Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Rechtsbehelfe und Rechtsmittel

Erlass von Forderungen

Erlass von Beitragsansprüchen

Leitsätze
  1. Über einen Erlass von Beitragsansprüchen kann nur aufgrund eines entsprechenden Antra­ges des Beitragsschuldners entschieden werden.

  2. Beitragsansprüche dürfen nur erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des ein­zelnen Falles unbillig wäre.

SVMWIndex k8s5a1

Erlass von Säumniszuschlägen

Leitsatz
  1. Auf Antrag des Arbeitgebers können Säumniszuschläge erlassen werden, wenn deren Ein­ziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

Unbilligkeit

Sachliche Gründe, die die Erhebung von Säumniszuschlägen im Einzelfall unbillig erscheinen lassen, sind:

Unabwendbares Ereignis

Ist der Zahlungspflichtige durch den Eintritt eines unabwendbaren Ereignisses an der Beitrags­zahlung gehindert und war es ihm nicht möglich, einen Vertreter mit der Zahlung zu beauf­tragen, so kann die Einziehung der erhobenen Säumniszuschläge unbillig sein.

Das unabwendbare Ereignis muss ursächlich dafür sein, dass die Zahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgen konnte. Ein unabwendbares Ereignis kann z. B. eine plötzliche Erkrankung oder ein Unfall des Zahlungspflichtigen bzw. des für die Beitragszahlung Verant­wortlichen, eine Naturkatastrophe, ein Brand oder ein Einbruch im Büro sein.

Es ist ein Antrag des Zahlungspflichtigen erforderlich, in dem dieser den Grund für die ver­spätete Zahlung glaubhaft darstellt.

Bisher pünktlichen Beitragszahler

Bei einem bisher pünktlichen Beitragszahler kann die Einziehung der erhobenen Säumniszu­schläge unbillig sein, wenn dem zahlungspflichtigen ein offensichtliches Versehen unter­laufen ist, die Beiträge bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht zu zahlen.

Als pünktlicher Beitragszahler ist derjenige anzusehen, der in den letzten zwölf Monaten die Beiträge nicht mehr als einmal nach Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat.

Es ist ein Antrag des Zahlungspflichtigen erforderlich, in dem dieser den Grund für die ver­spätete Zahlung glaubhaft darstellt.

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

Die Einziehung der erhobenen Säumniszuschläge ist auch dann unbillig, wenn, wenn dem Zahlungspflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Beiträge wegen Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung nicht möglich war. Um einen Erlass der Säumniszuschläge zu recht­fertigen, müssen die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht kumulativ vor­liegen.

Da Säumniszuschläge im Fall der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zunächst nur hin­sichtlich ihres Druckmittelcharakters ins Leere gehen, ist es in diesen Fällen sachgerecht, nur die Hälfte der angefallenen Säumniszuschläge zu er­lassen.

Als Zahlungsunfähigkeit ist im Grundsatz das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhen­de dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden (fälligen) Geld­schulden noch im Wesentlichen zu begleichen. Ein derartiges dauerndes Unvermögen wird angenommen, wenn feststeht, dass der Schuldner seine Wesentlichen und fälligen Zahlungs­verpflichtungen in den nächsten drei bis sechs Monaten nicht wird begleichen können.

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners seine Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, das heißt, dass die Passiva die Aktiva übersteigen.

Es ist ein Antrag des Zahlungspflichtigen erforderlich. Der Nachweis der Zahlungsunfähig­keit oder Überschuldung ist zu erbringen.

Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz

Soweit die Vollstreckungsbehörde im Einzelfall die Vollstreckung einstweilen einstellt oder auf­hebt, um nicht die wirtschaftliche Existenz des Zahlungspflichtigen zu gefährden, ist die Ein­ziehung der erhobenen Säumniszuschläge unbillig.

Auch hier ist es sachgerecht, ggf. nur die Hälfte der angefallenen Säumniszuschläge zu er­lassen.

Es ist ein Antrag des Zahlungspflichtigen erforderlich. Die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ist glaubhaft zu machen.

Vorliegen für den Erlass der Hauptschuld

Auch wenn es sich bei der Erhebung von Säumniszuschlägen um einen eigenständigen An­spruch aus dem Beitragsschuldverhältnis handelt, ist es bei Erlass der Hauptschuld sach­ge­recht, gleichzeitig die bis dahin entstandenen Säumniszuschläge zu erlassen.

Ein Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge braucht in diesem Fall nicht explizit gestellt werden. Der Antrag auf Erlass der Hauptschuld reicht aus.

Sonstige Fälle

Es ist denkbar, dass auch weitere Gründe persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit einen Erlass von Säumniszuschlägen in voller Höhe oder zur Hälfte rechtfertigen können.

Es ist ein Antrag des Zahlungspflichtigen mit einer glaubhaften Begründung erforderlich.

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