Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs verlangt regelmäßig eine Wertung im Einzelfall.
Immer wenn der Staat dem Bürger gegenüber auftritt, muss die staatliche Reaktion auf Handlungen für den Bürger voraussehbar sein, andernfalls wäre er der Willkür des Staates ausgesetzt. Der staatsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz ist eine Ausprägung des im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland garantierten Rechtsstaats‑ und Demokratieprinzips, aus dem auch das Gebot der Normenklarheit hergeleitet wird. Beiden Grundsätzen ist das Prinzip der Rechtssicherheit übergeordnet.⚖
Der staatsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage (Inhalt und Grenzen der Gebots‑ oder Verbotsnormen) erkennen und sein Verhalten daran ausrichten kann. Für die konkrete Ausgestaltung des staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bedeutet dies, dass insbesondere bei Gesetzen und Verwaltungsakten eine hinreichend klare Formulierung und eine Bestimmung der Rechtsfolgen Voraussetzungen sein müssen.
Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betroffenen Norm ab sowie davon, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind.⚖ Der Gesetzgeber steht dabei immer wieder vor dem Problem, dass nicht alle erdenklichen Lebenssachverhalte vorausschauend in den Regelungen aufgenommen werden können. Rechtsnormen können daher naturgemäß nicht jeden Einzelfall, für den sie gelten sollen, vorweg ausdrücklich regeln, sondern sind darauf angewiesen, den Bereich, für den sie gelten sollen, abstrakt zu beschreiben. Abstraktion bringt aber zwangsläufig eine gewisse Unschärfe im Detail mit sich.
Die im Gesetz verwendeten Begriffe weisen unterschiedliche Grade an inhaltlicher Bestimmtheit auf. Während manche der vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe keinerlei Raum für Zweifel hinsichtlich ihres Bedeutungsgehalts lassen wie z. B. ›drittletzten Bankarbeitstag des Monats‹⚖, enthalten diverse gesetzliche Vorschriften unbestimmte Begriffe wie z. B. ›Beschäftigung‹⚖ oder ›öffentliches Interesse‹.⚖ Für öffentlich‐rechtliche Abgabentatbestände (Gebühren‑ und Beitragsrecht) gilt als allgemeiner Grundsatz, dass sie so bestimmt sein müssen, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe – in gewissem Umfang – vorausberechnen kann.⚖
Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs verlangt regelmäßig eine Wertung im Einzelfall. Bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe kommen die allgemeinen Auslegungsregeln zur Anwendung. Dabei wird vom Wortsinn der unbestimmten Rechtsnorm ausgegangen (grammatische Auslegung), ihre parlamentarische Entstehungsgeschichte untersucht (historische oder subjektive Auslegung), ihr Sinn und Zweck hinterfragt (teleologische Auslegung) und ihre systematische Stellung im Gesetz geprüft.
SVMWIndex k1s4a1
Bei der Auslegung des § 7 SGB IV ist angesichts vieler verschiedener Fallkonstellationen eine eindeutige Vorhersehbarkeit der Ergebnisse ausgeschlossen.
Je mehr Merkmale eines Typus erfüllt sind und je größeres Gewicht diese haben, desto eher gehört der betreffende Tatbestand diesem Typus an.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen den sogenannten ›Klassenbegriffen‹ (z. B. ›Verwaltungsakt‹) und den sogenannten ›Typusbegriffen‹ (z. B. ›Arbeitnehmer‹ oder ›Beschäftigter‹).
Während bei den ›Klassenbegriffen‹ das Nichtvorliegen auch nur eines Merkmals zwingend dazu führt, dass der konkrete Sachverhalt nicht unter den betreffenden Begriff subsumiert werden kann (entweder/oder) kommt es bei den ›Typusbegriffen‹ gerade nicht darauf an, ob die zur Kennzeichnung des jeweiligen Typus herausgearbeiteten Merkmale ›1:1‹ erfüllt sind.
Das Sozialversicherungsrecht bedient sich bei den maßgebenden Bestimmungen zur Versicherungs‑ und Beitragspflicht nicht eines tatbestandlich scharf kontrollierten Begriffs, sondern der Rechtsfigur des Typus; die versicherten Personen werden nicht im Detail definiert, sondern ausgehend vom idealtypischen Normal‑ oder Durchschnittsfall in der Form eines Typus beschrieben.
Ein ›Typusbegriff‹ zeichnet sich durch mehrere für sich selbst abstufbare Merkmale aus, die nur durch fallgebundene Ähnlichkeitsregeln konkretisiert werden können. Die Merkmale können verschiedener Ausprägung sein, sodass ein Merkmal mit besonders starker Ausprägung eines mit schwächerer Ausprägung kompensieren kann, gleichwohl aber der Sachverhalt dem ›Typusbegriff‹ zuzuordnen ist. Maßgeblich für die Feststellung ob ein Tatbestand dem Typus entspricht ist letztlich eine wertende Gesamtbetrachtung aller relevanten Merkmale anstatt einer bloßen Summe von Merkmalen. Hier lautet die komparative Regel, je mehr Merkmale eines Typus erfüllt sind und je größeres Gewicht diese haben, desto eher gehört der betreffende Tatbestand diesem Typus an.
Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit → Gesamtschau der Vertragsbeziehung
Die Typusbildung führt zu homogenen Gruppen mit jeweils übereinstimmenden Merkmalen. Lassen sich die typischen Merkmale nicht feststellen, so kann keine Zuordnung zu der entsprechenden Gruppe vorgenommen werden.
Im Jahre 1996 hatte sich das Bundesverfassungsgericht in einem Verfahren um die Annahme einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG mit der Frage zu beschäftigen, ob der in § 7 SGB IV genannte Begriff der ›Beschäftigung‹ dem staatrechtlichen Bestimmtheitsgebot standhält.
