Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungsfreiheit

Werkstudenten

Grundsätzlich zwei Fallgruppen

Leitsatz
  1. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen den Studenten, die bereits vor Auf­nahme des Studiums eine Beschäftigung ausübten und den Studenten, die erst nach der Aufnahme des Studiums eine Beschäftigung aufnehmen.

SVMWIndex k3s5a1

Teilnehmer an dualen Studiengängen

Leitsatz
  1. Teilnehmer an dualen Studiengängen sind den Beschäftigten zur Berufsausbildung gleichgestellt.

Der Berufsausbildung gleichgestellt

In der Vergangenheit bestand häufig Unklarheit darüber, ob Studierende in dualen Studiengängen während der Praktikumsphase sozialversicherungspflichtig sind. Inzwischen wurde diese Frage vom Ge­setz­geber grundsätzlich kraft gesetzlicher Fiktion geregelt. Seit dem 1. Januar 2012 stehen Teil­nehmer an dualen Studiengängen den Beschäftigten zur Berufsausbildung gleich und sind sowohl während der Praxisphasen als auch während der theoretischen Ausbildungsabschnitte versicherungs­pflichtig in der Kranken‑, Pflege‑, Ren­ten‑ und Arbeitslosenversicherung. Das Urteil des Bundes­sozialgerichts vom 1. Dezember 2009 (AZ: B 12 R 4/08 R) ist damit ab Januar 2012 nicht mehr anzuwenden.

Besondere Beschäftigungsformen → Beschäftigung zur Berufsausbildung

Beiträge für Teilnehmer an dualen Studiengängen

Alle Teilnehmer an allen Formen von dualen Studiengängen unterliegen seit 1. Januar 2012 sowohl während der Praxisphasen als auch während der Studienphasen, als Beschäf­tigte der Versicherungs­pflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Die Beiträge der versicherungspflichtigen Teilnehmer an dualen Studiengängen, die versicherungs­rechtlich den Beschäftigten zur Berufsausbildung gleichgestellt sind, werden – wie für diese Personen üblich – nach dem Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung zur Berufsausbildung bemessen. Zur Berufs­aus­bildung Beschäftigte, die nicht mehr als 325 Euro im Monat verdienen (Geringverdiener), müssen keine eigenen Beiträge zahlen. Der Arbeitgeber muss hier neben seinen Arbeitgeberanteilen auch die Arbeitnehmeranteile übernehmen.

Beschäftigung zur Berufsausbildung → ›Geringverdienergrenze‹

Beschäf­ti­gungen, die im Rahmen eines dualen Studiums ausgeübt werden, sind von den Regelung des Über­gangsbereichs ausgenommen.

Übergangsbereich (Gleitzone) → Ausgenommene Personengruppen

Als Arbeits­entgelt gelten alle Vergütungen, die Arbeitsentgelt im Sinne des Sozialversicherungsrechts darstellen und im Rahmen des dualen Studiums dem Studienteil­nehmer gewährt werden. Als Arbeits­entgelt sind auch solche Vergütungen anzusehen, die im Rahmen des dualen Studiums für Zeiten außerhalb der Praxisphasen gewährt werden, selbst wenn sie anders bezeichnet werden (z. B. als Studien­beihilfe, Stipendium).

Nicht zum Arbeitsentgelt gehören aufgrund ausdrücklicher Bestim­mung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 15 SvEV die vom Arbeitgeber getragenen oder übernommenen Studiengebühren für ein Studium des Arbeit­nehmers, soweit sie steuer­rechtlich kein Arbeitslohn sind. Steuer‑ und insoweit beitragsfrei sind danach Studiengebühren, die der Arbeitgeber bei einem im dualen Studienmodell durchgeführten Aus­bildungs‑ bzw. Praktikumsverhältnis zusätzlich zum laufendem Arbeitsentgelt aus eigener Verpflich­tung gegen­über einer Bildungs­einrichtung trägt, als auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber sich arbeits­vertraglich gegen­über dem Arbeitnehmer zur Über­nahme der Studiengebühren verpflichtet, wenn ferner mit dem Arbeit­nehmer eine Rückzahlung der Gebühren bei Verlassen des Betriebes auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach Studien­abschluss vereinbart ist.

Entgeltkatalog → Studiengebühren

Entgeltkatalog → Studienbeihilfe

Entgeltkatalog → Stipendium

SVMWIndex k3s5a2

Werkstudentenprivileg

Leitsätze
  1. ›Ordentlich Studierende‹ sind in mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigungen während ihres Studiums in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑ und Arbeitslosenversicherung ver­sicherungsfrei.

