Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungspflicht

Besondere Beschäftigungsformen

Beschäftigung zur Berufsausbildung

Leitsätze
  1. Beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV sind die diejenigen Auszubildenden, die in der Betriebstätigkeit ausgebildet und in den Produktions‑ oder Dienstleistungspro­zess zum Erwerb von praktischen Kennt­nissen und Fertigkeiten eingegliedert sind.

  2. Der § 7 Abs. 2 SGB IV erfasst auch Beschäftigungen von Praktikanten und Volontären im Rah­men betrieblicher Berufsausbildung.

Erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres tritt in Deutschland die Volljährigkeit und damit die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit ein. Ist der Auszubildende noch minderjährig, benötigt er für den Abschluss eines Arbeitsvertrages die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Bei der Ausgestaltung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Minderjährigen sind die Bestimmungen des Jugend­arbeits­schutz­gesetzes (JArbSchG) zu beachten.

Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV

Das Berufsbildungsgesetz regelt in Deutschland die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbil­dung im Rahmen des dualen Systems, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.

Auch wenn bei der Berufsausbildung weniger die Erbringung produktiver Arbeit als vielmehr die Ver­mittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen sowie Erziehung und Bildung im Vorder­grund stehen, müssen auch im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung die allgemeinen Vorausset­zungen für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vorliegen. Beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV sind diejenigen Auszubildenden, die in der Betriebs­tätigkeit ausgebildet und in den Produktions‑ oder Dienstleistungspro­zess zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten eingegliedert sind.

Jedes Ausbildungsverhältnis im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes beginnt mit einer Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Ein Praktikum unmittelbar vor Beginn der Berufsausbildung gilt als Ausbildungszeit und wird auf die Probezeit angerechnet; dasselbe gilt für ein unmittelbar vorgeschaltetes Arbeitsverhältnis. Während der Probezeit kann jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

Das Berufsausbildungsverhältnis wird durch schriftliche Vereinbarung (Ausbildungsvertrag) begründet. Auf den Berufsausbildungsvertrag sind grundsätzlich die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvor­schriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden. Insofern entsprechen die vom Berufsbildungsgesetz geregelten Verpflichtungen des Auszubildenden den Verhältnissen, die sich typischerweise auch aus einem Arbeitsverhältnis ergeben.

Vertragsverhältnisse im Sinne des § 26 BBiG

Der § 7 Abs. 2 SGB IV dehnt den Begriff der ›vollen‹ Berufsausbildung im Sinne des § 1 Abs. 3 BBiG auf Vertragsverhältnisse im Sinne des § 26 BBiG aus, die nur auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zielen (z. B. Volontäre, Praktikanten und mit Einschränkungen auch An­lernlinge).

Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrags nach dem BBiG in einer außerbetrieb­lichen Einrichtung ausgebildet werden, stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung gleich. Die be­triebliche Berufsausbildung umfasst auch Ausbildungsverträge mit einer rechtlich selbständigen Schule, bei denen jedoch die praktische Ausbildung in einem Betrieb stattfindet. Auch Studenten, die einen dualen Studiengang absolvieren, sind Auszubildende im Sinne des Sozialversicherungsrechts.

Duale Studiengänge → Der Berufsausbildung gleichgestellt

Duales System

In der Bundesrepublik Deutschland findet Berufsausbildung überwiegend im dualen System statt, in­dem die Auszubildenden in einem Betrieb beschäftigt sind und dort den praktischen Teil ihrer Aus­bildung absolvieren, während sie begleitend für den theoretischen Teil der Ausbildung eine Berufs­schule besuchen.

Beschäftigung zur Berufsausbildung

Duales System

↓ ↓

Betrieb
Praktischer Teil

Berufsschule
Theoretischer Teil

Keine geringfügige Beschäftigung

Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, unterliegen nach Maßgabe der besonderen Vorschriften der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozial­versicherung. Die Ver­sicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen bleibt auch bei schulischen Ausbildungsphasen er­halten (z. B. Besuch der Berufsschule im Blockunterricht).

Im Hinblick auf die stärkere soziale Schutzwürdigkeit der zu ihrer Berufsausbildung betrieblich Be­schäftigten besteht auch dann Versicherungs‑ und Beitragspflicht, wenn das Ausbildungsentgelt im Bereich der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

Gegen die Sozialversicherungspflicht der zu ihrer Berufsausbildung betrieblich Beschäftigten und ihre Belastung mit Beiträgen bestehen auch bei einem monatlichen Entgelt im Bereich der Geringfügig­keitsgrenze keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung → Monatlicher Grenzwert ab 1.  Oktober 2022

Kein Übergangsbereich (Gleitzone)

Auch ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Beitragsanteil, den die zu ihrer Berufsaus­bildung betrieblich Beschäftigten zu tra­gen haben, nicht nach den Regelungen über die sogenannte ›Gleitzone‹ bemessen wird.

Übergangsbereich (Gleitzone) → Beitragsberechnung und Beitragstragung im ›Übergangsbereich‹ ab Oktober 2022

Versicherungspflicht in der gesetzlichen UV

Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für Auszubildende unabhängig von der Zahlung einer Ausbildungsvergütung. Der Unfallversicherungs­schutz besteht auch für die Zeit des Berufsschulunterrichts. Die Beiträge zur Unfallversicherung, deren Höhe sich nach der Gefahren­klasse des Betriebes richtet, zahlt der Arbeitgeber allein.

☆ ☆ ☆
Die Ausbildungsvergütung

Die Entlohnung der Auszubildenden stellt noch keinen marktorientierten Gegenwert für die erbrachte Leistung dar. Deshalb hat die Höhe der Ausbildungsvergütung grundsätzlich keinen Einfluss auf die Versicherungspflicht der Auszubildenden.

Die Beiträge für Auszubildende werden von der Ausbildungsvergütung berechnet und sind je zur Hälfte von den Arbeitgebern und den Auszubildenden zu tragen.

Der Mindestlohn gilt nicht für Auszubildende. Allerdings hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2020 auch eine Mindestvergütung für die Auszubildende eingeführt. Von der Neuregelung profitieren jedoch nur die Auszubildenden, die ihre Ausbildung nach dem 31. Dezember 2019 begonnen haben.

Mindestentgelt → Ausnahmen vom Mindestlohnanspruch

Mindestentgelt → Mindestvergütung für neue Ausbildungsverhältnisse ab 2020

›Geringverdienergrenze‹

Wegen der ab 2020 eingeführten Mindestvergütung für Auszubildende verliert die sozialversiche­rungs­rechtliche Geringverdienergrenze immer mehr an Bedeutung.

In den seltenen Fällen, in denen das monat­liche Arbeitsentgelt eines Auszubildenden die Geringver­die­ner­grenze von 325,00 Euro nicht übersteigt, hat der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge allein zu tragen. Der Betrag von 325,00 Euro ist ein statischer Grenzwert, für den eine jährliche Dynamisierung nicht vorgesehen ist. Bei Geringverdienern ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, den Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegever­siche­rung zu tragen, wenn der Auszubildende das 23. Lebensjahr vollendet hat.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Beitragszuschlag für Kinderlose in der gesetzlichen PV

Der § 242 Abs. 3 Nr. 6 SGB V legt für die Geringverdiener im sozialversicherungsrechtlichen Sinne als Zusatzbeitrag den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz fest.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Entwicklung des durchschnittlichen KV‐Zusatzbeitrags

Beitragstragung (Geringverdienergrenze)

Neben seinem AG-Anteil
hat der Arbeitgeber zu übernehmen

↙ ↓ ↘

AN-Anteil
am GSV‐Beitrag

Zusatzbeitrag KV
(durchschnittlicher Zusatzbeitrag)

Beitragszuschlag zur PV
für Kinderlose (ggf.)

Tritt eine Überschreitung des monatlichen Grenzbetrages z. B. aufgrund einer Ver­gütung für geleistete Mehrarbeit ein, tragen Auszubildender und Arbeitgeber vom gesamten Entgelt jeweils zur Hälfte die Beiträge. Wird der Grenzwert von 325,00 Euro hingegen lediglich durch eine Einmalzahlung über­schrit­ten, tragen Auszubildender und Arbeitgeber nur den Beitrag von dem 325,00 Euro übersteigenden Teil des Arbeitsentgelts jeweils zur Hälfte.

Beispiel

Geringverdienergrenze = 325,00 Euro

Entgelt         = 300,00 Euro

Einmalbezug = 250,00 Euro

Bewertung:
Geringverdienergrenze = 325,00 €

Die Beiträge werden vom Arbeitgeber allein getragen.

Differenz zur Geringverdienergrenze:
550,00 € − 325,00 €   = 225,00 €

Die Beiträge werden vom Arbeitgeber und dem Auszubildenden je zur Hälfte getragen.

Auszubildende ohne Entgeltanspruch

Wegen der ab 2020 eingeführten Mindestvergütung für Auszubildende sind unbezahlte Ausbildungsver­hält­nisse grundsätzlich nicht mehr zulässig. Die nachfolgenden gesetzlichen Regelungen haben daher nur noch eine theoretische Bedeutung.

In der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung werden Auszubildende ohne Arbeits­entgelt den Arbeitnehmern nicht gleichgestellt. Soweit keine Familienversicherung besteht, werden sie in der Kran­kenversicherung als eigenständige Gruppe versicherungspflichtig.

Für die Berechnung der Beiträge zur Kranken‑ und Pflegeversicherung für Auszubildende ohne Arbeits­entgelt ist nach § 236 Abs. 1 SGB V als Beitragsbemessungsgrundlage der in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG für Studenten, die nicht bei ihren Eltern wohnen, festgesetzte monatliche Bedarfs­satz anzusetzen. Für die Zahlung dieser Beiträge ist nicht der Arbeitgeber, sondern der Auszubildende selbst verantwortlich.

Krankenversicherungsschutz für Studenten → Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge der Studenten

Auszubildende ohne Arbeitsentgelt sind den Arbeitnehmern in der gesetzlichen Renten‑, Arbeits­losen‑ und Unfallversicherung gleichgestellt und unterliegen der Versicherungspflicht. Für Auszubil­dende ohne Arbeitsentgelt sind die Renten‑ und Arbeitslosenversicherungsbei­träge auf Grundlage einer ›fiktiven‹ monatlichen Mindestbeitragsbemessungs­grundlage zu berechnen. Die Mindestbeiträge wer­den von 1 Pro­zent der monatlichen Bezugsgröße ermittelt. Da die Berechnung der Bezugsgröße auf der all­ge­meinen Einkommensentwicklung basiert, ist sie für den ›Rechtskreis West‹ (alte Bundesländer) und den ›Rechtskreis Ost‹ (neue Bundesländer) unterschiedlich hoch.

Ab dem 1. Januar 2025 wird eine Bezugsgröße Ost nicht mehr bestimmt. Ab 1. Januar 2025 gilt dann für ganz Deutschland in allen Bereichen der Sozialversicherung eine einheitliche Bezugsgröße. Damit endet die Unterscheidung zwischen Bezugsgröße West und Ost.

Mindestentgelt für Auszubildende ohne Entgeltanspruch
Jahr ›Rechtskreis West‹
monatlich 1 Prozent der Bezugsgröße
›Rechtskreis Ost‹
monatlich 1 Prozent der Bezugsgröße
2024 35,35 € 34,65 €
2023 33,95 € 32,90 €
2022 32,90 € 31,50 €
2021 32,90 € 31,15 €
2020 31,85 € 30,10 €
2019 31,15 € 28,70 €
2018 30,45 € 26,95 €
2017 29,75 € 26,60 €
2016 29,05 € 25,20 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

SVMWIndex k2s6a1

Drehtagverpflichtete Schauspieler

Leitsatz
  1. Bei Rahmenvereinbarungen über mehrere Beschäftigungszeiträume kommt es für die Frage des Vorliegens einer ›unständigen Beschäftigung‹ auf die konkrete zeitliche Vertei­lung der vereinbarten Arbeitstage an.

Film‑ und Fernsehschauspieler müssen in der Regel neben der eigentlichen Arbeit vor der Kamera auch Zusatz‑ und Vorbereitungsleistungen erbringen. Unter Zusatz‑ und Vorbereitungsleistungen wer­den sämtliche mit einem Drehtag in Verbindung stehende Leistungen eines Schauspielers erfasst (z. B. An‑ und Abreise, Rollenfindung, Szenenstudium, Aneignung spezieller Fähigkeiten, Kostümprobe, Mas­ken­probe, Leseprobe, Szenische Vorprobe, Regiebesprechung, Fotovorproduktion, Spezialtraining, Pres­se­arbeit, Nachsynchronisation, Castinghilfe).

Neue Grundsätze ab 1. Januar 2019

Maßgebend ist das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Ver­einbarungen ergibt, soweit ihm die (tatsächlich) gelebte Beziehung nicht – rechtlich zulässig – ent­gegensteht. Wie das Bundessozialgericht explizit feststellte, liegt es nicht in der Hand der Arbeits­vertragsparteien darüber zu entscheiden, welcher versicherungsrechtliche Status vorliegt. Dies wider­spräche »... Sinn und Zweck der für unständig Beschäftigte geltenden Sonderregelungen«.

Wie das Bundessozialgericht zudem feststellte, kommt es auch bei einer Vereinbarung über mehrere befristete Beschäftigungen für die Frage der Unständigkeit der jeweiligen Beschäftigung lediglich da­rauf an, ob die jeweilige Beschäftigung auf weniger als eine Woche befristet ist. Nicht als einheit­liche Beschäftigung zusammenhängende potentielle Arbeitseinsätze von zusammen mehr als einer Woche sind daher jeweils isoliert zu betrachten und schließen mehrere unständige Beschäftigungen nicht aus.

Eine unständige Beschäftigung ist in diesen Fällen nur dann ausgeschlossen, wenn sich die einzelnen Beschäftigungen vereinbarungsgemäß in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholen oder soge­nann­te Kettenverträge zur Umgehung einer ständigen Beschäftigung geschlossen werden.

Rahmenvereinbarung

Sofern in einer Rahmenvereinbarung Arbeitstage für mehrere befristete Beschäftigungszeiträume ver­einbart werden, besteht in den Beschäftigungszeiträumen, die auf weniger als eine Woche befristet sind, eine unständige Beschäftigung. Die maßgebenden Beschäftigungszeiträume sind dabei die Zeit­räume, in denen zusammenhängende Arbeitstage vereinbart worden sind. Zusammenhängende Ar­beitstage liegen dann vor, wenn sie nicht durch arbeitsfreie Werktage unterbrochen werden.

Unständige Beschäftigung → ›Drehkorridore‹

Da es bei Rahmenvereinbarungen über mehrere Beschäftigungszeiträume für die Frage des Vorliegens einer unständigen Beschäftigung auf die konkrete zeitliche Verteilung der vereinbarten Arbeitstage an­kommt, kann spätestens ab 1. Januar 2019 an der bisherigen pauschalen Berücksichtigung der sich nach der Zusatzleistungsformel ergebenden Zusatz‑ und Vorbereitungsarbeiten nicht mehr fest­ge­hal­ten werden. Vielmehr ist allein maßgebend, für welche Tage die Vereinbarung eine Arbeitsleistung oder Ver­fügungsbereitschaft des Schauspielers tatsächlich vorgesehen ist.