Die begriffliche Unbestimmtheit der sozialversicherungsrechtlichen Legaldefinition eines Beschäftigungsverhältnisses sowie der entsprechenden für die Versicherungs‑ und Beitragspflicht maßgeblichen Rechtsvorschriften der Kranken‑, Renten‑, Arbeitslosen‑, Pflege‑ und Unfallversicherung wurde vom Bundesverfassungsgericht als unbedenklich eingestuft.
Wie das Bundesverfassungsgericht ausführte, sei es gerade der Rechtsfigur des Typus zu verdanken, dass die Vorschriften über die Beitrags‑ und Versicherungspflicht auch bei geänderten sozialen Strukturen ihren Regelungszweck erfüllen und nicht zu einer Umgehung der Versicherungspflicht zum Nachteil von abhängig Beschäftigten führen. Eine gewisse Rechtsunsicherheit sei jeder Auslegung der Rechtsvorschriften durch Gerichte verschiedener Instanzen immanent. Insoweit sei auch bei der Auslegung des § 7 SGB IV angesichts vieler verschiedener Fallkonstellationen eine eindeutige Vorhersehbarkeit der Ergebnisse ausgeschlossen.⚖
SVMWIndex k1s4a2
Die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch die Behörde ist gerichtlich voll überprüfbar.
Es beeinträchtig weder die Gesetzesbindung der Gerichte noch den Anspruch des Einzelnen auf wirksame gerichtliche Kontrolle, wenn die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch gesetzliche Verweisung auf bestimmte Verwaltungsvorschriften oder sonstige untergesetzliche Regelwerke erfolgt oder wenn die konkretisierende Heranziehung solcher Vorschriften oder Regelwerke in vergleichbarer Weise auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht.
Verwaltungsvorschriften, mit denen die Verwaltung einen einheitlichen Verwaltungsvollzug bei der Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder bei der Ausübung des Verwaltungsermessens sicherstellen will, sind grundsätzlich Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle des Verwaltungshandelns. Denn die Gerichte sind bei der Überprüfung des Verwaltungshandelns an das Gesetz gebunden.⚖
Wie das Bundesverfassungsgericht klargestellte, steht der Behörde bei der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs kein Beurteilungsspielraum zu.⚖ Besteht jedoch für die Behörde kein Beurteilungsspielraum, handelt es sich um Rechtsanwendung, welche nach der im Grundgesetz garantierten Rechtsschutzgarantie voll gerichtlich überprüfbar sein muss.⚖
Gerichtliche Überprüfung |
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Tatbestand |
Verfahrensvorschriften |
Bewertungsmaßstäbe |
Erwägungen |
Bei unbestimmten Rechtsbegriffen mit Beurteilungsspielraum prüft das Gericht, ob die Behörde
bei der Entscheidung den richtiger Tatbestand zugrunde gelegt hat,
die Verfahrensvorschriften eingehalten hat,
allgemeine Bewertungsmaßstäbe beachtet hat,
sich nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.
Rechtsmittel → Das Klageverfahren
In einem Statusfeststellungsverfahren ist ein behördlicher Ermessensspielraum grundsätzlich nicht anzuerkennen, weil immer nur eine Statusentscheidung richtig sein kann; entweder die Person übt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus oder es handelt sich um ein freies Dienst‑ bzw. Werkvertragsverhältnis. Auch hier findet deshalb im Falle eines Klageverfahrens eine volle gerichtliche Überprüfung statt.
SVMWIndex k1s4a3
Der in den Schranken der allgemeinen Gesetze gewährleistete Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluss über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter zu bestimmen, die an Hörfunk‑ und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.
Das Verfassungsrecht steht nur Regelungen und einer Rechtsprechung entgegen, welche den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nehmen würden.
In der Bundesrepublik Deutschland ist die freie Meinungsäußerung in Art. 5 Abs. 1 GG verankert. »Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus den allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.« Die Rundfunkfreiheit in ihrer Bedeutung als Programmfreiheit gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können.
Die Rundfunkanstalten müssen den Erfordernissen ihres Programmauftrags durch den Einsatz von für die jeweilige Aufgabe qualifizierten Mitarbeitern gerecht werden. Sie könnten aber ihrem Programmauftrag nicht gerecht werden, wenn sie ausschließlich auf ständige feste Mitarbeiter angewiesen wären, welche in einer laufendem Wechsel unterworfenen Medienordnung unvermeidlich nicht die ganze Vielfalt der in den Sendungen zu vermittelnden Inhalte wiedergeben und gestalten könnten. Dabei kann sich die Notwendigkeit eines personellen Wechsels etwa durch neue Informationsbedürfnisse, die Änderung von Programmstrukturen infolge veränderter Publikumsinteressen oder Veränderungen im publizistischen Wettbewerb mit anderen Veranstaltern ergeben. Die Rundfunkanstalten müssen daher auf einen breit gestreuten Kreis unterschiedlich geeigneter Mitarbeiter zurückgreifen können.
Private Rundfunk‑ und Fernsehsender müssen in der Regel ebenfalls einem wechselnden und damit vielfältigen Informations‑ bzw. Lesergeschmack gerecht werden und bedürfen daher eines flexiblen Einsatzes des Personals. Während eine öffentlich‐rechtliche Rundfunkanstalt von Gesetzes wegen zur Programmvielfalt verpflichtet ist, ist dies für einen privaten Rundfunk‑ und Fernsehsender jedoch nicht zwingend.
