. Ein ›Selbstverleih‹ ist rechtlich nicht möglich, da die Arbeitnehmerüberlassung immer ein Dreiecks­verhältnis (Verleiher, Leiharbeitnehmer und Entleiher) voraussetzt.

SVMWIndex k2s4a2

Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis

Leitsätze
  1. Die grundsätzlich auf ein Jahr befristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung wird von der Bundesanstalt für Arbeit ausgestellt.

  2. Besitzt der Verleiher keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, sind die Verträge zwi­schen dem Verleiher und Entleiher sowie zwischen dem Verleiher und Leiharbeit­nehmern unwirksam.

Nur wenige Fallgestaltungen sind generell von der Anwendung des AÜG und damit auch von der Er­laubnispflicht ausgenommen.

Kein Erfordernis der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
  • Überlassungen im selben Wirtschaftszweig um Kurzarbeit oder Entlassung zu vermeiden, wenn ein Tarifvertrag dies vorsieht.

  • Abordnungen zu einer Arbeitsgemeinschaft zur Herstellung eines Werks.

  • Konzerninterne Überlassungen, wenn Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.

  • Gelegentliche Überlassungen zwischen Arbeitgebern, wenn Arbeitnehmerin oder Arbeit­nehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.

  • Einer sogenannten Personalgestellung im öffentlichen Dienst, die aufgrund eines Tarifver­trags vorgenommen wird.

  • Überlassungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sofern Tarifverträge des öffentlichen Rechts oder Regelungen der öffentlich‐rechtlichen Reli­gionsgemeinschaften zur Anwendung kommen.

  • Verleih ins Ausland in ein aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen gegründetes deutsch‐ausländisches Gemeinschaftsunternehmen.

Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit

Für die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern bedarf es einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit. Die Erlaubnis kann – auch nachträglich – mit Auflagen verbunden werden, um sicherzu­stellen, dass keine Tatsachen eintreten, die nach § 3 AÜG die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen.

Die Erlaubnis wird auf ein Jahr befristet erteilt. Sie kann unbefristet erteilt werden, wenn der Verleiher drei aufeinander folgende Jahre lang erlaubt tätig war. Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung und Verlängerung der Erlaubnis wird vom Antragsteller eine Gebühr erhoben.

Verfügen Personaldienstleister über eine unbefristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, so ist dies grundsätzlich ein Indiz für die Zuverlässigkeit des Verleihers, denn diese wird von der Agentur für Arbeit erst nach drei Jahren Tätigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ausgestellt.

Zur weiteren Eigensicherung sollte sich der Entleiher auch die sogenannten Unbedenklichkeitsbeschei­nigungen der Krankenkasse, der Berufsgenossenschaft und des Finanzamtes von dem Personaldienst­leister vorlegen lassen. Diese Bescheinigungen bieten zwar letztlich keinen ›Freibrief‹ für den Entleiher, weil ihnen lediglich zu entnehmen ist, ob für die bei der Krankenkasse gemeldeten Zeit­arbeitnehmer gemäß den vom Verleiher selbst erstellten Beitragsnachweisen Sozialversicherungsbei­träge entrichtet wurden. Nicht sichergestellt ist damit, ob der Verleiher tatsächlich auch als Leiharbeitnehmer ange­meldet und in den Beitragsnachweisen erfasst hat. Insoweit befreien sie auch den Entleiher nicht von seiner Haftung nach § 28e Abs. 2 SGB IV.

Geltungsbereich der Erlaubnispflicht des AÜG

Räumlich beschränkt sich der Geltungsbereich der Erlaubnispflicht des AÜG nach dem Territorialitäts­prinzip auf die Bundesrepublik Deutschland. Hierzu gehören auch unter der Bundesflagge fahrende Schiffe und Luftfahrzeuge. Innerhalb Deutschlands gilt das AÜG für das Tätigwerden einheimischer wie ausländischer Verleiher gleichermaßen. Erfasst wird daher der Verleih in Deutsch­land, sowie nach Deutschland hinein und aus Deutschland heraus. Nicht erfasst ist der Verleih durch einen auslän­dischen Verleiher an einen inländischen Entleiher, wenn der Leiharbeitnehmer ausschließlich im Aus­land eingesetzt wird.

☆ ☆ ☆
Keine Arbeitnehmerüberlassung in der Fleischwirtschaft

Im Bereich der Schlachtung und Zerlegung sowie im Bereich der Fleischverarbeitung dürfen Unter­nehmen seit dem 1. Januar 2021 nur noch eigene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern war bis zum 31. März 2021 zulässig. Werkverträge sind in den eingangs erwähnten Bereichen der Fleischwirtschaft seit dem 1. Januar 2021 verboten.

Zur Abdeckung saisonaler Auftragsspitzen in der Fleischverarbeitung wurde ausschließlich für diesen Bereich eine befristete Ausnahmeregelung geschaffen. Die Ausnahmeregelung für den Bereich der Fleischverarbeitung gilt seit dem 1. April 2021 und ist auf drei Jahre befristet. Ab dem 1. April 2024 ist Leiharbeit dann auch im Bereich der Fleischverarbeitung nicht mehr zulässig. In anderen Bereichen, wie z. B. in der Verwaltung, ist der Einsatz von Fremdpersonal weiterhin zulässig.

Leiharbeit in der Fleischverarbeitung bis zum 31. März 2024

Für die Arbeitnehmerüberlassung in die Fleischverarbeitung gilt das Arbeitnehmerüber­lassungs­gesetz mit spezifischen Maßgaben. In der Fleischverarbeitung ist Leiharbeit nach § 6a Abs. 3 GSA Fleisch nur noch bis zum 31. März 2024 unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  1. Es kommt ein Tarifvertrag der Einsatzbranche zur Anwendung, der den Einsatz von Leih­arbeitnehmern zulässt.

