Das Beschäftigungsverhältnis ist ein Rechtsverhältnis, das auf faktischer und nicht ausschließlich auf vertraglicher Grundlage beruht.
Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Sowohl die Versicherungs‑ als auch die Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung knüpfen grundsätzlich an den Begriff der ›Beschäftigung‹ im Sinne nichtselbständiger Arbeit an. Ob bei Vorliegen einer Beschäftigung im Einzelfall tatsächlich Versicherungspflicht/‑freiheit im Rahmen ›Beschäftigtenversicherung‹ besteht, ergibt sich jeweils erst in der Zusammenschau der Normen über die Versicherungspflicht in den einzelnen Versicherungszweigen und der spezialgesetzlichen Regelungen über die Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherung.⚖
Das deutsche Sozialversicherungsrecht sieht keine personenbezogene Statuseinstufung vor, sondern es ist stets das jeweilige Vertragsverhältnis einer Statusbewertung zu unterziehen.
Im Rahmen der Vertragsfreiheit können zahlreiche Tätigkeiten sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bzw. Beschäftigungsverhältnisses wie auch als freies Mitarbeiterverhältnis verrichtet werden. Es gibt jedoch auch Tätigkeiten, die sich wegen ihrer Eigenart nur im Rahmen einer nichtselbständigen Erwerbsarbeit erbringen lassen.
Vertragsbeziehung → Gesetzlich geregelte Vertragstypen (BGB)
Sowohl das Arbeitsrecht als auch das Sozial‑ und Steuerrecht orientieren sich bei der Abgrenzung der nichtselbständigen von der selbständigen Erwerbsarbeit an der Definition des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB.
Statuskongruenz → § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB (allgemeine gesetzliche Wertung)
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung stellen mit den Hinweisen vom 21. März 2019 zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen Grundsätze zur Verfügung, die der Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung dienen sollen.⚖
Nützliche Internet-Direktverbindungen → Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung
Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Aus einer möglicherweise faktischen Nichtwahrnehmung der sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Aufsichts‑, Kontroll‑ und Weisungsrechte durch den Auftraggeber kann nicht geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zu Grunde liegenden Rechte und Pflichten ›stillschweigend‹ abbedungen worden sind. Die einem Beteiligten aufgrund der Vereinbarungen zustehende Rechtsmacht ist – unabhängig von ihrer Ausübung – solange maßgeblich, bis diese Rechtsposition wirksam abbedungen ist.⚖
Auf die Bezeichnung des Vertrages oder den Titel des Vertragsverhältnisses kommt es bei der Bestimmung der Vertragsart grundsätzlich nicht an. Wird aber ein schriftlicher ›Arbeitsvertrag‹ geschlossen, der nicht nur nach der Bezeichnung, sondern auch nach seinem festgestellten Inhalt typische Arbeitnehmerrechte und ‑pflichten zum Gegenstand hat (z. B. monatliches Gehalt, Einstellung als Vollzeitkraft, Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers zu etwaigen Nebentätigkeiten, Festlegung der Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber), kann eine zur Versicherungspflicht des Arbeitnehmers führende Beschäftigung regelmäßig nicht in Abrede gestellt werden.⚖
Einheitliche Rechtsordnung → Nähe zum Arbeitsrecht
Durch den im Vertrag dokumentierten Parteiwillen, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, wird eine Selbständigkeit nicht vorfestgelegt. Eine sich aus den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen ergebende Versicherungs‑ und Beitragspflicht in der Renten‑, Kranken‑, Pflege‑ und Arbeitslosenversicherung kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Vertragsbestimmungen, die dem zuwiderlaufen, sind nichtig.⚖
Versicherungspflicht versus Vertragsfreiheit → Indisponibler Versicherungsschutz
Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind an den Arbeitnehmer‑ bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits‑, steuer‑ und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, z. B. die
Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw. Urlaubsgeld,
Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern,
Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden und
für eine Sozialversicherung selbst zu sorgen,
lassen – auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden – ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zu. Ihnen kommt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu.⚖
Einer vertraglichen Vereinbarung, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen.⚖ Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je weniger eindeutig die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind.