Bis zum 31. Dezember 2018 gültige Vereinbarung

Zu unterscheidende Vertragsverhältnisse
  • Exklusiv verpflichtete Schauspieler:

    Schauspieler, die ausschließlich und ständig während der gesamten Drehzeit der Pro­duktion zur Verfügung zu stehen haben.

    In der Zeit der exklusiven Verpflichtung besteht eine Beschäftigung, da der Arbeitgeber das uneingeschränkte Verfügungs‑ bzw. Dispositionsrecht über die Arbeitskraft des Schau­spie­lers hat.

  • Prioritär verpflichtete Schauspieler:

    Schauspieler, die zwar nur an einzelnen Drehtagen mitwirken, dem Produktionsunter­neh­men darüber hinaus jedoch auch in bestimmten drehfreien Zeiten prioritär zur Verfü­gung stehen müssen (z. B. für den Fall der Verschiebung von Drehtagen).

    Auch in Zeiten der prioritären Verpflichtung besteht eine Beschäftigung, solange der Ar­beit­geber sein Verfügungs‑ bzw. Dispositionsrecht nicht aufgibt. Gibt der Arbeitgeber sein Ver­fügungs‑ bzw. Dispositionsrecht zu Gunsten einer anderweitigen Verpflichtung des Schau­spielers auf, wird die Beschäftigung unterbrochen. Dies gilt auch für soge­nannte Sperrtage, an denen von vornherein das Verfügungs‑ bzw. Dispositionsrecht abbedungen wird.

    Während allerdings Sperrtage bereits bei Beschäftigungsbeginn berücksichtigt werden kön­nen, ist dies im Rahmen der Aufgabe der prioritären Verpflichtung erst ab dem Zeit­punkt möglich, an dem der Arbeitgeber sein Verfügungs‑ bzw. Dispositionsrecht entsprechend auf­gibt. In diesen Fällen ist die versicherungsrechtliche Beurteilung grund­sätzlich nur für zu­künf­tige Zeiträume zu korrigieren.

  • Drehtagsverpflichtete Schauspieler:

    Schauspieler, die nur an den Drehtagen zur Verfügung zu stehen haben, im Übrigen aber vor und nach den Drehtagen keiner Prioritäts‑ oder sonstigen Bindung an den Filmher­steller unterliegen.

    Die drehtagsverpflichteten Schauspieler stehen an den Drehtagen und den sich ggf. er­gebenden zusätzlichen Arbeitstagen in einem Beschäftigungsverhältnis.

    Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen ›termingebundenen‹ und damit festste­henden und ›terminungebundenen‹ Drehvorbereitungs‑ und Nachbereitungsarbeitsleis­tun­gen zu unterscheiden. Im Rahmen der vorzunehmenden Prognose, ob eine unstän­dige Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts vorliegt, können nur die bereits zu Beginn der Beschäfti­gung feststehenden Drehvorbereitungs‑ und Nachbereitungstage be­rücksichtigt werden

Produktions‑, Beschäftigungs‑ und Drehzeit

Zu unterscheiden ist
zwischen

↙ ↓ ↘

Produktionszeit

Beschäftigungszeit

Drehzeit

Zu unterscheidende Zeiträume

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Beschäftigungs‑, Produktions‑ und Drehzeit.

  • Die Produktionszeit bezieht sich auf die Herstellung bzw. bestimmte zeitliche Phasen der Herstellung der gesamten Film‑ und/oder Fernsehproduktion.

  • Die Beschäftigungszeit ist die Vertragszeit des einzelnen für die Film‑ und/oder Fernsehproduktion en­gagierten Schauspielers.

  • Die Drehzeit und die Vertragszeit des einzelnen Schauspielers können iden­tisch sein, die Vertragszeit des Schauspielers kann aber auch kürzer oder länger als die Drehzeit sein.

Zu berücksichtigende Beschäftigungstage

Neben den tatsächlichen Drehtagen sind auch Zusatz‑ und Vorbereitungsarbeiten zu berücksichtigen. Konkret vereinbarte termingebundene Drehvorbereitungs‑ und Nachbereitungsarbeitsleistungen gehö­ren im Gegensatz zu den terminungebundenen Arbeitsleistungen zu den Beschäftigungszeiten und sind bei der Prüfung des Vorliegens unständiger Beschäftigung in den einzelnen Beschäftigungszeit­räumen zu berücksichtigen.

Reisetage sind dann als Beschäftigungstage zu berücksichtigen, wenn es sich arbeitsrechtlich um Arbeitstage handelt. Auch Urlaubstage sind als Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Dies gilt für Ausgleichstage für Sonn‑ und Feiertagsarbeit nur dann, wenn sie an regulären Beschäftigungstagen in Anspruch genommen werden. Über die entsprechenden Beschäftigungstage ist eine schriftliche Verein­barung zu treffen, die zu den Entgeltunterlagen zunehmen und im Rahmen einer Sozialversicherungs­prüfung vorzulegen ist.

Die entsprechenden Beschäftigungstage sind nachweisbar zu vereinbaren bzw. zu verschriften und die entsprechenden Vereinbarungen bzw. Unterlagen zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.

›Sperrtage‹

Ein sogenannter ›Sperrtag‹ ist ein Tag innerhalb einer Vertragszeit, an dem der Schauspieler auf eige­nen Wunsch andere Verpflichtungen eingegangen ist oder eingehen will und der Arbeitgeber für den betreffenden Tag sein Verfügungs‑ bzw. Dispositionsrecht aufgegeben hat.

Wird ein ›Sperrtag‹ vereinbart, steht bereits bei Beschäftigungsbeginn fest, dass der Schauspieler dem Produzenten an dem betreffenden Tag nicht zur Verfügung steht und das Beschäftigungsverhältnis un­terbrochen wird.

Beitragsrechtliche Behandlung bei Abgeltung der Nebenleistungen

Soweit mit den Drehtagsvergütungen sämtliche Nebenleistungen abgegolten werden, sind die Vergü­tungen für die beitragsrechtliche Behandlung entsprechend auf die jeweiligen Beschäftigungszeiträume zu verteilen, und zwar unabhängig da­von, ob es sich bei den einzelnen Beschäftigungszeiträumen um unständige oder regelmäßig wie­derkehrende Beschäftigungen handelt.

Vergleichbar beschäftigte Film‑ und Fernsehschaffende

Die vorgenannten Grundsätze gelten analog für vergleichbar beschäftigte Film‑ und Fernsehschaffende (z. B. Kameraleute). Sie finden spätestens für Beschäftigungen Anwendung, die nach dem 31. Dezem­ber 2018 beginnen.

☆ ☆ ☆
Bis zum 31. Dezember 2018 gültige Vereinbarung

Zur Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse in der Film‑ und Fernsehbranche und zur Sicher­stellung einer einheitlichen versicherungsrechtlichen Beurteilung der Schauspieler in den Bereichen Film und Fernsehen hat­ten sich die damaligen Branchenverbände ›Bundesverband der Film‑ und Fern­seh­schauspieler‹ (heute ›Bundesverband Schauspiel‹) und ›Bundesverband Deutscher Fernsehprodu­zenten‹ (heute ›Produzentenallianz‹) mit den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auf die An­wendung einer so genannten ›Zusatzleistungsformel‹ geeinigt, die mittlerweile auch Gegenstand tarif­vertraglicher Vereinbarungen geworden ist.

Zusatz‑ und Vorbereitungsarbeiten

Nach der ›Zusatzleistungsformel‹ wird der Umfang der aufgrund von Zusatz‑ und Vorbereitungsarbei­ten – in Abhängigkeit von der Anzahl der Drehtage – anfallenden zusätzlichen Arbeitstage ermittelt. Die zu­sätzlichen Arbeitstage sollten den Drehtagen zeitlich zugeordnet werden (sogenannte ›Drehkorri­dore‹).

Die Aufzählung endet nur aus Darstellungsgründen bei 50 Drehtagen. Die Anzahl der Zusatzleistungs­tage steigt entsprechend der Drehtage weiter an.

Gegen die entsprechende Berücksichtigung der sich aus der Zusatzleistungsformel ergebenden, neben den Drehtagen zu erbringenden, Zusatz‑ und Vorbereitungsarbeiten, insbesondere deren zeitliche Zu­ordnung, bestanden im Rahmen der bisherigen Rechtsauffassung zur Abgrenzung von Dauerbeschäfti­gung, regelmäßig wiederkehrender Beschäftigung und unständiger Beschäftigung keine Bedenken. Da­bei wurde davon ausgegangen, dass eine unständige Beschäftigung ausgeschlossen ist, wenn eine Vereinbarung über eine Beschäftigung geschlossen wird, die sich über mehr als eine Woche erstreckt, unabhängig davon, wie viele Beschäftigungstage vereinbart werden.

Hinzurechnungstage
Drehtage Zusatzleistungstage
  2  Drehtage   3  Hinzurechnungstage
  4  Drehtage   4  Hinzurechnungstage
  5  Drehtage   5  Hinzurechnungstage
11  Drehtage   6  Hinzurechnungstage
15  Drehtage   7  Hinzurechnungstage
19  Drehtage   8  Hinzurechnungstage
24  Drehtage   9  Hinzurechnungstage
28  Drehtage 10  Hinzurechnungstage
33  Drehtage 11  Hinzurechnungstage
37  Drehtage 12  Hinzurechnungstage
42  Drehtage 13  Hinzurechnungstage
46  Drehtage 14  Hinzurechnungstage
50  Drehtage 15  Hinzurechnungstage

SVMWIndex k2s6a2

Bühnenkünstler

Leitsatz
  1. Künstler und Angehörige von verwandten Berufen, die auf Spielzeit‑ oder Teil­spiel­zeitvertrag engagiert wer­den, sind in den Theaterbetrieb eingegliedert und damit nicht­selb­ständig.

  2. Der Status von gastspielverpflichteten Künstlern richtet sind grundsätzlich nach den im Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung gemachten Ausfüh­rungen.

Spielzeit‑ oder Teilspielzeitvertrag

Die Spielzeit eines Theaters, Konzerthauses oder anderen Kulturbetriebes beginnt mit der ersten Premiere bzw. Aufführung einer Saison und endet mit dem letzten Spieltag der Saison. In der Regel dauert in Deutschland eine Spielzeit von Anfang September/Oktober bis Ende Juni/Anfang Juli. Künst­ler und Angehörige von verwandten Berufen, die auf Spielzeit‑ oder Teil­spiel­zeitvertrag engagiert werden, sind in den Theaterbetrieb eingegliedert und damit nichtselbständig. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Künstler gleichzeitig eine Gastspielverpflichtung bei einem anderen Unternehmen einge­gangen ist.

Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der SV → Spielzeitverpflichtete Künstler

Gastspielverpflichte Künstler

Ein Gastspielvertrag unterscheidet sich von dem Arbeitsvertrag eines ständigen Bühnenmitglieds da­durch, dass der Gast für eine oder mehrere bestimmte, im Vertrag bezeichnete oder auf der Grundlage des Vertrags zu vereinbarende Rollen und eine bestimmte Anzahl von Aufführungen, engagiert wird. Gastspielverträge können mit demselben Künstler auch wiederholt und für mehrere aufeinander fol­gende Spielzeiten abgeschlossen werden. Die vertraglich vereinbarte Verpflichtung des Künstlers, an Proben teilzunehmen, steht der Bewertung eines Vertrags als Gastspielvertrag jedenfalls dann nicht entgegen, wenn im Vertrag die Probentermine oder der Beginn der Proben genannt oder Proben nach Vereinbarung zu leisten sind.

Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von im künstlerischen Bereich Beschäftigte oder Tä­tige haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung mit Schreiben vom 13. April 2010 einen eigen­ständigen Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk‑ und Fernsehanbie­ter, Film‑ und Fernsehproduktion tätige Personen bekannt gegeben.

Typisierende Statusbewertungen
  • Gastspielverpflichtete Regisseure, Choreographen, Bühnenbildner und Kostümbildner sind selbständig.

  • Gastspielverpflichtete Dirigenten üben eine nichtselbständige Tätigkeit aus; sie sind aus­nahmsweise selbständig, wenn sie nur für kurze Zeit einspringen.

  • Gastspielverpflichtete Schauspieler, Sänger, Tänzer und andere Künstler sind in den Thea­terbetrieb eingegliedert und deshalb nichtselbständig, wenn sie eine Rolle in einer Auffüh­rung übernehmen und gleichzeitig eine Probenverpflichtung zur Einarbeitung in die Rolle oder eine künstlerische Konzeption eingehen.

  • Aushilfen für Chor und Orchester sind selbständig, wenn sie nur für kurze Zeit ein­springen.

  • Gastspielverpflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten sind selbständig tätig, wenn sie an einer konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Liederabend oder der­gleichen mitwirken.

Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der SV → Der Gastspielverpflichtete Künstler

Beschäftigungszeitraum

Die Tätigkeit eines Bühnenkünstlers ist regelmäßig nicht darauf beschränkt, an gewissen Proben teil­zunehmen und seine Auftritte an den vorher vereinbarten Terminen zu leisten. Vielmehr hat ein Bühnen­künstler auch in der Zwischenzeit regelmäßig seine Rolle zu üben, als Sänger seine Stimme zu trainieren oder als Tänzer seinen Körper, damit die Details nicht in Vergessenheit geraten. All dies leistet der Bühnenkünstler außerhalb der offiziell vereinbarten Proben und Aufführungstermine.

Zudem müssen sich Bühnenkünstler in der Regel auch außerhalb der konkreten Proben und Auftritts­termine zur Verfügung halten, um eventuellen Terminänderungen Rechnung zu tragen. Es ist daher von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis vom Tag der ersten Probe bis zum Tag des letzten Auftritts auszugehen.

Dies hat zur Folge, dass die bezogenen Arbeitsentgelte (Gagen und ggf. Probenpauschalen) nicht kalendertäglich für den jeweiligen Tag des Auftritts, sondern gleichmäßig auf die Laufzeit des Vertrags­verhältnisses zu verteilen sind.

SVMWIndex k2s6a3

Beschäftigte Schüler

Leitsätze
  1. Vom Grundsatz her werden beschäftigte Schüler wie alle anderen Beschäftigten beurteilt.

  2. In der Arbeitslosenversicherung besteht für Schüler in einem Beschäftigungsverhältnis keine Versicherungspflicht, solange sie sich in einer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schu­le befinden.

Schulpraktikanten sind keine Beschäftigten im Sinne der Sozialversicherung. Das Schulpraktikum ist Bestandteil des schulischen Unterrichts und nicht sozialversicherungspflichtig.