  2. Der Tarifvertrag legt fest, dass das kalender­jähr­liche Arbeitszeitvolumen der in der Fleisch­verarbeitung eingesetzten Leiharbeitnehmer maximal 8 Prozent des kalender­jähr­lichen Arbeitszeitvolumens der in der Fleischverarbeitung tätigen Stammbelegschaft des Entleihers betragen darf. Außerdem darf das kalenderjährliche Ar­beits­zeitvolumen von Leiharbeit­nehmern in der Fleisch­verarbeitung nicht höher sein als das regelmäßige ver­tragliche kalen­der­jährliche Ar­beits­zeitvolumen von 100 in Vollzeit in der Fleischverarbeitung beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Inhabers.

  3. Die Überlassungshöchstdauer ist auf 4 Monate beschränkt. Frühere Einsätze beim Entleiher zählen mit, wenn sie bis zu 6 Monate zurückliegen. Nach Ablauf der Überlassungs­höchstdauer ist der erneute Einsatz bei demselben Entleiherin der Fleischverarbeitung erst nach mehr als 6 Monaten wieder zulässig. In der Fleischverarbeitung ist das Abweichen von der 4‐monatigen Überlassungshöchstdauer durch Tarifvertrag nicht möglich..

    Die Einhaltung der in der Fleischwirtschaft geltenden Überlassungshöchstdauer wird von der Bundesagentur für Arbeit (Aufgabengebiet Arbeitnehmerüberlassung) geprüft.

  4. Für Leiharbeitnehmer in der Fleischverarbeitung gelten vom ersten Tag der Überlassung an zwingend die gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen (einschließlich des Arbeitsentgelts) wie für die Stammbelegschaft des Entleihers. Ein Abweichen durch Tarifvertrag ist nicht möglich.

  5. Zur Fleischverarbeitung zählen alle Tätigkeiten der Weiterverarbeitung von beim Schlachten gewonnenen Fleischprodukten zur Herstellung von Nahrungsmitteln. Mit umfasst ist die Portionierung und Verpackung. Zur Verpackung gehört auch die Kartonierung, bei der her­gestellte Fleischprodukte versandfertig gemacht werden. Tätigkeiten, die nach Abschluss des Produktionsprozesses erfolgen, z. B. der Transport versandfertiger Fleischprodukte in ein Zwischenlager sind nicht umfasst.

  6. Unternehmensinhaber in der Fleischwirtschaft (Entleiher) sind verpflichtet, die Behörden der Zollverwaltung darüber zu informieren, dass sie Leiharbeitnehmerinnen oder Leih­arbeit­nehmer in ihrem Betrieb einsetzen. Sie müssen den Behörden der Zollverwaltung unter anderem den Verleiher, Beginn und Ende der Überlassung mitteilen.

  7. Die Teams Arbeitnehmerüberlassung der Bundesagentur für Arbeit dokumentieren die von den Behörden der Zollverwaltung übermittelten Anzeigen nach § 6a Abs. 3 Satz 5 GSA Fleisch, die bei Verleihern mit Verleih in die Fleischwirtschaft durchgeführten Betriebs­prüfungen sowie die Fälle mit Verdacht auf Missbrauch bzw. Verdacht einer Ordnungs­widrigkeit in einem zur Verfügung stehenden Excel‐Tool.

Unabhängig von der Anzahl der regelmäßig Beschäftigten gelten diese Einschränkungen nur für Betriebe, in denen überwiegend geschlachtet, Fleisch zerlegt oder verarbeitet wird. Die Gesamt­arbeitszeit aller im jeweiligen Kalenderjahr im Unternehmen in den Bereichen Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung eingesetzten Beschäftigten muss mehr als 50 Prozent umfassen.

Das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit gilt nach § 2 Abs. 2 GSA Fleisch nicht für das Flei­scher­handwerk (handwerksmäßig betriebene Unternehmen, die in der Regel bis zu 49 Personen beschäf­tigen).

☆ ☆ ☆
Arbeitnehmerüberlassung in der Baubranche

Die Überlassung durch ein klassisches Zeitarbeitsunternehmen in das Bauhauptgewerbe ist gemäß § 1b AÜG untersagt. Zulässig ist die Überlassung nur, wenn sie ausschließlich zwischen Betrieben des Baugewerbes stattfindet.

Zusätzlich ist im AÜG festgelegt, dass nur innerhalb des jeweils einschlägigen der fünf Bau­tarif­bereiche Baugewerbe, Abbruchgewerbe, Gerüstbaugewerbe, Dachdeckerhandwerk sowie Garten ‑ und Land­schaftsbau Arbeitnehmerüberlassung betrieben werden darf. So kann z. B. ein Gerüstbaubetrieb an einen Gerüstbaubetrieb Personal überlassen darf.

Sogenannte ›Kollegenhilfe‹

Betriebe aus demselben Wirtschaftszweig können statt Leiharbeit auch die sogenannte ›Kollegenhilfe‹ in Anspruch nehmen. ›Kollegenhilfe‹ zwischen Baubetrieben ist eine vom Gesetzgeber privilegierte Form zur zulässigen Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe Arbeitnehmerüberlassung im Bau­ge­wer­be, die sich aus § 1b Satz 2 AÜG ableitet.

›Kollegenhilfe‹

Es ist zu differenzieren zwischen der anzeigepflichtigen und der erlaubnispflichtigen Kollegen­hilfe.

