Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Versicherungsfreiheit

Versicherungsfreie zeitgeringfügige Beschäftigung

Historische Entwicklung der zeitgeringfügigen Beschäftigung

Leitsätze
  1. Nur gelegentlich ausgeübte Beschäftigungen unterliegen nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV dann nicht der Versicherungspflicht, wenn der Beschäftigte diese Tätigkeiten nicht berufs­mäßig ausübt.

  2. Berufsmäßigkeit kann sich aufgrund des Erwerbs­verhaltens des Beschäftigten ergeben oder im Status der Person des Beschäftigten begründet sein.

Gemäß § 2 Abs. 2 SGB IV sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung be­schäf­tigt sind, in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige pflichtversichert.

Mit einer Herausnahme geringfügiger Beschäftigungen bietet das Gesetz damit im Ergebnis einen sach­lich eng begrenzten und hinsichtlich der Rechtsfolgen eingeschränkten Raum freier ökonomischer Ent­fal­tung zum Zweck des Erwerbs von Einkommen, das nicht Hauptquelle des Lebensunterhaltes ist.

Der gesetzlich angeordneten Versicherungsfreiheit von ›geringfügigen‹ Beschäftigungen liegt die Wer­tung zugrunde, dass diese Beschäftigungen mangels ausreichender wirtschaft­licher Bedeutung in aller Regel weder einen ausreichenden Anlass für eine zwangsweise öffentlich‐rechtliche Sicherung des Be­schäf­tig­ten im Krankheitsfall und gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit darstellen noch für eine eigen­stän­dige Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung von we­sentlicher Bedeutung sind.

Ausnahmen von der Versicherungspflicht waren bereits eingeführt worden, als die Sozialversiche­rungs­gesetze Ende des 19. Jahrhunderts entstanden.

Der Strukturwandel von der Industriegesellschaft des 19. Jahrhunderts in eine Dienstleistungs‑ und Kommunikationsgesellschaft rückte die Geringfügige Beschäftigung aufgrund der Sonderbehandlung von Sozial‑ und Steuerabgaben immer wieder in den Fokus der arbeitsmarktökonomischen Diskus­sionen. Kaum eine sozialversicherungsrechtliche Regelung wurde so häufig und gra­vierend geändert, wie die Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung.

Schaffung des SGB IV zum 1. Juli 1977

Der Begriff der ›geringfügigen Beschäftigung‹ wurde mit der Schaffung des SGB IV zum 1. Juli 1977 eingeführt. Der Grenzwert für eine zeitgeringfügige Beschäftigung wurde auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage festgelegt.

Rechtslage ab 1. Januar 1979

Zum 1. Januar 1979 wurde die Höchstdauer bei kurzfristigen Beschäftigungen auf zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage redu­ziert.

Rechtslage ab 1. Januar 2015

Mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz wurden die Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung beginnend ab dem Jahr 2015 übergangsweise wieder von zwei Monaten bzw. 50 Arbeitstagen auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage angehoben.

Rechtslage ab 1. Januar 2019

Die zunächst nur als Übergangsregelung geplante Anhebung der Zeitgrenzen auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage wurde vom Gesetzgeber über den 31. Dezember 2018 dauerhaft festgeschrieben.

›Corona‐Krise‹

Um dem Problem der fehlenden Arbeitnehmer in der Landwirtschaft während der ›Corona‐Krise‹ ent­gegenzuwirken, wurden die Zeitgrenzen für kurzfristige Minijobs übergangsweise für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020 von 3 auf 5 Monate bzw. von 70 auf 115 Arbeitstage ange­hoben. Wurde die Beschäftigung ausschließlich in diesem Zeitraum ausgeübt und war auf läng­stens 5 Monate oder 115 Arbeitstage befristet, handelte es sich um eine zeitgeringfügige kurzfristige Be­schäftigung.