Auch private Rundfunk‑ und Fernsehsender können sich auf Art. 5 GG berufen und damit grundsätzlich das Privileg des Abschlusses freier Mitarbeiterverträge mit programmgestaltenden Mitarbeitern in Anspruch nehmen. Zu beachten sind hierbei jedoch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen sich das auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG berufende Unternehmen konkret darlegen muss, warum gerade der Abschluss eines freien Mitarbeitervertrages notwendig ist, um der Programmvielfalt gerecht werden zu können.⚖
Durch Artikel 5 Abs. 1 GG werden die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film gewährleistet. Bei der Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status ist deshalb auch die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit zu berücksichtigen.⚖ Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben kann ein grundsätzlicher Bedarf an Beschäftigung in freier Mitarbeit insbesondere bei redaktionell verantwortlichen Mitarbeitern bestehen. Auch Zeitschriften‑ oder Zeitungsverlage müssen damit in der Regel einem wechselnden und damit vielfältigen Informations‑ bzw. Lesergeschmack gerecht werden und bedürfen daher eines flexiblen Einsatzes des Personals. Wie das Arbeitsgericht Stuttgart feststellte, ist die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts für den Bereich Funk und Fernsehen entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen gegen Vertragsverhältnisse über eine freie Mitarbeit sind auf das Pressewesen übertragbar.⚖
Zu beachten sind deshalb auch hier die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen sich das auf das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG berufende Unternehmen konkret darlegen muss, warum gerade der Abschluss eines freien Mitarbeitervertrages notwendig ist, um der Programmvielfalt gerecht werden zu können.⚖
Der in den Schranken der allgemeinen Gesetze⚖ gewährleistete Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluss über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter zu bestimmen, die an Hörfunk‑ und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.
Unvereinbar mit der Rundfunkfreiheit sind nicht nur unmittelbare Einflussnahmen Dritter auf das Programm, sondern auch Einflüsse, die die Programmfreiheit mittelbar beeinträchtigen können. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Programmfreiheit und Personalentscheidungen umfasst der Schutz der Rundfunkfreiheit auch die Entscheidung darüber, ob solche Mitarbeiter fest angestellt werden oder ob ihre Beschäftigung aus Gründen der Programmplanung auf eine gewisse Dauer oder ein gewisses Projekt zu beschränken ist und wann, wie oft oder wie lange ein Mitarbeiter benötigt wird. Dies schließt die Befugnis ein, bei der Begründung von Mitarbeiterverhältnissen den insoweit jeweils geeigneten Vertragstyp zu wählen.
Die Rundfunkfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken u. a. in den allgemeinen Gesetzen.
Die Rundfunkfreiheit verlangt nicht ausdrücklich den Verzicht auf jeden arbeitsrechtlichen Schutz der programmgestaltenden Mitarbeiter. Das Verfassungsrecht steht nur arbeitsrechtlichen Regelungen und einer Rechtsprechung entgegen, die den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrages notwendige Freiheit und Flexibilität nehmen würde.
Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet im Zusammenhang mit der Rundfunkfreiheit typisierend zwischen programmgestaltenden Mitarbeitern und den Mitarbeitern, die keinen auf die Programmgestaltung haben.
Programmgestaltende Mitarbeiter nehmen einen maßgebenden Einfluss auf die Inhalte bestimmter Sendungen, entwickeln entweder allein oder zusammen mit anderen Konzepte und überwachen häufig auch deren technische und künstlerische Umsetzung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören zu den programmgestaltenden Mitarbeitern diejenigen, die »typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen und anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist«.⚖
Eine programmgestaltende Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen einer selbständigen Mitarbeit möglich, sondern ebenso auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses. Die Rundfunkfreiheit steht den arbeitsrechtlichen Regelungen nur dann entgegen, wenn diese den Rundfunk‑ und Fernsehanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nehmen würde. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften haben die Arbeitsgerichte fallbezogen zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit auf der einen und dem Rang der von den Normen des Arbeitsrechts geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite abzuwägen.⚖
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen Entscheidungen immer wieder ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, für den Bereich der Medienwirtschaft einen besonderen Arbeitnehmerbegriff zu entwickeln, sondern dass auch hier von den für das Arbeitsrecht allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen sei. Somit sind auch bei der Statusbewertung eines programmgestaltenden Mitarbeiters die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit maßgebend.
In Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen gegenüber freier Mitarbeit im Rahmen von Dienst‑ und Werkverträgen kann auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern entgegen einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann.⚖ Letzteres ist etwa der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich zugewiesen werden.⚖
Das Bundesarbeitsgericht vertrat lange Zeit die Auffassung, dass auch bei einem programmgestaltenden Mitarbeiter die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Anstalt und die damit verbundene Abhängigkeit von deren Apparat (technische Mittel und Mitarbeiter) immer dann dessen Nichtselbständigkeit begründet, wenn der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung fremdnützig – zur Verwertung nach der Programmplanung des Senders – zur Verfügung stellt. Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken hält das Bundesarbeitsgericht an dieser Rechtsauffassung für den Personenkreis der programmgestaltenden Mitarbeiter nicht mehr fest.⚖
Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit → Programmgestaltende Mitarbeit
Bei Arbeitsverhältnissen der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten kann unter Berücksichtigung der für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts⚖ eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden.⚖
Mit der Qualifizierung eines Mitarbeiters als Arbeitnehmer wird die Rundfunkfreiheit nur beeinträchtigt, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen – wie Teilzeitbeschäftigungs‑ oder Befristungsabreden – zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit.⚖