Erlaubnispflichtige ›Kollegenhilfe‹

Erlaubnispflichtige Kollegenhilfe leitet sich aus § 1b AÜG ab und ist möglich zwischen

  • Betrieben des Baugewerbes und anderen Betrieben, wenn diese Betriebe erfassende, für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge dies bestimmen,

  • Betrieben des Baugewerbes, wenn der verleihende Betrieb nachweislich seit mindestens drei Jahren von denselben Rahmen‑ und Sozialkassentarifverträgen oder von deren Allgemein­verbindlichkeit erfasst wird.

Maßgebend ist, dass sowohl der Verleiher und der Entleiher als Baubetriebe überwiegend Bauleistungen ausführen. Das setzt allgemein voraus, dass über die Hälfte der betrieblichen Leistungserbringung auf Bauleistungen entfällt. Überlässt ein Betrieb überwiegend Arbeit­nehmer, kann er demnach kein Baubetrieb sein. Selbst wenn überwiegend Arbeitnehmer an Baubetriebe überlassen werden, liegt der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit in diesem Falle nicht mehr in der Erbringung von Bauleistungen, sondern in der Überlassung von Arbeits­kräften.

Bei erlaubnispflichtiger Kollegenhilfe sind die Regelungen im Sinne des Baugewerbes gleicher­maßen für die Gewerbe des Dachdeckerhandwerks, Gerüstbauerhandwerks sowie für den Garten‑ und Landschaftsbau (Galabau) anzuwenden.


Anzeigepflichtige ›Kollegenhilfe‹

Anzeigepflichtig ist nach § 1a AÜG die Kollegenhilfe auch zwischen Baubetrieben, wenn

  • sowohl der Verleiher als auch der Entleiher Baubetriebe sind,

  • der Verleiher weniger als 50 Arbeitnehmer beschäftigt,

  • im Verleihbetrieb die konkrete und begründete Gefahr von Kurzarbeit oder Entlassungen besteht.

  • Vor Beginn der ›Kollegenhilfe‹ ist eine schriftliche Anzeige bei der zuständigen Bundes­agentur für Arbeit erforderlich. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Betriebssitz des Verleiherbetriebs. Bei Verweis auf Vermeidung von Kurzarbeit bedarf es einer Schilderung zur betrieblichen Situation zur Begründung.

☆ ☆ ☆
(Illegale) Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis

Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern sind unwirksam, wenn der Verleiher die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht besitzt. Sofern der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam ist, gilt gemäß § 10 Abs. 1 AÜG der Entleiher als Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer. Somit gehen alle melde‑ und beitragsrechtlichen Pflichten auf den Entleiher über.

Überlassung ›freier Mitarbeiter‹ (Scheinselbständigkeit)

Wird dem Auftraggeber von einer Agentur ein sogenannter ›freier Mitarbeiter‹ überlassen und erbringt dieser keine selbständige Leistung, sondern ist in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert, so liegt ein Fall der ›Scheinselbständigkeit‹ vor. Aufgrund der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wird der Auftraggeber automatisch zum Entleiher des Beschäftigten, was zur Folge hat, dass er ge­samt­schuldnerisch für die abzuführenden Beiträge zur Sozialversicherung haftet.

Vertragsbeziehung → Folgen der Scheinselbständigkeit

Das Anfrageverfahren → Statusfeststellung im Dreiecksverhältnis ab 1.  April 2022

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Ordnungswidrigkeit (Bußgeld)

Handelt es sich um einen Fall der illegalen Arbeitnehmerüberlassung, kann dies mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro belegt werden. Hat der Verleiher durch diese Tat einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann auch ein höhere Bußgeld verhängt werden.

Auch der Entleiher, der ohne Erlaubnis einen Arbeitnehmer entleiht begeht eine Ordnungswidrigkeit, die bis zu 30.000 Euro Bußgeld nach sich ziehen kann. Im Falle des Einsatzes von ausländischen Arbeitnehmern, die die Tätigkeit nicht hätten erbringen dürfen, kann die Geldbuße bis zu 500.000 Euro betragen – und das auch dann, wenn die Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit vorgelegen hat.

Ordnungswidrigkeit (Bußgeld) in der Fleischwirtschaft
  • Wer anderen die Nutzung eines Schlacht‑ oder Fleischereibetriebes gestattet und weiß oder wissen muss, dass gegen das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal verstoßen wird, handelt ordnungswidrig. Der Tatbestand umfasst insbesondere die Ge­stat­tung im Rahmen von Miet‑ und Pachtverhältnissen. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zu­stän­dig.

  • Wer anderen die Nutzung eines Schlacht‑ oder Fleischereibetriebes gestattet und weiß oder wissen muss, dass gegen die in der Fleischwirtschaft geltende Überlassungshöchstdauer verstoßen wird, handelt ordnungswidrig. Der Tatbestand umfasst insbesondere die Ge­stat­tung im Rahmen von Miet‑ und Pachtverhältnissen. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zu­stän­dig.

  • Wer als Entleiher gegen die Pflichten zur elektronischen und manipulationssicheren Auf­zeichnung der Arbeitszeiten von Leiharbeitnehmern oder gegen seine Pflichten zur elek­tro­nischen Aufbewahrung der aufgezeichneten Arbeitszeiten verstößt, handelt ordnungs­wid­rig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet wer­den. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollver­waltung zuständig.

    Mindestlohn → Arbeitgeber und Entleiher in der Fleischwirtschaft

  • Wer als Entleiher Leiharbeitnehmerinnen oder Leiharbeitnehmer in der Fleischwirtschaft tätig werden lässt und dabei gegen das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal verstößt, handelt ord­nungs­widrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig.

  • Wer als Verleiher Leiharbeitnehmerinnen oder Leiharbeitnehmer an einen Entleiher in der Fleischwirtschaft überlässt und dabei gegen das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal verstößt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden . Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig.