Auch im Jahr 2021 wurden die die Zeitgrenzen für kurzfristige Minijobs übergangsweise Zwischen März und Oktober angehoben. Zwischen März und Oktober 2021 war zeitgeringfügige Beschäftigung für vier Monate oder 102 Tage möglich.

Entwicklung der zeitgeringfügigen Beschäftigung (Übersicht)
Zeitraum Monate Arbeitstage Jahresfrist
Ab 01.11.20212) 3 Monate 70 Arbeitstage Kalenderjahr
01.03.2021–31.10.20213) 4 Monate 112 Arbeitstage Kalenderjahr
01.11.2020–28.02.20212) 3 Monate 70 Arbeitstage Kalenderjahr
01.03.2020–31.10.20203) 5 Monate 115 Arbeitstage Kalenderjahr
01.01.2019–29.02.20202) 3 Monate 70 Arbeitstage Kalenderjahr
01.01.2015–31.08.20181) 3 Monate 70 Arbeitstage Kalenderjahr
01.01.2013–31.12.2014 2 Monate 50 Arbeitstage Kalenderjahr
01.01.1979–31.12.2012 2 Monate 50 Arbeitstage Zeitjahr
01.07.1977–31.08.1978 3 Monate 70 Arbeitstage Zeitjahr

1) Zunächst zeitlich befristete Übergangsregelung

2) Dauerhafte allgemeine Regelung im § 8 SGB IV

3) Ausnahmeregelung ›Corona‐Krise‹

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung stellen mit den Geringfügigkeits‐Richtlinien in der jeweils aktuellen Fassung grundsätzliche Hinweise und Beispiele zur Verfügung, die der Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung dienen sollen.

Nützliche Internet‐Direktverbindungen → Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung

SVMWIndex k3s3a1

Fallgruppe 2 (zeitgeringfügige Beschäftigung)

SVMWIndex k3s3a2

Maßgebende Zeitgrenzen

Leitsätze
  1. Die Zeitgrenzen von 3 Monaten und 70 Arbeits­tagen sind gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung.

  2. Bei der Prüfung, ob die Zeitgrenzen von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen überschritten werden, wird auf das Kalenderjahr abgestellt.

Gleichwertige Alternativen

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung waren ursprünglich davon ausgegangen, dass die Unter­scheidung der Zeitgrenze von 3 Monaten und der Zeitgrenze von 70 Arbeitstagen zur Beurteilung einer kurzfristigen Beschäftigung von der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage abhängig ist. Von dem Drei‐Monats‐Zeitraum war nur dann auszugehen, wenn die Beschäftigung an mindestens 5 Tagen in der Woche ausgeübt wird. Bei Beschäftigungen von regelmäßig weniger als fünf Tagen in der Woche ist bei der Beurteilung auf den Zeitraum von 70 Arbeitstagen abzustellen.

Wie das Bundessozialgericht klarstellte, sind die Zeitgrenzen von 3 Monaten und 70 Arbeits­tagen gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung, und zwar unab­hängig vom wöchentlichen Arbeitsumfang. Demzufolge sind die Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung auch dann erfüllt, wenn eine Beschäftigung im Laufe des Kalenderjahres im Voraus zwar auf mehr als 3 Monate vertraglich begrenzt ist, jedoch an nicht mehr als 70 Arbeitstagen ausgeübt wird. Dies wurde nunmehr in den Geringfügigkeitsrichtlinien vom 26. Juli 2021 klargestellt.

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung sind – unabhängig von der arbeits­zeitlichen Ausgestaltung der Beschäftigung – stets erfüllt, wenn die Beschäftigung von vornherein entweder auf längstens drei Monate oder bei einem darüber hinaus gehenden Zeitraum auf längstens 70 Arbeitstage befristet ist. Aufgrund der Verknüpfung durch das Wort ›oder‹ liegt Zeitgeringfügigkeit immer dann vor, wenn eine der beiden Optionen erfüllt ist. Dabei kann die Befristung entweder im Voraus vertraglich, aufgrund eines Rahmenvertrags auf Arbeitseinsätze von 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr oder aufgrund der Art und Weise bzw. ihrem Wesen nach (z. B. Erntearbeiter) geregelt bzw. gegeben sein.

