Zuständig für die Betriebsprüfungen im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag sind ausschließlich die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Betriebsprüfung braucht nicht umfassend oder erschöpfend zu sein, sie kann sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken.
Bis zum Jahre 1995 waren grundsätzlich die Krankenkassen als Einzugsstellen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auch für die Beitragsüberwachung zuständig. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung hatten sich lediglich in ›ausreichendem Maße‹ an den Betriebsprüfungen zu beteiligen.
Nach einer bis Ende 1998 andauernden Übergangsphase, hat der Gesetzgeber im Jahre 1999 die Prüfkompetenz vollständig auf die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen. Seitdem werden alle Prüfungen im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag in alleiniger Zuständigkeit von den Prüfern der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt.⚖ Lediglich den landwirtschaftlichen Krankenkassen wurde weiterhin ein eigenes Prüfrecht für die bei ihnen versicherten Familienangehörigen eingeräumt.⚖
Während die Krankenkassen nur berechtigt waren, im Rahmen ihrer Betriebsprüfungen die Beschäftigungsverhältnisse der bei ihnen angemeldeten Beschäftigten zu prüfen, müssen die Prüfer der Rentenversicherungsträger – ohne Rücksicht auf Mitgliedschaften – grundsätzlich alle Beschäftigungsverhältnisse prüfen. Zwar müssen sich die Arbeitgeber seit 1999 damit zeitlich grundsätzlich auf ein etwas längeres Prüfverfahren einstellen, durch den Wegfall von ›Mehrfachprüfungen‹ durch verschiedene Krankenkassen ist letztendlich aber eine eindeutige zeitliche Entlastung und zudem durch den Wegfall divergierender Entscheidungen auch eine größere Rechtssicherheit eingetreten.
Eine Betriebsprüfung stellt einen staatlichen Eingriff in die Rechtssphäre von Unternehmen dar. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen.
Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf. Insbesondere bezwecken die Betriebsprüfungen nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa ›Entlastung‹ zu erteilen.⚖
Die stichprobenartige Prüfung entspricht einer jahrzehntelangen Praxis, die sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung unbeanstandet gelassen haben. Wie das Bundessozialgericht feststellte, kann selbst bei ›kleineren‹ Betrieben eine Betriebsprüfung auf Stichproben beschränkt bleiben.⚖ Ein Hinweis auf die stichprobenartige Prüfung muss nicht zwingend im Bescheid enthalten sein.⚖
Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge → Der Beitragsschuldner
Prüfschwerpunkte (GSV) → Wesentliche Prüfungsinhalte
Der für alle Verwaltungsverfahren geltende Grundsatz der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen⚖ gilt auch für das Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p SGB IV. Der Betriebsprüfer hat im Rahmen der Gesamtwürdigung des Sachverhaltes auch die für die Rechtsauffassung des Arbeitgebers sprechenden Argumente zu berücksichtigen.
Die Einzugsstelle ist im deutschen Sozialversicherungssystem diejenige Stelle, die die Gesamtsozialversicherungsbeiträge bei den Arbeitgebern einzieht und an die einzelnen Sozialversicherungsträger und den Gesundheitsfonds arbeitstäglich weiterleitet. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird.⚖ Die Krankenkassen als Einzugsstellen des Gesamtsozialversicherungsbeitrages treffen erforderlichenfalls Entscheidungen über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken‑, Pflege‑, Renten‑ und Arbeitslosenversicherung.⚖ Das geschieht in Form eines Verwaltungsaktes. Ein Verwaltungsakt der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV liegt vor, wenn sie sich in einem konkreten Einzelfall verbindlich zur Versicherungspflicht oder Beitragshöhe äußert. In aller Regel wird der Verwaltungsakt schriftlich ergehen. Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.⚖
Anlässlich einer Sozialversicherungsprüfung nach § 28p SGB IV prüfen die Rentenversicherungsträger auch, ob die von den Einzugsstellen erlassenen Verwaltungsakte zur Beitrags‑ und Versicherungspflicht in Übereinstimmung mit geltendem Recht ergangen sind. Ein Verwaltungsakt ist dann rechtmäßig, wenn er in Anwendung einer rechtmäßigen Rechtsgrundlage erfolgte und formell und materiell rechtmäßig ist. Nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes entscheidet über die Rücknahme oder Aufhebung eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.⚖ Im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung kann der Rentenversicherungsträger als zuständige Behörde die von Krankenkassen (Einzugsstellen) getroffenen Entscheidungen abändern oder aufheben. Die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers kann von den Einzugsstellen nicht angefochten werden.