Schülerbetriebspraktika

Schüler in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung

Bei beschäftigten Schülern im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gelten die Rege­lungen für ›Minijobber‹. Eine geringfügig entlohnte (Dauer‐)Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt bis zu 520,00 Euro monatlich kann auch über die Schulferien hinaus ausgeübt werden. Für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung von Schülern hat der Arbeitgeber die Pauschalbeiträge zur Kranken‑ und Ren­tenversicherung sowie die pauschale Steuer zu entrichten.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung → Monatlicher Grenzwert ab 1.  Oktober 2022

Versicherungsfreie zeitgeringfügige Beschäftigung

In den Schulferien werden gelegentlich Schüler zur Aushilfe für in Urlaub befindliche Mitarbeiter bzw. für einen zusätzlichen saisonalen Bedarf eingestellt. Ist die Beschäftigung z. B. auf die großen Ferien zeitlich befristetet, besteht grund­sätzlich keine Versicherungspflicht, weil die Beschäftigung kurzfristig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ist. Während eines Ferienjobs können Schüler grundsätzlich unbegrenzt verdienen, ohne sozialversiche­rungspflichtig zu werden. Es brauchen vom Arbeitgeber auch keine Pauschalbeiträge zur Kranken‑ und Rentenversicherung abgeführt zu werden.

Berufsmäßigkeit → Grundsätzlich keine Berufsmäßigkeit (Personengruppen)

Zeitgeringfügige Beschäftigung → Zeitgeringfügige Beschäftigung

Versicherungspflichtige Beschäftigung

Wird ein Schüler nicht im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig, unterliegt er grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Kran­ken‑, Pflege‑ und Rentenversicherung.

Schüler an einer allgemeinbildenden Schule

In einem Beschäftigungsverhältnis

↙ ↓ ↘

KV‑ und PV‑Pflicht

RV‐Pflicht

AV‐Freiheit

Versicherungspflicht
  • Die Versicherungszweige der gesetzlichen kennen Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherung keine Altersgrenzen. Ein mehr als geringfügig beschäftigter Schüler unterliegt daher in diesen Versiche­rungszweigen grundsätzlich der Versicherungspflicht.

  • In der Arbeitslosenversicherung sind Schüler, die während der Dauer ihrer Ausbildung an einer allge­meinbildenden Schule eine Beschäftigung ausüben, versicherungs‑ und beitragsfrei. Dies gilt nicht, wenn der Schüler schulische Einrichtungen besucht, die der Fortbildung außerhalb der üblichen Ar­beitszeit dienen.

Keine Mindestlohnanspruch

Arbeitnehmer, die keinen Berufsabschluss haben und jünger als 18 Jahre alt sind, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Vom Mindestlohn ausgenommene Personenkreise → Arbeitnehmer, die jünger als 18 Jahre alt sind

Unfallversicherung

Arbeitsentgeltzahlungen an Personen, welche die Voraussetzungen für abhängig Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfüllen, sind beitragspflichtig in der gesetzlichen Unfallversicherung, auch wenn sie ansonsten versicherungsfrei sind.

SVMWIndex k2s6a4

Werkstudenten

Leitsatz
  1. Ordentlich Studierende in einem Beschäftigungsverhältnis (Werkstudenten) werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑ und Arbeitslosenversicherung ausgenommen.

Auch gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Studenten unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht für Werkstudenten je­doch Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑ und Arbeitslosen­versicherung.

Versicherungsfreiheit → Beschäftigung als ›Nebensache‹

Studenten → Krankenversicherungsschutz für Studenten

Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV

Bis zum 30. September 1996 waren ›Werkstudenten‹ auch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei.

Wegen der Verkürzung der Anrechnung von Zeiten der schulischen Ausbildung war für den Gesetzge­ber die bisherige Begründung für die Versicherungsfreiheit von Studenten nicht mehr tragfähig; die Ver­sicherungsfreiheit einer während des Studiums ausgeübten Nebenerwerbstätigkeit sollte daher ent­fallen.

Seit dem 1. Oktober 1996 unterliegen auch ›Werkstudenten‹ der allgemeinen Rentenversicherungs­pflicht.

Werkstudenten in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung

Übt ein Student eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne der § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aus, gelten die allgemeinen Bestimmungen. Der Arbeitgeber hat damit grundsätzlich Rentenversicherungs­beiträge und Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung abzuführen.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung → Monatlicher Grenzwert ab 1.  Oktober 2022

Mindestlohn

Auch bei Werkstudenten müssen ab 1. Januar 2015 die Regelungen zum gesetzlichen Mindestlohn beach­tet werden.

Mindestlohn → Gesetzlicher Mindestbruttolohn ab 1. Januar 2015

☆ ☆ ☆
Duale Studiengänge

Alle Teilnehmer an allen Formen von dualen Studiengängen sind kraft gesetzlicher Fiktion sozialver­sicherungsrechtlich wie die zur Berufsausbildung be­schäftigten Personen zu behandeln. Seit dem 1. Januar 2012 stehen damit Teilnehmer an dualen Studiengängen den Beschäftigten zur Berufsaus­bildung gleich und sind sowohl während der Praxisphasen als auch während der theoretischen Ausbildungsabschnitte ver­sicherungspflichtig in der Kranken‑, Pflege‑, Ren­ten‑ und Arbeits­losen­ver­sicherung.

Werkstudenten → Teilnehmer an dualen Studiengängen

Werkstudenten → Meldungen für Teilnehmer an dualen Studiengängen

Duale Studiengänge (keine Geringfügigkeit)

Da eine Beschäftigung im Rahmen betrieblicher Berufsbildung nicht als versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung ausgeübt werden kann, ist dies auch für einen ›Dualstudierenden‹ nicht möglich.

Keine geringfügige Beschäftigung

Duale Studiengänge (Kein Mindestlohn)

Der Mindestlohn gilt nicht für Auszubildende. Da alle Teilnehmer an allen Formen von dualen Studien­gängen kraft gesetzlicher Fiktion sozialver­sicherungsrechtlich wie die zur Berufsausbildung beschäf­tigten Personen zu behandeln sind, haben sie keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Mindestentgelt → Ausnahmen vom Mindestlohnanspruch

Mindestentgelt → Mindestvergütung für Auszubildende ab 2020

Duale Studiengänge (Kein Übergangsbereich)

Beschäf­ti­gungen, die im Rahmen eines dualen Studiums ausgeübt werden, sind von den Regelung des Über­gangsbereichs ausgenommen.

Übergangsbereich (Gleitzone) → Vom ›Übergangsbereich‹ ausgenommene Personengruppen

SVMWIndex k2s6a5

Praktikanten

Leitsatz
  1. Sozialversicherungsrechtlich ist die Bewertung eines Praktikanten davon abhängig, wann bzw. aus welchem Grund das Praktikum abgeleistet wird.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff des ›Praktikanten‹ relativ unscharf und weit aus­gelegt. Dies veranlasste den Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Einführung des gesetzlichen Min­destlohns den Begriff ›Praktikant‹ für das Arbeitsrecht zu definieren. »Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausge­staltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb prak­tischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine beruf­liche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbil­dungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt«.

Sozialversicherungsrechtlicher Status von Praktikanten

Der § 7 Abs. 2 SGB IV erfasst auch Beschäftigungen von Praktikanten, und Volontären im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung. Volontäre sind Personen, die – ohne als Auszubildende oder Anlernlinge angestellt zu sein – zum Zweck ihrer Ausbildung unentgeltlich im Dienst eines anderen beschäftigt sind.

Sozialversicherungsrechtlich ist die Bewertung eines Praktikanten davon abhängig, wann bzw. aus welchem Grund das Praktikum abgeleistet wird. Steht nicht der Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen im Vordergrund, sondern die ›Arbeitsleistung, handelt es sich nicht um Praktika im Sinne der gesetzlichen Definition, sondern um ein ›normales‹ Arbeitsverhältnis.

Grundsätzlich zu unterscheidende Praktika
  • Teilnehmer an dualen Studiengängen.
  • In Studien‑ und Prüfungsordnungen verpflichtend vorgeschriebene Zwischenpraktika.
  • Freiwillige Zwischenpraktika im Rahmen eines ordentlichen Studiums.
  • In Studien‑ und Prüfungsordnungen verpflichtend vorgeschriebene Vor‑ oder Nach­praktika.
  • Überbrückungspraktika.
  • Praktika von Fach(ober)schülern.
  • Schülerbetriebspraktika.
Versicherungspflicht von Praktikanten
Art des Praktikums KV PV RV AV UV
Teilnehmer an dualen Studiengängen
ja
ja
ja
ja
ja
Vorgeschriebene Zwischenpraktika
nein
nein
nein
nein
ja
Vorgeschriebene Vor‑ oder Nachpraktika
(mit Arbeitsentgelt)
ja
ja
ja
ja
ja
Vorgeschriebene Vor‑ oder Nachpraktika
(ohne Arbeitsentgelt)1)
ja
ja
ja
ja
ja
Freiwillige Zwischenpraktika
im Rahmen eines ordentlichen Studiums
nein
nein
ja
nein
ja
Überbrückungspraktika
mit Entgeltanspruch
ja
ja
ja
ja
ja
Praktika von Fach(ober)schülern
nein
nein
nein
nein
ja
Schülerbetriebspraktika
nein
nein
nein
nein
ja

1) Erhalten die Praktikanten für das Praktikum kein Arbeitsentgelt, sind sie den Arbeitnehmern nicht gleichstellt, sondern es besteht für sie in der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung – soweit keine Familienver­sicherung vorhanden ist – Versicherungspflicht als eigenständige Gruppe und der Praktikant muss diese Beiträge selbst tragen.

In der gesetzlichen Renten‑ und Arbeitslosenversicherung hat der Arbeitgeber jedoch auch dann Beiträge zu entrichten, wenn der Praktikant keinen Arbeitsentgeltanspruch hat.

Vor‑ oder Nachpraktikum ohne Entgelt → Vorgeschriebenes Vor‑ oder Nachpraktikum ohne Entgelt

Teilnehmer an dualen Studiengängen

Ein duales Studium verbindet die betriebliche Aus‑ und Weiterbildung oder bisherige Berufstätigkeit mit einem theoretischen Studium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) oder Berufs­akademie in öffentlicher oder privater Trägerschaft. Duale Studiengänge beinhalten neben den theo­retischen Lernphasen regelmäßig einen hohen Anteil an Lernphasen in betrieblicher Praxis, der ab­hängig von Studiengang und Hochschule variiert.

Die Teilnehmer an dualen Studiengängen stehenden Beschäftigten zur Berufsausbildung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gleich. Alle Teilnehmer an allen Formen von dualen Studiengängen unterliegen seit 1. Januar 2012 sowohl während der Praxisphasen als auch während der Studienphasen, als Beschäf­tigte der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Trägt ein Arbeitgeber bei einer im dualen System durchgeführten Ausbildung aufgrund einer Ver­einbarung mit einer Bildungseinrichtung die Studiengebühren als unmittelbarer Schuldner, stellen die gezahlten Studiengebühren keinen steuerpflichtigen Lohn dar und sind somit auch kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.

Entgeltkatalog → Studiengebühren

Verpflichtend vorgeschriebene Zwischenpraktika

Ordentlich Studierende, die während ihres Studiums an einer Fachschule oder Hochschule ein in einer Studien‑ und Prüfungsordnung verpflichtend vorgeschriebenes Zwischenpraktikum ableisten, sind un­abhängig von der Höhe des erzielten Arbeitsentgelts versicherungsfrei in allen Zeigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Für ein solches Praktikum hat der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeträge zu entrichten.

Von einem vorgeschriebenen Praktikum ist nicht nur für die in einer Studien‑ oder Prüfungsordnung vorgeschriebene Mindestdauer des Praktikums auszugehen, sondern darüber hinaus auch für den die Mindestdauer überschreitenden Zeitraum, wenn (weiterhin) ein Zusammenhang zwischen dem Prakti­kum und dem Studium besteht. Sofern die Studien‑ oder Prüfungsordnung anstatt einer Mindestdauer einen festen Zeitraum (z. B. 3 Monate) für ein abzuleistendes Praktikum vorsieht, ist hingegen vom Zeitpunkt der Überschreitung des fest vorgeschriebenen Zeitraumes an nicht mehr von einem vorgeschriebenen Praktikum auszugehen.

Freiwillige Zwischenpraktika im Rahmen eines ordentlichen Studiums

Absolviert ein ordentlich Studierender im Betrieb des Arbeitgebers ein nicht in der Studien‑ oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes freiwilliges Zwischenpraktikum und zahlt der Arbeitgeber ein Ent­gelt, gelten für die Sozialversicherung die allgemeinen Regelungen für beschäftigte Studenten.

Sofern die Kriterien für eine rentenversicherungsfreie oder von der Rentenversicherungspflicht befreite geringfügig entlohnte Beschäftigung erfüllt sind, hat der Arbeitgeber allerdings keine RV‐Pauschal­beiträge zu zahlen.

Verpflichtend vorgeschriebene Vor‑ oder Nachpraktika

Einige Studien‑ bzw. Prüfungsordnungen machen die Aufnahme oder den Abschluss des Studiums von der Ableistung von Praktika abhängig. Für Vor‑ und Nachpraktika gelten andere Regelungen als für Zwischenpraktika. Da der Praktikant bei einem Vor‑ oder Nach­praktikum in der Regel noch nicht oder nicht mehr immatrikuliert ist, gilt ein in einer Ausbildungs‑, Studien‑ oder Prüfungsordnung vorge­schriebenes Vor‑ oder Nachpraktikum als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Rahmen einer betrieblichen Berufs­ausbildung.

Praktikanten, die ein vorgeschriebenes Vorpraktikum über den Zeitpunkt der Stu­dienaufnahme hinaus in unverändertem Umfang für einen kurzen Zeitraum fortführen, sind weiterhin als Vorpraktikanten und nicht als Zwischenpraktikanten zu behandeln.

Erhalten diese Praktikanten für das Praktikum ein Arbeitsentgelt, sind sie wie Arbeitnehmer in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Da diese Praktikan­ten zu den zur ›Berufsausbildung beschäftigten‹ Personen zählen, tritt die Versicherungs­pflicht auch dann ein, wenn das Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Sofern das monatliche Arbeitsent­gelt 325,00 Euro nicht übersteigt, muss der Arbeitgeber auch den Arbeitnehmer­anteil des Praktikanten übernehmen.

Vorgeschriebenes Vor‑ oder Nachpraktikum ohne Entgelt

Ist das Vor‑ oder Nachpraktikum nicht vorgeschrieben, ist es wie ein ›normales‹ Beschäftigungsver­hältnis zu behandeln. Ohne Entgeltzahlung liegt kein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungs­verhältnis und damit keine Versicherungs‑ und Beitragspflicht vor.

Handelt es sich hingegen um ein verpflichtend vorgeschriebenes Vor‑ oder Nachpraktikum, besteht Versiche­rungspflicht in der gesetzlichen Renten‑ und Arbeitslosenversicherung auch dann, wenn der Praktikant keinen Arbeitsentgeltanspruch hat. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Beiträge aus einer fiktiven monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage zu berechnen und zu zahlen. Diese Min­destbeitragsbemessungsgrundlage wird von 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße ermittelt.

Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in der RV und AV für Praktikanten ohne Entgelt
Jahr ›Rechtskreis West‹
monatlich 1 Prozent der Bezugsgröße
›Rechtskreis Ost‹
monatlich 1 Prozent der Bezugsgröße
2023 33,95 € 32,90 €
2022 32,90 € 31,50 €
2021 32,90 € 31,15 €
2020 31,85 € 30,10 €
2019 31,15 € 28,70 €
2018 30,45 € 26,95 €
2017 29,75 € 26,60 €
2016 29,75 € 25,20 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

Beispiel: Beitragsberechnung in der RV und AV

Ein angehender Student leistet im März 2023 ein für die Zulassung zum Studium erfor­derliches Vorpraktikum bei einem Betrieb in Hamburg. Er erhält von seinem ›Arbeitgeber‹ für das Prak­tikum kein Arbeitsentgelt.

Bewertung:

Der Arbeitgeber muss folgende Sozialversicherungsbeiträge abführen:

Mindestentgelt 2023 (Rechtskreis West): 32,90 €
Rentenversicherung:            32,90 € ×  2,4 %  = 6,12 €
Arbeitslosenversicherung:      32,90 € × 18,6 %  = 0,78 €

Erhalten die Praktikanten für das Praktikum kein Arbeitsentgelt, sind sie den Arbeitnehmern nicht gleichstellt, sondern es besteht für sie in der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung – soweit keine Familien­versicherung vorhanden ist – Versicherungspflicht als eigenständige Gruppe und der Praktikant muss diese Beiträge selbst tragen. Die Beiträge sind nach den gleichen Bedingungen zu berechnen wie in der studentischen Kranken­versicherung.

Krankenversicherungsschutz für Studenten → Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge der Studenten

›Überbrückungspraktika‹

Personen, die nach ihrem Schulabschluss ein Praktikum in einem Betrieb machen, um die Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz zu überbrücken oder um ein Berufsbild näher kennen zu lernen, werden wie ›normale‹ Arbeitnehmer behandelt.

Abhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts greifen auch hier die Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigte oder Beschäftigte im Niedriglohnbereich (›Übergangsbereich‹).

Ein Überbrückungspraktikum ist versicherungsfrei, wenn der Praktikant ohne Entgelt arbeitet.

Praktika von Fach(ober)schülern

Schüler mit dem Abschlusszeugnis einer Realschule oder einem als gleichwertig anerkannten Zeugnis werden in den Fachoberschulen innerhalb von 2 Jahren auf den Erwerb der Fachhochschulreife vor­bereitet. Auch diese Schüler von Fachschulen zählen zu den ›ordentlich Studierenden‹.

Während des ersten Ausbildungsjahres wird eine fachpraktische Ausbildung durchgeführt. Diese fach­praktische Ausbildung ist als Bestandteil der Gesamtausbildung an der Fachoberschule zu beurteilen. Hierbei überwiegt der fachtheoretische Unterricht. Die Schüler der Fachoberschulen unterliegen daher während der fachpraktischen Ausbildung nicht der Versicherungspflicht in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeber hat deshalb für diese Praktikanten keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.

Schülerbetriebspraktika

Das Praktikum während der Schulzeit, das in der Regel zwischen der 8. und 10. Klasse stattfindet, dient der Berufsorientierung und hat nicht das Ziel, berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfah­rungen zu erwerben. Es ist in den meisten Bundesländern für alle Schüler im Lehrplan vor­gesehen und dauert zwei bis drei Wochen, in denen die Praktikanten vom Unterricht freigestellt sind.

Für ein solches Praktikum besteht für den Praktikanten keine Sozialversicherungspflicht und der Ar­beitgeber hat keine Beträge zu entrichten.

☆ ☆ ☆
Gesetzliche Unfallversicherung

Versicherungsschutz besteht für Studierende während der Aus‑ und Fortbildung an Hochschulen ge­mäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 c SGB VII durch die entsprechende (Landes‐)Unfallkasse.

Studenten → Versicherungspflicht in der gesetzlichen UV

Für ein Praktikum besteht stets ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz über das Praktikumsunter­nehmen. Die Studierenden gliedern sich während des Praktikums in den Betriebsablauf des Unter­neh­mens ein und sind als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unfallversichert. Unerheblich ist dabei, ob das Praktikum in den Studien- oder Prüfungsordnungen zwingend vorgeschrieben ist oder freiwillig geleistet wird. Eine spezielle Anmeldung oder ein Antrag sind für den Versicherungsschutz nicht notwendig. Der Unfallver­sicherungsschutz gilt während der Praktika für die tägliche Arbeitszeit, den Einsatzort und die mit dem Praktikum verbundene Arbeit.

Auch für die Studien­zeiten im praxisintegrierten dualen Studium an einer (Fach‐)Hochschule besteht in aller Regel Versiche­rungs­schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII über die entsprechende (Lan­des‐)Unfallkasse. Die berufs­prak­tischen Phasen der dualen Studiengänge sind dabei grundsätzlich als Beschäf­tigungsverhältnis einzustufen. Es besteht damit Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufgrund einer Beschäf­tigung. Hierbei wird darauf abgestellt, dass die Studierenden beim Ableisten der Praktika zu arbeit­nehmertypischen Arbeitsleistungen verpflichtet sind, sie in den Betrieb eingegliedert werden und weisungsgebunden sind.

Duale Studiengänge → Der Berufsausbildung gleichgestellt

Arbeitsentgeltzahlungen an Studierende und Praktikanten, welche sich während des Praktikums in den Betriebsablauf eingliedern und die Voraussetzungen für abhängig Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfüllen (betrifft sowohl vorgeschriebene als auch freiwillige bzw. nicht vorgeschriebene Prak­tika) unterliegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Seit der Integration der Unfallversicherung in das Arbeitgebermeldeverfahren müssen für Beschäftigte gesonderte UV‐Meldungen abgegeben werden. Dies sind aber nur dann zu entrichten, wenn für das Prak­tikum ein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Zuständig ist die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse, bei der das Praktikumsunternehmen Mitglied ist.

UV‐Jahresmeldungen → Abgabe der UV‐Jahresmeldung

☆ ☆ ☆
Mindestlohn

Grundsätzlich gelten auch Praktikanten als Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes. Auch das Mindestlohn­gesetz sieht jedoch eine differenzierte Betrachtung vor und hat einige Praktika von dem Mindestlohnanspruch ausgeschlossen.

Mindestlohn → Ausnahmen vom Mindestlohnanspruch

SVMWIndex k2s6a6

Beschäftigte Alters‑ und Erwerbsminderungsrentner

Leitsätze
  1. Grundsätzlich werden beschäftigte Altersrentner wie alle anderen Beschäftigten beurteilt.

  2. Wer die sogenannte ›Regelaltersgrenze‹ erreicht hat, darf zur gesetzlichen Rente unbe­grenzt etwas dazuverdienen.

Beim Zusammentreffen von Arbeitsentgelt und Rente erfolgt die Arbeitgeberbeteiligung an der Beitragszahlung unabhängig von der Beitragszahlung aus der Rente. Anders als bei Arbeitsentgelten aus mehreren Beschäftigungen, wirkt sich ein Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze durch Arbeitsentgelt und Rente nicht auf die Arbeitgeberbeteiligung an der Beitragszahlung aus.

Mehrere Versicherungsverhältnisse → Die anteilige Beitragslast

Altersrentner in einer geringfügigen Beschäftigung

Bei beschäftigten Altersrentnern im Rahmen einer geringfügig entlohnten privatrechtlichen Zweitbeschäftigung gelten die Rege­lungen für ›Minijobber‹.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung → Monatlicher Grenzwert ab 1.  Oktober 2022

Altersrentner zählen grundsätzlich nicht zum Kreis der berufsmäßig Tätigen und können somit eine zeit­geringfügige Beschäftigung versicherungsfrei ausüben. Auch bei einem Altersrentner kann sich aller­dings eine berufsmäßige Ausübung aufgrund des Erwerbsverhalten ergeben.

Berufsmäßigkeit nach § 8 SGB IV → Maßgebende Zeitgrenzen

Berufsmäßigkeit nach § 8 SGB IV → Berufsmäßigkeit aufgrund des Erwerbsverhaltens

Beschäftigte Rentner (KV und PV)

Arbeiten Personen, die eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, nicht im Rahmen einer versicherungsfreien Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV, unterliegen sie grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung.

Für krankenversicherungspflichtig Beschäftigte, die eine Altersrente beziehen, sind die Krankenversicherungsbeiträge aus dem Arbeitsentgelt vorrangig und getrennt von den Krankenversicherungsbeiträgen aus der Rente zu berechnen und zu zahlen.

Überschreiten Arbeitsentgelt und Rente in der Summe die Beitragsbemessungsgrenze, ist vom Rentner nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zu den Krankenversicherungsbeiträgen zu zahlen. Beiträge aus der Rente müssen dagegen nicht gezahlt werden. Dabei ist unerheblich, ob mit dem Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers im Ergebnis immer noch Beiträge zur Kranken­versicherung aus einer Beitragsbemessungsgrundlage über der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt werden.

Überschreiten Arbeitsentgelt und Rente in der Summe die Beitragsbemessungsgrenze, werden lediglich die zu viel gezahlten Beiträge aus dem Rentenbezug auf Antrag des Rentners von der Krankenkasse erstattet.

Allgemeiner oder ermäßigter KV‐Beitragssatz

Personen, die eine Vollrente wegen Alters beziehen, haben in einer neben der Altersvollrente ausge­übten versicherungspflichtigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Krankengeld. Es sind deshalb Kran­kenversicherungsbeiträge nur nach dem ermäßigten Beitragssatz zu entrichten.

Auch Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, haben in einer neben der Rente ausge­übten versicherungspflichtigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Krankengeld und müssen deshalb Krankenversicherungsbeiträge nur nach dem ermäßigten Beitragssatz entrichten.

Für Beschäftigte, die eine Teilrente wegen Alters beziehen, besteht im Falle einer längeren Arbeitsun­fähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld. Sie müssen deshalb Krankenversicherungsbeiträge nach dem allgemeine Beitragssatz entrichten.

Beitragssätze → Beitragssätze in der gesetzlichen KV

Allgemeiner oder ermäßigter KV‐Beitragssatz

Rentner
in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

↙ ↓ ↘

Vollrente
wegen Alters

Rente wegen
voller Erwerbsminderung

Teilrente
wegen Alters

↘ ↙ ↓

Ermäßigter KV‐Beitrag

Allgemeiner KV‐Beitrag

Privat krankenversicherte Beschäftigte

Der beschäftigte Rentner hat einen Anspruch auf die Zahlung eines beitragsfreien Arbeitgeber­zuschusses zu einer privaten Kranken‑ und Pflegeversicherung. Für privat krankenversicherte Beschäftigte, die eine Altersrente beziehen, sind die Krankenversicherungsbeiträge aus dem Arbeitsentgelt ebenfalls vorrangig und getrennt von den Krankenversicherungsbeiträgen aus der Rente zu berechnen und zahlen.

☆ ☆ ☆
Beschäftigte Rentner (RV)

Bis 31. Dezember 2016 waren Rentner, die eine Altersvollrente bezogen nach § 5 Abs. 4 SGB VI (alte Fassung) in einem parallel ausgeübten Beschäftigungsverhältnis rentenversicherungsfrei. Aller­dings hatte der Arbeitgeber nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Hälfte des Beitrags zu tragen, der zu zahlen wäre, wenn der Beschäftigte versicherungspflichtig wäre.

Für Beschäftigte, die am 31. Dezember 2016 aufgrund eines Bezugs einer Vollrente wegen Alters rentenversicherungsfrei waren, wurde ein Bestandsschutz gesetzlich geregelt. Diese Beschäftigten blei­ben weiterhin versicherungsfrei in der Rentenversicherung. Beschäftigte Rentner haben die Mög­lichkeit, auf den Bestandsschutz gegenüber dem Arbeitgeber durch schriftliche Erklärung verzichten.

Der Bestandsschutz wirkt nur auf die zum Zeitpunkt der Rechtsänderung bestehende Beschäftigung. Wird die Beschäftigung aufgegeben, endet er. Eine eventuell erneut aufgenommene Beschäftigung wird vom Bestandsschutz nicht erfasst.

Erreichen der Regelaltersgrenze

Ab dem 1. Januar 2017 besteht – unabhängig des Bezugs einer Altersvollrente – bis zum Erreichen der Regel­altersgrenze immer Rentenversicherungspflicht, sofern hierfür die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt werden.

Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren sukzessive angehoben.

Versicherte (Anhebung der Regelaltersgrenze)
Geburtsjahr/Geburtsmonat Anhebungsmonate Regelaltersgrenze
1949 (Januar)   1 65 Jahre  1 Monat  
1949 (Februar)   2 65 Jahre  2 Monate
1949 (März bis Dezember)   3 65 Jahre  3 Monate
1950   4 65 Jahre  4 Monate
1951   5 65 Jahre  5 Monate
1952   6 65 Jahre  6 Monate
1953   7 65 Jahre  7 Monate
1954   8 65 Jahre  8 Monate
1955   9 65 Jahre  9 Monate
1956 10 65 Jahre 10 Monate
1957 11 65 Jahre 11 Monate
1958 12 66 Jahre  0 Monate
1959 14 66 Jahre  2 Monate
1960 16 66 Jahre  4 Monate
1961 18 66 Jahre  6 Monate
1962 20 66 Jahre  8 Monate
1963 22 66 Jahre 10 Monate
1964 24 67 Jahre  0 Monate
Bezieher einer Rente wegen Erwerbsminderung

Liegt eine Erwerbsminderung vor, kann beim Rentenversicherungsträger eine Erwerbsminderungs­rente beantragt werden. Wer weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann, erhält die volle Erwerbs­min­de­rungs­rente, wer 3 bis unter 6 Stunden arbeiten kann eine Teil‐Erwerbsminderungsrente. Auch Rent­ner, die vor ihrer Altersrente Leistungen aufgrund einer verminderten Erwerbsfähigkeit erhal­ten, können nebenbei noch arbeiten, soweit es deren Gesundheitszustand zulässt.

Arbeitet ein erwerbsgeminderter Rentner mehr als geringfügig, sind Beiträge zur Rentenversicherung (Arbeitnehmer‑ und Arbeitgeberanteil) zu entrichten.

Rentner in einem mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnis

RV‐Versicherungs‑ und ‑Beitragspflicht
Rechtsstand ab dem 1. Januar 2017

↙ ↓ ↓ ↘

Altersvollrente 1)
vor dem 01.01.2017 Bestandsschutz

Altersfrührente
bis Regelaltersgrenze

Regelaltersgrenze
sukzessive Anhebung

Erwerbsminderung
Teil‑ oder Vollrente

↓ ↓ ↓ ↓

RV‐Freiheit
nur AG‐Anteil

RV‐Pflicht
AN‑ und AG‐Anteil

RV‐Freiheit
nur AG‐Anteil

RV‐Pflicht
AN‐ und AG‐Anteil


1) Der Bestandsschutz wirkt nur auf die zum Zeitpunkt der Rechtsänderung bestehende Beschäftigung. Beschäftigte Rentner haben die Möglichkeit, auf den Bestandsschutz gegenüber dem Arbeitgeber durch schriftliche Erklärung verzichten.