Das Beschäftigungsverhältnis ist ein Rechtsverhältnis, das auf faktischer und nicht ausschließlich auf vertraglicher Grundlage beruht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist.⚖
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine ›formlose‹ Abbedingung rechtlich möglich ist.⚖
Gesamtschau der Vertragsbeziehung
Wenn sich bei der Abwägung der tatsächlichen Umstände des Vertragsverhältnisses kein eindeutiges Übergewicht für die eine oder die andere Seite ergibt, darf nicht ›im Zweifel‹ eine abhängige Beschäftigung angenommen werden. Für die Rechtsauffassung, im Zweifelsfall sei aufgrund einer angenommenen Schutzbedürftigkeit eher eine abhängige als eine selbständige, unternehmerische Tätigkeit anzunehmen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Sie kann auch nicht aus der Systematik des Sozialversicherungsrechts abgeleitet werden, die grundsätzlich auf die Verknüpfung der Sozialversicherungspflicht mit der abhängigen Beschäftigung abstellt und nur ausnahmsweise gesetzlich genau umrissene Personenkreise, bei denen dieses Merkmal nicht vorzuliegen braucht, mit in die Versicherungspflicht einbezieht. In diesen Fällen kommt dem in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck kommenden übereinstimmenden Willen der Vertragschließenden eine ausschlaggebende Bedeutung zu, sofern nicht zwingende Vorschriften des Sozialversicherungsrechts verletzt werden.⚖
Lässt sich nicht bereits anhand der tatsächlichen Ausgestaltung einer Erwerbstätigkeit feststellen, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder um eine selbständige Tätigkeit handelt und ist auch dem Vertrag kein übereinstimmender Wille der Vertragschließenden zu entnehmen, kann das bisherige Berufsleben als Indiz dafür dienen, was der Auftragnehmer gewollt hat.⚖
Ist der Auftragnehmer eine rechtsfähige Personengesellschaft (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG, Partnerschaftsgesellschaft, GbR), schließt dies ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu einem Dritten (Auftraggeber) im Regelfall aus. Dennoch können aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen im Einzelfall die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung mit entsprechender Weisungsgebundenheit gegenüber den Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit überwiegen. Dies gilt grundsätzlich auch, sofern es sich bei dem Auftragnehmer um eine Ein‐Personen‐Gesellschaft (z. B. Ein‐Personen‐GmbH bzw. Ein‐Personen‐Limited) handelt.
Spricht das Gesamtbild der für den Auftraggeber tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung für eine abhängige Beschäftigung, so ändert auch die vom Auftragnehmer gewählte Rechtsform daran nichts. Insbesondere bei typischen Beschäftigungsverhältnissen – wie beispielsweise bei den nicht programmgestaltenden Mitarbeitern in der Film‑ und Fernsehproduktion kann die Gründung einer Ein‐Personen‐GmbH oder Ein‐Personen‐Limited nicht zur Umgehung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses führen. Beurteilt nach den maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen sind diese Personen in der Regel als Arbeitnehmer weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der auftraggebenden Unternehmen eingegliedert.⚖
Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit → Nicht programmgestaltende Mitarbeit
Bei einer GbR ist ein ernsthafter Rechtsbindungswille des Auftragnehmers gefordert, seine Tätigkeit in der Rechtsform der GbR ausüben zu wollen. Wurde die Gründung der GbR nur zur Umgehung der Sozialversicherungspflicht vom Auftraggeber veranlasst, die GbR also nur zum Schein gegründet, sind die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers und das Nichtvorhandensein eines unternehmerischen Risikos beim Auftragnehmer die maßgebenden Kriterien für die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses.⚖
Lässt der Auftraggeber gleichartige Aufgaben durch Selbständige und durch Arbeitnehmer verrichteten, stellt sich die dringliche Frage, welche Unterschiede eine abweichende Statusbewertung rechtfertigen können. Dies dürfte im Sozialversicherungsrecht allenfalls in Sonderfällen dann möglich sein, wenn der Umgang mit den angestellten Mitarbeitern gänzlich anders gestaltet ist, als die Zusammenarbeit mit den selbständigen Mitarbeitern und die selbständigen Mitarbeiter zudem ein (echtes) Unternehmerrisiko tragen.
Vertragsbeziehung → Scheinselbständigkeit
Auch wenn das im alten § 7 Abs. 4 SGB IV vom Gesetzgeber fingierte sogenannte ›Vermutete Beschäftigungsverhältnis‹ inzwischen Geschichte ist, sind die dort genannten Kriterien auch weiterhin von Bedeutung.