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung von Bühnenarbeitsverhältnissen ist die Befristung von Arbeitsverträgen des künstlerisch tätigen Bühnenpersonals sachlich gerechtfertigt, weil der Arbeitgeber auf diese Weise die künstlerischen Vorstellungen des Intendanten mit dem von ihm dafür als geeignet angesehenen künstlerischen Bühnenpersonal verwirklichen und dem Abwechslungsbedürfnis des Publikums Rechnung tragen kann.⚖
Diese Grundsätze sind nicht auf Bühnenarbeitsverhältnisse beschränkt. Sie gelten entsprechend für Fernsehanstalten und erstrecken sich auch auf Produktionsgesellschaften, soweit diese in einem arbeitsanteiligen Produktionsprozess die zuvor von den Fernsehanstalten im Rahmen der Kunstfreiheit getroffenen Entscheidungen bei der Produktion von Fernsehserien umsetzen. Der Art. 12 Abs. 1 GG gebietet jedoch eine Interessenabwägung, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden muss.⚖
Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben.⚖
Das Bundesarbeitsgericht hat verschiedentlich ausgeführt, nicht programmgestaltende Tätigkeit in Rundfunkanstalten lasse sich regelmäßig (typisierend) nur in Arbeitsverhältnissen ausführen.⚖ Wie das Bundesarbeitsgericht klarstellte, handelt es sich bei jener Aussage jedoch nicht um einen Rechtssatz in dem Sinne, dass mit dem Fehlen der programmgestaltenden Qualität eines Rundfunkmitarbeiters zugleich dessen Status als Arbeitnehmer feststünde. »Vielmehr ist die genannte Aussage lediglich als Hinweis auf einen Erfahrungswert zu verstehen: So werden nicht programmgestaltende Mitarbeiter häufiger die Kriterien eines Arbeitnehmers erfüllen, als es bei programmgestaltenden Mitarbeitern zu erwarten ist.« In gleicher Weise sind auch die diesbezüglich von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung gemachten Aussagen zu verstehen.⚖
An der typisierenden Unterscheidung zwischen programmgestaltender und nicht programmgestaltender Tätigkeit in diesem Sinne hält das Bundesarbeitsgericht aber weiterhin fest. Die Unterscheidung ist deswegen von Bedeutung, weil bestimmte Gegebenheiten je nachdem, ob es sich um programmgestaltende Mitarbeiter handelt oder nicht, unterschiedlichen Aussagewert im Hinblick auf den Arbeitnehmerstatus haben können.⚖
Die Rundfunkfreiheit findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betonte, beschränken die gesetzlichen Regelungen zur Versicherungspflicht und die damit verbundenen finanziellen Folgen die Entscheidungsfreiheit der Rundfunkanstalten über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der programmgestaltend tätigen Mitarbeiter nicht und werden daher auch nicht durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berührt.⚖
Deshalb ist die im Arbeitsrecht aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage bedingte Modifikation der für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Kriterien grundsätzlich auf das Arbeitsrecht begrenzt und lässt sich nicht ohne weiteres auf den Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung erstrecken.⚖ Wie das Bundessozialgericht feststellte, gebieten auch Gesichtspunkte der Film‑ und Kunstfreiheit⚖ keine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung eines Auftragnehmers als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV.⚖
SVMWIndex k1s4a3
Die von den Sozialversicherungsträgern entwickelten Abgrenzungskataloge sollen als Orientierungshilfe für die Auftragnehmer und Auftraggeber dienen und darüber hinaus eine möglichst einheitliche Rechtsauslegung der Verwaltung gewährleisten.
Die Abgrenzungskataloge besitzen keine Rechtsnormqualität, deshalb sind die Gerichte an die dort vorgenommenen Bewertungen bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden.
Auf Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wurden verschiedene Abgrenzungskataloge erstellt, die eine typisierende Statusbewertung von häufig vorkommenden Rechtsbeziehungen ermöglichen sollen. Die typisierende Betrachtungsweise ist keine Auslegungsmethode, sondern in ihrem Kern eine die Verwaltungstätigkeit vereinfachende Gesetzesanwendung. Sie zielt – ebenso wie gesetzliche Typisierungen – auf einen effektiven gleichmäßigen Verwaltungsvollzug durch eine vom konkreten Einzelfall gelöste verallgemeinernde Beurteilung von Lebenssachverhalten.
Die Abgrenzungskataloge sollen daher in erster Linier als Orientierungshilfe für die Auftragnehmer und Auftraggeber in der Medienwirtschaft dienen und darüber hinaus eine möglichst einheitliche Rechtsauslegung der Verwaltung gewährleisten. Die in den Abgrenzungskatalogen vorgenommenen Bewertungen können jedoch den Status einer Vertragsbeziehung nicht vorfestlegen, da fast alle der in den Katalogen genannten Tätigkeiten/Berufe grundsätzlich ebenso auf selbständiger Basis wie auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden können. Da die Abgrenzungskataloge keine Rechtsnormqualität besitzen, sind die Gerichte an die dort vorgenommenen Bewertungen bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden.⚖
Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der SV im Bereich der Medienwirtschaft
SVMWIndex k1s4a5
Der ›Abgrenzungskatalog für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk‑ und Fernsehanbieter, Film‑ und Fernsehproduktionen künstlerisch und publizistisch tätigen Personen‹ vom 13. Mai 1992 wurde nach Beratung in verschiedenen Arbeitskreisen – auch unter Beteiligung der Interessenverbände aus dem künstlerischen und publizistischen Bereich – von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung erarbeitet.
Für die Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit gegenüber einer abhängigen Beschäftigung bei dem Erbringen von Leistungen der im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk‑ und Fernsehanbieter, Film‑ und Fernsehproduktionen tätigen Personen haben sich häufig vorkommende Rechtsbeziehungen entwickelt. Für diese Rechtsverhältnisse kann die sozialversicherungsrechtliche Statusbestimmung und die Eigenschaft als Künstler oder Publizist insbesondere anhand der von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für eine große Anzahl von Tätigkeiten einheitlich (in typisierender Form) vorgenommen werden.⚖
Fast alle der im Abgrenzungskatalog genannten Tätigkeiten/Berufe können sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung wie auch selbständig ausgeübt werden. Der Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung stellt deshalb keine rechtsverbindliche Konkretisierung des versicherungsrechtlichen Status der genannten Personenkreise dar. Er enthält lediglich Beurteilungshilfen, an die die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht gebunden sind.⚖
Rechtsverhältnisse, deren sozialversicherungsrechtlicher Status mit Hilfe dieses Abgrenzungskatalogs nicht zweifelsfrei geklärt werden können, sind im Einzelfall anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu beurteilen.
