Die Systematik der gesetzlichen Sozialversicherung

Künstlersozialversicherung

Generalklausel (§ 24 Abs. 2 KSVG)

Erweiterung der Abgabepflicht

Leitsatz
  1. Abgabepflichtig sind nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KSVG auch die Unternehmer, die zwar dem Unter­nehmenszweck nach nicht zu den typischen Verwertern von Kunst und Publizistik gehören, die aber sonst für Zwecke des Unternehmens nicht nur gelegentlich künst­lerische oder publizistische Werke oder Leistungen nutzen und im Zusammenhang mit der Nutzung Ein­nahmen erzielen wollen.

In der Diskussion um die Künstlersozialabgabe in den achtziger Jahren ist immer wieder darauf hin­gewiesen worden, dass eine Reihe von Vermarktern beziehungsweise Verwertern als Abgabepflichtige nicht erfasst werden könnten, weil das Gesetz dies nicht vorsehen würde und insoweit lückenhaft sei. Daraufhin wurde das KSVG um eine ›Generalklausel‹ ergänzt.

Neben der Einbeziehung der Eigenwerbung betreibenden Unternehmen wurde ab 1. Januar 1989 mit dem Hinzufügen der ›Generalklausel‹ im § 24 Abs. 2 KSVG der Weg für eine weitere Verbreiterung der Basis an Abgabepflichtigen bereitet und die Künstlersozialabgabe aus dem engen Kreis der Kultur­wirtschaft herausgelöst. Wie bei den in § 24 Abs. 1 KSVG erfassten typischen Verwertern von Kunst und Publizistikist es für die Frage der Abgabepflicht unerheblich, ob die unternehmerische Tätigkeit in privatrechtlicher oder öffentlich‐rechtlicher Form betrieben wird.

Auffangtatbestand

Gemäß § 24 Abs. 2 KSVG haben ab 1. Januar 1989 auch die Unternehmer die Künstlersozialabgabe zu entrichten, die zwar dem Unternehmenszweck nach nicht zu den typischen Verwertern von Kunst und Publizistik gehören, die aber sonst für Zwecke des Unternehmens nicht nur gelegentlich künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen nutzen und im Zusammenhang mit der Nutzung Einnahmen erzielen wollen. Für die Abgabepflicht nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KSVGwird damit ein unmittelbarer Zusam­men­hang zwischen Kunst­verwertung und Einnahmeerzielung vorausgesetzt. Ausdrücklich freigestellt wurden aber jene Unternehmer und Institutionen, die künstlerische und publizistische Leistungen ›nur gelegentlich‹ in Anspruch nehmen.

Mit dem Wachstums‑ und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25. September 1996 wurde die Abgabepflicht nach der Generalklausel des § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KSVGeingeschränkt, indem die Abga­be­pflicht ab 1. Januar 1997 nicht mehr nur zwei, sondern mindestens drei Veranstaltungen voraus­setzt.

Mit der Neufassung des § 24 KSVG wurden die Ausnahmeregelungen zur Künstlersozial­ab­ga­be­pflicht ab 1. Januar 2023 zusammengeführt und auf diese Weise übersichtlicher und ver­ständ­licher geregelt. Die rechtliche Grundlage für die Abgabepflicht ist für die Unternehmen, die künstlerische Leistungen für andere unternehmerische Zwecke nutzen, seit dem 1. Januar 2023 im § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KSVG geregelt.

SVMWIndex k4s7a1

Voraussetzungen für die Abgabepflicht im Rahmen der Generalklausel

Leitsatz
  1. Im Rahmen der ›Generalklausel‹ im § 24 Abs. 2 KSVG sollen alle Unternehmer dem Grunde nach abgabepflichtig sein, die zwar dem Unternehmenszweck nach nicht zu den typischen Vermarktern von Kunst und Publizistik gehören, die aber für Zwecke ihres Unternehmens mehr als gelegentlich künst­lerische oder publizistische Werke oder Leistungen nutzen, um in Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen zu erzielen.