Zeitgeringfügige Beschäftigung

Maßgebende Zeitgrenzen

↙ ↘

Drei‐Monats‐Zeitraum

Siebzig‐Tage‐Grenze

Zeitgrenzen (Übersicht)

Gleichwertige Alternativen

Die Zeitgrenze von drei Monaten und die Zeitgrenze von 70 Arbeitstagen sind gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung; eine Anwendung der jeweiligen Zeitgrenze in Ab­hän­gigkeit von der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage erfolgt nicht. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung sind demzufolge unabhängig von der arbeitszeitlichen Ausgestaltung der Beschäftigung immer erfüllt, wenn die Beschäftigung entweder auf längstens drei Monate oder bei einem darüber hinaus gehenden Zeitraum auf längstens 70 Arbeitstage befristet ist.

SVMWIndex k3s3a3

Prüfung der Berufsmäßigkeit

Leitsatz
  1. Ist die tageweise Beschäftigung für die Erwerbsperson nicht von untergeordneter wirtschaft­licher Bedeutung, besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetz­lichen Sozialversicherung.

  2. Auch bei Personengruppen, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versiche­rungs­pflichtige Beschäftigung ausüben, kann aufgrund des Erwerbsverhaltens eine berufsmäßige Ausübung vorliegen.

Eine Prüfung der Berufsmäßigkeit ist immer dann nicht erforderlich, wenn das aufgrund dieser Beschäf­tigung erzielte Arbeitsentgelt die Arbeitsentgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung in Höhe von 520,00 Euro im Monat nicht überschreitet.

Berufsmäßigkeit ist ohne weitere Prüfung dann anzunehmen, wenn die Zeiten der ausgeübten Beschäf­tigungen im Laufe eines Kalenderjahres insgesamt mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage betragen und damit schon infolge des Überschreitens der Zeitgrenze als nicht geringfügig anzusehen sind.

☆ ☆ ☆
Bestreiten des Lebensunterhalts

Berufsmäßig wird eine Beschäftigung dann ausgeübt, wenn sie für die betreffende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Das Bundessozialgericht hat in ständiger Recht­sprechung die Ausübung einer zeitlich befristeten Be­schäftigung als berufsmäßig angesehen, wenn der Betreffende durch die Beschäftigung seinen Lebens­unterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang erwirbt, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf der Beschäftigung beruht. Dabei sind die gesamten Lebensverhältnisse des Beschäftigten zu berücksichtigen, die nicht allein durch die Verhältnisse während der Dauer dieser Beschäftigung geprägt werden.

Ist die Beschäftigung für die Erwerbsperson nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung, besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Grundsätzlich berufsmäßig Tätige
  • Unständig Beschäftigte

    Abgrenzung zur versicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung

  • Beschäftigungslose, die mit und ohne Leistungsbezug bei der Arbeitsagentur ausbildungs‑ oder arbeitsuchend gemeldet sind.

  • Personen, die ihr Studium abgeschlossen haben und damit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

  • Schulentlassene, die beabsichtigen, im Anschluss an die befristete Beschäftigung eine Be­rufsausbildung (z. B. duales Studium) zu absolvieren.

  • Personen, die während einer wegen Elternzeit ruhenden Hauptbeschäftigung arbeiten.

  • Personen, die während einer wegen unbezahlten Urlaubs ruhenden Hauptbeschäftigung ar­beiten.

Unmittelbar vorher versicherungspflichtige Beschäftigung

Eine kurzfristige Beschäftigung wird dann berufsmäßig ausgeübt, wenn ihr eine versicherungspflichtige Beschäftigung unmittelbar vorangegangen ist, oder folgt. Der kurzfristig Beschäftigte gehört in diesem Fall nicht zum Kreis der Erwerbstätigen, die nur gelegentlich eine vorübergehende Beschäftigung aus­üben.