Im Rahmen der turnusmäßig von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung durchzuführenden Sozialversicherungsprüfungen dürften gerade die Auftragnehmer für eine Statusüberprüfung relevant sein, die vorher für denselben Auftraggeber im Rahmen eines Arbeits‑ bzw. Beschäftigungsverhältnisses tätig waren. Auch wenn der Auftraggeber entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer durchführen lässt, drängt sich eine Statusüberprüfung der ›freien Dienstnehmer‹ auf.
Sozialversicherungsrecht → Vermutetes Beschäftigungsverhältnis
Die Rechtsvorschrift des § 7 Abs. 4 SGB IV in der Fassung bis 31. Dezember 2002 bestimmte, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt bei erwerbsmäßig tätigen Personen stets dann vermutet wird, wenn bei ihnen mindestens drei der folgenden fünf Merkmale vorliegen:
Im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit wird regelmäßig kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 325 Euro (damalige monatliche Geringfügigkeitsgrenze) übersteigt.
Sie sind auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
Ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer durchführen.
Ihre Tätigkeit lässt keine typischen Merkmale für unternehmerisches Handeln erkennen.
Ihre Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für den selben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatten.
SVMWIndex k1s5a1
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Das charakteristische Merkmal der nichtselbständigen Erwerbsarbeit ist die ›persönliche Abhängigkeit‹.
Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort sowie Art und Weise der Arbeitsdurchführung.
Der Begriff des ›Beschäftigungsverhältnisses‹ ist gesetzlich nicht eindeutig definiert. »Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers«.⚖ Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind damit schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur ›Anhaltspunkte‹ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien.⚖
Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen dabei weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die persönliche Abhängigkeit kann in Ausnahmefällen auch allein nur durch das Direktionsrecht des Auftraggebers (Arbeitgebers) oder durch die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers gekennzeichnet sein. In der Regel sind aber beide miteinander verbunden.
Persönliche Abhängigkeit |
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Weisungsgebundenheit Organisatorische Eingliederung Kein Unternehmer‑ bzw. Kapitalrisiko |
Es waren in erster Linie die Arbeits‑ und Sozialgerichte sowie die Literatur, die den Begriff ›persönliche Abhängigkeit‹ mit Leben gefüllt haben. Die vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung formulierten Kriterien zur persönlichen Abhängigkeit orientieren sich dabei grundsätzlich am Typus des ›Arbeitnehmers‹, der in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als normativer Regelfall abhängiger Beschäftigung genannt wird.⚖
Aufgrund der unmittelbaren Nähe des sozialversicherungsrechtlichen ›Beschäftigtenbegriffs‹ zum ›Arbeitnehmerbegriff‹ im arbeitsrechtlichen Sinne ist hat die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte für die Sozialgerichte dabei eine grundsätzlich richtungsweisende indizielle Bedeutung. Die Sozialgerichte lassen daher bei der Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des Sozialversicherungsrechts immer wieder auch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in die Entscheidungsfindung mit einfließen. Allerdings haben die Sozialgerichte dabei den einzelnen Merkmalen teilweise ein anderes Gewicht beigemessen und darüber hinaus auch eigenständige Abgrenzungsmerkmale entwickelt.
Für Zweifelsfälle haben die Sozial‑ und Arbeitsgerichte eine Vielzahl von Kriterien genannt, nach denen die nichtselbständige von der selbständigen Erwerbsarbeit abgegrenzt werden kann. Wie die Arbeits‑ und Sozialgerichte in ihren Entscheidungen immer wieder herausstellten, gibt es kein Einzelmerkmal, das aus der Vielzahl möglicher Kriterien zwingend vorliegen muss um ein Beschäftigungsverhältnis feststellen zu können. Auch gibt es keinen Katalog bestimmter Kriterien oder eine bestimmte numerische Anzahl von Kriterien, die erreicht sein muss, um zwingend zur Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses zu führen.⚖
Da sich eine persönliche Abhängigkeit auch aus Art oder Organisation der zu verrichtenden Tätigkeiten ergeben kann, lassen sich abstrakte, für alle Beschäftigungsverhältnisse geltende Kriterien nicht aufstellen. Bei der Frage, in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, ist deshalb immer auch die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen.⚖ Die wesentlichen Merkmale einer Tätigkeit sind daher stets In Form einer wertenden Beurteilung herauszustellen und zu gewichten.