Statusbestimmung → Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit
Der Abgrenzungskatalog ist auch Bestandteil des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 16. Januar 1996 zur Durchführung der Künstlersozialversicherung ab 1. Januar 1996.
Die nach diesem Abgrenzungskatalog selbständig Tätigen können im Allgemeinen der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegen.
Künstler und Angehörige von verwandten Berufen, die auf Spielzeit‑ oder Teilspielzeitvertrag angestellt sind, sind in den Theaterbetrieb eingegliedert und damit abhängig beschäftigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Künstler gleichzeitig eine Gastspielverpflichtung bei einem anderen Unternehmen eingegangen ist.
Gastspielverpflichtete Schauspieler, Sänger, Tänzer und andere Künstler (einschließlich Kleindarsteller und Statisten) sind in den Theaterbetrieb eingegliedert und daher grundsätzlich abhängig beschäftigt.
Eine selbständige Tätigkeit ist bei Vorliegen eines Gastspielvertrages ausnahmsweise bei einem
dann anzunehmen, wenn dieser aufgrund seiner hervorragenden künstlerischen Stellung maßgeblich zum künstlerischen Erfolg einer Aufführung beizutragen verspricht und wenn nach dem jeweiligen Gastspielvertrag nur wenige Vorstellungen vereinbart sind. Hierunter sind in erster Linie Gastspiele zu verstehen, denen eine herausragende künstlerische Stellung zukommt, d. h. Künstler mit überregionaler künstlerischer Wertschätzung und wirtschaftlicher Unabhängigkeit, die in der Lage sind, ihre Bedingungen dem Vertragspartner gegenüber durchzusetzen. Allerdings kann eine regelmäßige Probenverpflichtung als Indiz gegen eine selbständige Tätigkeit gewertet werden.
Von einer selbständigen Tätigkeit ist weiter auszugehen, bei einem
Dirigenten, der die Einstudierung nur eines bestimmten Stückes oder Konzertes übernimmt und/oder nach dem jeweiligen Gastspielvertrag voraussehbar nicht mehr als fünf Vorstellungen oder Konzerte dirigiert;
Regisseur (Spielleiter), der die Inszenierung nur eines bestimmten Stückes übernimmt;
Choreographen, der die Gestaltung nur eines bestimmten Stückes oder eines abendfüllenden Programms übernimmt;
Bühnen‑ oder Kostümbildner, der das Bühnenbild oder die Kostüme nur für ein bestimmtes Stück entwirft.
Gastspielverpflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten sind selbständig, wenn sie an einer nur gelegentlich aufgeführten konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Liederabend oder dergleichen mitwirken.
Orchesteraushilfen sind ausnahmsweise selbständig tätig, wenn sie ohne Verpflichtung für den allgemeinen Dienst (z. B. keine regelmäßige Probenverpflichtung) bestimmte musikalische Aufgaben übernehmen und sich dadurch von den fest angestellten Orchestermitgliedern erheblich unterscheiden.
Schauspieler, (Chor‑)Sänger und Tänzer, die als Aushilfen tätig werden, sind grundsätzlich als abhängig Beschäftigte anzusehen.
Als Urheber sind in dieser Eigenschaft grundsätzlich selbständig tätig z. B.
Alle in der Werbung für einen Theater‑ oder einen Orchesterträger unter eigener Firma Tätigen sind grundsätzlich selbständig. Das gilt insbesondere für
Für gastspielverpflichtete Künstler gelten dieselben Grundsätze wie für gastspielverpflichtete Künstler bei Theaterunternehmen oder Orchesterträgern.
Die nachfolgenden Ausführungen gelten für Tätigkeiten bei Hörfunk und Fernsehen (öffentlich‐rechtliche und private Anbieter), bei Film‑ und Fernsehproduzenten (Eigen‑ und Auftragsproduktion) einschließlich Synchronisation sowie Herstellung von Werbe‑, Industrie‑, Kultur‑ und sonstigen Lehrfilmen.
Neben dem ständigen Personal beschäftigte Künstler und Angehörige von verwandten Berufen, die in der Regel aufgrund von Honorarverträgen tätig und im allgemeinen als freie Mitarbeiter bezeichnet werden, sind grundsätzlich als abhängig Beschäftigte anzusehen. Das gilt insbesondere, wenn sie nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören sowie für Schauspieler, Kameraleute, Regieassistenten und sonstige Mitarbeiter in der Film‑ und Fernsehproduktion.
Ein programmgestaltender Mitarbeiter bringt typischerweise seine eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, seine Fachkenntnisse und Informationen, sowie seine individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung ein, d. h. durch sein Engagement und seine Persönlichkeit wird der Inhalt der Sendung weitgehend bestimmt.
Bei dieser Art der Tätigkeit ist zu unterscheiden zwischen einem vorbereitenden Teil, einem journalistisch‐schöpferischen oder künstlerischen Teil und dem technischen Teil der Ausführung. Überwiegt die gestalterische Freiheit und wird die Gesamttätigkeit vorwiegend durch den journalistisch‐schöpferischen Eigenanteil bestimmt, ist eine selbständige Tätigkeit anzunehmen.
Die Selbständigkeit des programmgestaltenden Mitarbeiters wird im Übrigen nicht schon durch die Abhängigkeit vom technischen Apparat der Sendeanstalt und der Einbindung in das Produktionsteam ausgeschlossen.
Die programmgestaltenden Mitarbeiter stehen jedoch dann in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wenn die Sendeanstalt innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist anzunehmen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen werden kann.