Hinzuverdienstgrenzen

Die ›Hinzuverdienstgrenze‹ regelt, wie viel ein Rentner zu seiner gesetzlichen Rente hinzuverdienen darf, ohne seinen Rentenanspruch zu gefährden.

Wer die sogenannte ›Regelaltersgrenze‹ erreicht hat, darf zur gesetzlichen Rente unbegrenzt etwas dazu­verdienen. Bezieher einer Altersfrührente müssen Hinzuverdienstgrenzen beachten. Dies ergibt sich aus § 34 SGB VI. Um eine Altersfrührente handelt es sich, wenn diese vor Erreichen der Regel­altersgrenze bezogen wird.

Bis zum 30. Juni 2017 war vor Erreichen der Regelaltersgrenze ein Verdienst bis zu monatlich 450,00 Euro rentenunschädlich. Bei dieser 450‐Euro‐Grenze handelte es sich um eine bundesweit einheitliche Gren­ze, welche identisch mit der Grenze für geringfügige Beschäftigungen (Minijobs) ist. Die Grenze von 450,00 Euro konnte jährlich zwei Mal bis zum Doppelten (also 900,00 Euro) überschritten werden, ohne dass dies negative Auswirkungen auf die Rentenzahlung hatte. Damit wollte der Gesetz­geber ermöglichen, dass die Betroffenen Einmalzahlungen wie z. B. Weihnachts‑ oder Urlaubsgeld erhalten können, ohne dass dies sofort zu einer Rentenkürzung führt. Auch führte z. B. ein Mehr­verdienst auf­grund einer zusätzlichen Urlaubsvertretung damit nicht zu einer sofortigen Minderung der Renten­zahlung.

Hinzuverdienstgrenze ab 1. Juli 2017

Ab dem 1. Juli 2017 wird das Einkommen stufenlos auf die Altersrente angerechnet, sofern die jährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro überschritten wird. Das bedeutet, dass die bis­lang auf die einzelnen Kalendermonate ausgelegte Hinzuverdienstgrenze durch eine jährliche Hinzuver­dienstgrenze ersetzt wurde.

Durch die Neuregelung ist die Kürzung auf eine konkrete Teilrente in Höhe von zwei Dritteln, der Hälfte bzw. einem Drittel der Vollrente entfallen. Wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 Euro überschritten, wird seit dem 1. Juli 2017 der kalendermonatliche Hinzuverdienst (ein Zwölf­tel des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes) zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Es kommt hier also zu einer Rentenkürzung in Höhe dieses Betrags.

Auch Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente können im Kalenderjahr bis zu 6.300,00 Euro durch einen Nebenjob einnehmen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Allerdings ist hier zusätzlich gefordert, dass der Hinzuverdienst in einer Beschäftigung von unter 3 Stunden täglich erzielt wird. Sollte diese zeitliche Grenze überschritten werden, kann dies zum Wegfall des Rentenanspruchs führen.

Besondere Hinzuverdienstgrenze (Corona)

Der Gesetzgeber hat mit dem Sozialschutz‐Paket beschlossen, dass Altersvollrentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze im Jahr 2020 statt 6.300,00 Euro neu 44.590,00 Euro hinzuverdienen dürfen, ohne dass ihre Altersrente gekürzt wird. Für das Jahr 2021 wurde der Betrag mit dem Arbeitsschutz­kontroll­gesetz auf 46.060,00 Euro festgelegt. Mit dem Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wurde die Verlängerung der höheren Hinzuverdienstgrenze von 46.060,00 Euro auch für das Jahr 2022 beschlossen.

Hinzuverdienstgrenzen ab 1. Januar 2023

Bei vorgezogenen Altersrenten wurde die Hin­zu­verdienstgrenze ab 1. Januar 2023 aufgehoben. Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfiel ersatzlos. Seit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen für Altersrenten kann auch bei Altersrenten, die vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze beginnen, Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung erzielt werden, ohne dass sich das Arbeitsentgelt mindernd auf die Altersrente auswirkt. Mit der Abschaffung der Hin­zu­verdienstgrenze bei Altersrenten wird damit die volle Flexibilität für den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand geschaffen.

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung ist ab 1. Januar 2023 ein jährlicher Hinzuverdienst von 17.823,75 Euro anrechnungsfrei. Die Hinzuverdienstgrenze wird künftig jährlich neu festgelegt und an die Entwicklung der so genannten Bezugsgröße angepasst. Bei der Erwerbsminderungsrente spielt die tägliche Stundenzahl eine wichtige Rolle. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung kann nur bekommen, wer täglich nur noch weniger als drei Stunden arbeiten kann.

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

☆ ☆ ☆
Beschäftigte Rentner (AV)

Für die Beurteilung der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung ist der Status eines Alters­rentners ohne Bedeutung. In diesem Sozialversicherungszweig ist nur maßgebend, ob die Alters­grenze für die Regelaltersrente bereits erreicht wurde oder nicht. Wurde die Altersgrenze für die Regel­altersrente noch nicht erreicht, besteht in der Arbeitslosenver­sicherung Versicherungspflicht und die Beiträge müssen vom Beschäftigten und vom Arbeitgeber jeweils zur Hälfte getragen werden.

Regelaltersrente (Arbeitgeberanteil)

Wurde die Altersgrenze für die Regelaltersrente bereits erreicht, besteht in der Arbeitslosenversiche­rung Versicherungsfreiheit. Allerdings gilt auch hier, dass der Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags zahlen muss, der im Falle einer Versicherungspflicht zu zahlen wäre.

Damit die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern attraktiver wird, entfällt für die Zeit von fünf Jahren (für die Jahre 2017 bis 2021) der grundsätzlich zu zahlende Arbeitgeberbeitrag. Ab 1. Januar 2022 ist der Arbeitgeberanteil in der Arbeitslosenversicherung wieder zu zahlen.

Bezieher einer Rente wegen Erwerbsminderung

Beschäftigte, die wegen Erwerbsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung Rente beziehen, zahlen für die Beschäftigung keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Das gilt auch für den Arbeitgeber. Für Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung besteht in der Arbeitslosenversicherung grund­sätzlich Versicherungspflicht, es sei denn, die Arbeitsagentur hat festgestellt, dass der Beschäf­tigte aufgrund seiner Leistungsminderung der Arbeitsvermittlung auf Dauer nicht zur Verfügung steht.

Rentner in einem mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnis

AV‐Versicherungs‑ und ‑Beitragspflicht
Rechtsstand ab dem 1. Januar 2017

↙ ↓ ↓ ↘

Regelaltersrente
2017 bis 2021

Regelaltersrente
ab 2022

Erwerbsminderung
Teilerwerbsminderung

Erwerbsminderung
Vollerwerbsminderung

↓ ↓ ↓ ↓

AV‐Freiheit
kein AG‐Anteil

AV‐Freiheit
AG‐Anteil

AV‐Pflicht
AN‑ und AG‐Anteil

AV‐Freiheit
kein AG‐Anteil

SVMWIndex k2s6a7

Beamte in einer privatrechtlichen ›(Zweit‐)beschäftigung‹

Leitsätze
  1. Beamte sind in einer neben der Beamtentätigkeit in einem privatrechtlichen Beschäfti­gungsverhältnis ausgeübten Tätigkeit (Zweitbeschäftigung) grundsätzlich in allen Zwei­gen der Sozialversicherung versicherungspflichtig.

  2. Übt ein Beamter während einer Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis ohne Dienst­bezüge eine privatrechtliche Beschäftigung aus, ist er grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig.

  3. Wird einem Beamten von seinem Dienstherrn anstelle der Beamtentätigkeit eine privat­recht­liche Beschäftigung zugewiesen, ist er grundsätzlich in allen Zweigen der Sozial­ver­sicherung versicherungspflichtig.

Beamte sind in ihrem Hauptamt (einschließlich Mehrarbeit und Nebenamt) kraft Gesetzes in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei.

Versicherungsfreiheit → Beschäftigung im Amt

Gedanke des Solidaritätsprinzips

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass sich die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit von Beamten nicht auf Beschäftigungsverhältnisse erstrecken, die der Beam­te neben seinem Dienstverhältnis unterhält. Ausschlaggebend für diese Bewertung ist nach Aussage des Bundessozialgerichts allein der Gedanke, dass das Solidaritätsprinzip grundsätzlich einen Beitrag aller Beschäftigten zu den Systemen der sozialen Sicherung erfordert, unabhängig vom Vorliegen oder dem Umfang ihres individuellen Schutzbedürfnisses.

In einer neben der Beamtentätigkeit in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ausgeübten Tätigkeit (Zweitbeschäftigung), in einer während der Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis ohne Dienstbezüge sowie in einer während der Zuweisung des Dienstherrn anstelle der Beamtentätigkeit ausgeübten privatrechtlichen Beschäftigung unterliegen Beamte, Richter und Soldaten nach den Be­stim­mungen des Sozialgesetzbuchs grundsätzlich in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung der Versicherungspflicht. Dabei ist es unerheblich, ob für diese Beschäftigung einer Genehmigung bedarf oder ob der Beamte, Richter oder Soldat diese Beschäftigung seinem Dienstherrn überhaupt anzeigen muss. Es wäre lediglich zu prüfen, ob für die Beschäftigung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit besteht.

Neben der Beamtentätigkeit in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ausgeübte Tätigkeit

Privatrechtliche Beschäftigung eines Beamten
grundsätzliche Versicherungspflicht

↙ ↓ ↘

Nebenbeschäftigung
parallele Beschäftigung

Bei Beurlaubung
ohne Dienstbezüge

Zuweisung des Dienstherrn
anstelle der Beamtentätigkeit

Beamte (Nebenbeschäftigung)

In der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich pflichtversichert sind:

  • Beamte, die neben ihrer Beschäftigung im Amt eine privatrechtliche Nebenbeschäftigung ausüben.

  • Beamte, die von ihrem Dienstherrn ohne Bezüge beurlaubt sind und eine privatrechtliche Beschäf­tigung ausüben.

  • Beamte, die von ihrem Dienstherrn eine privatrechtliche Beschäftigung anstelle der Beamten­tätigkeit zugewiesen bekommen.

Beamte in einer geringfügigen Beschäftigung

Die Beamtentätigkeit ist keine versicherungspflichtige (Haupt‐)Beschäftigung, so dass sie nicht mit den weiteren Beschäftigungen zusammengerechnet wird. Bei beschäftigten Beamten im Rahmen einer geringfügig entlohnten privatrechtlichen Nebenbeschäftigung gelten die Rege­lungen für ›Minijobber‹.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung → Monatlicher Grenzwert ab 1.  Oktober 2022

Erfüllt die privatrechtliche Beschäftigung die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, so ist diese Be­schäftigung als sogenannte geringfügige Beschäftigung versicherungsfrei in der Kranken‑, Pflege‐ und Arbeitslosen­versicherung. In der gesetzlichen Rentenversicherung besteht Versicherungs­pflicht. Da Beamte über die Beamtenversorgung abgesichert sind, werden sie sich in der Regel von der Renten­versicherungspflicht befreien lassen. In diesem Fall zahlt nur der Arbeitgeber den Pauschal­beitrag von 15 Prozent.

Für Beamte in der Hauptbeschäftigung ist generell keine Berufsmäßigkeit in der Nebenbeschäftigung anzunehmen. Damit ist bei Einhaltung der vorgeschriebenen Zeitgrenzen auch eine kurzfristige Be­schäf­tigung möglich. Auch bei einem Beamten kann sich allerdings eine berufsmäßige Ausübung auf­grund des Erwerbsverhalten ergeben.

Zeitgeringfügige Beschäftigung → Grundsätzlich keine Berufsmäßigkeit

Keine Pauschalbeiträge in der KV

Beamte haben im Bereich der Krankenversicherung einen Anspruch auf die sogenannte ›freie Heil­fürsorge‹. Das bedeutet, dass der Staat einen Großteil der Krankenversicherung übernimmt und sich der Beamte selbst in aller Regel für den restlichen Teil selbst krankenversichern muss. Dies geschieht meist über eine private Krankenversicherung (PKV). Ist der Beamte privat krankenversichert, so fallen für den Arbeitgeber keine Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung an.

Zeitgeringfügige Beschäftigung

Für Beamte in der Hauptbeschäftigung ist generell keine Berufsmäßigkeit in der Nebenbeschäftigung anzunehmen. Damit ist bei Einhaltung der vorgeschriebenen Zeitgrenzen auch eine kurzfristige Be­schäftigung möglich. Auch bei einem Beamten kann sich allerdings eine berufsmäßige Ausübung auf­grund des Erwerbsverhalten ergeben.

Berufsmäßigkeit nach § 8 SGB IV → Maßgebende Zeitgrenzen

Berufsmäßigkeit nach § 8 SGB IV → Berufsmäßigkeit aufgrund des Erwerbsverhaltens

☆ ☆ ☆
Beurlaubung ohne Dienstbezüge

Bei der Beurlaubung eines Beamten auf Antrag unter Wegfall der Dienstbezüge besteht das Beamten­verhältnis unverändert fort, und der Beamte bleibt Inhaber seines statusrechtlichen sowie seines funktionell abstrakten Amtes. Die Beamten scheiden somit nicht aus dem Beamtenverhältnis aus, sondern haben die Möglichkeit, nach Ablauf der Beurlaubung den Dienst wieder aufzunehmen. Bei der Beurlaubung bleibt außerdem die Anwartschaft auf Versorgung bestehen. Die Versorgungsanwart­schaft besteht auch für den Fall des Eintritts der vorzeitigen Dienstunfähigkeit während der Beur­laubung.

Eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge zur Beschäftigung bei einem ›privaten‹ Arbeitgeber ist grund­sätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt nur für Arbeitgeber, die zwar rechtlich selbständig und in Rechtsformen des privaten Rechts errichtet sind (z. B. als eingetragener Verein oder als GmbH), die aber aus­schließlich oder überwiegend Aufgaben wahrnehmen, die den öffentlichen Belangen dienen. Hierzu gehören beispielsweise betriebliche Sozialeinrichtungen, Träger der Entwicklungshilfe, deutsche Schulen im Ausland und Forschungsein­richtungen, deren lau­fende Ausgaben überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden.

Gewährleistung der Versorgungsanwartschaft (RV‐Freiheit)

Beamte sind aufgrund der ihnen zugesagten Anwartschaft auf Versorgung in ihrem Hauptamt in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei. § 5 Abs. 1 SGB VI ist im Rahmen des Renten­reformgesetzes 1992 auf der Grundlage der bis dahin höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Ver­sicherungsfreiheit von Beamten, Soldaten, Richtern und vergleichbaren Personen neu gestaltet wor­den. Die Versicherungsfreiheit nach dieser Vorschrift ist ausschließlich beschäftigungsbezogen aus­gestaltet worden und grundsätzlich davon abhängig, dass jeweils auch eine beschäftigungsbezogene Versor­gungs­anwartschaft gewährleistet ist.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein beurlaubter Beamter in einer anstelle der Beamtentätig­keit mehr als geringfügig ausgeübten privatrechtlichen Beschäftigung weiterhin versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung sein, und zwar dann, wenn sich die Gewährleistung der Ver­sorgungs­anwartschaft aus der Beschäftigung im Amt auch auf das privatrechtliche Beschäftigungs­verhältnis erstreckt (sogenannte erwei­ternde Gewährleistungserstreckungsentscheidung). In Fällen einer ›Zweit­beschäftigung‹ während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge – die also vorübergehend an­stelle der (bisherigen) versicherungsfreien Beschäftigung als Beamter ausgeübt wird – ist Vorausset­zung für die Erstreckung der Gewährleistung, dass die Berücksichtigung der Beurlaubungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zugesichert ist.