Grundsätzlich soll sich der Bürger auf die Rechtmäßigkeit und die Bestandskraft einer für ihn positiven Entscheidung verlassen können. Werden den Prüfern der Rentenversicherung in einer Betriebsprüfung Verwaltungsakte der Einzugsstellen vorgelegt, sind sie grundsätzlich an die darin getroffenen Entscheidungen gebunden. Eine Rücknahme der Einzugsstellenentscheidung ist nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich, die in den §§ 44 ff. SGB X normiert sind. Ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.⚖
Korrektur von Bescheiden → Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 45 SGB X)
Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO sind Steuerbescheide, die aufgrund einer (steuerlichen) Außenprüfung ergangen sind, nur dann aufzuheben oder zu ändern, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Das geltende Sozialversicherungsrecht enthält keine Vorschrift, die mit der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 1 AO vergleichbar wäre.
Das Bundessozialgericht hat sich bereits mehrfach mit den Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen beschäftigt, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab, sich jedoch später herausstellte, dass die Versicherungs‑ und Beitragspflicht von Beschäftigten vom geprüften Arbeitgeber bereits im Prüfzeitraum unzutreffend beurteilt wurden, dies im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war.
Wie das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung feststellte, können Arbeitnehmer ebenso wie Arbeitgeber aus solchen Betriebsprüfungen grundsätzlich keine weiter gehenden Rechte herleiten.⚖
Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden ›besonderen Umstände‹ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.⚖
Betriebsprüfungen bzw. die das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa mit Außenwirkung ›Entlastung‹ zu erteilen. Dem berechtigten Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, wird bereits durch die kurze Verjährungsfrist des § 29 Abs. 1 RVO (nunmehr § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) hinreichend Rechnung getragen.⚖
Verjährung der Beitragsansprüche → 4‑jährige Verjährungsfrist
Die Beitragspflichtigen dürfen zwar nicht für eine zurückliegende Zeit mit einer Beitragsnachforderung überrascht werden, die in Widerspruch steht zu dem vorangegangenen Verhalten der Verwaltung, auf deren Rechtmäßigkeit sie vertraut haben und vertrauen durften.⚖ Das Geltendmachen der Beitragsforderungen widerspricht aber nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben⚖; es liegt in diesem Fall keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.
Ist im Protokoll der Schlussbesprechung ein Hinweis enthalten, dass weitere Arbeitnehmer geprüft wurden und die Prüfung zeitintensiv gewesen sei, so kann daraus nicht geschlossen werden, die gesamte Praxis der Meldungen und Beitragszahlung eines Arbeitgebers wäre in Bezug auf sämtliche Betriebsangehörigen unter allen denkbaren Aspekten behördlicherseits für ›in Ordnung‹ befunden worden.⚖
Die allgemeine Äußerung einer Rechtsansicht durch einen Betriebsprüfer im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung ist kein die Verwaltung bindender Verwaltungsakt, weil mit einer solchen Erklärung keine konkrete Regelung für den Einzelfall getroffen wird. In den Erklärungen der Betriebsprüfer kann deshalb keine verbindliche Zusage gesehen werden.⚖ Im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorgaben kann keine Selbstbindung der Verwaltung entstehen. Eine Selbstbindung aufgrund einer früheren Verwaltungspraxis kann nur im Rahmen eines der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums oder Ermessens eintreten.⚖
Das Bayerische Landessozialgericht vertrat hinsichtlich der Bestandskraft abgeschlossener Betriebsprüfungen die Auffassung, dass es dem Regelungsgehalt der vorangegangenen Entscheidung widerspreche, wenn die Prüfbehörde für diese bestandskräftig geprüften und beschiedenen Prüfzeiträume einen neuen Bescheid mit anderem Inhalt erlassen dürfe. »Die Prüfbehörde müsse nach der Gesamtkonzeption des Verfahrensrechts im SGB X die frühere Entscheidung zunächst nachträglich beseitigen und dabei § 45 SGB X anwenden.«⚖ Wie das Bundessozialgericht inzwischen jedoch festgestellt hat, bedarf es einer Aufhebung des vorhergehenden Prüfbescheides nicht.⚖