Darüber hinaus sind die folgenden Gruppen von freien Mitarbeitern selbständig tätig, wenn sie für Produktionen einzelvertraglich verpflichtet werden. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die freien Mitarbeiter wiederholt, das heißt für verschiedene oder ähnliche Produktionen im Jahr – jedoch nicht für Sendereihen, für die ständige Dienstbereitschaft erwartet wird – verpflichtet werden. Zu diesen Berufsgruppen gehören:
1) Im Regelfall keine Künstler/Publizisten im Sinne des KSVG.
2) Die als Gast außerhalb eines Ensembles oder einer Gruppe eine Sololeistung erbringen.
3) Wenn der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiegt.
4) Soweit sie als Gast mitwirken oder Träger des Chores/Klangkörpers oder Arbeitgeber der Mitglieder des Chores/Klangkörpers sind.
5) Die als Gast in einer Sendung mit Live‐Charakter mitwirken.
6) Dies gilt nur im Bereich der darstellenden Kunst (Bühne/Film). Nicht hingegen z. B. bei Magazin‑ und Nachrichtensendungen.
Gehört ein freier Mitarbeiter zu einer der genannten Berufsgruppen, so kann er aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls gleichwohl abhängig beschäftigt sein.
Gehört ein freier Mitarbeiter nicht zu einer der genannten Berufsgruppen, so kann aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls die Tätigkeit gleichwohl selbständig sein (z. B. Kameraleute in der elektronischen Berichterstattung, wenn der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiegt).
Wird der freie Mitarbeiter für denselben Auftraggeber in mehreren zusammenhängenden Leistungsbereichen tätig, von denen der eine als selbständig und der andere als abhängig zu beurteilen ist, ist die gesamte Tätigkeit einheitlich als selbständige Tätigkeit oder als abhängige Beschäftigung zu behandeln. Die Einordnung dieser Mischtätigkeit richtet sich nach der überwiegenden Tätigkeit, die sich aus dem Gesamterscheinungsbild ergibt. Für die Frage des Überwiegens kann auch auf die Höhe des aufgeteilten Honorars abgestellt werden.
Versicherungspflicht versus Vertragsfreiheit → Einheitliches Beschäftigungsverhältnis
Übernimmt ein nicht selbständiger Mitarbeiter für seinen Arbeitgeber zusätzliche Aufgaben, die nicht zu den Nebenpflichten aus seiner Haupttätigkeit gehören, so ist nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu prüfen, ob die Nebentätigkeit selbständig oder abhängig ausgeübt wird.
SVMWIndex k1s4a6
Die Künstlersozialkasse hat mit dem ›Künstlerkatalog‹ eine Übersicht über künstlerische oder publizistische Tätigkeiten erstellt, die vom Künstlersozialversicherungsgesetz umfasst werden.
Im sogenannten Künstlerbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 1975 sind folgende Berufe aus dem Bereich Musik enthalten, bei denen ein künstlerischer/publizistischer Beruf von vornherein angenommen werden kann.⚖
In dem Autorenreport aus dem Jahre 1972 sind folgende Katalogberufe aus dem Bereich der Publizistik enthalten.⚖
Der inzwischen auf Grundlage des Künstlerberichts von der Künstlersozialkasse erstellte ›Künstlerkatalog‹ orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und den Erfahrungen, welche die Künstlersozialkasse aus der praktischen Durchführung des Gesetzes gewonnen hat. Er ist keinesfalls als abschließend oder statisch zu betrachten.
Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit → Sogenannte Katalogberufe
A
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
Z
1) Wegen Besonderheiten bei der Beurteilung der Künstlereigenschaft bitte bei der Künstlersozialkasse schriftlich unter Angabe Ihres Aktenzeichens anfragen und eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung beifügen.
2) Sofern nicht abhängig beschäftigt (Sozialversicherungsnachweise sind erforderlich!).
SVMWIndex k1s4a7
Der sogenannte ›Künstlererlass‹ des Bundesfinanzministeriums von 1990 regelt die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit (Pflicht zur Einkommenssteuererklärung, Umsatzsteuer) und nichtselbständiger Tätigkeit (Direktabzug der Steuer Einkommenssteuer von Vergütungen, keine Umsatzsteuer).
Die Ausführungen im Künstlererlass sind zwar angelehnt an Abgrenzungskatalog der Sozialversicherungsträger für Rundfunk und Bühne, sie sind aber nicht in jedem Fall mit diesem identisch.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder⚖ gilt bei Künstlern und verwandten Berufen, soweit sie eine unmittelbare Vertragsbeziehung zum Arbeitgeber/Auftraggeber begründen, zur Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und nichtselbständiger Arbeit sowie für den Steuerabzug bei Annahme einer nichtselbständigen Arbeit Folgendes:
Für die Annahme einer nichtselbständigen Arbeit sind die in § 1 LStDV aufgestellten Merkmale maßgebend. Danach liegt eine nichtselbständige Arbeit vor, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung eines Arbeitgebers steht oder in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Dagegen ist nicht Arbeitnehmer, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen und beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt. Im Übrigen kommt es bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und nichtselbständiger Arbeit nicht so sehr auf die formelle vertragliche Gestaltung, z. B. auf die Bezeichnung als freies Mitarbeiterverhältnis, als vielmehr auf die Durchführung der getroffenen Vereinbarung an.⚖
Dies führt bei künstlerischen und verwandten Berufen im Allgemeinen zu folgenden Ergebnissen:
Künstler und Angehörige von verwandten Berufen, die auf Spielzeit‑ oder Teilspielzeitvertrag angestellt sind, sind in den Theaterbetrieb eingegliedert und damit nichtselbständig. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Künstler gleichzeitig eine Gastspielverpflichtung bei einem anderen Unternehmen eingegangen ist.