Keine Bedeutung für die Statusbewertung hat hingegen eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Auftragnehmers, da dessen Vermögensverhältnisse keinerlei Aussagekraft bezüglich der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses zukommt.
Keines der von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien erlaubt für sich allein betrachtet eine Abgrenzung der abhängigen Erwerbsarbeit von einer selbständigen Tätigkeit. Die Arbeits‑ und Sozialgerichte stellen in ihren Entscheidungen immer wieder heraus, dass es für die Abgrenzung von selbständiger und nichtselbständiger Erwerbsarbeit kein Einzelmerkmal gibt, das aus der Vielzahl möglicher Kriterien zwingend vorliegen muss, um ein Beschäftigungsverhältnis feststellen zu können. Auch gibt es weder einen Katalog bestimmter Kriterien noch eine bestimmte numerische Anzahl von Kriterien, die erreicht sein muss um zwingend zur Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses zu führen.⚖
In Form einer typisierenden Betrachtung müssen alle im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände festgestellt und deren Tragweite gewichtet werden. Danach hat eine nachvollziehbare, logische und widerspruchsfreie Abwägung der Merkmale zu erfolgen.⚖ Für die Bestimmung des ›Typus‹ ist es nicht entscheidend, ob rein zahlenmäßig mehr Indizien für oder gegen eine abhängige Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechen. Entscheidend sind jeweils ihre Verbindung sowie die Intensität und die Häufigkeit ihres Auftretens im konkreten Einzelfall.
Bei der wertenden Betrachtung ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen den Kriterien, die feste Tatbestände definieren und den Kriterien, die graduell variieren. So zählen z. B. die Anmeldung eines Gewerbes oder die Zulässigkeit einer weiteren Erwerbstätigkeit zu den festen Tatbeständen, während das Kriterium der ›Weisungsgebundenheit‹ in abgestufter Form vorhanden sein kann und daher ungleich schwieriger zu bewerten ist.
Zu beachten ist zudem, dass zwischen dem Vorliegen und dem Nichtvorliegen eines Kriteriums im Hinblick auf die Gewichtung differenziert werden muss. Z. B. spricht das Nichtvorhandensein eines Unternehmerrisikos sehr stark dafür, dass es sich um eine nichtselbständige Erwerbsarbeit handelt, wohingegen das Vorliegen des Merkmals ›Unternehmerrisiko‹ zwar für Selbständigkeit spricht, aber keineswegs mit demselben Gewicht. Auch ist zu beachten, dass es sich bei dem Kriterium ›Unternehmerrisiko‹ nur hinsichtlich der Variante ›Nichtvorliegen‹ um eine absolute Größe handelt.
Für die Annahme, dass die Tätigkeit einer Person dem ›Typus‹ entspricht, ist es nicht erforderlich, dass die Tätigkeit sämtliche als idealtypisch erkannten, also den Typus kennzeichnenden Merkmale aufweist. Die als typisch angesehenen Merkmale müssen lediglich in solcher Zahl und Intensität vorhanden sein, dass die Tätigkeit ›im Ganzen‹ dem Erscheinungsbild des Typus entspricht. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt letztendlich also davon ab, welche der festgestellten Merkmale in der Gesamtbetrachtung dem jeweiligen Typus entsprechen.
Trotz den mit der begrifflichen Unbestimmtheit für die Vertragspartner verbundenen Rechtsunsicherheiten wurde die typisierende Statusbewertung vom Bundesverfassungsgericht als rechtlich unbedenklich eingestuft.
Unbestimmtheit des ›Beschäftigungsverhältnisses‹ → Beschluss des BVerfG zu § 7 SGB IV
SVMWIndex k1s5a2
Bei dem Weisungsrecht handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das der Arbeitgeber nicht nur einmalig ausübt, sondern immer wieder ausüben kann.
Will der Unternehmer einen reibungslosen Betriebsablauf gewährleisten, so muss er die Möglichkeit haben, den Arbeitsablauf koordinieren zu können. Eine Koordination der Betriebsabläufe ist ihm aber grundsätzlich nur dann möglich, wenn die Erwerbspersonen ihre Arbeitskraft ständig zur Verfügung stellen und der Unternehmer damit das für die Koordination der Arbeitsabläufe erforderliche Leitungsrecht hat.