SVMWIndex k4s7a2

›Nicht nur gelegentliche‹ Nutzung

Leitsätze
  1. Eine Heranziehung von selbständigen Künstlern oder Publizisten im Bereich der ›General­klausel‹ bleibt abgabenfrei, sofern sie nur gelegentlich erfolgt.

  2. Kleine Veranstalter (nicht mehr als drei Veranstaltungen) sind von der Abgabepflicht aus­genommen.

Einführung einer ›Bagatellgrenze‹

Mit Wirkung zum 1. Januar 2015 wurde in § 24 KSVG ein neuer Absatz 3 eingefügt. Mit Satz 1 wird das Tatbestandsmerkmal der nur gelegentlichen Auftragserteilung in § 24 Abs. 1 Satz 2 (›Eigen­werber‹) und Abs. 2 Satz 1 KSVG (›Generalklausel‹) in wirtschaftlicher und zeitlicher Hinsicht konkretisiert.

Seit 1. Januar 2015 ist eine Prüfung der Regelmäßigkeit, der Dauerhaftigkeit oder der Anzahl der Aufträge dann nicht mehr vorzunehmen, wenn die Summe der Entgelte der in einem Kalenderjahr erteilten Aufträge 450 Euro nicht übersteigt.

Aus der Einführung der Bagatellgrenze kann indes nicht in einem Umkehrschluss die abschließende Regelung entnommen werden, dass der Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe jeder Unternehmer zwingend unterliegt, der in einem Kalenderjahr Künstler oder Publizisten beauftragt und hierfür Entgelt von mehr als 450 Euro gezahlt hat. Maßgeblich ist vielmehr nach wie vor, ob Auftrag und Entgelt dem Unternehmer eine arbeitgeberähnliche Position vermitteln, die eine Gleichstellung mit den typischen professionellen Vermarktern im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG rechtfertigt.

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›Bagatellgrenze‹ im Zusammenhang mit Veranstaltungen

Wenn es bei der Abgabepflicht nach der Generalklausel auf die Anzahl der Veranstal­tungen ankommt, besteht eine Abgabepflicht nur, wenn mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden und die Gesamtsumme aller Entgelte in einem Jahr 450,00 Euro übersteigt.

Regelmäßigkeit und damit die Pflicht zur Zahlung der Künstlersozialabgabe ist im Zusammenhang mit Veranstaltungen nur gegeben, wenn mehr als 450,00 Euro an selbständige Künstler oder Publizisten gezahlt werden und zudem vier oder mehr Veranstaltungen pro Jahr durchgeführt werden. Sofern nur drei oder weniger als drei Veranstaltungen durchgeführt werden, tritt die Abgabepflicht selbst dann nicht ein, wenn die gezahlten Entgelte über 450,00 Euro liegen.

SVMWIndex k4s7a3

Veranstaltungen

Leitsatz
  1. Kleine Veranstalter (nicht mehr als drei Veranstaltungen) sind von der Abgabepflicht aus­genommen.

SVMWIndex k4s7a4

Unmittelbarer Zusammenhang zwischen Kunstverwertung und Einnahmeerzielung

Leitsatz
  1. Während bei den typischen Verwertern für die Erfüllung des ›Unternehmerbegriffs‹ bereits eine in­direkte Einnahmeerzielung ausreicht, ist im Rahmen der ›Generalklausel‹ ein unmit­telbarer Zusammenhang zwischen Kunstverwertung und Einnahmeerzielung er­forderlich.

SVMWIndex k4s7a5

Abgabepflichtige Unternehmer

Leitsatz
  1. Die Generalklausel des § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG stellt lediglich einen Auffangtatbestand dar, auf den die Abgabepflicht nur dann zu stützen ist, wenn ein Unternehmen nicht zu den typischen Vermarktern und Verwertern im Sinne des § 24 Abs. 1 KSVG gehört.

SVMWIndex k4s7a6