Die Bindungswirkung bzw. Bestandskraft eines früheren Bescheides steht grundsätzlich weder der Festsetzung von Beiträgen noch der Erhebung von Säumniszuschlägen für bereits geprüfte Zeiträume entgegen. Eine materielle Bindungswirkung könnte sich lediglich insoweit ergeben, als Versicherungs‑ und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) in der Vergangenheit im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt festgestellt wurden.⚖
Der Gesetzgeber hat dem Arbeitgeber durch die Änderung der Beitragsverfahrensverordnung zum 1. Januar 2017 insoweit mehr Rechtssicherheit eingeräumt, indem er den prüfenden Rentenversicherungsträger verpflichtet, dem Arbeitgeber durch den Prüfbescheid oder das Abschlussgespräch zur Prüfung Hinweise zu den festgestellten Sachverhalten zu geben, damit dieser in den weiteren Verfahren fehlerhafte Angaben vermeiden kann.⚖ Wie das Bundessozialgericht ausführte, muss der Bescheid des Rentenversicherungsträgers deshalb den Umfang der Stichprobenprüfung, die geprüften Personen und das Ergebnis der Betriebsprüfung festhalten.⚖
Durch die Änderung des Wortes ›festgestellten‹ durch das Wort ›beanstandeten‹ hat der Gesetzgeber nunmehr jedoch klargestellt, das es sich bei der Unterstützung des Arbeitgebers durch die Rentenversicherungsträger lediglich um gezielte Hinweise in den ›konkret beanstandeten Sachverhalten‹ handelt. Die Regelung soll das Melde‑ und Beitragsnachweisverfahren nachhaltig und qualitativ stärken. Eine gesetzlich verpflichtende und umfängliche Beratung zu allen von der Prüfung erfassten Sachverhalten soll hingegen nicht bewirkt werden.⚖
Wie das Bundessozialgericht zudem ausführte, sind die prüfenden Rentenversicherungsträger verpflichtet, die Betriebsprüfung auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Lebenspartner, Abkömmlinge des Arbeitgebers sowie geschäftsführende GmbH‐Gesellschafter zu erstrecken, sofern ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Die getroffenen Feststellungen sind bei folgenden Betriebsprüfungen zu beachten und können unter Umständen einer abweichenden Beurteilung entgegen gehalten werden.⚖ Die Rentenversicherungsträger haben beschlossen, die Forderung des Bundessozialgerichts ab 1. Januar 2021 in die Praxis umzusetzen.
SVMWIndex k7s1a1
Um Mehrfachprüfungen zu vermeiden hat der Gesetzgeber festgelegt, dass ein Arbeitgeber jeweils nur von einem Rentenversicherungsträger zu prüfen ist.
SVMWIndex k7s1a2
Die Rentenversicherungsträger sind verpflichtet, turnusmäßig mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern zu prüfen.
In Anlehnung an die Verjährungsvorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind die Rentenversicherungsträger verpflichtet, turnusmäßig mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Wenn der Arbeitgeber es verlangt, soll die Prüfung in kürzeren Zeitabständen erfolgen.⚖
Die Rentenversicherungsträger prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen⚖; die Prüfung umfasst aber auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Umlagen gehören zwar nicht zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag, für den die Prüfzuständigkeit in § 28p Abs. 1 SGB IV geregelt ist. Die Bestimmungen des SGB IV über die Einziehung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags⚖ gelten jedoch auch für die Umlagen nach dem LFZG (nunmehr EntgFG).⚖
SVMWIndex k7s1a3
Prüfungsort ist in der Regel der Standort des Arbeitgeberbetriebes oder der Standort der vom Arbeitgeber beauftragten Abrechnungsstelle.
Ab 1. Januar 2023 wird die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung für den Teil der Entgeltabrechnung gesetzlich verpflichtend.
SVMWIndex k7s1a4
Eine Anmeldung zur Betriebsprüfung kann entweder telefonisch oder schriftlich erfolgen.
SVMWIndex k7s1a5
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten.
Die Rentenversicherungsträger sind berechtigt, auch über den Bereich der Lohn‑ und Gehaltsabrechnung hinaus die gesamte Finanzbuchhaltung einschließlich der Aufwandskonten zu prüfen, ohne dass hierfür besondere Gründe vorliegen müssen.