Die im Anschluss an eine versicherungspflichtige Ausbildung verrichtete befristete Tätigkeit eines Stu­dienplatzbewerbers wird im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV berufsmäßig ausgeübt, wenn dieser im erlernten Beruf zum vollen Lohn und mit der vollen üblichen Arbeitszeit beschäftigt ist.

Unmittelbar vorher Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung

Durch die Meldung bei der Arbeitsagentur scheiden Personen nicht aus dem Kreis der berufsmäßig Beschäftigten aus. Vielmehr beruht ihre wirtschaftliche Stellung nach wie vor auf dem durch Erwerbs­tätigkeit als Beschäftigte zu erzielenden Verdienst.

Auch aus dem vorherigen Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung kann im Rahmen der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf eine vorherige beitragspflichtige Beschäftigung und damit auf die generelle Zugehörigkeit zum Kreis der abhängig Erwerbstätigen geschlossen werden.

Kurzfristige Beschäftigungen neben Elternzeit oder unbezahltem Urlaub

Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis wegen Elternzeit oder wegen eines unbezahlten Urlaubs unterbrochen wird und die während dieser Zeit eine auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage befristete Be­schäftigung ausüben und deren Verdienst die Arbeitsentgeltgrenze von 520,00 Euro im Monat über­steigt, üben diese Beschäftigung berufsmäßig aus. Dabei spielt es keine Rolle, ob die befristete Beschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber oder bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt wird. Die versicherungsrechtliche Beurteilung von Beschäftigungen, die während der Elternzeit ausgeübt werden, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts.

☆ ☆ ☆
Grundsätzlich keine Berufsmäßigkeit

Als grundsätzlich nicht berufsmäßig Tätige werden nur die Personen angesehen, für die die Beschäf­tigung nicht die Haupteinkommensquelle darstellt, sondern lediglich von untergeordneter wirtschaft­licher Bedeutung ist. Für Beamte in der Hauptbeschäftigung ist generell keine Berufsmäßigkeit in der Nebenbeschäftigung anzunehmen. Damit ist bei Einhaltung der vorgeschriebenen Zeitgrenzen auch eine kurzfristige Beschäftigung möglich. Auch bei diesen Personen kann sich eine Berufsmäßigkeit jedoch aufgrund des Erwerbsverhaltens ergeben.

Berufsmäßigkeit aufgrund des Erwerbsverhaltens

Untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung (Personengruppen)
Personengruppe Nachweis zur Begründung der Versicherungsfreiheit
Schüler Schulbescheinigung
Abiturienten
mit Studienabsicht
Immatrikulationsbescheinigung
Studenten Immatrikulationsbescheinigung

Werkstudentenprivileg → Zeitgeringfügige Beschäftigungen

Altersvollrentner Rentenbescheid
Hausfrauen oder Hausmänner Nachweis über die finanzielle Lage
Prüfschwerpunkte (GSV) → Nicht berufsmäßig Tätige
Personen,
neben ihrer Hauptbeschäftigung
Gehaltsabrechnung der Hauptbeschäftigung
Beamte,
neben ihrer Hauptbeschäftigung
Gehaltsabrechnung der Hauptbeschäftigung
Vorhandene Hauptbeschäftigung

Übt der Arbeitnehmer seine kurzfristige Beschäftigung neben einer Hauptbeschäftigung aus, ist diese grundsätzlich nicht berufsmäßig. Als Hauptbeschäftigung gilt grundsätzlich jede Beschäftigung, die nicht geringfügig entlohnt und nicht kurzfristig ist. Für kurzfristige Beschäftigungen, die neben einer Hauptbeschäftigung ausgeübt werden, kann grundsätzlich angenommen werden, dass sie für die Erwerbsperson von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sind.