Die Erteilung einer Gewährleistungsentscheidung ist grundsätzlich nur für ›Zweitbeschäftigungen‹ bei öffentlichen Arbeitgebern möglich. Öffentliche Arbeitgeber in diesem Sinne sind Körperschaften, An­stalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und deren Verbände einschließlich der Spitzenorganisa­tionen und ihrer Arbeitsgemeinschaften.

Nur wenn die Gewährleistung des Anspruchs auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung aus der Beamtenbeschäftigung vom beurlaubenden Dienst­herrn ausdrücklich auch auf die Nebenbeschäftigung oder anderweitige Beschäftigung bei einem öffent­lichen oder privaten Arbeitgeber erstreckt wird, besteht auch in der Zweitbeschäftigung Versiche­rungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung.

☆ ☆ ☆
Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe (KV‑ und AV‐Freiheit)

Wird bei einem anderen Arbeitgeber eine Beschäftigung während einer Beurlaubung aus dem Beam­tenverhältnis ohne Dienstbezüge oder während einer Zuweisung anstelle der Beamtentätigkeit in ei­nem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt, richtet sich die Frage der Versicherungs­pflicht in der gesetzlichen Kranken‑ und Arbeitslosenversicherung danach, ob nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit auch im Zeitraum der Beurlaubung ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge besteht.

Ergibt sich aus der Erklärung des beurlaubenden Dienstherrn und des anderen Arbeitgebers ein naht­loser Schutz im Krankheitsfall, sind beurlaubte Beamte auch in der Zweitbeschäftigung versicherungs­frei in der gesetzlichen Kranken‑ und Arbeitslosenversicherung.

Besonderheit in der Pflegeversicherung

Für versicherungspflichtig Beschäftigte, die nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe haben, gilt der halbe Beitragssatz zur Pflegeversicherung. Voraussetzung ist, dass der Beschäftigte selbst beihilfeberechtigt und nicht lediglich ein berücksichtigungsfähiger An­gehöriger ist. Zu den nach Beamtenrecht für Krankheit und Pflege Beihilfe‑ oder Heilfürsorgeberech­tigten, die Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung nur zur Hälfte erhalten, zählen auch Witwen und Witwer von Beamten und Ruhestandsbeamten, die selbst einen eigenständigen Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Dieser halbe Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird vom Arbeit­nehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte getragen.

Nachweispflicht

Beurlaubte Beamte haben die genannten Voraussetzungen für den Eintritt der Versicherungs‑ und damit auch Beitragsfreiheit durch entsprechende Bescheinigung des beurlaubenden Dienstherrn nach­zuweisen und die Nachweise im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung vorzulegen.

SVMWIndex k2s6a8

Ehrenamtliche Tätigkeit

Leitsatz
  1. Ehrenämter unterliegen in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich auch dann nicht der Versicherungspflicht, wenn für die ehrenamtliche Tätigkeit eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentations­pflichten auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt verbun­den sind.

›Ehrenamt‹ bezeichnet ein öffentliches Amt, das entweder mit keinem oder nur einem geringen Gehalt verbunden ist. Das Bundessozialgericht definiert den Begriff des ›Ehrenamtes‹ als »dem Gemeinwohl verpflichtete Betätigung in einem öffentlich‐rechtlichen Sonderrechtsverhältnis«. Ehrenämter zeich­nen sich durch die Verfolgung eines ideellen, gemeinnützigen Zweckes aus und unter­scheiden sich damit grundlegend von versicherungspflichtigen, erwerbsorientierten Beschäfti­gungsverhältnissen im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV. Eine ehrenamtliche Tätigkeit erhält somit ihr Gepräge durch ideelle Zwecke und Unentgeltlichkeit.

Ehrenamtliche Tätigkeit kommt nicht nur im Bereich des öffentlichen Rechts vor, sondern auch im Bereich des Privatrechts. Sie knüpft teilweise an einen speziellen Status an, sodass sie von vornherein nur für bestimmte Personen in Betracht kommt.

Die Ausübung von Aufgaben der Repräsentation im Rahmen ehren­amtlicher Betätigung ist möglich, jedoch nicht typischerweise kennzeichnend für eine ehrenamtliche Tätigkeit; viele ehrenamtliche Tä­tigkeiten beinhalten keinerlei Repräsentationsaufgaben.

Dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben

Wird eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt, kann allein aus der ›ehrenamtlichen Ausübung‹ nicht von vornherein eine versicherungspflichtige Beschäf­tigung aus­geschlossen werden. Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks muss ohne Erwerbsabsicht objektiv erkennbar vorliegen. Sozialversicherungsrechtlich ist hier im Einzelfall auf die Merkmale der tatsächlichen Ausgestaltung abzustellen. Sofern die allgemeinen Merkmale der per­sön­lichen Abhängigkeit vorliegen und eine unan­gemessen hohe pauschale Aufwandsentschädigung gezahlt wird, wäre diese grundsätzlich als Gegen­leistung für erbrachte und erwartete Arbeit anzusehen.

›Aufwendungsersatz‹/›Aufwandsentschädigung‹

Im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit können ›Aufwendungen‹ entstehen (z. B. Fahrtkosten, Tele­fon‑ und Portokosten). Werden diese Aufwendungen anhand von Einzelnachweisen erstattet, spricht man von einem ›Aufwendungsersatz‹. Erfolgt eine Erstattung ohne Einzelnachweise in pauschaler Form, so wird hierfür der Begriff der ›Aufwandsentschädigung‹ verwendet.

Entgeltkatalog → Aufwandsentschädigung

Entgeltkatalog → Auslagenersatz

Im Gegensatz zu dem ›Aufwendungsersatz‹ handelt es sich bei der ›Aufwandsentschädigung‹ grund­sätzlich um steuerpflichtigen und damit auch beitragspflichtigen Lohn, soweit sie nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber steuerfrei gestellt wird. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen bestehen in Form des sogenannten ›Übungsleiterfreibetrages‹ und der ›Ehrenamtspauschale‹.

Entgeltkatalog → Ehrenamtsfreibetrag

Entgeltkatalog → Übungsleiterpauschale

Erhält ein ehrenamtlich Tätiger eine Aufwandsentschädigung, die betragsmäßig den entstehenden Sachaufwand abdeckt, sind diese Einnahmen nicht einkommensteuerpflichtig und damit auch kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich jedoch nicht als verdeckte Ent­loh­nung einer Erwerbsarbeit darstellen. Auf die subjektive Sicht des Einzelnen kommt es nicht an.

Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts

Das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne wird weder durch den Umstand der Wahrnehmung eines Ehrenamtes noch durch eine öffentlich‐rechtliche Organ­stellung ausgeschlossen. Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von organschaftlichen Ehrenäm­tern ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf den Inhalt der übernommenen Aufga­ben abzustellen. Hiernach liegt z. B. dann keine Beschäftigung vor, wenn im Rahmen eines Ehrenamts ausschließlich Repräsentationsaufgaben wahrgenommen werden. Demgegenüber ist vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses auszugehen, wenn über die Repräsentationsfunktionen hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird.

Mit Urteil vom 16. August 2017 stellte das Bundessozialgericht fest, dass Ehrenämter in der gesetz­lichen Sozialversicherung grund­sätzlich auch dann nicht der Versicherungspflicht unterliegen, wenn für die ehrenamtliche Tätigkeit eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentations­pflichten auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt ver­bunden sind »Bei einem ehrenamtlichen Engagement wird typischerweise keine Gegen­leistung erbracht und erwartet, sondern allenfalls eine Entschädigung gewährt, die Aufwände konkret oder pauschal abdeckt.«

Wie das Bundessozialgericht feststellte, führen »Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organ­schaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zu­gänglich sind, regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs. 1 SGB V umschriebenen persönlichen Abhängigkeit (…). Zudem ist ehrenamtliche Tätigkeit nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit«.

Auslegung der Spitzenorganisationen der Sozialversiche­rung

Die Anwendung dieser Grundsätze war nach Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversiche­rung auf die ehrenamtlichen Organtätigkeiten in der funktionalen Selbstverwaltung beschränkt, die mit der Organtätigkeit eines ehrenamtlichen Kreishandwerksmeisters vergleichbar sind. Bei der funktiona­len Selbstverwaltung handelt es sich um die aufgabenbezogene und eigenverantwortliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch juristische Personen des öffentlichen Rechts. Hierzu zählen im Wesent­lichen die berufsständische Selbst­verwaltung (z. B. berufsständische Körperschaften bzw. Kam­mern), die soziale Selbstverwaltung (z. B. Sozialversicherungsträger) und die kulturelle Selbst­verwaltung (z. B. Hochschulen, öffentlich‐rechtliche Rund­funkanstalten).

Für eine Übertragung dieser Grundsätze auf ehrenamtliche Organtätigkeiten in der kommunalen Selbst­verwaltung sowie auf ehrenamtliche Organtätigkeiten für juristische Personen des privaten Rechts sollte zunächst die weitere Rechtsprechung abgewartet werden.

Berücksichtigung der erweiterten BSG‐Rechtsprechung

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 23. Februar 2021 zu einem ehrenamtlichen Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts, zu einem ehrenamtlichen Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts sowie mit den Urteilen vom 27. April 2021 zu ehrenamtlichen Ortsvor­stehern und zu einem ehrenamtlichen Bürgermeister entschieden, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze auch auf die versicherungsrechtliche Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten für juristische Personen des privaten Rechts und juristische Personen des öffentlichen Rechts – wie der kommunalen Selbstverwaltung – Anwendung finden.

Soweit für die versicherungsrechtliche Beurteilung nicht die Unterscheidung von Repräsentations‑ und Verwaltungsaufgaben, sondern diejenige zwischen den zur Ausübung des Wahlamts erforderlichen und den darüber hinausgehenden Aufgaben maßgebend ist, führen Verwaltungsaufgaben nach Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auch für Wahlamtsinhaber zu Weisungsgebundenheit und Eingliederung, soweit sie unter arbeitsteiliger Inanspruchnahme der Organisationsstrukturen des Dienstgebers übertragen werden und ihrer Art nach nicht notwendig mit dem Wahlamt verbunden sind, sondern auch von Dritten erbracht werden könnten. Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung ist entscheidend, welcher Aufgabenbereich die Tätigkeit prägt, was in einer Gesamtwürdigung aller Um­stände des Einzelfalls einschließlich des Ausmaßes der finanziellen Zuwendungen (unter Ein­beziehung des mit der Aufwandsentschädigung zu berücksichtigten Aufwands, der mit der Tätigkeit gegebenenfalls verbundenen Kosten und eines Vergleichs mit normativen Pauschalen für ehren­amt­liche Tätigkeiten in anderen Bereichen) zu beurteilen ist.

SVMWIndex k2s6a9

Behinderte in geschützten Einrichtungen

Leitsatz
  1. Die in einer anerkannten Werkstätte für Behinderte oder Blindenwerkstätte beschäftigten behinderten Menschen unterliegen – unabhängig davon, ob und in welcher Höhe sie für ihre Tätigkeit Entgelt erhalten – der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‐ und Rentenversicherung.

Für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in geschützten Einrichtungen (Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 SGB IX, Anstalten und Heimen sowie Heimarbeit für diese Einrichtungen) gelten besondere versicherungs‑ und beitragsrechtliche Regelungen. Diese finden keine Anwendung auf Arbeitnehmer in Beschäftigungen außerhalb dieser geschützten Einrichtungen, die aufgrund des Grades einer festgestellten Behinderung als schwer­behindert gelten.

Beschäftigung im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten

Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen werden erbracht, um die Leistungs‑ oder Erwerbsfähigkeit der behinderten Men­schen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern. Anerkannte Werkstätten sind im Verzeichnis der Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich aufgeführt.

Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrunde liegenden Sozialleistungs­ver­hältnis nichts anderes ergibt.

Versicherungspflicht der Behinderten (KV, PV und RV)

Die in einer anerkannten Werkstätte für Behinderte oder Blindenwerkstätte beschäftigten behinderten Menschen unterliegen – unabhängig davon, ob und in welcher Höhe sie für ihre Tätigkeit Entgelt erhal­ten – der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherung Die versicherungsrechtlichen Regelungen für geringfügige Beschäftigungen sind nicht anzuwenden. Das gilt auch für diejenigen Behinderten, die von diesen Einrichtungen als Heimarbeiter beschäftigt werden.

Darüber hinaus unterliegen auch die in Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen beschäf­tigten Menschen mit Behinderung dann der Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherungspflicht, wenn eine Behinderung nicht nur vorübergehend (länger als 6 Monate) vorliegt und sie in gewisser Regel­mäßigkeit eine Leistung erbringen, die mindestens ein Fünftel der Leistung eines voll erwerbstätigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht.

Eintritt der Versicherungspflicht (KV)

Die Mitgliedschaft versiche­rungspflichtiger behinderter Menschen beginnt mit dem Beginn der Tätigkeit in den anerkannten Werkstätten, Anstalten, Heimen oder gleichartigen Ein­richtungen. Die Mitglied­schaft endet mit Aufgabe der Tätigkeit.

Ist der Behinderte bereits bei Aufnahme der Tätigkeit privat versichert, hat er die Möglichkeit sich von der Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen.

Versicherungsfreiheit auf Antrag → Behinderte in geschützten Einrichtungen

Die Kranken‑ und Pflegeversicherungspflicht tritt nicht ein, wenn die betreffende Person krankenver­sicherungspflichtig als Arbeitnehmer, hauptberuflich selbständig tätig oder auf gesetzlicher Grundlage Krankenversicherungsfreiheit gegeben ist.

(Keine) Versicherungspflicht in der gesetzlichen AV

In den Werkstätten, Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen sind Menschen mit Behinde­rungen beschäftigt, deren Leistungsvermögen wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung so einge­schränkt ist, dass ihnen eine Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den dort üblichen Bedingungen grundsätzlich nicht möglich ist.

Aufgrund fehlender Vermittelbarkeit und einer nicht vorhandenen dauerhaften Verfügbarkeit sind die in anerkannten Werkstätten, Heimen, Anstalten oder gleichartigen Einrichtungen beschäftigten Behinder­ten in der Regel Versicherungsfrei in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.

Für die Beurteilung, ob der Behinderte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann, ist entschei­dend darauf abzustellen, ob die vom Behinderten in der Werkstatt verrichtete Tätigkeit gemessen an den durchschnittlichen Arbeitsergebnissen einer Tätigkeit gleichen Typs auf dem allgemeinen Arbeits­markt wirtschaftlich verwertbar wäre.