SVMWIndex k7s1a6
Um eine ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 SGB IV zu gewährleisten, wurden sowohl den Arbeitgebern als auch den Beschäftigten diverse Mitwirkungspflichten auferlegt.
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, Betriebsprüfungen zuzulassen und angemessene Prüfhilfen zu leisten.⚖ Der Arbeitgeber hat Auskunft über alle Tatsachen zu geben, die für die Beitragserhebung notwendig sind.⚖ Der § 98 SGB X gilt gemäß § 166 Abs. 1 SGB VII auch für die UV‐Prüfung.
Die Versicherungsträger können ohne Mitwirkung des Beschäftigten ihrer Aufgabe zur ordnungsgemäßen Durchführung einer Betriebsprüfung nicht nachkommen. Der § 28o Abs. 2 SGB IV verpflichtet deshalb den Beschäftigten, gegenüber dem Versicherungsträger alle notwenigen Angaben zu machen, die der Versicherungsträger zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.
Der Beschäftigte hat dem prüfenden Sozialversicherungsträger auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Art und Dauer seiner Beschäftigungen, die hierin erzielten Arbeitsentgelte, seine Arbeitgeber und die für die Erhebung von Beiträgen notwendigen Tatsachen zu erteilen. Er hat zudem alle für die Prüfung der Meldungen und Beitragszahlung erforderlichen Unterlagen vorzulegen.⚖ Diese Vorschrift gilt auch über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hinaus.
Ergänzt wird die Auskunfts‑ und Vorlageverpflichtung des Beschäftigten durch die Regelungen in § 196 SGB VI. Nach dieser Vorschrift hat ein Versicherter bzw. eine Person, für die eine Versicherung durchgeführt werden soll, gegenüber dem Rentenversicherungsträger über alle Tatsachen, die für die Feststellung der Versicherungs‑ und Beitragspflicht und für die Durchführung der den Trägern der Rentenversicherung übertragenen Aufgaben (z. B die Durchführung von Betriebsprüfungen) erforderlich sind, auf Verlangen unverzüglich Auskunft zu erteilen, soweit nicht bereits nach § 28o SGB IV eine Auskunftspflicht besteht.
Die über § 28o SGB IV hinausgehende Mitwirkungsverpflichtung des § 196 Abs. 1 SGB VI begründet gerade für bislang noch nicht Versicherte und nicht angemeldete Beschäftigte eine Mitwirkungsverpflichtung und betrifft somit vor allem den Bereich der ›Scheinselbständigen‹. Diese können die Angaben gegenüber dem Betriebsprüfer nicht mit der Begründung verweigern, sie hielten sich nicht für versicherungspflichtig, da gerade die Überprüfung der Versicherungspflicht einer der wesentlichen Gründe für die Durchführung von Betriebsprüfungen ist.
Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 28o SGB IV eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder die erforderlichen Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.⚖
SVMWIndex k7s1a7
Die Rentenversicherungsträger haben seit dem 1. Januar 1996 das Recht, für Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung sowie bei Meldeverstößen Bußgelder zu verhängen.
Das Zwangsgeld ist ein Ordnungsmittel zur zwangsweisen gerichtlichen oder behördlichen Durchsetzung von Verhaltenspflichten, die der Verpflichtete selbst erfüllen kann. Das Zwangsgeld ist ein in die Zukunft gerichtetes Beugemittel, das aber weder Straf‑ noch Bußgeldcharakter hat und demzufolge kein Verschulden voraussetzt. Das Zwangsgeld dient lediglich der Willensbeeinflussung desjenigen, dem es angedroht wird. Durch die Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes soll ein in einem Bescheid gefordertes zukünftiges Verhalten (z.B. Vorlage von Unterlagen oder Zulassung einer Betriebsprüfung) ›erzwungen‹ werden.
Voraussetzung für die Durchführung des Zwangsgeldverfahrens ist das Vorliegen eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes bzw. eines Verwaltungsaktes, bei dem ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Der Verwaltungsakt muss auf die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet sein.
Ein Widerspruch hat nur dann keine aufschiebende Wirkung, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet wird. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegen. Die Begründung ist am jeweiligen Einzelfall auszurichten.