Hauptbeschäftigung

Als Hauptbeschäftigung sind auch anzusehen

Berufsmäßigkeit aufgrund des Erwerbsverhaltens

Auch bei den Personengruppen, die grundsätzlich als nicht berufsmäßig Tätige eingestuft werden, kann sich eine berufsmäßige Ausübung aufgrund des Erwerbsverhalten ergeben. Zu Beginn einer kurzfristigen tageweisen Beschäftigung ist daher stets zu prüfen, ob die Beschäftigung bereits alleine oder zusammen mit den schon im laufenden Kalenderjahr ausgeübten kurzfristigen Beschäftigungen die maßgebenden Zeitgrenzen von drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen überschreitet. Dies gilt auch dann, wenn die einzelnen Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt werden.

Eine kurzfristige Beschäf­tigung erfüllt dann nicht (mehr) die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäf­tigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, wenn das aufgrund dieser Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt 520,00 Euro im Monat übersteigt und die Beschäftigung aufgrund des Erwerbsverhaltens berufsmäßig ausgeübt wird. Handelt es sich nicht um eine geringfügig entlohnte Beschäftigung hat dies zur Folge, dass ab Kenntnisnahme der Überschreitung der Grenzwerte Sozialversicherungspflicht eintritt.

Bei der Prüfung, ob die Zeitgrenzen von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen überschritten werden, sind die Zeiten mehrerer aufeinanderfolgender kurzfristiger Beschäftigungen unabhängig davon, ob sie ge­ring­fügig oder mehr als geringfügig entlohnt sind, zusammen­zurechnen. Bei Personen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind und infolgedessen nicht mehr zum Personenkreis der Erwerbsmäßigen zählen bzw. dem Arbeitsmarkt nicht mehr dauerhaft zur Verfügung stehen (z. B. Bezieher einer Voll­rente wegen Alters), können für die Prüfung der Berufsmäßigkeit mehr als geringfügige Beschäf­ti­gungszeiten nur nach dem Ausscheiden angerechnet werden.

Erstmals ausgeübte Beschäftigung

Berufsmäßigkeit einer erstmals ausgeübten befristeten Beschäftigung kann dann nicht angenommen werden, wenn bei ihrer Aufnahme keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der ersten Beschäftigung innerhalb absehbarer Zeit eine weitere folgen wird, wenn also die erste Beschäftigung eine vereinzelte Ausnahme bleibt.

Geben Abiturienten bei Beschäftigungsbeginn an, zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein Studium oder eine Fachschulausbildung aufzunehmen zu wollen und ist die Beschäftigung auf die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 2 SGB IV befristet, sind sie nicht dem Personenkreis der berufsmäßig Tätigen zuzuordnen. Anhaltspunkte für die Annahme des Gegenteils müssten ggf. vom prüfenden Rentenversicherungs­träger positiv festgestellt werden, um eine Berufsmäßigkeit der ersten Beschäftigung zu begründen.

Übt der Abiturient hingegen kurzfristige Beschäftigungen zwischen Schulentlassung und Ableistung ei­nes freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres, eines Bundesfreiwilligendienstes, eines dem frei­wil­ligen sozialen oder ökologischen Jahr vergleichbaren Freiwilligendienstes oder eines freiwilligen Wehr­dienstes aus, zählt er bereits zum Personenkreis der berufsmäßig Erwerbstätigen. Dies gilt selbst dann, wenn nach der Ableistung des freiwilligen Dienstes voraussichtlich ein Studium aufgenommen wird.

Erstmals ausgeübte Beschäftigung

Unbefristete
Beschäftigung

nach dem Abitur

Zeitgeringfügige
Beschäftigung

vor dem Freiwilligendienst

Zeitgeringfügige
Beschäftigung

vor dem Studium

↘ ↙ ↓

Versicherungspflicht

Keine Versicherungspflicht

Berücksichtigung von Zeiten im Ausland

Für die Prüfung der Berufsmäßigkeit sind auch Beschäftigungszeiten im Ausland zu berücksichtigen, wobei allerdings die Höhe des im Ausland erzielten Arbeitsentgelts unerheblich ist. Folglich werden in diesem Zusammenhang auch Beschäftigungszeiten in anderen Staaten mit einem Arbeitsentgelt bis zu 520,00 Euro im Monat angerechnet. Dem liegt die Ansicht zugrunde, dass die Berufsmäßigkeit einer Beschäf­tigung nicht allein vom Erwerbsverhalten in Deutschland bestimmt wird, sondern vom allge­meinen Erwerbsleben des Beschäftigten.