  2. Die Hochschulausbildung – und damit auch das Werkstudentenprivileg – endet mit dem Tag der Exmatrikulation, wenn das Studium ab­gebrochen, unterbrochen oder in sonstigen Fällen durch Exmatrikulation ohne Prüfung beendet wird.

Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge der Studentenversicherung

Der Krankenkassen‐Beitrag für Studenten setzt sich aus einem einheitlichen Sockelbetrag und einem kassenindividuellen Zusatzbeitrag zusammen. Der Beitragssatz für Versicherte in der studen­tischen Krankenversicherung ist in § 245 SGB V geregelt. Der Beitragssatz beträgt demnach sieben Zehntel des allgemeinen Beitragssatzes. Das bedeutet, dass der Beitragssatz im Jahre 2022 (7/10 von 14,6 Prozent) für die Berechnung der Beiträge 10,22 Prozent beträgt.

Berechnung der SV‐Beiträge → Beitragssätze in der gesetzlichen KV

Damit zahlen Studierende – je nach Zusatzbeitrag ihrer Krankenkasse – einen unterschiedlichen Bei­trag. Der gemeinsame Sockelbetrag beläuft sich auf 10,22 Prozent des BAföG‐Bedarfssatzes. Hinzu kommt der Beitrag für die Pflegeversicherung.

SVMWIndex k3s5a3

Immatrikulation an einer Hochschule oder Fachhochschule

Leitsätze
  1. Zu den der fachlichen Ausbildung dienenden Schulen gehören die Fachschulen und Berufs­fachschulen; auch die Höheren Fachschulen oder Höheren Berufsfachschulen wer­den hierzu gezählt.

  2. Studienbewerber, die an studienvorbereitenden Sprachkursen oder Studienkollegs zur Vor­bereitung auf das Studium oder an sonstigen, dem Studium vorgeschaltete, fächergruppen­spezifische Vorbereitungskurse teilnehmen, gehören nicht zu den ordentlichen Studieren­den.

SVMWIndex k3s5a4

›Ordentliche Studierende‹

Leitsätze
  1. Für das Eintreten der Versicherungsfreiheit genügt es nicht, dass der Student an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eingeschrieben (imma­trikuliert) ist, er muss auch ›ordentlich studieren‹.

  2. Das Studium muss die Hauptsache, die Beschäftigung lediglich die Nebensache sein.

Beschäftigung als ›Nebensache‹

Gesetzliches Leitbild des Werkstudentenprivilegs sind Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung ist dem­gemäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie ›neben‹ dem Studium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung die Neben­sache ist.

Die Frage, wann das Studium die Hauptsache und die Beschäftigung die Nebensache ist, hat das Bundes­sozialgericht wiederholt beschäftigt und zu einer Vielzahl von Entscheidungen geführt.

›Ordentlich Studierende‹

Beschäftigung
als ›Nebensache‹

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Wochenarbeitszeit
Vorlesungszeit:
Nicht mehr als 20 Stunden

Mehr als 20 Wochenstunden
Jahreszeitraum:
Maximal für 26 Wochen

Zu beachtende Grundregeln

Um als ›ordentlicher Studierender‹ angesehen zu werden gibt es zwei Grundregeln:

  1. Die Beschäftigung als Werkstudent darf in der Vorlesungszeit grundsätzlich nicht mehr als 20 Stunden in der Woche ausmachen und

  2. in einem Zeitraum von einem Jahr dürfen nicht mehr als 26 Wochen mit mehr als 20 Wochen­stunden gearbeitet werden.

SVMWIndex k3s5a5

Umlagen und Meldungen

Leitsätze
  1. Für Studenten in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung bestehen keine Sonderrege­lungen.

  2. Der zu verwendende Personengruppenschlüssel ist abhängig vom Status der ausgeübten Beschäftigung.

Meldungen für Teilnehmer an dualen Studiengängen

Teilnehmer an dualen Studiengängen (mit Ausnahme der Teilnehmer an berufsintegrierten und berufs­begleitenden dualen Studiengänge, gehören hinsichtlich ihrer statusrechtlichen Personenkreiszuge­hörigkeit zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten bzw. sind diesen kraft gesetzlicher Fiktion gleichgestellt. Im Rahmen des Meldeverfahrens nach der DEÜV ist in der Regel der Personengruppen­schlüssel ›102‹ (Auszubildende ohne besondere Merkmale) zu verwenden.

SVMWIndex k3s5a6