Verfahrensschritte | Bemerkungen |
---|---|
Androhung des Zwangsgeldes |
Das Zwangsgeld ist vor seiner Verwendung schriftlich in bestimmter Höhe anzudrohen. Zuständig für die Androhung eines Zwangsmittels ist die Ausgangsbehörde, die den Grundverwaltungsakt erlassen hat. Enthält der Grundverwaltungsakt ein Handlungsgebot für den Adressaten, dann ist dem Betroffenen in der Androhung eines Zwangsmittels eine angemessene Frist zur Erfüllung dieser Handlungspflicht zu bestimmen. Ist der Grundverwaltungsakt nicht für sofort vollziehbar erklärt worden und noch nicht bestandskräftig, darf die gesetzte Frist die Rechtsbehelfsfrist von einem Monat ab Bekanntgabe nicht unterschreiten. Im Falle einer Unterlassungs‑ oder Duldungsverfügung ist eine Fristsetzung nicht erforderlich. Eine Anhörung ist vor dem Erlass des ›Androhungsverwaltungsaktes‹ nicht notwendig, weil die Androhung eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung ist. Wird hingegen die Androhung mit dem Verwaltungsakt, der vollstreckt werden soll, verbunden, muss der Adressat in Bezug auf den Grundverwaltungsakt vorher angehört werden. Kommt der Betroffene der Handlungsaufforderung nach, muss das Zwangsgeld nicht bezahlt werden. |
Höhe des Zwangsgeldes |
Die Höhe des Zwangsgeldes bestimmt der Versicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das Zwangsgeld muss seiner Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck, zu dem zu erwartenden Ergebnis und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betroffenen stehen. Das Zwangsgeld darf maximal 25.000 Euro betragen.⚖ Aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften ist zum Teil sogar ein Zwangsgeld bis zu 50.000 Euro möglich.⚖ |
Zwangsgeldbescheid |
Die Festsetzung des Zwangsgeldes hat durch einen gesonderten schriftlichen Verwaltungsakt zu erfolgen. Der Zwangsgeldbescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Zahlungsfrist zu versehen. Er kann somit mit einem Widerspruch angefochten werden. Wird auch nach Festsetzung des Zwangsgeldes noch immer nicht geleistet, wird das Zwangsgeld vollstreckt. |
Ersatzzwangshaft |
Bei ›Uneinbringlichkeit‹ des festgesetzten Zwangsgeldes hat das Verwaltungsgericht die Möglichkeit eine Ersatzzwangshaft anzuordnen. Uneinbringlich ist das Zwangsgeld, wenn nach ordnungsgemäßer Festsetzung eines Zwangsgeldes ein durchgeführter Beitreibungsversuch erfolglos blieb. Die Ersatzzwangshaft ist kein eigenständiges Zwangsmittel, sondern erfordert die Erfolglosigkeit der Eintreibung eines Zwangsgeldes. Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen. |
SVMWIndex k7s1a8
Die Anhörung Beteiligter verwirklicht den rechtsstaatlichen Anspruch auf rechtliches Gehör im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren⚖ und vor Gericht.⚖ Die Anhörung schützt den Beteiligten vor überraschenden Eingriffen und gibt ihm Gelegenheit, sich zu der zur Entscheidung stehenden Angelegenheit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern.⚖ Damit hat der Beteiligte die Möglichkeit, bereits im Vorfeld auf die Verwaltungsentscheidung einzuwirken und sich Klarheit über die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Klage zu verschaffen.
Eine formelle Anhörung gemäß § 24 SGB X ist grundsätzlich eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des danach zu erlassenden Verwaltungsaktes. Wird die Anhörungspflicht verletzt, so liegt ein Verfahrensfehler vor, der den ergangenen Verwaltungsakt formell rechtswidrig werden lässt. Der Verfahrensfehler kann jedoch geheilt werden, indem die Anhörung im Rahmen des Widerspruchverfahrens nachgeholt wird. Nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SGB X kann eine unterlassene formelle Anhörung ggf. noch bis zur Beendigung des Verfahrens in der letzten Tatsacheninstanz (Landessozialgericht) nachgeholt werden.