Beitragsbemessung und Beitragstragung (AV – Ausnahme)

☆ ☆ ☆
Arbeitsentgelt des Behinderten

Die Werkstätten zahlen aus ihrem Arbeitsergebnis an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen ein Arbeitsentgelt, das sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften behinderten Menschen im Berufs­bildungsbereich leistet, und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag zusammensetzt. Der Stei­gerungsbetrag bemisst sich nach der individuellen Arbeitsleistung der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte.

Kein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn

Beschäf­tigte Menschen mit Behinderung im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten oder Einrich­tungen (Anstalten, Heimen oder gleichartigen Ein­richtungen), die in einem arbeitnehmerähnlichen Rechts­verhältnis stehen, haben keinen An­spruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Vom Mindestlohn ausgenommene Personenkreise → Behinderte

☆ ☆ ☆
Beitragsbemessungsgrundlage (KV und PV)

In der Kranken‑ und Pflegeversicherung werden die Beiträge vom tatsächlichen Arbeitsentgelt, min­destens jedoch bundeseinheitlich von einem Betrag in Höhe von 20 Prozent der monatlichen Bezugs­größe (West) berechnet.

Die besonderen beitragsrecht­lichen Regelungen im Übergangsbereich sind für beschäftigte Menschen mit Behinderung im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten oder Einrichtungen nicht anzuwenden.

Übergangsbereich → Vom Übergangsbereich ausgenommene Personengruppen

Mindestentgelt für Behinderten in der gesetzlichen KV und PV
Jahr Bundeseinheitlich
monatlich 20 Prozent der Bezugsgröße West
2023 679,00 €
2022 658,00 €
2021 658,00 €
2020 637,00 €
2019 623,00 €
2018 609,00 €
2017 595,00 €
2016 581,00 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

Verteilung der Beitragslast (KV und PV)

Der Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung hat die Beiträge allein zu tragen, wenn ein Arbeits­entgelt nicht bezogen wird oder das monatliche Arbeitsentgelt 20 Prozent der monatlichen Bezugs­größe nicht übersteigt. In diesem Fall trägt der Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung auch den Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrags­satzes.

KV‐Zusatzbeitrag → Entwicklung des durchschnittlichen KV‐Zusatzbeitrags

Beispiel 1

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen (KV + PV): = 679,00 Euro

Entgelt = 470,00 Euro

Bewertung:
Beiträge KV + PV Beitragsbemessungsgrundlage:    =   679,00 €

Die Beiträge werden in voller Höhe von der Einrichtung allein getragen.

Sofern das tatsächliche Arbeitsentgelt das Mindestentgelt übersteigt, sind die Beiträge vom Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung und vom Versicherten je zur Hälfte zu tragen.

Beispiel 2

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen (KV + PV) = 679,00 Euro

Entgelt = 800,00 Euro

Bewertung:
Beiträge KV + PV:  Beitragsbemessungsgrundlage = 800,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung und dem Behinderten je zur Hälfte getragen.

Wird der Mindestbetrag nur durch eine Ein­malzahlung überschritten, sind die Beiträge vom Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung aus dem Mindest­arbeitsentgelt allein und für den darüber hinaus­gehenden Betrag vom Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung und vom Versicherten je zur Hälfte aufzubringen.

Beispiel 3

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen (KV + PV) = 679,00 Euro

Entgelt         = 500,00 Euro

Einmalbezug = 500,00 Euro

Bewertung:
Beiträge KV + PV: Beitragsbemessungsgrundlage = 679,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung allein getragen.

Beiträge KV + PV: Differenz zur Mindestbeitragsbemessungsgrundlage
1.000,00 € − 679,00 € = 321,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung und dem Behinderten je zur Hälfte getragen.

☆ ☆ ☆
Beitragsbemessungsgrundlage (RV)

In der Rentenversicherung werden die Beiträge vom tatsächlichen Arbeitsentgelt, min­destens jedoch von einem Betrag in Höhe von 80 Prozent der monatlichen Bezugs­größe berechnet.

Mindestentgelt für Behinderten in der gesetzlichen RV
Jahr ›Rechtskreis West‹
monatlich 80 Prozent der Bezugsgröße
›Rechtskreis Ost‹
monatlich 80 Prozent der Bezugsgröße
2023 2.716,00 € 2.632,00 €
2022 2.632,00 € 2.520,00 €
2021 2.632,00 € 2.492,00 €
2020 2.548,00 € 2.408,00 €
2019 2.492,00 € 2.296,00 €
2018 2.436,00 € 2.156,00 €
2017 2.380,00 € 2.128,00 €
2016 2.324,00 € 2.016,00 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

Verteilung der Beitragslast (RV)

Der Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung hat die Beiträge allein zu tragen, wenn ein Arbeits­entgelt nicht bezogen wird oder das monatliche Arbeitsentgelt 20 Prozent der monatlichen Bezugs­größe nicht übersteigt.

Beispiel 1

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

20 Prozent der Bezugsgröße  =     679,00 Euro

80 Prozent der Bezugsgröße  =  2.716,00 Euro

Entgelt = 500,00 Euro

Bewertung:
Beiträge RV: Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen (RV) =  2.716,00 €

Die Beiträge werden von der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in voller Höhe von der Einrichtung allein getragen.

Erhält der Behinderte ein tatsächliches Entgelt von mehr als 20 Prozent der Bezugsgröße, sind die Rentenversicherungsbeiträge aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt vom Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung und vom Versicherten je zur Hälfte aufzubringen. Die Beiträge für einen eventuellen Diffe­renzbetrag zum Mindestarbeitsentgelt in Höhe von 80 Prozent der Bezugsgröße sind vom Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung allein zu tragen.

Der Bund erstattet dem Arbeitgeber den Beitrag, der aus der Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt und der Berechnungsgrundlage berechnet wird.

Beispiel 2

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

20 Prozent der Bezugsgröße  =     679,00 Euro

80 Prozent der Bezugsgröße  =  2.716,00 Euro

Entgelt = 800,00 Euro

Bewertung:
Beiträge RV: Entgelt = 800,00 €

Die Beiträge von dem Entgelt in Höhe von 800 Euro werden von der Einrichtung und dem Behinderten je zur Hälfte getragen.

Beiträge RV: Differenz zur Mindestbeitragsbemessungsgrundlage
2.716,00 € − 800,00 € = 1.916,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung allein getragen.

Liegt das tatsächliche Arbeitsentgelt des Versicherten nicht über dem Mindestentgelt von 20 Prozent der Bezugsgröße und wird diese Grenze nur infolge einer Einmalzahlung überschritten, hat der Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung zunächst die Beiträge aus den 20 Prozent der Bezugsgröße allein zu tragen. Die Beiträge für den überschreitenden Betrag der Einmalzahlung sind vom Träger der Werk­statt bzw. der Einrichtung und vom Versicherten je zur Hälfte zu tragen. Die Beiträge für den noch verbleibenden Differenzbetrag bis zum Mindest­arbeitsentgelt in Höhe von 80 Prozent der Bezugs­größe trägt die Einrichtung wiederum allein.

Der Bund erstattet dem Arbeitgeber den Beitrag, der aus der Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt und der Berechnungsgrundlage berechnet wird.

Beispiel 3

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

20 Prozent der Bezugsgröße  =     679,00 Euro

80 Prozent der Bezugsgröße  =  2.716,00 Euro

Entgelt         = 500,00 Euro

Einmalbezug = 500,00 Euro

Bewertung:
Beiträge RV: 20 Prozent der Bezugsgröße = 679,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung allein getragen.

Beiträge RV: Differenz zum tatsächlichen Entgelt
1.000,00 € − 679,00 € = 321,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung und dem Behinderten je zur Hälfte getragen.

Beiträge RV: Differenz zur Mindestbeitragsbemessungsgrundlage
2.716,00 € − 1.000,00 €  = 1.716,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung allein getragen.

Überschreitet das Arbeitsentgelt den Betrag von 80 Prozent der monatlichen Bezugsgröße, so tragen der Träger der Werkstatt bzw. der Einrichtung und der Versicherte den Beitrag je zur Hälfte.

Beispiel 4

Beschäftigung 2023 im ›Rechtskreis West‹.

20 Prozent der Bezugsgröße  =     679,00 Euro

80 Prozent der Bezugsgröße  =  2.716,00 Euro

Entgelt  =  2.750,00 Euro

Bewertung:
Beiträge RV: Entgelt = 2.750,00 €

Die Beiträge werden von der Einrichtung und dem Behinderten je zur Hälfte getragen.

☆ ☆ ☆
Beitragsbemessung und Beitragstragung (AV – Ausnahme)

Sofern in Ausnahmefällen Arbeitslosenversicherungspflicht besteht, werden die Beiträge vom tatsäch­lichen Arbeitsentgelt, min­destens jedoch von einem Betrag in Höhe von 20 Prozent der monatlichen Bezugs­größe berechnet.

Bei Versicherungspflicht: Mindestentgelt für Behinderten in der gesetzlichen AV
Jahr ›Rechtskreis West‹
monatlich 20 Prozent der Bezugsgröße
›Rechtskreis Ost‹
monatlich 20 Prozent der Bezugsgröße
2023 679,00 € 658,00 €
2022 658,00 € 630,00 €
2021 658,00 € 623,00 €
2020 637,00 € 602,00 €
2019 623,00 € 574,00 €
2018 609,00 € 539,00 €
2017 595,00 € 532,00 €
2016 581,00 € 504,00 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

SVMWIndex k2s6a10

Jugend‑ und Bundesfreiwilligendienstleistende

Leitsatz
  1. Jugend‑ sowie Bundesfreiwilligendienstleistende sind Versicherungspflichtig in allen Zwei­gen der gesetzlichen Sozialver­sicherung, wenn sie Sachbezüge (bzw. eine entsprechende Abgel­tung) und ›Taschengeld‹ erhal­ten.

Der Jugendfreiwilligendienst (JFD)

Das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres ist zusammen mit dem Gesetz zur För­derung eines ökologischen Jahres aufgehoben worden und 2008 in dem Gesetz zur Förderung von Jugend­freiwilligendiensten zusammengefasst worden.

Der Bundesfreiwilligendienst (BFD)

Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) wurde als freiwilliger Dienst eingeführt, nachdem die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Der Bundesfreiwilligendienst wird in der Regel für eine Dauer von zwölf zusammen­hängenden Monaten geleistet. Der Dienst dauert mindestens sechs Monate und höchstens 18 Monate.

Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil‑ und Katastrophenschutzes. Der Bundesfreiwilligendienst kann – im Gegensatz zum Jugend­freiwilligendienst – auch von Personen über 27 Jahren abgeleistet werden, sofern sie die Pflichtschul­zeit erfüllt haben.

Sozialversicherungspflicht der Freiwilligendienstleistenden

Freiwillige im Sinne des Jugend‑ und Bundesfreiwilligendienstes sind Personen, die für den Dienst unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung (oder anstelle von Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung entsprechende Geldersatzleistungen) und zudem ein angemessenes ›Taschen­geld‹ erhalten. Jugend‑ oder Bundesfreiwilligendienstleistende stehen nicht in einer geringfügig ent­lohnten Beschäftigung; sie sind als Beschäftigte versicherungspflichtig in allen Zweigen der gesetz­lichen Sozialversicherung.

Kein Mindestlohnanspruch

Das freiwillige soziale und das freiwillige ökologische Jahr werden als überwiegend praktische Hilfs­tätigkeit geleistet. Hieraus folgt, dass den Freiwilligen keine Aufgaben in alleiniger Verantwortung übertragen werden, sondern dass sie das hauptamtliche Personal nur bei diesen unterstützen dürfen. Zudem muss der Einsatz der Freiwilligen arbeitsmarktneutral erfolgen. Dies bedeutet, dass die Frei­willigendienstleistenden keinen regulär Beschäftigten ersetzen dürfen.

Auch das Bundesfreiwilligendienstgesetz schreibt fest, dass der Dienst arbeitsmarktneutral auszu­gestalten ist. Auch hier haben die Freiwilligendienstleistenden nur unterstützende und zusätzliche Tätigkeiten zu verrichten und dürfen keine hauptamtlichen Kräfte ersetzen. Durch den Einsatz der Freiwilligen darf keine Einstellung von neuen Beschäftigten verhindert werden und dürfen keine Kün­digungen von Beschäftigten erfolgen. Die Arbeitsmarktneutralität wird von Prüferinnen und Prüfern des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) vor jeder Anerkennung eines Bundesfreiwilligendienstplatzes geprüft und anschließend überwacht.

Die Geld‑ und die Sachbezüge stellen kein Arbeitsentgelt im arbeitsrechtlichen Sinne dar. Jugend‑ sowie Bundesfreiwilligen­dienstleistende werden vom Mindestlohngesetz nicht erfasst, da sie nicht zu den Arbeitnehmern zählen.

Mindestlohn → Jugend‑ sowie Bundesfreiwilligendienstleistende

Keine geringfügige Beschäftigung

Für Teilnehmer am Jugend‑ oder Bundesfreiwilligendienst kommt Sozialversicherungsfreiheit wegen geringfügiger Entlohnung oder zeitgeringfügiger Beschäftigung nicht in Betracht. Kurzfristige Beschäf­ti­gungen zwischen Schulentlassung und Ableistung des Jugend‑ bzw. Bundesfreiwilligendienstes werden immer berufsmäßig ausgeübt. Dies gilt auch, wenn nach der Ableistung des Jugend‑ bzw. Bundes­frei­willigendienstes voraussichtlich ein Studium aufgenommen wird.

Beitragsbemessungsgrundlage

Die Beiträge zur Kranken‑, Pflege‑ und Rentenversicherung werden während der Ableistung eines Jugend‑ oder Bundesfreiwilligendienstes nach der Höhe des Taschengeldes und dem Wert der Sach­bezüge bzw. der dafür geleisteten Geldersatzleistung bemessen.

Als Taschendeld gilt ein Betrag in Höhe von 6 Prozent der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung als angemessen.. Hinzu kommen dann noch die maßgebenden Sachbezugs­werte für Verpflegung und Unterkunft.

Entgeltkatalog → Verpflegung (amtliche Sachbezugswerte)

Entgeltkatalog → Unterkunft (amtliche Sachbezugswerte)

Angemessenes ›Taschengeld‹ für Freiwilligendienstleistende
Jahr ›Rechtskreis West‹
monatlich 6 Prozent der BBG RV‐West
›Rechtskreis Ost‹
monatlich 6 Prozent der BBG RV‐Ost
2023 438,00 € 426,00 €
2022 423,00 € 405,00 €
2021 426,00 € 402,00 €
2020 414,00 € 387,00 €
2019 402,00 € 369,00 €
2018 390,00 € 348,00 €
2017 381,00 € 342,00 €
2016 372,00 € 324,00 €

Beitragsberechnung → Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenzen

Besonderheit in der Arbeitslosenversicherung

Für Personen, die spätestens innerhalb eines Monats nach einer versicherungspflichtigen Beschäfti­gung einen Freiwilligendienst im Sinne des Jugend‑ oder Bundesfreiwilligendienstgesetzes leisten, gilt als beitragspflichtige Einnahme ein Arbeitsentgelt in Höhe der monatlichen Bezugsgröße. Dies gilt auch, wenn der Jugendfreiwilligendienst oder der Bundesfreiwilligendienst nach einer Unterbrechung, die sechs Monate nicht überschreitet, fortgesetzt wird.