Die Verteilung von Weisungsrechten innerhalb des Betriebes stellt eine wichtige koordinative Maßnahme dar. Das für die Koordination der Arbeitsabläufe erforderliche Weisungsrecht kann der Unternehmer regelmäßig nur sicherstellen, wenn er mit den Auftragnehmern einen Arbeitsvertrag schließt. Der Arbeitsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, das auf wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum wiederholende Leistungen und Gegenleistungen gerichtet ist und nur einmal in einem Vertrag vereinbart werden muss. Mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages wird der Unternehmer zum Arbeitgeber des Arbeitnehmers. In großen Betrieben wird das Weisungsrecht üblicherweise von oben nach unten delegiert, das heißt die Arbeitnehmer erhalten ihre konkreten Arbeitsanweisungen von ihren jeweiligen unmittelbaren Vorgesetzten.
Vertragsbeziehung → Arbeitsvertrag
SVMWIndex k1s5a3
Die Eingliederung des Mitarbeiters in den Betrieb des Auftraggebers ist ein wichtiges Kriterium für die Annahme der Arbeitnehmerstellung.
Der ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern des Auftraggebers bzw. der Unterordnung unter diese kommt eine erhebliche Bedeutung zu.
SVMWIndex k1s5a4
Einem bestimmten Abgrenzungsmerkmal kann aufgrund der Eigenart der Tätigkeit im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau des Vertragsverhältnisses durchaus eine unterschiedliche Gewichtung zukommen.
Einfache Tätigkeiten eigenen sich grundsätzlich nicht für ein freies Dienstverhältnis.
Bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers in der Praxis soweit abgemildert sein, sodass es sich lediglich in der Form der zweckdienlichen Teilhabe des Arbeitnehmers an den betrieblichen Abläufen darstellt.
Arbeitgeber bedienen sich regelmäßig Fachkräfte, die wegen ihrer besonderen fachlichen Qualifikationen keiner konkreten Einzelanweisung bedürfen und ihre Tätigkeit eigenverantwortlich und eigenständig ausführen. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung versehen wird, spricht jedoch noch nicht gegen ein Arbeits‑ oder Beschäftigungsverhältnis. Eine abhängige Erwerbsarbeit kann bei ›Diensten höherer Art‹ selbst dann vorliegen, wenn dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt.⚖
Selbst die nahezu ohne besondere (konkrete) Weisung erbrachte Arbeitsleistung ist dann fremdbestimmt, wenn die Erwerbsperson in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert ist und damit die Arbeitsleistung von der Ordnung des jeweiligen Auftraggebers geprägt wird. Vor allem bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers dabei in der Praxis soweit abgemildert sein, sodass es sich lediglich in der Form der zweckdienlichen Teilhabe des Arbeitnehmers an den betrieblichen Abläufen darstellt. In einem solchen Fall verfeinert sich die Weisungsgebundenheit des Beschäftigten zur sogenannten ›funktionsgerechten Teilhabe am Arbeitsprozess‹.⚖
Dienste höherer Art |
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Studienberufe |
Besondere Qualifikation |
Leitungsfunktionen |
Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können.⚖ Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und ‑erfolg abhängig ist (z. B. von Umsatz‑ und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen usw.), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet.⚖
Einsatz der eigenen Arbeitskraft
Der Zuordnung einer Tätigkeit zu den sogenannten ›Freien Berufen‹ kommt kein normativer Charakter dergestalt zu, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grundsätzlich als Selbständige zu beurteilen sind. Auch bei Rechtsanwälten, die als Gesellschafter‐Geschäftsführer einer Anwalts‐GmbH tätig sind, ist eine Sozialversicherungspflicht aufgrund einer abhängiger Beschäftigung nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege sind. Losgelöst von ihrer fachlichen Unabhängigkeit können Rechtsanwälte auch in einer Position als Geschäftsführer aufgrund abhängiger Beschäftigung sozialversicherungspflichtig sein, wenn sie in das Unternehmen eingegliedert sind und gesellschaftsrechtlichen Weisungen durch die Gesellschafterversammlung unterliegen.⚖
Tätigkeitsstatus → ›Freie Berufe‹
Tätigkeitsstatus → GmbH Gesellschafter/Geschäftsführer
SVMWIndex k1s5a5
Der in den Schranken der allgemeinen Gesetze gewährleistete Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluss über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter zu bestimmen, die an Hörfunk‑ und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.