Widerspruchsverfahren (Vorverfahren) → Die Anhörung
Landessozialgericht (zweite Instanz) → Letzte Tatsacheninstanz
Da es sich bei dem Bescheid des prüfenden Rentenversicherungsträgers um einen Verwaltungsakt im Sinne des SGB X handelt, hat auch der prüfende Rentenversicherungsträger dem Arbeitgeber vor Erlass des Bescheides im Rahmen einer formellen Anhörung noch einmal die Möglichkeit zu geben, sich zu den festgestellten Beanstandungen zu äußern. Der Arbeitgeber hat damit noch vor dem Erlass des Prüfbescheides die Möglichkeit ergänzende Unterlagen nachzureichen und eigene Rechtsauffassungen darzulegen.
Die Anhörung im Verwaltungsverfahren kann grundsätzlich schriftlich, mündlich und auch fernmündlich erfolgen. Dies folgt aus dem Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens.⚖ Eine telefonische Anhörung erfordert aber zumindest, dass dem Arbeitgeber zunächst eine hinreichende Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die Möglichkeit hat, sich sachkundig zu machen, Überlegungen anzustellen und sich danach zu äußern. Eine telefonische Anhörung mit gleichzeitiger Rückäußerung durch den Arbeitgeber erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 SGB X.⚖
Ein formelles schriftliches Anhörungsverfahren wird in der Regel dann durchgeführt, wenn es sich um höhere Beitragsnachforderungen handelt, Statusfeststellungsverfahren durchgeführt wurden oder der Arbeitgeber im Rahmen der Schlussbesprechung signalisiert, dass er gegen den Bescheid Rechtmittel einlegen will. In der Anhörung hat der prüfende Rentenversicherungsträger dem Arbeitgeber die entscheidungserheblichen Tatsachen mitzuteilen. Entscheidungserheblich sind alle Tatsachen, auf die die Behörde den Verfügungssatz gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell‐rechtlichen Ansicht objektiv ankommt. Die entscheidungserheblichen Tatsachen müssen dem Betroffenen in einer Weise unterbreitet werden, dass dieser sie als für die Entscheidung erheblich erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann.⚖
In der Praxis verzichten die Arbeitgeber meist auf die Durchführung eines formellen schriftlichen Anhörungsverfahrens, sodass Schlussbesprechung und Anhörung in einem Akt zusammenfallen. Die Prüfer nutzen das Abschlussgespräch regelmäßig auch, um zu beraten und Hinweise zur Optimierung der Arbeit in Bezug auf die sozialversicherungsrechtlichen Erfordernisse zu geben. Deshalb ist es ratsam, an diesem Termin alle Verantwortungsträger des Unternehmens teilnehmen zu lassen.
Für die Rückäußerung muss dem Betroffenen eine angemessene Frist gewährt werden. Eine unangemessen kurze Anhörungsfrist steht einer unterlassenen Anhörung gleich und stellt somit einen Verfahrensfehler dar.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hängt die Angemessenheit der Anhörungsfrist vom Schwierigkeitsgrad der entscheidungserheblichen Tatsachen ab. Grundsätzlich wird eine Frist von zwei Wochen als Mindestfrist angesehen. Beim Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls kann die Verwaltung jedoch verpflichtet bzw. berechtigt sein, ausnahmsweise eine längere bzw. kürzere Anhörungsfrist einzuräumen. Grundsätzlich sind zur Anhörungsfrist noch die Postlaufzeiten für die Hin‑ und Rücksendung hinzuzurechnen. Die Anhörungsfrist kann verlängert werden, wenn der Betroffene die Frist ohne sein Verschulden nicht einhalten kann. Erfolgt nach dem Ablauf der Anhörungsfrist keine Reaktion, kann der Sozialversicherungsträger davon ausgehen, dass sich der Beteiligte nicht äußern wird.
Vor Erlass des Bescheides hat der prüfende Rentenversicherungsträger dem Arbeitgeber im Rahmen einer Anhörung noch einmal die Möglichkeit zu geben, sich zu den festgestellten Beanstandungen zu äußern.
In der Praxis wird die Anhörung häufig im Rahmen der Schlussbesprechung durchgeführt.
SVMWIndex k7s1a9
Das Ergebnis der Prüfung ist dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Prüfung mitzuteilen.
Ist der Arbeitgeber mit den Beanstandungen nicht einverstanden, muss er binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Widerspruch erheben.
SVMWIndex k7s1a10