Bei gastspielverpflichteten Künstlern und Angehörigen von verwandten Berufen erstreckt sich der Vertrag in der Regel auf eine bestimmte Anzahl von Aufführungen.
Für die Annahme einer nichtselbständigen Tätigkeit kommt es darauf an, ob das Gastspieltheater während der Dauer des Vertrages im Wesentlichen über die Arbeitskraft des Gastkünstlers verfügt.⚖ Dies hängt von dem Maß der Einbindung in den Theaterbetrieb (nicht in das Ensemble) ab. Ob ein Künstler allein (Solokünstler) oder in einer Gruppe (z. B. Chor) auftritt und welchen künstlerischen Rang er hat, spielt für die Abgrenzung keine entscheidende Rolle. Auch kommt es nicht darauf an, wie das für die Veranlagung des Künstlers zuständige Finanzamt eine vergleichbare Tätigkeit des Künstlers bei Hörfunk und Fernsehen bewertet und ob es hierfür eine entsprechende Bescheinigung erteilt hat.
Gastspielverpflichtete
sind stets selbständig.
Gastspielverpflichtete Dirigenten sind nicht selbständig. Sie sind ausnahmsweise selbständig, wenn sie nur für kurze Zeit einspringen. In der Sozialversicherung wird ein gastspielverpflichteter Dirigent als selbständig behandelt, wenn er die Einstudierung nur eines bestimmten Stückes oder Konzertes übernimmt und/oder nach dem jeweiligen Gastspielvertrag voraussehbar nur wenige Vorstellungen oder Konzerte dirigiert.
Gastspielverpflichtete
sind nicht selbständig, wenn sie eine Rolle in einer Aufführung übernehmen und gleichzeitig eine Probenverpflichtung zur Einarbeitung in die Rolle oder eine künstlerische Konzeption eingehen. Stell‑ oder Verständigungsproben reichen nicht aus. Voraussetzung ist außerdem, dass die Probenverpflichtung tatsächlich erfüllt wird. Die Zahl der Aufführungen ist nicht entscheidend.
Gastspielverpflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten sind selbständig, wenn sie an einer konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Liederabend oder dergleichen mitwirken. Aushilfen für Chor und Orchester sind selbständig, wenn sie nur für kurze Zeit einspringen.
Die Mitglieder von Kulturorchestern sind grundsätzlich nicht selbständig. Arbeitgeber ist der Träger des Orchesters (Theaterunternehmen, Stadtverwaltung, Musikverein usw.).
Alle gastspielverpflichteten Künstler, z. B. Dirigenten, Vokal‑ und Instrumentalsolisten, sind stets und ohne Rücksicht auf die Art und Anzahl der Aufführungen selbständig.
Orchesteraushilfen sind ebenfalls selbständig, wenn sie nur für kurze Zeit einspringen.
Von den Rundfunk‑ und Fernsehanstalten werden neben dem fest angestellten Personal Künstler und Angehörige von verwandten Berufen auf Honorarbasis als sogenannte freie Mitarbeiter beschäftigt. Bei diesen freien Mitarbeitern handelt es sich grundsätzlich um Arbeitnehmer.
Im Allgemeinen sind nur die folgenden Gruppen von freien Mitarbeitern selbständig, soweit sie nur für einzelne Produktionen (z. B. ein Fernsehspiel, eine Unterhaltungssendung oder einen aktuellen Beitrag) tätig werden (›Negativkatalog‹):
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Mitarbeiter:
Gehört ein freier Mitarbeiter nicht zu einer der im Negativkatalog genannten Berufsgruppen, so kann auf Grund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls die Tätigkeit gleichwohl selbständig sein. Das Wohnsitzfinanzamt erteilt dem Steuerpflichtigen nach eingehender Prüfung ggf. eine Bescheinigung nach beiliegendem Muster. Die Bescheinigung bezieht sich auf die Tätigkeit des freien Mitarbeiters für einen bestimmten Auftraggeber. Das Finanzamt hat seine Entscheidung grundsätzlich mit dem Betriebsstättenfinanzamt des Auftraggebers abzustimmen.
Gehört ein freier Mitarbeiter zu den im Negativkatalog genannten Berufsgruppen, so kann er auf Grund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls gleichwohl nichtselbständig sein.
Eine von vornherein auf Dauer angelegte Tätigkeit ist – auch wenn mehrere Honorarverträge abgeschlossen werden – in jedem Fall als nichtselbständig zu behandeln.
Ein Journalist reist ins Ausland, um in mehreren Beiträgen über kulturelle Ereignisse zu berichten. Eine Rundfunkanstalt verpflichtet sich vor Reiseantritt, diese Beiträge abzunehmen.
Die Tätigkeit ist nichtselbständig, weil sie von vornherein auf Dauer angelegt ist und die Berichte auf Grund einer vorher eingegangenen Gesamtverpflichtung geliefert werden. Dies gilt auch, wenn diese Beiträge einzeln abgerechnet werden.
Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Regieassistenten und sonstige Mitarbeiter an einer Film‑ und Fernsehproduktion sind Arbeitnehmer.⚖ Sie sind durch das notwendige Zusammenwirken aller Beteiligten in den Organismus der Produktion eingegliedert und damit nichtselbständig. Dies gilt auch für nur in geringem Umfang und gelegentlich mitwirkende Komparsen und auch für die Mitarbeiter bei der Herstellung von Werbefilmen. Filmautoren, Filmkomponisten und Fachberater sind im Allgemeinen nicht in den Organismus des Unternehmens eingegliedert; sie sind deshalb in der Regel selbständig tätig.