☆ ☆ ☆
Saisonarbeitskräfte

Saisonarbeitskräfte kommen überwiegend als Erntehelferinnen und Erntehelfer in der Landwirtschaft zum Einsatz. Für Saisonarbeitskräfte gelten grundsätzlich die gleichen versicherungsrechtlichen Bedin­gungen wie für alle anderen Arbeitnehmenden.

Versicherungsfreiheit besteht auch für diese Personen nur dann, wenn die Beschäftigung von vornherein auf nicht mehr als drei Monate befristet ist und die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Als nicht berufsmäßig beschäftigt gelten Schüler, Studenten, Hausfrauen, Rentner und selbstständig Tätige. Dies muss durch entsprechende Unterlagen nachgewiesen werden. Die Nachweise sind (gegebenenfalls in deutscher Übersetzung) als Beleg für die Versicherungsfreiheit zu den Entgelt­unterlagen zu nehmen.

Fragebogen

Liegt die A1‐Bescheinigung nicht vor, sollte der ausländische Saisonarbeitnehmer bei seinem deutschen Arbeitgeber den zweisprachigen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versiche­rungs­freiheit einreichen. Ergibt sich aus dem zweisprachigen Fragebogen kein Anhaltspunkt für eine Beschäf­tigung oder selbständige Tätigkeit im Wohnstaat, so gilt für den Saisonarbeitnehmer deutsches Sozialversicherungsrecht wie für jeden anderen Beschäftigten.

Nützliche Internet‐Direktverbindungen → SVLFG – Ausländische Saisonarbeitskräfte (Fragebogen)

Hauptberufliche Beschäftigung im Heimatland

Ein ausländischer Arbeitnehmer, der in seinem Heimatland eine hauptberufliche Beschäftigung ausübt, ist in einer befristeten Beschäftigung nur versicherungsfrei, wenn er in dieser Zeit bezahlten Urlaub hat. Die Rentenversicherungsträger erkennen bei einer Betriebsprüfung regelmäßig nur bezahlten Urlaub von vier Wochen an. Bei einer längeren Aushilfsbeschäftigung ist gegebenenfalls ein besonderer Nachweis (zum Beispiel über den Urlaub von zwei Kalenderjahren) erforderlich. Arbeitnehmer mit unbezahltem Urlaub und Arbeitslose sind immer berufsmäßig beschäftigt und damit versicherungs­pflichtig.

A1‐Bescheinigung

Werden Saisonarbeitskräfte aus anderen EU‐Mitgliedsstaaten z. B. als Erntehelferinnen und Erntehelfer in der Spargel‑ und Erdbeersaison eingesetzt muss geprüft werden, ob die Person in ihrem Heimatland eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausübt. Übt die Person eine Beschäftigung oder ähnliche selbstständig Erwerbstätigkeit (z. B. als Landwirtin oder Landwirt) aus, gelten während der Beschäftigung ausschließlich die Rechtsvorschriften des Heimatlandes. Grund dafür ist, dass nach der maßgebenden EG‐Verordnung bei Arbeitnehmern, die gleichzeitig in zwei Staaten einer Beschäftigung nachgehen, in der Regel das Recht des Wohnstaates gilt, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausüben.