  • Wer als Verleiher Leiharbeitnehmerinnen oder Leiharbeitnehmer an einen Entleiher in der Fleischwirtschaft überlässt und dabei gegen die Überlassungshöchstdauer verstößt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung ist die Bundesagentur für Arbeit (Aufgabengebiet OWig) zuständig.

  • Wer als Entleiher Leiharbeitnehmerinnen oder Leiharbeitnehmer in der Fleischwirtschaft tätig werden lässt und dabei gegen die Überlassungshöchstdauer verstößt, handelt ord­nungs­widrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig.

  • Wer als Entleiher seiner Pflicht zur Anzeige der Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen oder Leiharbeitnehmern in der Fleischwirtschaft bzw. zur Anzeige von Änderungen nicht ordnungsgemäß nachkommt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Für die Verfolgung und Ahndung sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig.

SVMWIndex k2s4a3

Arbeitnehmerüberlassungsvertrag

Leitsatz
  1. Entspricht der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag den gesetzlichen Vorgaben, kann der Ver­tragsinhalt von den Vertragsparteien grundsätzlich frei bestimmt werden.

Der Überlassungsvertrag stellt die wesentliche rechtliche Verbindung zwischen dem Personaldienst­leister und dem Entleiher dar. Der Inhalt des Überlassungsvertrages unterliegt gesetzlichen Bestim­mungen. Entspricht der Vertrag den gesetzlichen Vorgaben, kann der Vertragsinhalt von den Vertrags­parteien grundsätzlich frei bestimmt werden. Es besteht die Möglichkeit den Überlassungs­vertrag als Rahmenvertrag abzuschließen, wobei die Angaben über die Arbeitnehmer nur in den jeweiligen Auf­tragsbestätigungen enthalten sind. Die rechtliche Form des Überlassungsvertrages wird durch die Bun­desagentur für Arbeit geprüft.

Der Verleiher schuldet aus dem Überlassungsvertrag die Bereitstellung eines leistungsfähigen und leis­tungsbereiten Arbeitnehmers für die gesamte Dauer des vereinbarten Überlassungszeitraums. Soweit der Verleiher den Überlassungsvertrag einseitig vorgibt, ist genau zu prüfen, welche Rege­lungen für den Ausfall des Leiharbeitnehmers getroffen sind.

Schriftformerfordernis

Das Gesetz sieht zwingend die Schriftform für den Überlassungsvertrag vor. Zu beachten ist, dass sich das Formerfordernis nicht nur einmalig auf die grundsätzliche Vereinbarung bezieht, sondern jede Überlassung für sich schriftlich fixiert werden muss.

Bei Nichtbeachtung der Form wird der Vertrag nichtig, d. h. der gesamte Vertrag gilt rechtlich als nicht geschlossen. Dies gilt auch, soweit nur eine einzelne, zwingende Angabe fehlt. Aus dem formnichtigen Vertrag können die Parteien keinerlei Ansprüche geltend machen.

Der Verleiher hat gemäß § 12 Abs. 1 AÜG zu erklären, ob und in welchem Umfang er die Erlaubnis besitzt. Der Verleiher hat den Entleiher unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis zu unterrichten. In den Fällen der Nichtverlängerung, der Rücknahme oder des Widerrufs, hat er ihn fer­ner auf das voraussichtliche Ende der Abwicklung und die gesetzliche Abwicklungsfrist hinzu­weisen.

Überlassungsvertrag

Die wesentlichen Inhalte des Überlassungsvertrages

↙ ↓ ↘

Erlaubnis

Tätigkeitsmerkmale

Arbeitsbedingungen

Die wesentlichen Inhalte des Überlassungsvertrages (§ 12 AÜG)
  • Erklärung des Verleihers über die Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern.

  • Merkmale der Tätigkeit des Zeitarbeitnehmers und die erforderliche berufliche Qualifikation.

  • Geltung der Arbeitsbedingungen beim Entleiher, sofern kein Tarifvertrag angewandt wird.

SVMWIndex k2s4a4

Gesetzliche Höchstüberlassungsdauer

Leitsatz
  1. Die Arbeitnehmerüberlassung ist arbeitnehmerbezogen, d. h. die Regelungen zur Überlas­sungsdauer beziehen sich auf den betreffenden Arbeitnehmer.

Werden Arbeitnehmer gewerbsmäßig oder gelegentlich nicht gewerbsmäßig einem anderen Unter­nehmen (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen, so bleibt der Verleiher grundsätzlich Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer.

Bis zum 31. März 2017 sah das Gesetz keine konkrete zeitliche Begrenzung für die Überlassung an einen Entleiher vor. Der Gesetzgeber hatte aber mit dem Begriff ›vorübergehend‹ bereits zum Aus­druck gebracht, dass eine Überlassung an einen Entleiher immer nur temporär erfolgen darf. Die Leiharbeitnehmerüberlassungsverträge mussten bis zum 31. März 2017 daher eine Rückkehr‑ bzw. zumindest eine Wechseloption für die Leiharbeitnehmer enthalten. Mit der Novellierung des Arbeitneh­mer­überlassungsgesetzes wurde ab 1. April 2017 erstmals eine konkrete Höchstüberlassungsdauer von grundsätzlich 18 Monaten eingeführt.

Bei Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer wird mit dem folgenden Tag ein wirksames Arbeits­verhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher fingiert, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher fest­hält.

Unterbrechung der Überlassung

Eine insgesamt längere Verleihdauer an den denselben Entleiher ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Überlassung für mindestens 3 Monate und 1 Tag unterbrochen wird. Dies erfolgt durch Been­di­gung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Erfolgt die Unterbrechung hingegen durch Krankheit oder Urlaub des Leiharbeitnehmers, so ist dies keine Unterbrechung im Sinne des § 1 Abs. 1b AÜG.