Beitragsberechnung → Entwicklung der Bezugsgröße

Beitragstragung und ‑zahlung

Der Arbeitgeber (Träger der Einsatzstelle) trägt für die Freiwilligendienstleistenden den Gesamtso­zial­versicherungsbeitrag in voller Höhe (einschließlich des Beitragszuschlags für Kinderlose in der Pflege­versicherung) allein.

In schriftlichen Vereinbarungen, die zwischen den Trägern des Jugendfreiwilligendienstes und dem Freiwilligen geschlossen werden, ist die Fortzahlung des Taschengeldes innerhalb der ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit garantiert. Deshalb ist in der Krankenversicherung der allgemeine Beitragssatz maßgeblich.

Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Der allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen KV

Die besonderen beitragsrechtlichen Regelungen im Übergangsbereich sind für die Freiwilligendienstleis­tenden nicht anzuwenden.

Übergangsbereich → Vom Übergangsbereich ausgenommene Personengruppen

Meldeverfahren

Grundsätzlich gelten für Teilnehmer am BFD die Regelungen des DEÜV‐Meldeverfahrens (Personen­gruppenschlüssel ›123‹).

SVMWIndex k2s6a11

›Einfühlungsverhältnis‹

Leitsatz
  1. Ein sogenanntes ›Einfühlungsverhältnis‹ stellt kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung dar.

Aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Vertragsfreiheit ist es grundsätzlich auch zulässig, dass ein Stellenbewerber mit dem Unternehmen ein sogenanntes ›Einfühlungsverhältnis‹ ohne Vergütungs­anspruch und ohne Arbeitspflicht vereinbart. Das Einfühlungsverhältnis ist gesetzlich nicht geregelt. Es handelt sich um ein Rechtsverhältnis eigener Art.

Der Zweck eines ›Einfühlungsverhältnisses‹ liegt nicht in der Erbringung einer Arbeitsleistung, sondern in der gegenseitigen Abklärung, ob es im Hinblick auf die Persönlichkeit der Betroffenen sowie den gegenseitigen Vorstellungen hinsichtlich der zu erbringenden Arbeitsleistung überhaupt Sinn macht, einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Das ›Einfühlungsverhältnis‹ verfolgt damit einen sehr ähnlichen Zweck wie das Probearbeitsverhältnis. Auch hier haben die Vertragsparteien das Bedürfnis, die Voraussetzungen der Zusammenarbeit zu klären, bevor sie sich endgültig binden. Im Gegensatz zum Probearbeitsverhältnis, stellt ein ›Einfühlungsverhältnis‹ kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung dar. Es tritt folglich auch keine Ver­sicherungspflicht in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosen­versicherung ein.

Es ist deshalb stets genau zu prüfen, ob es sich nur um eine unverbindliche Kennenlernphase handelt oder aber um ein Probearbeitsverhältnis. Indizien sind die den Parteien im Bindungszeitraum auf­erlegten Pflichten, vor allem die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber.

Einfühlungs‑ oder Probearbeitsverhältnis

Grundsätzliche Unterschiede

↓ ↓

Probearbeitsverhältnis

  • Arbeitsvertrag
  • Direktionsrecht des AG
  • Arbeitsleistung geschuldet
  • Entgeltanspruch
  • Probezeit maximal 6 Monate

Einfühlungsverhältnis

  • Entsprechende schriftliche Vereinbarung
  • Unterstellung unter das Hausrecht des AG
  • Keine Arbeitsleistung geschuldet
  • Kein Entgeltanspruch
  • Einfühlungszeitraum 1 bis maximal 4 Tage
Kein Direktionsrecht des Unternehmers

Im Gegensatz zum Probearbeitsverhältnis wird im ›Einfühlungsverhältnis‹ kein Arbeitsverhältnis be­gründet, in dem gegenseitige Austauschverpflichtungen bestehen. Der Stellenbewerber untersteht wäh­rend der Dauer des Einfühlungsverhältnisses lediglich dem Hausrecht des Unternehmers, nicht aber seinem Direktionsrecht. Das Hausrecht umfasst das Grundrecht auf Schutz des befriedeten Wohn‑ oder Gewerbebereiches. Im Rahmen des Einfühlungsverhältnis gestattet der Unternehmer dem Betroffenen somit lediglich den Zutritt zu seinem Betrieb und verpflichtet ihn ggf. zur Einhaltung gewisser Verhaltensregeln.

Statusbewertung des Vertragsverhältnisses → Direktions‑ bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers

Kein Vergütungsanspruch

Im Rahmen eines ›Einfühlungsverhältnisses‹ entsteht kein Entgeltanspruch gegenüber dem Unterneh­men. Sofern das Unternehmen Sach‑ oder Geldleistungen (z. B. Fahrkostenerstattung) zahlt, handelt es sich nicht um eine Vergütung für geleistete Arbeit und damit auch nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des Sozialversicherungsrechts.

Zeitlicher Rahmen eines Einfühlungsverhältnisses

Der zeitliche Rahmen eines ›Einfühlungsverhältnisses‹ darf nach der ständigen arbeitsgerichtlichen Recht­sprechung regelmäßig die Dauer von einem oder zwei Arbeitstagen nicht überschreiten.

Lediglich bei größeren Unternehmen (z. B. Konzernunternehmen) kann ein Einfühlungsverhältnis im Ausnahmefall auch bis zu 4 Arbeitstagen betragen, wenn beispielsweise mehrere unterschiedliche Betriebs­teile an verschiedenen Orten aufgesucht werden müssen.

Schriftlicher Vertrag

Zur Klarstellung, dass es sich nicht um ein Probearbeitsverhältnis handelt, ist über das ›Einfühlungs­verhältnis‹ ein schriftlicher Vertrag abzuschließen.

SVMWIndex k2s6a12

›Ein‐Euro‐Jobs‹

Leitsatz
  1. Bei den sogenannten ›Ein‐Euro‐Jobs‹ handelt es sich nicht um Beschäftigungsverhältnisse gegen Entgelt im Sinne der Sozialversicherung.

Der ›Ein‐Euro‐Job‹ ist eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Eingliederungsmaßnahme für Empfänger von Arbeitslosengeld II. Die offizielle Bezeich­nung des Ein‐Euro‐Jobs lautet ›Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung‹.

Kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung

Der Ein‐Euro‐Jobber erzielt keinen Verdienst im eigentlichen Sinne. Die Mehraufwandsentschädigung in Höhe von ca. 1 bis 2 Euro pro Arbeitsstunde stellt keinen angemessenen Gegenwert für die geleis­tete Arbeit dar, sondern ist eher eine angemessene Entschädigung für seine Mehraufwendungen. Aus diesem Grunde vertreten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger die Auffassung, dass die Arbeitsgelegenheiten im Sinne des § 16 Abs. 3 SGB II kein Beschäftigungsverhältnis im sozial­versicherungsrechtlichen Sinne begründen.

Damit liegt auch keine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV vor, so dass für den Arbeitgeber weder eine Meldepflicht noch eine Beitragspflicht besteht.

SVMWIndex k2s6a13

Mitarbeitende Familienangehörige

Leitsätze
  1. Voraussetzung für das Eintreten von Versicherungspflicht ist, dass das Beschäftigungs­ver­hältnis wie mit einem fremden Dritten gestaltet ist.

  2. Handelt es sich nur um eine gelegentliche familienhafte Mithilfe, begründet diese keine So­zial­versicherungspflicht.

  3. Zur Klärung des Vertragsstatus ist ein (obligatorisches) Statusfeststellungsverfahren durch­zu­führen.

Für die Beurteilung der Versicherungspflicht von mitarbeitenden Angehörigen gelten die gleichen Grundsätze, die auch allgemein für die versicherungsrechtliche Beurteilung einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt maßgebend sind. Auch bei einer Tätigkeit von Angehörigen ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich.

Beschäftigungsverhältnisse von Angehörigen eines GmbH‐Gesellschafters werden nicht mit den einzel­nen Gesellschafter‐Geschäftsführern geschlossen, sondern mit der GmbH als juristische Person. Ist an einer GmbH nur ein Ehegatte beteiligt und arbeitet der andere Ehegatte im Betrieb, liegt kein Ehe­gattenarbeitsverhältnis vor.

Obligatorisches Anfrageverfahren

Wird für ein Familienmitglied eine Anmeldung zur Sozialversicherung vorgenommen, ist zur Klärung des Vertragsstatus ist ein (obligatorisches) Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Die­ses wird durch eine entsprechende Kennzeichnung der Anmeldung im DEÜV‐Meldeverfahren initiiert (Ehegatte, Abkömmling oder eingetragene Lebenspartnerschaft – ›Statuskennzeichen 1‹).

Das obligatorische Anfrageverfahren → Zwingende Angabe des Statuskennzeichens

Kein Beschäftigungsverhältnis

Eine Tätigkeit zwischen Familienangehörigen begründet kein abhängiges Beschäftigungs­verhältnis, wenn

  1. die im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit mitarbeitenden Familienange­hörigen an Weisungen des Selbständigen nicht gebunden sind, sondern ihre Arbeit ohne Bindung an Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung frei gestalten können

    oder

  2. die Mitarbeit eines Familienangehörigen des Selbständigen (Ehefrau, Kind usw.) lediglich im Rahmen familienhafter Mithilfe erfolgt.

Familienhafte Mithilfe (Abgrenzungskriterien)

Da ein Angehöriger seine Mitarbeit in Gleichstellung mit dem Betriebsinhaber, auf familienhafter Basis (familienhafte Mithilfe) leisten kann, bedarf es diesbezüglich nachvollziehbarer Abgrenzungskriterien.

Für die Beurteilung der Versicherungspflicht ist es bei einer Ehegattenbeschäftigung ohne Belang, ob zwischen dem Arbeitgeber und dem bei ihm angestellten Ehegatten bzw. Angehörigen eine häusliche Gemeinschaft besteht. Auch ist ohne Bedeutung, ob die Ehegatten Gütertrennung oder Güterge­meinschaft vereinbart haben.

Eine Mitarbeit auf familienhafter Basis liegt vor, wenn die Tätigkeit mehr durch familienhafte Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander als durch einen für ein Arbeitnehmer‐Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet ist.

Gehört nicht der Betrieb, sondern nur Betriebsgrundstücke, Betriebsgebäude und Betriebsanlagen zum gemeinschaftlichen Eigentum bzw. zum Gesamtgut der Ehegatten, ist dadurch ein Beschäftigungs­verhältnis zwischen den Ehegatten nicht ausgeschlossen. Eine kostenlose oder verbilligte Nutzungs­überlassung, die Gewährung von Krediten oder die Übernahme von Bürgschaften zu Gunsten des Ehegatten können allerdings ein Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sein, weil es in einem solchen Fall an dem für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Interessen­gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mangeln kann.

Von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze

Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen (Ehegatten, Verlobten, Lebens­partnern, Lebensgefährten, geschiedenen Ehegatten, Verwandten, Verschwägerten, son­sti­gen Familienangehörigen) kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grund­sätzen angenommen werden, wenn folgende Tatbestände erfüllt sind:

  • Der mitarbeitende Familienangehörige ist wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert, also in persönlicher Abhängigkeit unter gleichzeitiger tatsächlicher Aus­übung der Beschäftigung.

  • Der mitarbeitende Familienangehörige unterlieg – wenn auch in abgeschwächter Form – einem Weisungsrecht des Arbeitgebers.

  • Der mitarbeitende Familienangehörige wird anstelle einer fremden Arbeitskraft be­schäftigt.

  • Der mitarbeitende Familienangehörige hat einen Anspruch auf ein der Arbeitsleistung ange­messenes (im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt und dieses wird auch regelmäßig gezahlt.

  • Von dem Arbeitsentgelt wird regelmäßig Lohnsteuer entrichtet.

  • Das Arbeitsentgelt wird als Betriebsausgabe gebucht.

☆ ☆ ☆
Beschäftigungsverhältnisse des allgemeinen Arbeitsmarktes

Für das Eintreten der Versicherungspflicht muss ein von den Angehörigen ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäfti­gungsverhältnis nachweisbar sein, das insbesondere die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Arbeitgeber voraussetzt. Es muss somit eine ›weisungsgebundene Beschäftigung gegen Entgelt‹ vorliegen, deren Gesamtbild dem so­genannten Fremdvergleich mit Beschäftigungsverhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes standhält.

Tätigkeitsstatus → Der Begriff ›Beschäftigungsverhältnis‹

Angemessenes Arbeitsentgelt

Für die Beurteilung, ob ein Angehöriger in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht, ist u. a. die Höhe der Vergütung (Geld‑ und Sachbezüge) im Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit von grundlegender Bedeutung. Leistung und Gegenleistung müssen in einem an­ge­messenen Verhältnis zueinander stehen.

Die Höhe der Vergütung muss dem sogenannten Fremdvergleich mit Beschäftigungsverhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes standhalten. Das gezahlte Entgelt muss dabei nicht dem tariflichen oder ortsüblichen Arbeitsentgelt entsprechen. Das gilt auch dann, wenn ein übliches Weihnachts‑ oder Urlaubsgeld nicht gewährt wird. Allerdings sind eine niedrige Entlohnung, das Ausbleiben von Gehalts­erhöhungen sowie das über einen langen Zeitraum hinweg fehlende Urlaubs‑ und/oder Weih­nachts­geldzahlungen Hinweise, die gegen ein auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt übliches Arbeitsverhältnis sprechen können.

Ein Entgelt, das den halben Tariflohn bzw. das halbe ortsübliche Arbeitsentgelt unterschreitet, stellt re­gel­mäßig ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme eines angemessenen Gegenwerts für die ausgeübte Tätigkeit dar. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist damit jedoch nicht gene­rell ausgeschlossen. Auch in diesen Fällen ist eine Würdigung der Gesamtumstände erfor­derlich.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Ehegatten sich gegenseitig Verpflegung, Unterkunft und Kleidung nicht im Rahmen eines Ehegatten‐Beschäftigungsverhältnisses, sondern als Ausfluss ihrer Unterhaltspflicht gewähren. Deshalb können derartige Leistungen nicht als Gegenleistung für die ab­hängige Arbeit angesehen werden. Dies gilt auch für Sachleistungen, die sich Ehegatten zur Befrie­digung der persönlichen Bedürfnisse gegenseitig zur Verfügung stellen.

Tatsächliche laufende Auszahlung des Arbeitsentgelts

Eine zwischen Fremden übliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses setzt die tatsächliche laufende Auszahlung des Arbeitsentgelts voraus. Der Angehörige muss als Arbeitnehmer frei und unein­ge­schränkt über das Arbeitsentgelt verfügen können. Dabei ist der Übergang vom Einkommen‑ und Vermögensbereich des Arbeitgebers in den des Arbeitnehmers ein wesentliches Merkmal für den tat­sächlichen Vollzug der entgeltlichen Beschäftigung.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist die Nichtauszahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts ein gewich­tiges Indiz gegen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen Ehegatten.

SVMWIndex k2s6a14