Regelungen des Sozialversicherungsrechts und die damit verbundenen finanziellen Folgen werden nicht durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berührt.
Unvereinbar mit der Rundfunkfreiheit sind nicht nur unmittelbare Einflussnahmen Dritter auf das Programm, sondern auch Einflüsse, die die Programmfreiheit mittelbar beeinträchtigen können. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Programmfreiheit und Personalentscheidungen umfasst der Schutz der Rundfunkfreiheit auch die Entscheidung darüber, ob solche Mitarbeiter fest angestellt werden oder ob ihre Mitarbeit aus Gründen der Programmplanung auf eine gewisse Dauer oder ein gewisses Projekt zu beschränken ist und wann, wie oft oder wie lange ein Mitarbeiter benötigt wird. Dies schließt die Befugnis ein, bei der Begründung von Mitarbeiterverhältnissen den insoweit jeweils geeigneten Vertragstyp zu wählen.
Rechtsfigur des Typus → Programmgestaltende Mitarbeiter
Eine programmgestaltende Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen einer selbständigen Mitarbeit möglich, sondern ebenso auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses. Die Rundfunkfreiheit steht den arbeitsrechtlichen Regelungen nur dann entgegen, wenn diese den Rundfunk‑ und Fernsehanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nehmen würde.⚖
Programmgestaltende Mitarbeiter → Befristung des Arbeitsverhältnisses
Auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann daher – entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung – ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann.⚖
Soweit programmgestaltende Mitarbeiter sehr lange Zeit hindurch in nicht erheblichem Umfang beschäftigt worden sind, kann dies ein Indiz dafür sein, »dass für die Anstalt kein Bedürfnis nach einem Wechsel besteht, während auf der anderen Seite die soziale Schutzbedürftigkeit solcher Mitarbeiter im Laufe der Zeit wachsen wird«.⚖
SVMWIndex k1s5a6
Eine zeitliche Verfügungsmacht hat der Auftraggeber, der zur Koordination des Arbeitseinsatzes einseitig Dienstpläne aufstellen darf.
Zeitliche Weisungsgebundenheit ist auch dann gegeben, wenn vom Auftragnehmer ständige Dienstbereitschaft erwartet wird, oder wenn er im nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung zu Diensten herangezogen wird.
Darf der Auftragnehmer seine Arbeitszeit frei bestimmen, so spricht dies für seine Selbständigkeit.
SVMWIndex k1s5a7
Ausschlaggebend für die arbeitsrechtliche Definition ›Betrieb‹ ist die organisatorische Einheit.
Das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte kann für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ein wesentliches Indiz sein.
SVMWIndex k1s5a8
Unterstellungsverhältnisse ermöglichen eine klare Kontrolle der Aufgabenerfüllung und sind mit einer Selbständigkeit des Auftragnehmers nicht vereinbar.
Bei Diensten höherer Art genügt im Arbeits‑ und Sozialrecht die ›funktionsgerechte Teilhabe am Arbeitsprozess‹.
SVMWIndex k1s5a9
Echtes Unternehmerrisiko bedeutet den Einsatz eigenen Vermögens mit der Aussicht auf Gewinn, aber auch mit dem Risiko des Verlustes.
Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft sind nur dann als Indiz für Selbständigkeit anzusehen, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen.
SVMWIndex k1s5a11
Liegt das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers, handelt es sich unter weiteren Voraussetzungen um ein gewichtiges Hilfskriterium.
Eine abhängige Beschäftigung liegt im Umkehrschluss nahe, wenn das gewährte Stundenhonorar betragsmäßig im Bereich dessen liegt, was eine entsprechende abhängig beschäftigte Fachkraft tariflich oder einzelvertraglich als Vergütung erhalten würde.
SVMWIndex k1s5a12
Aus den formalen Merkmalen sind zwingende Schlussfolgerungen im Hinblick auf die statusrechtliche Einstufung der Vertragsbeziehung nicht möglich.
SVMWIndex k1s5a13