Der Inhaber der Arbeitnehmerüberlassungs­erlaubnis muss im konkreten Einzelfall feststellen, ob und in welchem Umfang ab dem 1. April 2017 zurückgelegte Zeiträume vorheriger Überlassungen an den­selben Entleiher auf die Einsatzdauer des Leiharbeitnehmers anzurechnen sind. Dies ist notwendig um beurteilen zu können, für welche Dauer der Leiharbeitnehmer tatsächlich an einen bestimmten Ent­leiher überlassen werden darf.

Abweichungen durch Tarifvertrag

Abweichungen von der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer sind ggf. durch Tarifvertrag der Einsatz­branche oder durch Betriebsvereinbarung möglich. Fällt der Betrieb des Entleihers bei Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung in den Geltungsbereich mehrerer Tarifverträge, ist auf den für die Branche des Entleihers repräsentativen Tarifvertrag abzustellen.

Um seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommen zu können, muss der Inhaber der Arbeit­neh­mer­überlassungserlaubnis feststellen, welche Überlassungshöchstdauer im konkreten Einzelfall zu beach­ten ist. Hierzu muss der Erlaubnisinhaber in Erfahrung bringen, ob für den Betrieb des Entleihers Regelungen gelten, die von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten abweichen, und wie diese ausgestaltet sind.

Der Leiharbeitnehmer kann aus dem Unionsrecht kein subjektives Recht auf Begründung eines Arbeits­verhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen ableiten. »Die Richtlinie 2008/104 ist dahin auszu­le­gen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die Tarifvertragsparteien ermächtigt, auf der Ebene der Branche der entleihenden Unternehmen von der durch eine solche Regelung fest­ge­leg­ten Höchstdauer der Überlassung eines Leiharbeitnehmers abzuweichen.« Im Hinblick auf die konkrete Beurteilung, wann eine Überlassung nicht mehr ›vorüber­gehend‹ ist, bleibt der EuGH vage und sieht hier die nationalen Gerichte in der Beurteilungs­ver­antwortung.

Versagung bzw. Widerruf der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis

Sowohl die Überschreitung der grundsätzlichen Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten als auch die Überschreitung einer nach § 1 Abs. 1b Satz 3 bis Satz 8 AÜG festgelegten abweichenden Überlassungs­höchst­dauer kann die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers in Frage stellen. Dies kann die Versagung oder den Widerruf der Erlaubnis nach sich ziehen.

SVMWIndex k2s4a5

Gleichstellungsgrundsatz (Equal Treatment/Equal Pay)

Leitsätze
  1. Die gesetzliche ›Equal Pay‐Regelung‹ besagt, dass Leiharbeitnehmern grundsätzlich das gleiche Gehalt zu zahlen ist, wie Stammarbeitskräften.

  2. Ein Tarifvertrag kann grundsätzlich nur für die ersten neun Monate einer Überlassung ab­weichende Regelungen treffen.

Ist der Verleiher nicht tarifgebunden bzw. findet kein Branchentarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis mittels Inbezugnahme im Arbeitsvertrag Anwendung, hat der Leiharbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung nach dem ›equal‐pay‐Grundsatz‹.

Abweichung durch Tarifvertrag

Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen ein­schließ­lich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Equal Treatment). Der Gleich­behandlungsgrundsatz ist eine Besonderheit, die nur in der Arbeitnehmerüberlassung eine Rolle spielt. Er gewährleistet den Anspruch des Zeitarbeitnehmers auf Gleichbehandlung während seines Ein­satzes im Entleihunternehmen. Werden Leiharbeitnehmer mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Gel­tungs­bereich eines für allge­mein­verbindlich erklärten Tarifvertrages fallen, so hat der Leiharbeitnehmer neben einem Anspruch auf Einhaltung der Arbeitsbedingungen auch einen Anspruch auf Zahlung mindestens des Branchen­mindest­lohns.

›Equal Pay‹‐Anspruch

Wenn es nur darum geht, dass der Leiharbeitnehmer finanziell wie der Stammarbeitnehmer behandelt werden soll (›gleiche Arbeit, gleicher Lohn‹) dann spricht man von Equal Pay. Der Begriff ›Equal Pay‹ als solcher ist nicht definiert. Die gesetzliche ›Equal Pay‹‐Regelung besagt, dass Leiharbeitnehmern grundsätzlich das gleiche Gehalt zu zahlen ist wie Stammarbeitskräften. Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeits­bedingungen ein­schließ­lich des Arbeitsentgelts zu gewähren.

Equal Pay umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das, was der Leiharbeitnehmer erhalten würde, wenn er für die ausgeübte Tätigkeit direkt vom Entleihunternehmen eingestellt worden wäre. Der Begriff des ›Arbeitsentgelts‹ ist national zu bestimmen und weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss. Des­halb sind sämtliche auf den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Bruttovergütungs­bestandteile in den Gesamtvergleich mit einzubeziehen.

Beschäftigt der Arbeitgeber keine ›vergleichbaren Stammmitarbeiter‹, kommt ein fiktives Entgelt zum Tragen. Dieses bemisst sich an dem Betrag, den der Arbeitgeber dem Zeitarbeitnehmer für die Tätig­keit zahlen würde, wenn dieser fest bei ihm angestellt wäre.

Der Leih­arbeiter darf aber durch ›Equal Pay‹ jedoch nicht schlechter gestellt werden. Hat der Leih­arbeitnehmer einen höheren Arbeitsentgeltanspruch als der Stammarbeitnehmer kann seine Vergü­tung nicht auf Equal Pay abgesenkt und er somit schlechter gestellt werden als bisher (Besitz­stands­wahrung).

Umfang des ›Equal Pay‹‐Anspruchs
  • Sämtliche auf den Lohnabrechnungen vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers ausgewiesene Bruttovergütungsbestandteile.

  • Jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund ge­setzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (z. B. Urlaubsentgelt, Ent­geltfortzahlung, Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge sowie vermögens­wirksame Leistungen).

  • Sachbezüge, die der Entleiher seinen Stammarbeitnehmerinnen und Stammarbeitneh­mern gewährt.

☆ ☆ ☆
Abweichung durch Tarifvertrag

Leiharbeitnehmern ist grundsätzlich das gleiche Gehalt wie den Stammarbeitskräften beim Entleiher zu zahlen. Die rechtliche Grundlage für die Unterschreitung der Gleichstellung bei Zeitarbeit bildet §  8 Abs.  2 AÜG. In der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung kann von dem Gleichstellungsgrundsatz (Equal Treatment) gemäß § 8 Abs. 2 AÜG durch Anwendung eines Tarifvertrages für die Zeitarbeit (IGZ TV und BAP TV) abgewichen werden (hinsichtlich des Equal Pay jedoch nur für neun Monate). Die mögliche Abweichung durch Tarifverträge beruht auf der Erwägung, dass tarifvertragliche Rege­lungen eine hinreichende Gewähr für eine angemessene Berücksichtigung auch der Interessen der Ar­beitnehmer bieten, da grundsätzlich von der Parität der Vertragspartner ausgegangen werden kann.

Die Möglichkeit der Abweichung vom Equal‐Pay‐Grundsatz zulasten von Leiharbeitnehmern in Tarif­verträgen wurde vom Europäischen Gerichtshof grundsätzlich bestätigt. Allerdings stellte der EuGH gleichzeitig klar, dass eine Benachteiligung bei der Vergütung nur unter ›Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern‹ zulässig ist. Der Tarifvertrag muss für eine Benachteiligung bei der Vergütung als Ausgleich angemessene Vorteile in Bezug auf die wesentlichen Arbeits‑ und Beschäftigungs­bedingungen der Leiharbeitnehmer vorsehen (dazu zählen die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub und arbeitsfreie Tage).

Neun‐Monats‐Frist

Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG festgesetzten Mindest­stun­den­entgelte unter­schreitet. Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von Absatz 2 gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktien­gesetzes bildet, ausgeschieden sind.

Die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag der Zeitarbeit zur Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz setzt kein Überwiegen der Arbeitnehmerüberlassung in einem Unternehmen voraus. Auch Mischunter­nehmen ohne überwiegende Arbeitnehmerüberlassung ist eine Bezugnahme auf Tarifverträge der Zeitarbeit nicht verwehrt.

Der § 8 Abs. 2 Satz 2 AÜG erlaubt die Abweichung vom Gebot der Gewährung gleicher ›wesentlicher Arbeitsbedingungen‹ über die vorgenannte Fallgestaltung der beiderseitigen Tarifgebundenheit hinaus auch nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn diese die Anwendung der tarif­lichen Regelungen vereinbaren. Wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, kann jedoch nur bei vollständiger Inbezugnahme eines Tarifvertrages der Zeitarbeitsbranche vom ›Equal Pay‹‐Grundsatz abgewichen werden. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Ver­leiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu ge­währen.

Neun‐Monats‐Frist

Ein Tarifvertrag kann grundsätzlich nur für die ersten neun Monate einer Überlassung abweichende Regelungen treffen. Die neunmonatige Frist kann durch eine mindestens 3 Monate und 1 Tag andau­ernde Unterbrechung unterbrochen werden, sie beginnt bei anschließender Aufnahme der Arbeit neu zu laufen.

Maximal 15 Monate

Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbran­che festgelegt ist, und nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.

Branchenzuschlagstarifverträge

In bestimmten für die Zeitarbeit relevanten Branchen haben Leiharbeitnehmer aufgrund von Tarif­verträgen einen Anspruch auf Branchenzuschläge. Diese Tarifverträge gelten für alle tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen von BAP (Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister) und IGZ (Inte­res­sen­verband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen). Sie finden zudem Anwendung, wenn im Arbeitsvertrag auf die Tarifregelungen von BAP oder IGZ Bezug genommen wird.

Neben dem tariflichen Basisentgelt erhalten die Leiharbeitnehmer nach einem bestimmten Einsatz­zeitraum im selben Kundenbetrieb prozentuale Zu­schläge auf ihren eigentlichen Stundenlohn. Der Branchenzuschlag ist ein nach der Einsatzdauer gestaffelter Prozentsatz, der auf das jeweilige Stundenentgelt aufgeschlagen wird. Branchenzuschläge ermöglichen damit eine stufenweise Annähe­rung der Löhne von Zeitarbeitern an das Arbeitsentgelt vergleichbarer Stammmitarbeiter in der Ein­satzbranche. Die Höhe der Zuschläge variiert dabei nach Branche, Einsatzdauer und Qualifikation.

Nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen erhalten Leiharbeitnehmer stufenweise Aufschläge auf ihr Basisentgelt. Durch die Branchenzuschläge wird die Lohndifferenz zwischen Zeitar­beitnehmern und vergleichbaren Stammmitarbeitern der Einsatzbranche durch Gehaltsanpas­sungen reduziert. Ist ein Leiharbeitnehmer 9 Monate ununterbrochen für dasselbe Kundenunter­nehmen tätig, kann er mit einem 50 prozentigen Aufschlag auf den Einstiegslohn rechnen.

Abweichung für maximal 15 Monate

15‐Monats‐Frist

↓ ↓

Equal Pay nach 15 Monaten erreicht

Nach 6 Wochen stufenweise Branchenzuschläge

Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes

Eine Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die den Entzug der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers zur Folge haben kann und mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro bestraft werden kann.