So sind zum Beispiel Erntehelfer aus Polen, die in ihrem Heimatland in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, dort auch hinsichtlich der in Deutschland ausgeübten Beschäftigung versicherungspflichtig, und zwar auch dann, wenn diese Beschäftigung nach deutschem Recht zeitgeringfügig ist. Das polnische Recht kennt diesbezüglich keine Ausnahmeregelung von der Versicherungspflicht. Der Arbeitgeber meldet in diesem Fall den Saison­arbeitnehmer im Sozialversicherungssystem des Wohnstaates an und führt die Sozialabgaben an den zuständigen Sozialversicherungsträger des Wohnmitgliedstaates ab. In diesen Fällen hat die Saisonarbeitskraft die Bescheinigung ›A1‹ vorzulegen. Der Arbeitgeber hat eine Kopie der Bescheinigung ›A1‹ zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.

Das supranationale Recht der Europäischen Union → A1‐Bescheinigung

Bei Saisonarbeitskräften aus Ländern, mit denen ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen be­steht, können abweichende Regelungen bestehen.

Ausstrahlung/Einstrahlung → Sozialversicherungsabkommen

Geflüchtete Menschen als Saisonarbeitskräfte

Ob geflüchtete Menschen als Saisonarbeitskräfte eingesetzt werden können, ist abhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung → Arbeitserlaubnis (Aufenthaltstitel)

Mindestlohn

Die Träger der Rentenversicherung prüfen im Rahmen der Betriebsprüfung auch für Saisonarbeitskräfte die Einhaltung des Mindestlohns.

Mindestlohn → Aufzeichnungspflichten (Dokumentationspflichten)

Mindestlohn → Anrechnungsfähige Sachbezüge für Saisonarbeitnehmer

Prüfung der Berufsmäßigkeit von Saisonarbeitern (Schema)

Berufsmäßige Ausübung

Keine berufsmäßige Ausübung

↓ ↓

Der Beschäftigte arbeitslos.

Der Beschäftigte ist in seinem Heimatland als Schüler, Student, Hausfrau, Rentner oder selbstständig tätig.

   

Der Beschäftigte ist von seinem ausländischen Arbeitgeber unbezahlt beurlaubt worden.

Der Beschäftigte ist von seinem ausländischen Arbeitgeber bezahlt beurlaubt worden und der bezahlte Urlaub (und die Aushilfsbeschäftigung) beträgt bis zu vier Wochen.

   

Der Beschäftigte ist von seinem ausländischen Arbeitgeber bezahlt beurlaubt worden und der bezahlte Urlaub (und die Aushilfsbeschäftigung) beträgt mehr als vier Wochen, ohne das es eine Begründung für den längeren bezahlten Urlaub gibt.

Der bezahlte Urlaub (und die Aushilfsbeschäftigung) beträgt mehr als vier Wochen und es gibt einen begründenden Nachweis für den längeren bezahlten Urlaub.

 

Sozialversicherungsabkommen:
Das ausländische Recht kennt keine Ausnahmeregelung von der Versicherungspflicht.
Sozialabgaben werden an den zuständigen Sozialversicherungsträger des Wohnmitgliedstaates abgeführt.

 

SVMWIndex k3s3a4

Beitrags‑ und Meldeverfahren

Leitsätze
  1. Auch für zeitgeringfügige Beschäftigte gilt das Meldeverfahren nach der DEÜV.

  2. Die Durchführung des Meldeverfahrens für zeitgeringfügig Beschäftigte wird von der ›Mini­job‐Zentrale‹ der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft‐Bahn‐See wahrge­nommen.

Beschäftigung als ›Nebensache‹

Gesetzliches Leitbild des Werkstudentenprivilegs sind Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung ist dem­gemäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie ›neben‹ dem Studium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung die Neben­sache ist.

Die Frage, wann das Studium die Hauptsache und die Beschäftigung die Nebensache ist, hat das Bundes­sozialgericht wiederholt beschäftigt und zu einer Vielzahl von Entscheidungen geführt.

SVMWIndex k3s3a5

Pauschalversteuerung

Leitsatz
  1. Ob sozialversicherungsrechtlich eine kurzfristige Beschäftigung vorliegt, ist für die Pauschal­versteuerung mit 25 Prozent unbedeutend.

SVMWIndex k3s3a6