Synchronsprecher sind in der Regel selbständig tätig.⚖ Dies gilt nicht nur für Lippensynchronsprecher, sondern auch für Synchronsprecher besonderer Filme (z. B. Kultur‑, Lehr‑ und Werbefilme), bei denen der in eine andere Sprache zu übertragende Begleittext zu sprechen ist. Synchronregisseure sind ebenfalls selbständig tätig.
Musiker in Orchestern, Kapellen usw. können je nach der Gestaltung des Vertragsverhältnisses selbständig tätig oder Arbeitnehmer sein. Liegt eine nichtselbständige Tätigkeit vor, muss eine Lohnsteuerkarte vorgelegt werden, nach deren Merkmalen der Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist.
Zur Abgrenzung der selbständigen von der nichtselbständigen Arbeit hat sich zur einheitlichen Behandlung der meist wiederkehrenden Formen der Beschäftigung von Musikern folgende Sachbehandlung herausgebildet:
Der Zusammenschluss von Musikern zu einer Personengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) setzt klare und eindeutige Vereinbarungen der Kapellenmitglieder und ein Auftreten der Kapelle nach außen hin als Gesellschaft voraus, d. h. die Gesellschaft muss als Träger der Musikkapelle erkennbar sein. Dies wird insbesondere durch die Erfassung der Musikkapelle als selbständiges Unternehmen beim Finanzamt dokumentiert. Gegenüber den Veranstaltern (Gastwirte und Ähnliche) tritt die Musikkapelle ebenfalls als selbständig auf, mit der Folge, dass Rechtsbeziehungen nur zwischen ihr und dem Veranstalter, nicht aber zwischen den einzelnen Musikern und dem Veranstalter entstehen.
Der von der Musikkapelle im Kalenderjahr erzielte Gewinn wird vom Finanzamt festgestellt und auf die Gesellschafter aufgeteilt. Der danach auf den einzelnen Musiker entfallende Anteil ist bei diesem im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen.
Fehlt es bei der Bildung einer Kapelle an klaren Vereinbarungen und dem entsprechenden einheitlichen Auftreten nach außen, bewirkt ein loser Zusammenschluss von Musikern noch nicht, dass die Kapelle als solche, etwa als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder als Verein, ein eigenes Steuersubjekt bildet. Auch ist in einem solchen Fall der Kapellenleiter oder Organisator, selbst wenn er allein die Verhandlungen mit dem Veranstalter führt, nicht als Unternehmer anzusehen, zu dem die übrigen Musiker in einem Arbeitsverhältnis stehen.
Hier bestehen vielmehr unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem einzelnen Musiker und dem jeweiligen Veranstalter (z. B. Gastwirt). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind dabei sowohl die einzelnen Musiker als auch der Kapellenleiter als Arbeitnehmer des Veranstalters anzusehen, wenn in einem Unternehmen zur Erreichung des Betriebszwecks oder zur gewerblichen Darbietung von Musik einzelne Musiker oder Musikkapellen beschäftigt werden.
Danach sind Gaststätten, Theater, Film‑ und Schallplattenunternehmen, Rundfunkgesellschaften, Fernsehgesellschaften usw. regelmäßig verpflichtet, von den Vergütungen an die beschäftigten Musiker Lohnsteuer einzubehalten.
Die Musiker sind jedoch nicht Arbeitnehmer des Veranstalters (Gastwirt, Theater oder ähnliches), wenn die Kapelle von ihm nur gelegentlich – etwa für einen Abend oder an einem Wochenende – verpflichtet wird.⚖ In diesem Fall sind die Musiker selbständig tätig. Die Vergütung unterliegt somit nicht dem Lohnsteuerabzug; vielmehr müssen die Musiker ihre Einnahmen in ihrer Einkommensteuererklärung angeben.
Ob eine nur gelegentliche Verpflichtung vorliegt, muss nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Sie ist ungeachtet der formalen Vertragsgestaltung nicht gegeben, wenn ein vom Willen der Beteiligten getragenes, auf Dauer angelegtes Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Die Musiker werden keinesfalls nur gelegentlich für einen Gastwirt tätig, wenn sie z. B. während der Faschingssaison einmal wöchentlich in seinem Betrieb spielen. In solchen Fällen ist vielmehr generell vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen.
Soweit Vereine im Rahmen einer in eigener Regie betriebenen Gaststätte oder bei Festveranstaltungen Musiker beschäftigen, gelten die gleichen Grundsätze. Zu einer Festveranstaltung, wie z. B. einem Faschingsball, einem Feuerwehrfest usw. verpflichtete Musiker werden im Allgemeinen nur gelegentlich für den Verein tätig und sie sind schon deshalb nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Führt ein Verein jedoch eine Festveranstaltung durch, die sich über mehrere Tage erstreckt, stehen die hierzu beschäftigten Musiker zum veranstaltenden Verein in einem Arbeitsverhältnis, wenn es sich für die auftretende Kapelle nicht nur um eine gelegentliche Verpflichtung, also um eine Tätigkeit an einem Tag oder einem Wochenendes handelt.
Werden Musiker bei Veranstaltungen tätig, die nicht von Unternehmern veranlasst werden (z. B. bei privaten Festlichkeiten), so sind sie in der Regel als selbständig Tätige anzusehen. Die dabei erzielten Einkünfte sind als Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Wege der Veranlagung zur Einkommensteuer heranzuziehen. Eine gleiche Beurteilung kann angebracht sein, wenn namhafte Künstler lediglich von Fall zu Fall bei der Herstellung von Schallplatten mitwirken.
Berühmte Kapellen, die stets geschlossen auftreten und ständig unter der Leitung desselben Kapellenleiters stehen, bilden in der Regel ein eigenes Unternehmen. In diesen Fällen ist der Kapellenleiter als Arbeitgeber der Kapellenmitglieder anzusehen und verpflichtet, von den Bezügen der einzelnen Musiker Lohnsteuer einzubehalten.
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