☆ ☆ ☆
Branchenmindestlohn in der Leiharbeit (Lohnuntergrenze)

Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die zumindest auch für ihre jeweiligen in der Arbeitnehmerüberlassung tätigen Mitglieder zuständig sind (vorschlagsberechtigte Tarifvertragspar­teien) können dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorschlagen, tarifliche Mindeststunden­entgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung bundesweit in einer Rechtsverordnung ohne Zustim­mung des Bundesrates verbindlich festzusetzen.

Mit einer aufgrund des § 3a Abs. 2 AÜG erlassenen Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung (LohnUGAÜV) werden Mindeststundenentgelte als Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit festgesetzt.

Mindeststundenentgelte (1. April 2024 bis 30. September 2025
14,53 € 14,00 € 13,50 €
ab 03/2025 10/2024 bis 02/2025 04/2024 bis 09/2024

Geltungsbereich: Bundesweit (Ost‐West‐Angleichung)

Mindeststundenentgelte (1. April 2021 bis 31. März 2024)
13,50 € 13,00 € 12,43 € 10,88 € 10,45 €
01/2024 bis 03/2024 04/2023 bis 12/2023 10/2022 bis 03/2023 04/2022 bis 09/2022 04/2021 bis 03/2022

Geltungsbereich: Bundesweit (Ost‐West‐Angleichung)

Mindeststundenentgelte (1. Januar 2020 bis 31. März 2021)
10,10 € 9,88 € Zeitabschnitt ohne Mindestlohnregelung
1. Oktober 2020 bis
31. März 2021
1. September 2020 bis
30. September 2020
1. Januar 2020 bis
31. August 2020

Geltungsbereich: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg‐Vorpommern, Sachsen, Sachsen‐Anhalt, Thüringen

10,15 € 10,15 € Zeitabschnitt ohne Mindestlohnregelung
1. Oktober 2020 bis
31. März 2021
1. September 2020 bis
30. September 2020
1. Januar 2020 bis
31. August 2020

Geltungsbereich: In den übrigen Bundesländern

Mindeststundenentgelte (1. Juni 2017 bis 31. Dezember 2019)
9,66 € 9,49 € 9,27 € 8,91 €
1. Oktober 2019 bis
31. Dezember 2019
1. Januar 2019 bis
30. September 2019
1. April 2018 bis
31. Dezember 2018
1. Juni 2017 bis
31. März 2018

Geltungsbereich: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg‐Vorpommern, Sachsen, Sachsen‐Anhalt, Thüringen

9,96 € 9,79 € 9,49 € 9,23 €
1. Oktober 2019 bis
31. Dezember 2019
1. April 2019 bis
30. September 2019
1. April 2018 bis
31. März 2019
1. Juni 2017 bis
31. März 2018

Geltungsbereich: In den übrigen Bundesländern

Nach § 1 Abs. 3 MiLoG gehen die Regelungen des AEntG, des AÜG und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen dem MiLoG vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des allgemeinen Mindestlohns nach § 1 MiLoG nicht unterschreitet. Wird ein Leiharbeitnehmer in Branchen verliehen, in denen es keinen allgemein­ver­bindlich erklärten Tarifvertrag gibt, ist der Verleiher gemäß § 8 Abs. 5 AÜG verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindes­tens das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG für die Zeit der Überlassung und für Zeiten ohne Überlassung festgesetzten Branchenmindestlohn in der Leiharbeit zu zahlen.

Mindeststundenentgelte Arbeitnehmerüberlassung

Für Zeiten in denen es keinen verbindlichen Branchenmindestlohn in der Leiharbeit gibt, ist der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.

Mindestlohn → Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns

Mindestentgelt im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung

Mindestentgeltanspruch des Leiharbeitnehmers

↓  

Der Leiharbeitnehmer wird mit Tätigkeiten beschäftigt, die in den Geltungsbereich eines für allgemein­ver­bind­lich erklärten Tarifvertrages fallen.

ja→

Der Leiharbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung des jeweiligen Branchenmindestlohns (›Equal Pay‹)

Abweichung durch Tarifvertrag möglich

nein↓

Der Leiharbeitnehmer hat mindestens einen Anspruch
auf das in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG festgesetzte Mindeststundenentgelt.

Mindeststundenentgelte Arbeitnehmerüberlassung

Für Zeiten in denen es keinen verbindlichen Branchenmindestlohn in der Leiharbeit gibt, ist
der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.

Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns

Nichteinhaltung (Entstehungsprinzip)

Im Beitragsrecht der Sozialversicherung gilt (für laufendes Entgelt) das Entstehungsprinzip. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach dieser Vorschrift, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch ist deswegen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt.

Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer den ihm zustehenden – höheren – Arbeitsentgeltanspruch gegen­über dem Arbeitgeber auch geltend macht. Ist der Beitragsanspruch entstanden, ist sein weiteres Schicksal unabhängig von der Durchsetzung oder Durchsetzbarkeit des arbeitsrechtlichen Vergütungs­anspruchs. Auch wenn der Arbeitnehmer seinen Zahlungsanspruch nicht durchsetzt oder nicht durch­setzen kann, beispielsweise weil dem tarifliche Ausschlussklauseln entgegenstehen, bleibt der Beitrags­anspruch hiervon unberührt.

Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge ist der Ar­beits­entgeltanspruch, den der Leiharbeitnehmer beanspruchen kann. Hat der Arbeitgeber ein zu geringes Arbeitsentgelt gezahlt, kann dies im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung hohe Beitragsnach­for­derungen nach sich ziehen.

SVMWIndex k2s4a6

Betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmervertretungen

Leitsatz
  1. Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist der Betriebsrat zu be­teiligen.

Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist der Betriebsrat des Entleiherbe­triebs nach § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes zu beteiligen. Vor dem Einsatz von Leiharbeit­neh­mern muss der Betriebsrat des Entleiherunternehmens umfassend informiert werden. Die Unter­rich­tung umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeits­auf­gaben dieser Personen.

Der Leiharbeitnehmer darf nicht im Unternehmen tätig werden, wenn der Entleiher direkt von einem Streik betroffen ist.

Leiharbeitnehmer sind berechtigt, die Sprechstunden dieser Arbeitnehmervertretungen aufzusuchen und an den Betriebs‑ und Jugendversammlungen im Entleiherbetrieb teilzunehmen. Sie sind jedoch bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat im Entleiherunternehmen und bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretungen im Entleiherbetrieb nicht wählbar.

SVMWIndex k2s4a7

Gesamtschuldnerische Haftung

Leitsatz
  1. Der Entleiher haftet für vom Verleiher unterlassene Beitragszahlungen im Rahmen der ›Sub­sidiärhaftung‹ wie ein selbstschuldnerischer Bürge.

Grundsätzlich ist das Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Beiträge für seine Zeitarbeitnehmer zu entrichten. Erfolgt dies jedoch nicht ordnungsgemäß oder aufgrund von Insolvenz der Verleihers gar nicht, haftet der Entleiher gesamtschuldnerisch (Subsidiärhaftung).

Auch bei Vorliegen eines wirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrages sind für den Entleiher beitragsrechtliche Risiken vor­handen, da er im Falle einer vom Verleiher unterlassenen Beitragszahlung im Rahmen der ›Subsidiär­haftung‹ wie ein selbstschuldnerischer Bürge für die Sozialver­siche­rungs­beiträge haftet. Bei einer nicht erfolgten Beitragszahlung wegen Insolvenz des Zeitarbeits­unternehmens, haftet der Entleiher für den kompletten Zeitraum der Überlassung der Zeit­arbeit­nehmer.

Insolvenzgeldumlage → ›Insolvenzereignis‹

Der Begriff ›Gesamtschuld‹

Der Begriff ›Gesamtschuld‹ ist ein Rechtsbegriff, der eine gemeinschaftliche Schuld mehrerer Rechts­subjekte bezüglich einer Leistung aus einem einheitlichen Schuldverhältnis beschreibt. Sinn und Zweck der Subsidiärhaftung ist der Schutz der Zeitarbeitnehmer und der Sozialversicherungs­träger. Deshalb kann die Subsidiärhaftung auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Der Entleiher muss auch dann haften, wenn ihn kein Verschulden trifft.

Die Haftung des Entleihers beschränkt sich auf die Beitragsschulden für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist. Die Subsidiärhaftung führt dazu, dass der Entleiher für Sozial­ver­sicherungsbeiträge, Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Lohnsteuer für den kompletten Zeitraum der Über­lassung der Zeit­arbeitnehmer haftet.

Im Rahmen einer gesamtschuldnerischen Haftung ist jeder Schuldner zwar verpflichtet, die gesamte Leistung zu erbringen, die Einzugsstelle ist aber nur berechtigt, den abzuführenden Sozial­ver­sicherungsbeiträge einmal zu fordern. Der Entleiher kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Verleiher nicht unter Fristsetzung gemahnt hat und die Frist nicht ver­strichen ist.

Beiträge zur Berufsgenossenschaft

Der Unfallversicherungsträger hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus verfassungs­recht­lichen Gründen ein Ermessen, welcher der Gesamtschuldner in welchem Umfange in Anspruch genommen wird. Die Ermessensausübung und die Ermessensgründe sind im Haftungsbescheid dar­zu­legen.

Eine Ermessensentscheidung ist als solche dann rechtswidrig und auf Anfechtung hin aufzuheben, wenn der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens verletzt ist. Ermessensfehler­haft ist es, wenn die Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht nachge­kommen ist (sogenannter Ermessensnichtgebrauch) oder wenn ihr bei Ausübung des Ermessens Rechtsfehler un­terlaufen sind (sogenannter Ermessensfehlgebrauch). Dies ist zu beurteilen anhand der in den ange­fochtenen Bescheiden angegebenen Ermessensgründe.

☆ ☆ ☆
Unbedenklichkeitsbescheinigung

Zur Reduzierung des Haftungsrisikos des Entleihers sollte dieser sich vom Verleiher eine Unbe­denk­lichkeitsbescheinigung vorlegen lassen. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung bestätigt, dass der Arbeitnehmer seiner Sozialversicherungspflicht nachgekommen ist, alle gesetzlich vorgeschriebe­nen Abgaben vollständig und zeitig ausgeführt hat, dass keinerlei Beitragsrückstände vorliegen und die Melde‑ und Nachweispflichten erfüllt wurden. Eine solche Bescheinigung kann von den Berufsgeno­ssenschaften, den Finanzämtern und den Krankenkassen ausgestellt werden. Eine Unbedenklichkeits­bescheinigung bietet zwar einen gewissen Schutz, sie kann das Haftungsrisiko für den Entleiher jedoch nicht vollständig ausräumen.

☆ ☆ ☆
Zuständige Berufsgenossenschaft

Bei einer legalen Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG ist der Verleiher Unternehmer nach § 150 Abs. 1 SGB VII und haftet für die Beiträge der verliehenen Arbeitnehmer. Für die Durchführung der Unfallversicherung ist die Berufsgenossenschaft des Verleihers zuständig. Liegt hingegen eine illegale Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 9 Nr. 1 AÜG vor, wird nach § 10 Abs. 1 AÜG der Entleiher Arbeitgeber der entliehenen Personen. Zuständig für die Unfallversicherung ist in diesem Fall die Be­rufsgenossenschaft des Entleihers.

SVMWIndex k2s4a7